Werbung von Hilsorganisationen

Mit 1-Cent-Überweisungen aufs Girokonto und Rückruf-Bitte bringen sich viele seriöse Hilfsorganisationen bei ehemaligen Spendern in Erinnerung. Jetzt ist die Praxis ins Visier von Daten- und Verbraucherschützern geraten

Hilfsorganisationen sorgen sich um Hungernde in Ostafrika und Tsunamiopfer in Japan, um Kranke und die Umwelt – aber auch um ihre Spender. Zumindest um diejenigen Gönner, die einfach Geld überweisen, ohne eine Adresse zu hinterlassen. Die finden nun ihrerseits häufig 1-Cent-Überweisungen samt Telefonnummer auf dem Kontoauszug. Dazu den Hilferuf: „Bitte melde dich!“

Mit dieser Masche bringen sich Oxfam Deutschland, die Kindernothilfe und Care, Cap Anamur/Deutsche Notärzte und Ärzte für die Dritte Welt in Erinnerung. Einen Cent opfern der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Ebenso im 1-Cent-Boot sitzt die „Aktion Deutschland Hilft“, in der sich u.a. Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und Paritätischer, Johanniter und Malteser gefunden haben. Der vorgebliche Grund der merkwürdigen Mini-Transaktionen: Die Geber sollen eine Spendenquittung erhalten, mit der sie Steuern sparen können. „Denn nur mit gültiger und vollständiger Adresse wird die Zuwendungsbestätigung vom Finanzamt anerkannt“, heißt es etwa beim BUND. Um die Bestätigung zu verschicken, braucht es natürlich die Adresse, abzuliefern gerne per Telefon oder E-Mail.

Das Vorgehen ist dreist. Denn der Verdacht liegt nahe, dass das Hilfsprojekt „Aktion Spendenquittung“ nur vorgeschoben ist. Finanzämter akzeptieren längst den „vereinfachten Spendennachweis“: Beträge bis zu 200 Euro können ohne amtliche Spendenquittung (Zuwendungsbestätigung) mit dem Einzahlungsbeleg der Überweisung beim Finanzamt eingereicht werden“, erklärt das Finanzministerium in NRW. Wer dem Melde-Aufruf folgt, sollte sich deshalb darauf gefasst machen, dass es bei dem einen Cent nicht bleibt: Im Briefkasten landet Werbung für Förderer. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bekennt offen: „Sicher geht es auch um die Adressen, aber wir verschicken nur viermal im Jahr unsere Werbung.“ Andere Fundraiser mögen häufiger aktiv werden.

Datenschützer: „rechtswidriges Verfahren“
Soweit ist Burkhard Wilke noch nicht. Der Geschäftsführer des Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) ist für das so genannte Spendensiegel zuständig. Das bescheinigt mittlerweile über 260 Vereinen und Organisationen, verantwortlich mit dem Sammel-Geld umzugehen. Siegel-Bewahrer Wilke überlegt derzeit, ob er hartnäckigen 1-Cent-Datensammlern das DZI-Signet verweigert. Bei einem „Fachgespräch im Herbst“ möchte er sich dazu die rechtliche Sicherheit verschaffen. Die hat bereits der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix: Das Verfahren sei „rechtswidrig“, weil es „weder auf eine Einwilligung der Spender noch auf einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand gestützt werden“ könne. Sein klares Votum: „Kontoverbindungsdaten dürfen nicht für Werbezwecke genutzt werden.“ Dix belässt es nicht beim Reden: Der Datenschützer hat bereits mehreren Spendenorganisationen mit Sitz in Berlin erfolgreich aufgefordert, 1-Cent-Überweisungen zu unterlassen.

Doch nicht überall in der Republik herrschen Berliner Zustände. Deshalb lautet die Warnung der Verbraucherzentrale NRW: Wer 1-Cent-Eingänge auf dem Kontoauszug findet, sollte auf Rückruf-Bitten von Spendensammlern erst gar nicht reagieren.

Quelle:VBZ NRW

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