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Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: Solaranlagen und Denkmalschutz – Was bedeuten die neuen Urteile für Eigentümer?

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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von Thomas Bremer

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat kürzlich in zwei Grundsatzurteilen entschieden, dass der Denkmalschutz dem Ausbau von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden regelmäßig nicht entgegensteht. In beiden Fällen sprachen die Richter den Eigentümern denkmalrechtliche Erlaubnisse für die Installation von Solaranlagen zu. Über die Bedeutung dieser Entscheidungen und die Auswirkungen auf zukünftige Genehmigungsverfahren habe ich mit Rechtsanwalt Maurice Högel von verbraucherschutz-solar.de gesprochen.


Frage: Herr Högel, was bedeuten die Urteile des OVG Münster für Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden?

Maurice Högel: Die Urteile sind ein bedeutender Schritt in Richtung eines stärkeren Ausbaus erneuerbarer Energien, auch auf denkmalgeschützten Gebäuden. Das Gericht hat klar festgestellt, dass das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien in der Regel höher zu bewerten ist als die Belange des Denkmalschutzes. Für Eigentümer bedeutet das, dass denkmalrechtliche Genehmigungen für Solaranlagen künftig deutlich leichter zu bekommen sein dürften, solange die Anlagen den Denkmalwert nicht erheblich beeinträchtigen.


Frage: Gibt es denn noch Ausnahmen, in denen der Denkmalschutz Vorrang haben kann?

Maurice Högel: Ja, das ist weiterhin möglich. Die Urteile betonen, dass in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und dem Ausbau erneuerbarer Energien erfolgen muss. Wenn besondere Umstände vorliegen, die den Denkmalwert des Gebäudes erheblich beeinträchtigen, kann eine Genehmigung weiterhin versagt werden. Es kommt also immer darauf an, welche konkreten denkmalwertbegründenden Eigenschaften des Gebäudes geschützt werden und ob diese durch die Solaranlage beeinträchtigt werden.


Frage: Welche Faktoren spielten in den beiden verhandelten Fällen eine Rolle?

Maurice Högel: Im Fall der Düsseldorfer „Golzheimer Siedlung“ lag der Fokus darauf, dass die Solaranlage auf der straßenabgewandten Seite installiert werden sollte und sich farblich sowie strukturell in das Gebäude einfügt. Die Anlage beeinträchtigt das Erscheinungsbild der Siedlung nicht in einem Maß, das die Versagung der Erlaubnis gerechtfertigt hätte.

Im Fall der ehemaligen Schule in Siegen war die Dachfläche nicht denkmalwertbegründend, sondern nur der Dachreiter. Das bedeutet, dass die Installation der Solaranlage das geschützte Erscheinungsbild des Gebäudes nicht berührt. Beide Entscheidungen zeigen, dass der Schutz des Denkmalwerts immer auf die individuellen Merkmale des jeweiligen Gebäudes bezogen bewertet wird.


Frage: Das OVG hat die Bedeutung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) betont. Welche Rolle spielt das EEG in diesem Zusammenhang?

Maurice Högel: Das EEG sieht vor, dass erneuerbare Energien in Schutzgüterabwägungen als vorrangiger Belang einzustellen sind. Diese bundesrechtliche Regelung hat eine starke Signalwirkung auf die Interpretation von Landesgesetzen wie dem nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetz. Das heißt, das öffentliche Interesse am Klimaschutz und der Energiewende hat jetzt ein größeres Gewicht, und das muss von den Denkmalbehörden in jedem Verfahren berücksichtigt werden.


Frage: Was bedeuten diese Urteile für zukünftige Anträge?

Maurice Högel: Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden, die Solaranlagen installieren möchten, können sich durch diese Urteile gestärkt fühlen. Die Entscheidungen zeigen, dass Denkmalbehörden künftig genauer prüfen müssen, ob ihre Ablehnung tatsächlich gerechtfertigt ist oder ob die Interessen des Klimaschutzes überwiegen. Auch wird deutlich, dass Eigentümer durch den Einsatz denkmalschonender Technologien, wie angepasste Solarpaneele, ihre Chancen auf eine Genehmigung erhöhen können.


Frage: Haben die Urteile bundesweite Relevanz?

Maurice Högel: Formal beziehen sich die Urteile auf das Denkmalschutzrecht in Nordrhein-Westfalen, aber die Grundsatzargumentation kann auf andere Bundesländer übertragen werden, da das EEG bundesweit gilt. Die Entscheidungen könnten also Signalwirkung für Genehmigungsverfahren in ganz Deutschland haben.


Frage: Welche Tipps können Sie Eigentümern geben, die eine Solaranlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude installieren möchten?

Maurice Högel: Zunächst sollten Eigentümer sich umfassend über die denkmalrechtlichen Anforderungen ihres Gebäudes informieren und frühzeitig den Kontakt zur Denkmalbehörde suchen. Wichtig ist es, denkmalschonende Technologien zu wählen, also beispielsweise Solarmodule, die sich optisch an das Gebäude anpassen. Zudem empfehle ich, die Unterstützung eines spezialisierten Anwalts oder Planers in Anspruch zu nehmen, um den Antrag professionell vorzubereiten und mögliche Konflikte mit der Denkmalbehörde zu vermeiden.


Frage: Was können betroffene Eigentümer tun, wenn ihre Anträge abgelehnt wurden?

Maurice Högel: In solchen Fällen ist es ratsam, rechtlich gegen die Entscheidung vorzugehen. Die Urteile des OVG Münster zeigen, dass Ablehnungen häufig hinterfragt werden können, insbesondere wenn die Denkmalbehörden die Interessen des Klimaschutzes nicht ausreichend berücksichtigt haben. Ein Widerspruch oder eine Klage vor Gericht kann dann zielführend sein.


Fazit

Die aktuellen Urteile des OVG Münster sind ein wichtiger Schritt für den Ausbau erneuerbarer Energien und zeigen, dass der Klimaschutz immer stärker in den Fokus rückt – auch im Spannungsfeld mit dem Denkmalschutz. Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude sollten sich durch diese Entscheidungen ermutigt fühlen, entsprechende Anträge zu stellen und bei Ablehnung ihre Rechte zu prüfen.

Thomas Bremer berichtet für Sie weiter über wichtige Entwicklungen im Bereich Klimaschutz und Recht.

http://www.verbraucherschutz-solar.de

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