Strafprozess BWF-Stiftung: 30 Verhandlungstage umsonst?

In dem Strafprozess vor dem Landgericht Berlin war am 24.11.2016 schon nach der Mittagspause wieder Schluss. Ein Zeuge ist nicht erschienen. Er hatte Gold bei der BWF-Stiftung angelegt und die Aussage des Zeugen hätte am Nachmittag erfolgen sollen. Damit zieht sich der Prozess gegen die sechs Angeklagten weiter in die Länge. Der Hauptangeklagte, der Goldhändler Saik, hatte in einer Einlassung zugegeben, dass er alleine den Goldhandel betrieben hat. Er hat die Golddummies gekauft und im Tresor der Stiftung zusammen mit dem echten Gold vorgezeigt. Das war allerdings bereits vor einigen Wochen.

An diesem Vormittag wurde ein Anleger aus Bielefeld gehört, der insgesamt 145.000 Euro in Gold investiert hatte. Zurzeit klagt der Anleger vor dem Landgericht Bielefeld auf Schadenersatz. Der Zeuge schilderte, er habe dem Berater vertraut, den er jetzt verklagt habe. Sein Berater habe ihm aber Agio verschwiegen. Agio war für den Zeugen der Unterschied zwischen dem Börsenpreis für Gold und dem BWF Hauspreis für Gold. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters nach dem Wesen der Goldleihe meinte er nur: davon hätte er noch nie gehört. Den Vertrag hätte er nicht gelesen. Sein erster Vertrag sei mit Gewinn ausgelaufen und er habe dann erneut investiert in dem Glauben, Gold zu kaufen. Die Stiftung sei ein Großhändler mit sehr guten Konditionen.

In mehreren Anträgen traten die Rechtsanwälte an das Gericht heran: Die Ehefrau des Goldhändlers Saik habe nur Buchhaltungsaufgaben erledigt und sei ebenso von ihrem Mann hintergangen worden. Das hätte der Ehemann doch zugegeben. Aus dem Zahlenwerk sei schließlich nicht zu erkennen gewesen, dass es falsches Gold gegeben habe. Die Staatsanwaltschaft sei ungenau und hätte eine Art „Sippenhaft“ im Auge. Die Angeklagte sei daher endlich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

Die Verteidigung des Angeklagten Dr. S beantragte, das Verfahren wegen schwerwiegender Rechtsverstöße durch die Staatsanwaltschaft einzustellen und zu beenden. Der Rechtsanwalt erläuterte, dass die Staatsanwaltschaft offenbar den Angeklagten und dem Gericht wesentliche Aktenbestandteile vorenthalten habe. Damit sei aber die Tatsachengrundlage für ein faires Verfahren nicht gegeben. Zum einen habe die Staatsanwaltschaft die Strafanzeigen gegen die Anlagevermittler sofort eingestellt und begründet: Niemand habe von außen sehen können, dass der Goldschatz teilweise falsch sei und es sei auch nicht erkennbar gewesen, dass das System unschlüssig sei. Diese Einstellungen und die dazu gehörigen Akten hätte die Staatsanwaltschaft niemanden zugänglich gemacht. Die Verteidigung fragte, wie denn die angeklagten Wirtschaftsprüfer oder der Anwalt Dr. S. dies hätten sehen können und warum man diese Akten nicht vorgelegt hatte. Zudem wurde kritisiert, dass riesige Datenbestände einer Kölner Anwaltskanzlei, die nach eigenen Angaben die Verträge und die Rechtskonstruktion der BWF-Stiftung entworfen hätte, niemanden zugänglich gemacht worden seien. Diese Bestände seien bereits im Sommer 2015 beschlagnahmt worden und Teil einer gesonderten Akte. Die Staatsanwaltschaft Berlin hätte den Angestellten dieser Kanzlei, Herrn O., angeklagt und nicht den Kanzleiinhaber. Dieser, Rechtsanwalt K., sei als Zeuge geladen worden und dabei sei durch Zufall herausgekommen, dass hier gesonderte Verfahren mit riesigen Aktenbeständen laufen. Wie solle da das Gericht gerecht urteilen, wenn die Akten, die klar zusammengehören, getrennt seien und nur der Anklagebehörde vorliegen? Dann hätte man bis jetzt 30 Verhandlungstage umsonst durchgeführt. Zentrale Frage sei doch, warum man nur einen Angestellten und nicht den Chef der Kölner Kanzlei angeklagt habe?

Die Anwälte des Angestellten der Kölner Kanzlei wollten in ihrem Antrag einen Zeugen laden lassen, der als „Vertriebschef“ und Organisator dort gearbeitet hätte. Dieser sei von der Polizei nicht vernommen worden und könne erheblich die Rollen der Beteiligten in Köln erklären.

Die Verteidigung des Angeklagten Herrn B. monierte, dass die Schadensberechnungen der Staatsanwaltschaft in der Anklage nicht richtig sein können. So habe ein Zeuge letzten Dienstag ausgesagt, dass er 30.000 Euro angelegt habe und nicht wie in der Anklage behauptet 50.000 Euro. Es sei zu befürchten, dass die Zahlen daher nicht korrekt wären.

In der Sache entschieden wurde nichts. Der Vorsitzende sagte lediglich, dass er jetzt nachdenken und seine „Hausarbeiten“ machen wolle. Der Prozess wird nächsten Dienstag fortgesetzt. Ein Ende ist nicht abzusehen. Schon jetzt zeige sich, dass die Entscheidung des Gerichts – egal wie sie ausfällt – zu einer Revision führen wird, so der Vorsitzende zum Schluss.

6 Comments

  1. hertenhans Samstag, 14.01.2017 at 16:38 - Reply

    ist das Thema BWF und Co im Jahr 2017 schon verjährt?

  2. Yogi Montag, 02.01.2017 at 16:08 - Reply

    Prozesstage:
    15.12.2016, 10:15 Uhr, Saal 806
    20.12.2016, 10:15 Uhr, Saal 806
    22.12.2016, 10:15 Uhr, Saal 806
    Wer war da?
    Wer weiß was?
    Gibt es schon neue Tage im Januar?

  3. Yogi Mittwoch, 14.12.2016 at 16:28 - Reply

    Wir haben den 14.12.16!
    Weiß man nun, ob Herr Papakostas als Zeuge geladen wurde?

    Anmerkung der Redaktion:
    Gehört werden sollte der feine Herr dann schon, aber trauen tut er sich wohl nicht wie man so hört.

  4. pdegen Samstag, 10.12.2016 at 09:48 - Reply

    Was ist eigentlich aus den Grundstücken geworden?
    Anbei die damalige Liste:
    rund 1,5 Millionen Euro in den Erwerb von fünf Grundstücken zu Geschäfts- und Wohnzwecken im Königsweg 5 in Berlin Zehlendorf,
    rund 6 Millionen Euro an eine Königsweg 5 – Management GmbH,
    rund 863.000 Euro an Bauträger zur Realisierung der Bauvorhaben im Köngisweg 5,
    rund 1,2 Millionen Euro an weiter Stiftungen,
    rund 3,2 Millionen Euro als Darlehen an diverse Dritte,
    255.300 Euro an ein Sportsponsoring an die American Football Förderstiftung in Köln und den AFC Köln e.V.,
    rund 269.000 Euro an eine Firma RuLAG,
    rund 104.000 Euro in Fahrzeuge,
    4,5 Millionen Euro in Firmenbeteiligungen,
    rund 309.000 Euro in den Erwerb von Golddummies,
    rund 747.000 Euro in Ferienwohnrechte auf Gran Canaria und den Bau einer Villa in der Dominikanischen Republik,
    162.000 Euro an diverse weitere Firmen,
    rund 1,9 Millionen Euro in ein Wassergrundstück in Falkensee (Havelland) westlich von Berlin.

  5. hertenhans Freitag, 09.12.2016 at 10:58 - Reply

    hier läuft nur eines. nämlich das Geld läuft weg.

  6. yogi Donnerstag, 08.12.2016 at 19:20 - Reply

    Es ist grauselig, wenn ich lesen muß, was in der Verhandlung von der Staatsanwaltschaft so von sich gegeben wird.
    Was ist eigentlich mit: „Ergänzend dazu haben wir erfahren, dass das Berliner Gericht nun wohl beabsichtigt, Herrn Papakostas als Zeugen in dem Vorgang zu vernehmen.“
    Das ist es doch, was Aufschluß geben könnte, was an Herrn G.S. seinen Aussagen wahr oder unwahr ist und nicht ob ein Anleger 30T oder 50T angelegt hat.
    Was läuft hier eigentlich?

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