Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev zur BaFin-Warnung vor treueinvestments.de
Redaktion: Frau Bontschev, die BaFin warnt aktuell vor der Website treueinvestments.de. Dort würden ohne Erlaubnis Bankgeschäfte angeboten – konkret Festgeldanlagen. Wie schätzen Sie diesen Fall ein?
Kerstin Bontschev:
Wir haben es hier sehr wahrscheinlich mit einem Betrugsversuch im Gewand eines seriösen Festgeldangebots zu tun. Solche Plattformen sind leider keine Seltenheit. Die Betreiber sind in der Regel anonym, oft im Ausland aktiv, und sie nutzen bekannte Begriffe wie „Festgeld“ oder „Zinsgarantie“, um Vertrauen zu erzeugen. Besonders gravierend ist in diesem Fall der Identitätsmissbrauch: Die Plattform gibt vor, in Verbindung mit Ester Finance Titrisation zu stehen – was laut BaFin nicht stimmt.
Redaktion: Was sollten Verbraucher tun, die bereits über diese Website investiert oder Geld überwiesen haben?
Kerstin Bontschev:
Zunächst gilt: Nicht weiterzahlen! Auch wenn man von angeblichen Kundenberatern oder Rückrufnummern kontaktiert wird, sollte man keinesfalls weiteren Aufforderungen nachkommen.
Dann: Beweise sichern – also Screenshots der Website, E-Mails, Kontoauszüge, Zahlungsnachweise.
Im nächsten Schritt sollte man eine Anzeige bei der Polizei erstatten – idealerweise mit anwaltlicher Unterstützung. In manchen Fällen kann auch eine Rückforderung über die eigene Bank oder den Zahlungsdienstleister möglich sein – etwa durch ein sogenanntes „Chargeback“-Verfahren bei Kreditkartenzahlungen. Aber je schneller reagiert wird, desto größer sind die Chancen.
Redaktion: Warum sind gerade vermeintlich sichere Anlagen wie Festgeldangebote ein beliebtes Ziel für Betrüger?
Kerstin Bontschev:
Weil sie Vertrauen erzeugen. Festgeld ist in Deutschland ein klassisches Anlageprodukt – bekannt, solide, risikoarm. Wenn dann auf einer professionell aussehenden Website Zinsen von 4–5 % oder mehr versprochen werden, denken viele: „Das ist ein Top-Angebot!“ Aber genau das nutzen Kriminelle aus. Die Realität ist: In der aktuellen Zinslage sind überdurchschnittliche Festgeldzinsen oft ein Warnsignal, kein Schnäppchen.
Redaktion: Was können Verbraucher tun, um solche Betrugsmaschen im Voraus zu erkennen?
Kerstin Bontschev:
Hier ein paar einfache, aber sehr wirkungsvolle Maßnahmen:
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Immer prüfen, ob das Unternehmen eine BaFin-Lizenz hat. Das geht ganz einfach über die BaFin-Unternehmensdatenbank.
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Misstrauisch werden bei zu hohen Zinsversprechen – gerade im Vergleich zum Marktdurchschnitt.
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Webseiten genau ansehen: Sind Impressum, Datenschutzerklärung, Kontaktinformationen vollständig und plausibel?
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Keine Eile zulassen. Seriöse Anbieter setzen niemanden unter Druck.
Und ganz wichtig: Wenn man sich unsicher ist – lieber eine zweite Meinung einholen, etwa bei der Verbraucherzentrale oder einem Fachanwalt.
Redaktion: Gibt es eine Möglichkeit, bereits gezahltes Geld zurückzubekommen?
Kerstin Bontschev:
Das ist leider nicht einfach – aber auch nicht ausgeschlossen. Es kommt auf den konkreten Fall an: Wer hat das Geld entgegengenommen? Wohin wurde überwiesen? Welche Zahlungsdienste waren beteiligt?
Wir prüfen in solchen Fällen unter anderem, ob Rückbuchungen möglich sind, ob Strafanzeigen Wirkung zeigen könnten, und ob zivilrechtliche Schritte gegen Beteiligte eingeleitet werden können.
Wichtig ist: Je schneller man handelt, desto besser stehen die Chancen. Wer zu lange wartet, riskiert, dass die Spur kalt wird.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev.
Kerstin Bontschev:
Gern geschehen – und mein Appell an alle Verbraucher: Augen auf bei Online-Anlageangeboten. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das meistens auch.
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