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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Wie sicher ist das Investment in „Faszination-Bayern.de“?

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Frau Bontschev, das Angebot klingt vielversprechend: Eine Beteiligung an einer wachsenden Tourismusplattform mit scheinbar stabilem Geschäftsmodell. Wie bewerten Sie dieses Investment aus rechtlicher und finanzieller Sicht?

Grundsätzlich ist die Idee einer spezialisierten Reise- und Erlebnisplattform für Bayern durchaus interessant. Allerdings sollten Anleger genau prüfen, welche Rechte und Pflichten mit der Beteiligung verbunden sind, denn Investments in digitale Plattformen bergen besondere Risiken – bis hin zum Totalverlust des investierten Kapitals.

Können Sie die größten Risiken dieses Investments näher erläutern?

Ja, es gibt einige Punkte, die Anleger kritisch hinterfragen sollten:

  1. Wirtschaftliches Risiko & Marktentwicklung:

    • Die Plattform existiert zwar bereits und verzeichnet eine gewisse Reichweite, aber ob das Geschäftsmodell auf Dauer tragfähig ist, bleibt offen.
    • Konkurrenzdruck durch etablierte Buchungsportale wie Booking.com, Airbnb oder regionale Tourismusverbände könnte das Wachstum erschweren.
    • Suchmaschinen-Rankings (23.000 Keywords im Google-Index) sind volatil. Eine Änderung des Google-Algorithmus könnte die Besucherzahlen schnell reduzieren.
  2. Rechtliche und vertragliche Aspekte:

    • Die Beteiligung wird als „atypisch stille Beteiligung“ angeboten. Das bedeutet in der Regel, dass Investoren kein Mitspracherecht haben.
    • Notarielle Beglaubigung schafft Transparenz, bedeutet aber nicht automatisch, dass das Investment sicher ist.
    • Keine Nachschusspflicht klingt positiv, aber Anleger sollten sich fragen, ob zukünftige Investitionen nötig sind, um das Projekt am Leben zu halten.
  3. Fehlende Garantien & Totalverlustrisiko:

    • Es gibt keine Sicherheiten, dass das Investment nach drei Jahren amortisiert ist. Die angenommene Rentabilität basiert auf Prognosen und nicht auf einer nachgewiesenen Umsatzentwicklung.
    • Digitale Projekte sind oft von technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen abhängig. Falls die Plattform nicht wie erwartet wächst oder unrentabel bleibt, droht Anlegern ein vollständiger Kapitalverlust.

Das Angebot verspricht Transparenz durch ein Investorenportal. Reicht das als Absicherung?

Nicht unbedingt. Ein Investorenportal mit Kennzahlen und Statistiken kann zwar helfen, den Projektfortschritt zu überwachen, ersetzt aber keine finanzielle oder rechtliche Absicherung. Wichtiger ist:

  • Wer führt das Unternehmen, und welche Erfahrungen hat das Team?
  • Gibt es unabhängige Bewertungen oder geprüfte Geschäftszahlen?
  • Welche konkreten Rechte erhalten Investoren im Fall eines Verkaufs oder einer Insolvenz der Plattform?

Was raten Sie potenziellen Investoren vor einer Entscheidung?

  1. Vertragsprüfung durch einen Anwalt: Lassen Sie sich den Beteiligungsvertrag vorlegen und prüfen, welche Mitspracherechte und Rückforderungsmöglichkeiten bestehen.
  2. Wirtschaftliche Analyse: Gibt es belastbare Umsatzzahlen und Erfolgsnachweise, oder handelt es sich um eine reine Wachstumsprognose?
  3. Risikostreuung: Investieren Sie nur einen Teil Ihres Kapitals in solche Projekte und streuen Sie Ihr Risiko über mehrere Anlageformen.
  4. Exit-Strategie klären: Kann die Beteiligung verkauft oder übertragen werden? Oder bleibt das Kapital langfristig gebunden?

Ihr abschließendes Fazit?

„Faszination-Bayern.de“ könnte eine interessante Wachstumschance sein, aber es bleibt ein hochrisikoreiches Investment. Anleger müssen sich bewusst sein, dass keine garantierte Rendite existiert und dass ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals möglich ist. Wer investieren möchte, sollte dies nur mit Geld tun, dessen Verlust er verkraften kann – und sich vorher umfassend beraten lassen.

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