Das will die Verbraucherzentrale zu Gunsten der BaFin verändert sehen

Die kollektive Rechtsdurchsetzung durch die Verbraucherorganisationen, allen voran durch den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen, hat in den vergangenen Jahren vieles erreicht, und sie wird mit Blick auf die Zukunft durch die Einführung der Abhilfeklage zur Umsetzung der Verbandsklagen-Richtlinie (EU) 2020/1828 weiter gestärkt, wenn auch die konkrete Art der Umsetzung einige Probleme der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung nicht löst.

Auch zusätzliche Maßnahmen wie die Zuweisung der Unterlassungsklage zum Oberlandesgericht (§ 6 UKlaG-
RefE) und die Erleichterung der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG-RefE sind ausdrücklich zu begrüßen und können zur Effektivität der Durchsetzung des Verbraucher-
rechts beitragen.

Auch diese Maßnahmen werden aber das Bedürfnis nach einer zusätzlichen behördlichen Rechtsdurchsetzung durch die BaFin nicht beseitigen. Dieser verbleiben gegenüber der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung einige Vorteile im Bereich der Informati-
onsgewinnung durch behördliche Ermittlungsbefugnisse, durch die Möglichkeit der sofortigen Vollstreckbarkeit von Entscheidungen und durch die Breitenwirkung von Allgemeinverfügungen.

Für ihre Tätigkeit in der Rechtsdurchsetzung benötigt die BaFin allerdings eine sichere Rechtsgrundlage. Diese bietet § 4 Abs. 1a FinDaG derzeit nicht, denn sowohl die Voraussetzungen für das Tätigwerden als auch die Maßnahmen, die ihr zur Verfügung
stehen, sind nicht deutlich formuliert und deshalb in Lehre und Rechtsprechung umstritten. Dies wiederum erhöht das Risiko für die BaFin und kann sich hemmend auf ihre Durch-setzungstätigkeit auswirken.

Da ein Hauptstreitpunkt in der Diskussion um die Durchsetzungsbefugnisse der BaFin im ungeklärten Verhältnis der behördlichen zur zivilgerichtlichen Rechtsdurchsetzung liegt, sollte auch dieses präziser und effizienter geregelt werden.
Unbestritten ist, dass die BaFin eine wichtige Rolle bei der Erzielung von Breitenwirkung höchstrichterlicher zivilrechtlicher Urteile spielen kann und sollte. Dies sollte als Soll-Vorschrift in § 4 Abs. 1a FinDaG aufgenommen werden. Klar ist aber auch, dass
dies nicht abschließend sein kann, weil auch andere Gründe für ein Einschreiten der BaFin vorliegen können, etwa die besondere Eilbedürftigkeit, auf die die BaFin mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten reagieren kann.

Das Primat des Zivilrechts sollte hier nicht in Form einer strengen Erforderlichkeitsprüfung sichergestellt werden, sondern in einer weicheren Vorschrift, nach der die BaFin unter Beachtung insbesondere der kollektiven zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung insbesondere durch die Verbraucherorganisationen nach pflichtgemäßem Ermessen tätig werden soll.
Ergänzend sollte die Kooperation zwischen der BaFin und auch anderweitig im Gesetzprivilegierten Verbraucherorganisationen, an erster Stelle der vzbv, verbessert werden.

Dazu sollte insbesondere die Verschwiegenheitsverpflichtung der BaFin gegenüber dem vzbv aufgehoben werden. Die BaFin könnte dann Erkenntnisse aus Ermittlungsmaßnahmen an den vzbv weitergeben, der dann auf dieser Grundlage die Durchset-
zung des Verbraucherrechts betreiben könnte. Dies würde weiter dazu beitragen, das in der Lehre so vehement geforderte Primat des Zivilrechts zu sichern.

Gleichzeitig sollten die der BaFin zur Verfügung stehenden Maßnahmen konkretisiert werden. Dazu sollte die Generalklausel der „geeigneten und erforderlichen“ Maßnahmen durch einen Beispielskatalog ergänzt werden, der neben dem Bußgeld und der 3 l 54 Unterlassungsverfügung auch Beseitigungsmaßnahmen wie die Verpflichtung zur Information der betroffenen Verbraucher:innen und Rückzahlungsanordnungen enthält.

Unterlassungsverfügungen und Rückzahlungsanordnungen sollte verjährungshemmende Wirkung zukommen. Streitigkeiten, die aus Maßnahmen der BaFin aufgrund eines Missstands in Form der
Verletzung von Vorschriften des zivilrechtlichen Verbraucherschutzes (bei Finanzdienstleistungen) resultieren, sollten den ordentlichen Gerichten zugewiesen werden,
um Divergenzen in der Rechtsprechung zu vermeiden. Entsprechend der neuen Zuweisung von Unterlassungs- und Verbandsklagen zu den Oberlandesgerichten wäre auch
hier an einen zweistufigen Rechtsweg zu denken, der bei den Oberlandesgerichten beginnt.

Ein „Overenforcement“, wie es gelegentlich seitens der Wirtschaft kolportiert wird, ist durch diese Verbesserungen nicht zu befürchten. Ein solches läge frühestens vor, wenn Sanktionen über die Kompensation von Ansprüchen hinaus nicht nur verhängt
werden könnten, sondern in der Praxis auch verhängt würden. Davon kann derzeit keine Rede sein, und auch die vorgeschlagenen Verbesserungen in den Rechtsdurch-
setzungsmöglichkeiten der BaFin würden lediglich eine Annäherung an die Ziele effektiverer Prävention und vollen Schadensausgleichs bewirken.

bafinneu

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