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Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: Ihre Rechte als Bahnkunde und Fluggast bei Verspätungen und Ausfällen

AndrzejRembowski (CC0), Pixabay
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Von Thomas Bremer

Verspätete Züge und gestrichene Flüge sind für viele Reisende ärgerlich, doch was steht einem als Betroffener tatsächlich zu? Rechtsanwalt Maurice Högel von der Kanzlei BEMK in Bielefeld erklärt, welche Ansprüche Bahn- und Flugreisende haben und wie sie vorgehen sollten, um finanzielle Entschädigungen zu erhalten.
Frage: Herr Högel, welche Rechte habe ich als Bahnkunde, wenn mein Zug verspätet ist oder ausfällt?

Maurice Högel: Als Bahnkunde haben Sie klare Rechte, die in der EU geregelt sind. Konkret gilt Folgendes:

Verspätungen ab 60 Minuten:
Sie können 25 % des Ticketpreises für die einfache Fahrt zurückfordern.
Beispiel: Kostet Ihr Ticket 40 Euro, erhalten Sie 10 Euro zurück.

Verspätungen ab 120 Minuten:
Hier bekommen Sie 50 % des Ticketpreises zurück.
Beispiel: Bei einem Ticketpreis von 40 Euro bekommen Sie 20 Euro erstattet.

Ausfall oder erhebliche Verspätung:
Sie können entweder die Reise abbrechen und sich den gesamten Ticketpreis erstatten lassen oder eine alternative Verbindung nutzen, die Ihnen die Bahn anbieten muss.

Versorgungspflichten:
Bei langen Wartezeiten ist die Bahn verpflichtet, für Getränke, Snacks oder – bei längeren Verzögerungen – eine Unterkunft zu sorgen.

Frage: Was muss ich tun, um meine Rechte als Bahnkunde durchzusetzen?

Maurice Högel: Sie müssen einen Erstattungsantrag stellen. Bei der Deutschen Bahn läuft das so:

Fahrgastrechte-Formular: Dieses Formular können Sie online herunterladen oder am Bahnhof bekommen.
Einreichung: Füllen Sie das Formular aus und fügen Sie eine Kopie Ihres Tickets bei. Reichen Sie es entweder per Post oder direkt am Schalter ein.
Wichtig: Sie haben ein Jahr Zeit, um Ihre Ansprüche geltend zu machen.

Frage: Welche Rechte habe ich, wenn mein Flug verspätet ist oder ausfällt?

Maurice Högel: Die EU-Fluggastrechte sind hier sehr klar geregelt:

Verspätungen ab 3 Stunden bei der Ankunft:
Sie haben Anspruch auf eine pauschale Entschädigung, die sich nach der Flugdistanz richtet:
250 Euro für Flüge bis 1.500 km.
400 Euro für Flüge zwischen 1.500 und 3.500 km.
600 Euro für Flüge über 3.500 km.

Flugausfall (Annullierung):
Sie können wählen zwischen:
Erstattung des Ticketpreises.
Ersatzbeförderung auf einer anderen Verbindung.
Zusätzlich steht Ihnen die pauschale Entschädigung zu, es sei denn, die Airline informiert Sie mindestens 14 Tage vorher oder bietet Ihnen eine akzeptable Alternative.

Versorgung während der Wartezeit:
Die Airline ist verpflichtet, Ihnen bei langen Wartezeiten Getränke, Mahlzeiten oder – bei Übernachtungen – eine Hotelunterkunft bereitzustellen.

Frage: Wann bekomme ich als Fluggast keine Entschädigung?

Maurice Högel: Keine Entschädigung gibt es, wenn die Verspätung oder der Ausfall durch außergewöhnliche Umstände verursacht wurde. Dazu zählen:

Extreme Wetterbedingungen (z. B. Sturm, Nebel oder Schnee).
Politische Ereignisse oder Unruhen.
Streiks, die nicht von der Airline selbst ausgehen (z. B. Flughafenpersonal).

Die Airline muss in diesen Fällen aber trotzdem für Ihre Versorgung sorgen, etwa durch Mahlzeiten oder Hotelübernachtungen.
Frage: Wie mache ich als Fluggast meine Ansprüche geltend?

Maurice Högel: Auch hier gilt: Fordern Sie Ihre Rechte direkt bei der Airline ein. Viele Airlines bieten dafür Online-Formulare an. Folgendes sollten Sie bereithalten:

Ticket und Buchungsbestätigung.
Nachweise über die Verspätung oder den Ausfall (etwa durch E-Mails oder Fotos der Anzeige).
Belege für zusätzliche Ausgaben, wie Quittungen für Mahlzeiten oder Hotelübernachtungen.

Wenn die Airline Ihre Ansprüche ablehnt oder nicht reagiert, können Sie die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) kontaktieren oder einen Anwalt hinzuziehen.
Frage: Welche Fristen gelten für Bahn- und Flugansprüche?

Maurice Högel: Bei der Bahn können Sie Ihre Ansprüche bis zu einem Jahr nach dem Vorfall geltend machen. Bei Flügen haben Sie in Deutschland bis zu drei Jahre Zeit, um Ihre Entschädigung einzufordern.
Frage: Haben Sie abschließend Tipps, wie ich mich als Reisender am besten absichern kann?

Maurice Högel: Ja, hier sind meine wichtigsten Tipps:

Belege sammeln: Bewahren Sie Tickets, Buchungsbestätigungen und Quittungen immer auf.
Zeiten dokumentieren: Notieren Sie sich Verspätungen oder Flugausfälle genau.
Rechte kennen: Informieren Sie sich vor der Reise über Ihre Rechte als Bahn- oder Flugpassagier.
Nachfragen: Sprechen Sie direkt das Bahnpersonal oder die Airline-Mitarbeiter an, um sich über Ihre Rechte und mögliche Entschädigungen zu informieren.
Hilfe holen: Wenn Sie nicht weiterkommen, wenden Sie sich an Schlichtungsstellen oder spezialisierte Anwälte.

Fazit:

Bahn- und Flugreisende haben bei Verspätungen oder Ausfällen klare Rechte auf finanzielle Entschädigungen. Es ist jedoch wichtig, diese aktiv einzufordern und gut dokumentiert vorzugehen. Rechtsanwalt Maurice Högel empfiehlt, alle Belege aufzubewahren und bei Bedarf juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Thomas Bremer bleibt für Sie an diesem Thema dran und berichtet über weitere Entwicklungen im Bereich Fahrgast- und Fluggastrechte.

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