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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime (Bautzen): „Identitätsdiebstahl im Finanzbereich ist besonders perfide“

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Reime, die BaFin warnt aktuell vor der Website axessinvest.de, die sich unrechtmäßig als Teil der regulierten MarketAxess NL B.V. ausgibt. Wie bewerten Sie diesen Fall?

Jens Reime: Das ist ein klarer Fall von Identitätsdiebstahl, verbunden mit einem Täuschungsversuch gegenüber potenziellen Anlegern. Es ist besonders perfide, weil seriöse Namen wie MarketAxess genutzt werden, um das Vertrauen der Verbraucher gezielt zu missbrauchen. Solche Webseiten wirken auf den ersten Blick professionell und vertrauenswürdig – genau das macht sie so gefährlich.

Frage: Woran erkennen Verbraucher, dass ein Anlageangebot möglicherweise unseriös ist?

Jens Reime: Grundsätzlich sollte man skeptisch werden, wenn es hohe Zinsen bei geringem Risiko gibt – besonders beim Festgeld. Ein weiteres Warnsignal ist, wenn eine Website vorgibt, zu einem bekannten Finanzdienstleister zu gehören, ohne dass dies auf der offiziellen Website dieses Unternehmens bestätigt wird. Ich empfehle immer: Prüfen Sie bei der BaFin, ob das Unternehmen wirklich registriert ist. Zudem ist es ratsam, nach Warnhinweisen zu googeln oder direkt einen Anwalt oder die Verbraucherzentrale zu fragen.

Frage: Was sollten Betroffene tun, die möglicherweise bereits Geld investiert haben?

Jens Reime: Handeln Sie sofort. Dokumentieren Sie alle E-Mails, Überweisungen und Screenshots der Website. Nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Bank auf und prüfen Sie, ob noch Rückbuchungen möglich sind. Parallel sollten Sie Strafanzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft stellen – am besten mit Unterstützung eines spezialisierten Anwalts. Wir helfen regelmäßig bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, beispielsweise gegen Zahlungsdienstleister, wenn diese ihre Prüfpflichten verletzt haben.

Frage: Gibt es Hoffnung, das investierte Geld zurückzubekommen?

Jens Reime: In manchen Fällen ja – vor allem, wenn es gelingt, Geldströme frühzeitig zu stoppen oder Zahlungsdienstleister haftbar zu machen. Aber je länger Betroffene warten, desto geringer wird die Chance. Daher: keine Scham, kein Zögern – handeln Sie sofort!

Frage: Welche Rolle spielen Behörden wie die BaFin in solchen Fällen?

Jens Reime: Die BaFin kann zwar warnen, hat aber keine Ermittlungsbefugnisse. Sie informiert die Öffentlichkeit, sobald sie Kenntnis von solchen Machenschaften erhält. Die eigentliche Strafverfolgung liegt bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Wichtig ist: Die BaFin-Warnung ist ein deutliches Alarmsignal – wer sie ignoriert, handelt auf eigenes Risiko.

Frage: Ihr Rat abschließend in einem Satz?

Jens Reime: Prüfen Sie jedes Finanzangebot kritisch – und im Zweifel lieber einmal zu viel den Anwalt fragen als einmal zu wenig.

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