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Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow zur FMA-Warnung vor dem Anbieter „TTHB“

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Redaktion: Herr Iwanow, die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat eine Warnung vor dem Anbieter „TTHB“ ausgesprochen. Was ist aus juristischer Sicht der Hintergrund solcher Warnmeldungen?

RA Michael Iwanow: Die FMA veröffentlicht solche Warnmeldungen, wenn Anbieter ohne gesetzlich erforderliche Konzession Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen in Österreich anbieten. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018, konkret gegen § 3 Abs. 2 Z 6, der regelt, dass für die Ausführung von Kundenaufträgen im Wertpapierbereich eine behördliche Erlaubnis notwendig ist. Wenn ein Unternehmen wie „TTHB“ ohne diese Zulassung tätig wird, liegt ein unerlaubtes Finanzgeschäft vor – das ist nicht nur zivilrechtlich problematisch, sondern kann auch strafrechtliche Folgen haben.


Redaktion: Wie können Verbraucher erkennen, ob ein Anbieter seriös ist und über die nötige Konzession verfügt?

RA Iwanow: Die wichtigste Anlaufstelle ist die Unternehmensdatenbank der FMA. Dort kann man mit wenigen Klicks feststellen, ob ein Anbieter ordnungsgemäß zugelassen ist. Wenn ein Unternehmen dort nicht aufscheint, ist äußerste Vorsicht geboten. Auch eine fehlende physische Adresse, unprofessionelle E-Mail-Adressen wie in diesem Fall („support@ftgmvip.com“) oder Domains, die regelmäßig wechseln, sind typische Warnsignale.


Redaktion: Was bedeutet die Warnung konkret für Menschen, die bereits mit TTHB in Kontakt standen oder investiert haben?

RA Iwanow: Wer bereits Geld an einen nicht konzessionierten Anbieter wie TTHB überwiesen hat, sollte umgehend handeln. Die Chancen auf Rückgewinnung der Gelder sind zwar oft begrenzt, insbesondere wenn es sich um Anbieter mit Sitz außerhalb der EU handelt – aber es gibt rechtliche Möglichkeiten. Wichtig ist, sofort eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten, Beweise zu sichern und sich möglichst schnell an einen anwaltlichen Vertreter zu wenden. Je früher man reagiert, desto besser.


Redaktion: Was raten Sie Anlegern, die auf ähnliche Angebote stoßen?

RA Iwanow: Prüfen Sie immer die Erlaubnislage des Anbieters über die FMA oder bei deutschen Anbietern über die BaFin. Seien Sie skeptisch bei hohen Gewinnversprechen, fehlender Transparenz oder Druck zum schnellen Handeln. Lassen Sie sich auch nicht von professionell wirkenden Webseiten täuschen – viele betrügerische Plattformen investieren viel in die Optik. Wer unsicher ist, sollte juristischen Rat einholen, bevor Geld fließt.


Redaktion: Gibt es weitere rechtliche Risiken für die Betroffenen?

RA Iwanow: Ja, leider. In einigen Fällen werden Opfer sogar mehrfach betrogen – etwa durch angebliche „Rückholfirmen“, die versprechen, verlorenes Geld gegen Vorkasse zurückzuholen. Auch hier gilt: Finger weg. Solche Versuche enden oft in einem zweiten Betrug. Wichtig ist, nach dem ersten Verlust nicht in Panik zu geraten, sondern strukturiert und mit professioneller Unterstützung zu handeln.


Redaktion: Vielen Dank, Herr Iwanow, für diese klaren Einordnungen.

RA Iwanow: Sehr gerne. Wachsamkeit und rechtliche Aufklärung sind in Zeiten digitaler Finanzmärkte wichtiger denn je.


Hinweis: Dieses Interview dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

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