Wenn Du KLUG bist, dann nutzt Du Whatsapp nicht mehr

Das ist die klare Ansage eines Rechtsanwaltes, denn Whatsapp hat nun ein Riesenproblem und damit auch Millionen von Nutzern. Das ist aus Sicht des von uns befragten Rechtsanwaltes die Folge der nachfolgend abgebildeten Entscheidung des AG Bad Hersfeld. Hiernach könnten Hunderttausenden WhatsApp-Nutzern demnächst Abmahnungen ins Haus „flattern“.

Nehmen wir mal ein Beispiel. Ich nutze zum Beispiel kein WhatsApp, weiß aber, das viele meiner Gesprächspartner den Dienst nutzen. Keiner dieser Gesprächspartner hat jedoch bis heute sich dazu eine Einwilligung geholt bei mir, dass er meine Kontaktdaten gespeichert hat, die, wenn er WhatsApp nutzt, dann an den Dienst weitergegeben werden. Ich könnte diese Gesprächspartner mithin kostenpflichtig abmahnen lassen.

AG Bad Hersfeld, 15.05.2017 – F 120/17 EASO

Orientierungssatz:

Pflicht zur elterlichen Aufsicht, Kontrolle und Gefahren-Abwendung bei digitalen ’smarten‘ Medien (Smartphones, Tablets, Apps, Messenger-Dienste) sowie zu klaren Absprachen und Vorgaben zur familiären Mediennutzung

Leitsatz:

  1. 1.

    Überlassen Eltern ihrem minderjährigen Kind ein digitales ’smartes‘ Gerät (z.B. Smartphone) zur dauernden eigenen Nutzung, so stehen sie in der Pflicht, die Nutzung dieses Geräts durch das Kind bis zu dessen Volljährigkeit ordentlich zu begleiten und zu beaufsichtigen.

  2. 2.

    Verfügen die Eltern selbst bislang nicht über hinreichende Kenntnisse von ’smarter‘ Technik und über die Welt der digitalen Medien, so haben sie sich die erforderlichen Kenntnisse unmittelbar und kontinuierlich anzueignen, um ihre Pflicht zur Begleitung und Aufsicht durchgehend ordentlich erfüllen zu können.

  3. 3.

    Es bestehen keine vernünftigen Gründe, einem Kind ein Smartphone auch noch während der vorgesehenen Schlafenszeit zu überlassen.

  4. 4.

    Zur Notwendigkeit einer Eltern-Kind-Medien-Nutzungsvereinbarung bei erheblichem Fehlverhalten in der Medien-Nutzung durch das Kind als auch durch ein Elternteil sowie aufkommender Medien-Sucht-Gefahr

  5. 5.

    Wer den Messenger-Dienst „WhatsApp“ nutzt, übermittelt nach den technischen Vorgaben des Dienstes fortlaufend Daten in Klardaten-Form von allen in dem eigenen Smartphone-Adressbuch eingetragenen Kontaktpersonen an das hinter dem Dienst stehende Unternehmen.

    Wer durch seine Nutzung von „WhatsApp“ diese andauernde Datenweitergabe zulässt, ohne zuvor von seinen Kontaktpersonen aus dem eigenen Telefon-Adressbuch hierfür jeweils eine Erlaubnis eingeholt zu haben, begeht gegenüber diesen Personen eine deliktische Handlung und begibt sich in die Gefahr, von den betroffenen Personen kostenpflichtig abgemahnt zu werden.

  6. 6.

    Nutzen Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren den Messenger-Dienst „WhatsApp“, trifft die Eltern als Sorgeberechtigte die Pflicht, ihr Kind auch im Hinblick auf diese Gefahr bei der Nutzung des Messenger-Dienstes aufzuklären und die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Sinne ihres Kindes zu treffen.

Tenor:

  1. 1.

    Die Kindesmutter wird verpflichtet, mit ihrem Sohn E. eine schriftliche Medien-Nutzungsvereinbarung (Vorlage z.B. unter www.mediennutzungsvertrag.de ) zu schließen und diese dem Gericht binnen 1 Monat ab Zustellung dieses Beschlusses in Kopie zu übersenden.

  2. 2.

    Die Kindesmutter wird verpflichtet, von allen Personen, welche aktuell im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes E. gespeichert sind, schriftliche Zustimmungserklärungen dahingehend einzuholen,

    ob diese Personen damit einverstanden sind,

    dass E. in dem Adressbuch seines Smartphones die Telefonnummer(n) und den Namen – wenn ja, in welcher Form (Pseudonym, Kürzel oder aber Vor- oder/und Nachname als Klardatum) – der jeweiligen Person speichert und dass die Daten von dort dann regelmäßig über die von E. gleichzeitig genutzte Applikation „WhatsApp“ an den Betreiber WhatsApp Inc. in Kalifornien/USA übertragen / hochgeladen werden, wo diese Daten zu vielfältigen Zwecken des Betreibers laut dessen Nutzungsbedingungen frei weiter verwendet werden können.

  3. 3.

    Die Einholung der Zustimmungserklärungen gemäß Ziffer 2. hat die Kindesmutter dem Gericht binnen 2 Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses nachzuweisen.

  4. 4.

    Die Kindesmutter wird verpflichtet, regelmäßig – mindestens einmal monatlich – Gespräche mit ihrem Sohn E. über die Verwendung seines Smartphones und über die darauf gespeicherten Kontakte zu führen, sowie das Smartphone und dessen Adressbuch dabei jeweils auch selbst in Augenschein zu nehmen.

    Hinsichtlich dann jeweils neu im Adressbuch des Smartphones hinzu gekommener Kontaktpersonen hat die Kindesmutter wiederum unverzüglich gemäß der Auflage nach Ziffer 2. zu verfahren.

  5. 5.

    Die Kindesmutter hat dem Gericht jeweils bis zum 15.10.2017, bis zum 15.02.2018 und bis zum 15.06.2018 schriftlich mitzuteilen, welcher neuere Stand sich durch die Erfüllung der Auflage gemäß Ziffer 4. ergeben hat.

  6. 6.

    Kann die Kindesmutter zu den Stichtagen gemäß Ziffer 3. und Ziffer 5. nicht hinsichtlich sämtlicher im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes eingetragener Kontaktpersonen eine schriftliche Zustimmungserklärung gemäß Ziffer 2. nachweisen, so hat sie die Applikation WhatsApp einstweilen von dem Smartphone ihres Sohnes zu entfernen und diese solange von dem Gerät fernzuhalten, bis der Nachweis für alle dort im Adressbuch gespeicherten Personen gegeben ist.

  7. 7.

    Der Kindesmutter wird aufgegeben, persönliche Weiterbildung zum Themenbereich der digitalen Mediennutzung zu betreiben, wie folgt:

    1. a)

      bis zum 31.5.2017: Lesen des folgenden Online-Beitrags:

      www.medien-sicher.de/2013/11/liebe-eltern-eine-offene-e-mail

    2. b)

      bis zum 30.6.2017: Anschauen des Videos unter

      www.medien-sicher.de/2014/03/elternvortrag-digitales-kinderzimmer

    3. c)

      von Juli 2017 bis inkl. Juni 2018: .

      Lesen von mindestens drei Themen-Berichten monatlich

      auf der Internetplattform Klicksafe.de – EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz „ nach jeweils freier Auswahl der Kindesmutter

      (genauer: Aufsuchen der Internet-Adresse (URL) www.klicksafe.de/themen , dort zunächst Anwahl per Mausklick in der Spalte links zu einem Thema nach Wahl, sodann Auswahl eines konkreten Berichts in der Themenbox mittig [= unterhalb der jeweils weißen Überschrift auf grünem Grund „KLICKSAFE INFORMIERT„] ).

    Die Einhaltung dieser Verpflichtungen wird in den Fristen gemäß Ziffer 3. und 5. mit kontrolliert.

  8. 8.

    Der Kindesmutter wird aufgegeben, ab sofortdas Smartphone des Kindes vor dem Schlafengehen jeweils einzuziehen, sowie dem Kind einen anderweitigen, nicht online vernetzten Wecker bereit zu stellen.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Kindesmutter zu tragen.

    Der Verfahrenswert wird auf 1.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Das Kind E. ist der rd. 11 1/4 Jahre alte Sohn der hiesigen Kindeseltern. Die Ehe der Kindeseltern ist seit August 2015 rechtskräftig geschieden. E. lebt bei der Kindesmutter. Mit dem Kindesvater pflegt er Umgang an Wochenenden.

Mit Antragsschrift zum hiesigen Amtsgericht begehrte der Kindesvater eine verbindlichere Regelung der Umgangszeiten. Es habe wegen der Umgänge in der Vergangenheit – nach bisheriger einiger Absprache der Eltern grundsätzlich alle 2 Wochen von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag beim Kindesvater – sukzessive Schwierigkeiten bezüglich gewünschter Klärungen mit der Kindesmutter gegeben. Diese sei aus Sicht des Kindesvaters dann gar nicht mehr für nötige Absprachen zu erreichen gewesen, habe persönlichen Kontakt mit ihm gemieden und habe auch das Telefon nicht zuverlässig beantwortet.

Die Kindesmutter wies die Mutmaßung der Gegenseite von sich, dass sie den Kontakt des Kindes zu dem Vater etwa unterbinden wollte. Tatsächlich habe aber das Kind ihr gegenüber geäußert, derzeit keinen Kontakt mehr zum Vater zu wünschen. Hintergrund dessen seien Erlebnisse des Kindes während der Umgangszeiten gewesen, welche E. nicht gefallen hätten.

Das Kind E. äußerte zur Thematik selbst u.a., der Umgang bei seinem Vater und dessen Lebensgefährtin sei freitags und samstags eigentlich immer ganz in Ordnung gewesen. Nur sonntags sei dann oft nicht mehr viel unternommen worden. Hier würde E. dann an seinem Smartphone spielen, weil er sich langweilen würde, bekäme dann aber gleich Vorwürfe gemacht, er solle nicht so viel an seinem Phone hängen. Das Smartphone besitze er seit Dezember 2016 und habe dieses zur eigenen freien Verfügung.

Durch den Kindesvater wurde dazu noch ergänzt, es sei beim Umgang tatsächlich immer wieder das Smartphone ein Thema. Es gebe häufig Auseinandersetzungen, wenn man E. sage, er solle das Handy weglegen, was E. dann als negativ empfinde. Trotzdem seien der Kindesvater und seine Lebensgefährtin der Auffassung, dass es richtig sei, dem Kind bei der digitalen Nutzung Grenzen zu setzen.

Der Umgang ist im dortigen Verfahren verbindlich geregelt worden.

Die Umstände im Hinblick auf die digitale Nutzung durch das Kind sind im hiesigen Verfahren weiter überprüft worden.

E. hat bei seiner Anhörung angegeben, dass er sein Smartphone Marke „Wiko“ mit Betriebssystem „Google-Android“ im Dezember von seiner Mutter als Geschenk zu seinem 11. Geburtstag erhalten habe. Für ihn eingerichtet wurde es dann mit Hilfe des Lebensgefährten seiner Mutter. In dem Smartphone befinde sich eine Prepaid-Karte; ein Vertrags-Tarif mit Laufzeit sei für ihn nicht abgeschlossen worden. Den Google-Playstore könne er von sich aus frei aufrufen und durchstöbern, dort herunterladen dürfe er aber nichts sondern müsse dann vorher die Mutter oder den Lebensgefährten um Erlaubnis fragen. Am meisten spiele er „Clash of Clans“ und „Clash Royal“ – USK jeweils ab 6 Jahren – und daneben nutze er noch häufig WhatsApp.

Er verfüge in dem Smartphone über 20 Kontakte, davon sieben Familienangehörige sowie die Lebensgefährten von Kindesvater und Kindesmutter und im Übrigen Schulkameraden, Freunde und Nachbarskinder. 16 Kontakte hiervon seien auch bei WhatsApp angemeldet. In der Schule habe E. von sich aus gerade die WhatsApp-Klassengruppe gegründet, aktuell nehmen an dieser (neben E.) acht Kinder teil.

Zeitlich sei E. mit Schule, Essen und Hausaufgaben täglich bis 17.00 Uhr oder 17.30 Uhr beschäftigt, und erst danach dürfe er ans Smartphone, dann jeweils bis 18:30 Uhr wenn nämlich das Abendessen beginne. Die Smartphone-Nutzung in dieser Zeit „klappe“ meistens täglich. Morgens sei er am Smartphone, so behauptete er, noch nicht zugange, benutze das Phone aber als Wecker, habe es nachts daher durchweg eingeschaltet neben seinem Bett liegen.

E. wurden in der Kindesanhörung in altersgerechter Sprache die Begriffe Daten, Datenerfassung, Datenweitergabe und Schutz von Daten sowie Hintergründe hierzu erläutert. Diese Erläuterungen hat E. für sich erkennbar verstanden und konnte während der Anhörung rasch selbst treffende Analogien bilden. Es ist ihm weiter altersgerecht erklärt worden, welche technischen Rechte am Smartphone für verschiedene Apps vergeben werden können bzw. je nach Anwendung zugeteilt werden müssen. Auch dieses hat er rasch und verständig einordnen können. In Bezug auf die von ihm benannte App „WhatsApp“ ist E. erläutert worden, in welcher Form und in welchem Umfang eine Datenweitergabe von seinem Smartphone über diese Applikation ab dem Moment der Installation laufend automatisiert erfolgt. Hierzu erklärte E., eine derartige Datenweitergabe über diese App habe er von sich aus weder gewollt noch von diesen Umständen bisher überhaupt gewusst.

Die Angelegenheit ist mit den Kindeseltern weiter erörtert worden.

Es ist mit diesen gleichfalls über die Mediennutzung durch das Kind sowie über die Thematik der eigenmächtigen Weitergabe fremder Daten und der damit verbundenen Verletzung von Rechten anderer Personen gesprochen worden.

Die Kindesmutter erklärte, dass das Telefon des Kindes nicht durch einen Code gesichert sei und sie daher die freie Möglichkeit habe, sowohl die Kontakte als auch die Kommunikation an sich zu kontrollieren. Sämtliche Kontakte im Smartphone des Kindes seien der Mutter bekannt und sie überprüfe auch, mit wem E. schreibe und telefoniere, bzw. auch ihr Lebensgefährte könne „über Internet“ recherchieren, welche Nummern E. gewählt habe.

Die Lebensgefährtin des Kindesvaters bekundete zum Verfahren, dass E. sich in Umgangszeiten den Wecker zum Teil extra früh auf 4:30 Uhr gestellt hatte, um dann bereits an dem Smartphone zu spielen und den Messenger-Dienst WhatsApp zu nutzen.

Während der Umgangskontakte halte man es nunmehr so, wie der Kindesvater zum Verfahren hier noch bestätigte, dass E. sein Smartphone am Anfang abgeben müsse und am Ende vor Rückkehr zur Kindesmutter dann wieder bekomme.

Von dortiger Rechtsanwältin wurde dem beigepflichtet und kritisch aufgeworfen, dass diese Geräte für Kinder diverse Probleme und Gefahren bergen würden, die die Kinder selbst und zum Teil auch die Eltern gar nicht hinreichend überschauen würden.

Die Kindesmutter brachte darauf an, dass die Kinder die Geräte ja zum Teil besser verstehen würden als die Eltern selbst.

Ihr wurde dazu der Hinweis erteilt, dass es allerdings mit Blick auf die elterliche Sorge Aufgabe der Eltern ist, die Handlungen ihrer noch minderjährigen Kinder so weit qualifiziert zu überschauen, dass sie sie vor Gefahrsituationen – gleich ob im analogen oder im digitalen Bereich – grundsätzlich schützen und ihnen unterstützend zur Seite stehen können, wenn hierzu Bedarf besteht. Dies setzt neben regelmäßigen Gesprächen konsequenterweise und grundlegend auch das Vorhandensein von entsprechendem Wissen der Eltern über Hintergründe und mögliche Gefahren, oder nötigenfalls die Verschaffung dieses Wissens in Bezug auf Tätigkeiten voraus, welche dem Kind von Seiten der Eltern laufend bewusst gestattet werden, so wie es hier die Nutzung eines Smartphones und der betreffenden Apps durch ihren Sohn E. betrifft.

Im Hinblick auf die rechtlichen Probleme um die Art und Weise der Datenweitergabe an aktiv datensammelnde Apps wie „WhatsApp“ zeigte sich die Kindesmutter nach rechtlicher Belehrung durch das Gericht sowie durch ihre eigene Anwältin verständig, Sie äußerte dazu verblüfft, dass dann ja wohl dieses ganze System nicht richtig in Ordnung wäre.

Im weiteren Verlauf wurde durch das Kind E. schließlich noch angebracht, dass die Mutter aus seiner Sicht zu viel an ihrem eigenen Smartphone zu Gange wäre und dann nicht genug Zeit für ihn aufbringen würde. Konkret sei er bei seinen Nachfragen zum Spielen eines Gesellschaftsspiels wiederholt mit der Aussage „gleich“ vertröstet worden, während die Kindesmutter bloß fortlaufend mit ihrem Smartphone beschäftigt gewesen sei.

Das zuständige Jugendamt ist am Verfahren beteiligt worden. Dieses konnte am Erörterungstermin nicht teilnehmen und erhielt nachfolgend noch zeitlich hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die hier getroffenen Auflagen ergingen nach § 1666 BGB.

Gemäß dieser Vorschrift hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung einer Gefahr für das Kind erforderlich sind, wenn die Eltern des Kindes nicht gewillt oder aber nicht in der Lage sind, die Gefahr selbst abzuwenden.

Entsprechende Maßnahmen des Familiengerichts gemäß dieser Norm sind bei Gefahren für das geistige, seelische oder körperliche Wohl des Kindes vorzunehmen, aber auch dann zu treffen, wenn das Vermögen des Kindes gefährdet ist.

Vorliegend ist durch die vorgefundene Nutzung der Applikation WhatsApp, wie sie hier durch das Kind E. laufend praktiziert und von seinen Eltern bislang ohne weitere Vorkehrungen geduldet wird, eine Gefahr für das Vermögen des Kindes gegeben.

Denn es besteht bei derartiger, unbedarfter und nicht weiter rechtlich abgesicherter Nutzung der App WhatsApp durch das Kind die konkrete Gefahr, dass das Kind wegen eines i.S.v. § 823 BGB deliktischen rechtswidrigen Verhaltens durch andere Personen abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert wird gemäß § 1004 BGB analog. Solche Abmahnungen sind, insbesondere wenn hierfür noch eingeschaltete Rechtsanwälte tätig werden, typischerweise mit intensiven Kosten verbunden, welche bei anwaltlicher Betätigung regelmäßig im dreistelligen Bereich zu verorten sind.

Ein deliktisches Verhalten des Kindes E. ist darin zu ersehen, dass er als aktiver Nutzer der App „WhatsApp“ auf dem von ihm verwendeten Smartphone fortlaufend Datensätze von anderen Personen an den dahinterstehenden Betreiber (WhatsApp Inc., Kalifornien / USA) über die jeweils bestehende Internetverbindung weiterleitet, ohne überhaupt dazu befugt zu sein.

Hierzu hat er als Nutzer gegenüber dem Betreiber WhatsApp Inc. infolge der Erst-Einrichtung der App durch Bestätigen der angezeigten AGB und im Weiteren auch durch seine fortwährende Nutzung der App zugesichert, dass er diese Befugnis zur Datenweitergabe laufend und in jeder Hinsicht aufweise, was nach den Erkenntnissen des Gerichts aus den hier erfolgten Erörterungen jedoch gerade nicht der Fall ist.

Die derzeit gültigen Nutzungsbedingungen und die zugehörige Datenschutzrichtlinie des Betreibers WhatsApp Inc. – gleichsam Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Rechtssinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) – sind nach gerichtlich verbindlich festgesetzter Verpflichtung des Unternehmens in Deutschland (vgl. Urt. des KG Berlin vom 08.04.2016, Az. 5 U 156/14) zu deren – heute noch immer aktuellem – Stand seit 25.08.2016 nunmehr auch originär in deutscher Sprache abrufbar.

Diese Nutzungsbedingungen lauten hinsichtlich der vorliegend einschlägigen Passagen wie folgt:

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WhatsApp-Nutzungsbedingungen

( von: https://www.whatsapp.com/legal/?l=de#privacy-policy-information-you-and-we-share )

(…)

Über unsere Dienste

Registrierung. Du musst dich für unsere Dienste registrieren und dafür korrekte Daten verwenden, deine aktuelle Mobiltelefonnummer angeben und diese im Falle einer Änderung unter Nutzung unserer In-App-Funktion „Nummer ändern“ aktualisieren. Du stimmst zu, SMS und Telefonanrufe mit Codes zur Registrierung für unsere Dienste (von uns oder unseren Drittanbietern) zu erhalten.

Adressbuch. Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deinen sonstigen Kontakten in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen, damit wir unsere Dienste anbieten können.

(…)

Datenschutzrichtlinie und Nutzerdaten

(…) Die Datenschutzrichtlinie von WhatsApp erläutert unsere Praktiken im Hinblick auf Informationen (einschließlich Nachrichten). Hierzu gehören zum Beispiel die Arten an Informationen, die wir von dir erhalten und sammeln, und wie wir diese Informationen verwenden und teilen. Du akzeptierst unsere Datenpraktiken, einschließlich des Sammelns, der Verwendung, der Verarbeitung und des Teilens deiner Informationen gemäß Darlegung in unserer Datenschutzrichtlinie, sowie die Übertragung und Verarbeitung deiner Informationen in die/den USA und andere/n Länder/n weltweit (…)

Lizenzen

(…) Du musst über die erforderlichen Rechte in Bezug auf solche von dir für deinen WhatsApp-Account bzw. über unsere Dienste übermittelten Informationen sowie über das Recht zur Gewährung der Rechte und Lizenzen gemäß unseren Bedingungen verfügen.

(…)

Deine Lizenz gegenüber WhatsApp. Damit wir unsere Dienste betreiben und bereitstellen können, gewährst du WhatsApp eine weltweite, nicht-exklusive, gebührenfreie, unterlizenzierbare und übertragbare Lizenz zur Nutzung, Reproduktion, Verbreitung, Erstellung abgeleiteter Werke, Darstellung und Aufführung der Informationen (einschließlich der Inhalte), die du auf bzw. über unsere/n Dienste/n hochlädst, übermittelst, speicherst, sendest oder empfängst.

(…)

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WhatsApp-Datenschutzrichtlinie (Privacy Policy)

( von: https://www.whatsapp.com/legal/?l=de#privacy-policy-information-you-and-we-share )

(…) WhatsApp Inc. stellt Nutzern weltweit Nachrichten-, Internet-Telefonie- und sonstige Dienste zur Verfügung.

(…)

Informationen, die wir sammeln

WhatsApp erhält bzw. sammelt Informationen, wenn wir unsere Dienste betreiben und bereitstellen. Dies geschieht unter anderem, wenn du unsere Dienste installierst, nutzt oder auf sie zugreifst.

Informationen, die du zur Verfügung stellst

Deine Account-Informationen. Um einen WhatsApp-Account zu erstellen, gibst du deine Mobiltelefonnummer an. Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung, darunter sowohl die Nummern von Nutzern unserer Dienste als auch die von deinen sonstigen Kontakten. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Nummern zur Verfügung zu stellen.

(…)

Informationen Dritter

Von anderen bereitgestellte Informationen über dich. Wir erhalten Informationen von anderen Personen, die möglicherweise auch Informationen über dich enthalten. Wenn beispielsweise andere Nutzer, die du kennst, unsere Dienste nutzen, stellen sie möglicherweise deine Telefonnummer aus ihrem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung (genauso wie du möglicherweise ihre zur Verfügung stellst), senden sie eine Nachricht an dich oder an Gruppen, denen du angehörst, oder sie rufen dich an.

(…)

Verwendung deiner Informationen durch uns

Wir verwenden alle uns zur Verfügung stehenden Informationen als Unterstützung dafür, unsere Dienste zu betreiben, anzubieten, zu verbessern, zu verstehen, zu individualisieren, zu unterstützen und zu vermarkten.

Unsere Dienste. Wir betreiben unsere Dienste und stellen sie bereit; dazu gehören auch das Anbieten eines Kunden-Supports und die Verbesserung, Instandsetzung und Individualisierung unserer Dienste. Wir verstehen, wie Menschen unsere Dienste nutzen, und wir analysieren und verwenden die uns zur Verfügung stehenden Informationen, um unsere Dienste zu bewerten und zu verbessern, neue Dienste und Funktionen zu erforschen, zu entwickeln und zu testen

(…)

Informationen, die du teilst bzw. die wir teilen

Du teilst deine Informationen, wenn du unsere Dienste nutzt und über sie kommunizierst, und wir teilen deine Informationen damit wir unsere Dienste betreiben, anbieten, verbessern, verstehen, individualisieren, unterstützen und vermarkten können.

Account-Informationen. Deine Telefonnummer, dein Profilname und -bild, dein Online-Status und deine Statusmeldung, dein „zuletzt online“-Status sowie Empfangsbestätigungen sind möglicherweise für jeden verfügbar, der unsere Dienste nutzt, obwohl du deine Einstellungen für Dienste konfigurieren kannst, um bestimmte Informationen zu verwalten, die für andere Nutzer verfügbar sind.

Deine Kontakte und Sonstiges. Nutzer, mit denen du kommunizierst, können deine Informationen (einschließlich deiner Telefonnummer bzw. deiner Nachrichten) speichern oder mit anderen auf unseren Diensten sowie außerhalb dieser erneut teilen.

(…)

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Gemäß diesen Ausführungen in den AGB stellen also die Nutzer von WhatsApp kontinuierlich die Telefonnummern sowohl von WhatsApp-Nutzern als zugleich auch von allen sonstigen Kontakten, welche selbst nicht einmal über die App WhatsApp verfügen, in dem digitalen Adressbuch ihres Smartphones dem Betreiber WhatsApp Inc. in den USA zur Verfügung.

Zugleich gibt jeder Nutzer gegenüber dem Betreiber WhatsApp Inc. bei der Aktivierung bzw. bei der Erst-Einrichtung von WhatsApp die ausdrückliche Bestätigung ab, dass er rechtlich dazu befugt sei, d.h. entsprechend umfassend autorisiert sei, dem Betreiber diese Daten von all diesen anderen Personen laufend für die weiteren, in den AGB unscharf beschriebenen Zwecke von WhatsApp zur Verfügung zu stellen.

In technischer Hinsicht wird diese „Datenbrücke“ zugunsten von WhatsApp in der Folge derart verwirklicht, dass die App bei ihrer Aktivierung – inklusive der hierbei zwingenden Bestätigung der AGB von WhatsApp – nach der Installation ins Betriebssystem des Smartphones eingreift, in welchem die App im Systembereich in der Rechteverwaltung des Betriebssystems von z.B. „Google-Android“ oder „Apple iOS“ ein Zugriffsrecht (mind. Kontakte-Lesezugriff sowie darauf bezogene Übertragungsmöglichkeit ins Internet) in Bezug auf das komplette Adressbuch auf dem Smartphone (oder auch Tablet) erhält.

Es wird dann sofort bei der ersten für den Nutzer möglichen Verwendung von WhatsApp das vollständige Adressbuch des Nutzers auf dem eigenen Smart-Gerät ausgelesen, und sämtliche dabei erlangten und augenblicklich digital kopierten Datensätze werden sofort via Internetverbindung an den Betreiber WhatsApp Inc. in Kalifornien weitergeleitet (sog. Upload).

Die so erlangten Datensätze stehen nachfolgend als umfängliche Klardaten für den Betreiber WhatsApp Inc. dauerhaft zur Verfügung, werden dort permanent gespeichert und können vom Betreiber zu den in den WhatsApp-AGB unscharf umrissenen Zwecken (z.B. „vermarkten“) frei weiter verwendet werden.

Überträgt man diesen technischen Vorgang zur Verdeutlichung für die Kindeseltern einmal auf einen analogen Sachverhalt, so ist dies dahingehend vergleichbar, als würde der Nutzer sein Mobiltelefon an eine andere Person aushändigen, und diese andere Person würde dann das Adressbuch / Kontakteverzeichnis des Mobiltelefons mit Zustimmung des Telefonbesitzers frei aufrufen dürfen und daraus alle dort eingetragenen Namen und Telefonnummern im Klartext abschreiben. Dieser Handlung würde zu dem miteinander vereinbarten Zweck erfolgen, dass die andere Person diese Daten danach permanent für sich behalten darf sowie anschließend für diverse, unscharf umschriebene eigene Zwecke weiter verwenden darf, wobei dies im Weiteren von dem bereit stellenden Nutzer aus völlig unkontrolliert erfolgen kann, und zwar nicht nur in Deutschland sondern ebenfalls in den USA sowie auch in „anderen Ländern weltweit“ (vgl. die AGB von WhatsApp, wie vor).

Diese Begebenheit kann von den Kindeseltern vorliegend auch einmal anschaulich in einem Netzvideo der Stiftung Warentest nachvollzogen werden, siehe unter: www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/netzvideo-der-stiftung-warentest-was-neugierige-baeckersfrauen- und-whatsapp-gemeinsam-haben/12138344.html → dort klicken auf „Wenn die Verkäuferin eine App wäre“ (hier aufrufbar am 14.05.2017).

Was indes in der real-analogen Welt – also händisches Abschreiben aller in einem Smartphone hinterlegten Kontaktdaten – geradezu absurd erscheint und durchschnittlich Dutzende Minuten dauern würde, erfolgt bei der Ersteinrichtung von WhatsApp mittels digitalem Auslesen, Kopieren und Übertragen all dieser Daten ins Internet bei hinreichend schneller Online-Verbindung in nur wenigen Sekunden, wird somit vom Nutzer faktisch als Vorgang auch kaum wahrgenommen.

Des Weiteren behält sich der Betreiber WhatsApp Inc. in Kalifornien laut den wie vor aufgeführten AGB noch das Recht vor, dass WhatsApp auch in Zukunft im Rahmen der weiteren, laufenden Nutzung der App bei dem Nutzer immer wieder in regelmäßigen Abständen das Adressbuch des Smartphones aufrufen und auslesen darf.

Die Kontakteliste des Smartphones kann technisch dann jedes Mal mit den bereits von WhatsApp zuvor erhobenen und auf deren Daten-Servern gespeicherten Datensätzen dieses Nutzers abgeglichen (synchronisiert) werden, und evtl. neu hinzugekommene Adressbuch-Einträge im Smartphone des Nutzers können bei WhatsApp auf den Servern entsprechend nachgetragen werden, und ebenso können beim Nutzer zwischenzeitlich veränderte Einträge auf dem WhatsApp-Server entsprechend angepasst oder korrigiert werden.

Das Server-System von WhatsApp kann die so gewonnenen Datensätze aller Nutzer – gleich ob diese bei Ersteinrichtung und erstem Upload des vollständigen Adressbuchs, oder aber bei später noch regelmäßig erfolgender Synchronisierung mit dem Nutzer-Adressbuch erlangt worden sind – jeweils miteinander abgleichen und immer weiter verknüpfen.

So kann das System schon im Rahmen des Erst-Uploads bei der erstmaligen Aktivierung der App sofort feststellen, welche der im Smartphone hinterlegten Kontaktpersonen selbst ebenfalls die App WhatsApp installiert haben. Diese werden dem Nutzer dann auch als aktive Kontakte, d.h. als mögliche Chatpartner im Fenster der Applikation WhatsApp angezeigt.

Bezüglich aller übrigen Kontaktpersonen, welche ihrerseits nicht über die App WhatsApp verfügen, deren Datensätze in dem Upload aber ebenfalls ungefiltert als Klardaten enthalten sind, kann WhatsApp diese Kontaktdaten gleichfalls auf seinen Daten-Servern speichern. WhatsApp kann diese Daten dann später sofort automatisch verknüpfen, sollte einer dieser Kontakte bzw. Personen zu einem späteren Zeitpunkt noch selbst die App WhatsApp ebenfalls installieren. Dadurch ist es WhatsApp zu diesem späteren Zeitpunkt dann auch möglich, bei sämtlichen anderen Nutzern, welche die Telefonnummer des später neu hinzu kommenden WhatsApp-Nutzers in ihrem Adressbuch schon gespeichert haben, diesen dann neu hinzu gekommenen Kontakt auch im WhatsApp-Chat-Fenster bei den anderen Nutzern automatisch hinzuzufügen. Dieses künftige, fortlaufende Hinzufügen neuer Kontakte erfolgt zwingend, kann also durch den Nutzer von WhatsApp innerhalb der Applikation auch nicht verhindert oder abgewählt werden. Es realisiert sich damit eine in der App WhatsApp angelegte Zwangsvernetzung aller Nutzer, welche mittels sogenannter Klardaten (sog. „Klarname“ sowie zugehörige reale Telefonnummer) verwirklicht wird.

Das wie vor beschriebene Auslesen nebst Upload und ggf. auch Neu-Verknüpfen von noch neu hinzu gekommenen Kontakten aus dem Nutzer-Adressbuch erfolgt schließlich auch noch stets dann, wenn der Nutzer selbst innerhalb der App WhatsApp die dafür vorgesehene Schaltfläche „Kontakte aktualisieren“ manuell betätigt.

Die vorgenannten Umstände waren in dieser Deutlichkeit vorliegend weder dem Kind E. noch den Kindeseltern bewusst.

Nach dem Eindruck des Gerichts aus diversen Fällen ist dieses Wissen im Übrigen auch bei einer Vielzahl von Nutzern der App WhatsApp nicht abschließend positiv vorhanden, wie beispielhaft ebenso aus der vorgenannten Berichterstattung nebst Videobericht (vgl. o.g. Link zum Netzvideo der Stiftung Warentest) ersehen werden kann.

Indes besteht für jeden Nutzer der App WhatsApp die Möglichkeit, diese Umstände allzeit nachzuvollziehen, wenn die AGB von WhatsApp bei der Erst-Einrichtung und Aktivierung tatsächlich einmal vollständig durchgelesen werden; für die fortlaufende Nutzung sind diese hilfsweise dann noch im Internet jederzeit abrufbar (vgl. oben angeführten Link bei den Nutzungsbedingungen).

Dass dieses getan worden sei, bestätigt jeder Nutzer durch Abhaken eines entsprechenden Feldes bzw. Bestätigen des weiteren Dialogs im Aktivierungsfenster von WhatsApp. Ohne die Bestätigung dieses Dialogs bezüglich der Nutzungsbedingungen sowie der Datenschutzrichtlinie von WhatsApp ist die App dann gar nicht nutzbar. Eine etwaige Umgehung dieses zu bestätigenden Dialogs mit den dort vollständig aufgeführten, von WhatsApp verbindlich vorgegebenen AGB ist unter den technischen Bedingungen innerhalb der App nicht möglich.

Diesen Bedingungen von WhatsApp, welche die mit der App eingesetzte Zwangsvernetzung und zugehörige Datensammlung realisieren, muss jeder Nutzer von WhatsApp unbedingt und ohne Einschränkungen zustimmen, anderenfalls die Installation bzw. Aktivierung von WhatsApp abbricht und der Nutzer von der von ihm gewünschten Verwendung von WhatsApp ausgesperrt bleibt.

Aufgrund der vorgenannten Umstände begeht jeder Nutzer, somit auch vorliegend das Kind E., bei der Nutzung dieser App jeweils und fortwährend eine tatbestandliche Rechtsverletzung im Sinne einer deliktischen Handlung nach geltendem deutschen Recht.

Dabei wird nach teilweise vertretener juristischer Ansicht in solchem Nutzer-Verhalten recht weitgreifend eine generelle Verletzung von § 28 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in mehreren möglichen Tatbeständen gesehen, wobei diese Vorschrift als Schutzgesetz im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB Anwendung finden kann.

Es wird hierzu argumentiert, dass der Nutzer infolge der Installation und des – in jedem Fall von ihm letztlich per Klick bestätigten, wenn auch nicht tatsächlich durchgeführten – Durchlesens der AGB von WhatsApp sich bewusst dafür entscheide, zum Mittelsmann des dahinterstehenden Unternehmens WhatsApp Inc. und deren Geschäftsmodell zu werden. Dies bedeute, dass der Nutzer sich gleichsam zum verlängerten Arm des Betreibers WhatsApp Inc. sowie ebenfalls dessen Mutterkonzerns Facebook Inc. mache und für deren Geschäftstätigkeit umfassend mit einstehe. Dann liege aber durch den einzelnen Nutzer auch stets eine (auch-)geschäftliche Verwendung von WhatsApp, mindestens im Sinne von deren vorgegebenen Geschäftszwecken mit vor, für die der Nutzer als nicht-öffentliche Stelle i.S.v. §§ 27 ff. BDSG ebenfalls einzustehen habe und daher einschlägige Tatbestände nach § 28 BDSG verwirklichen könne.

Nach anderer rechtlicher Ansicht könne nicht bei jedem Nutzer grundsätzlich von einer Anwendbarkeit von §§ 27 ff. BDSG bei der Nutzung der App WhatsApp ausgegangen werden. Die pauschale Verknüpfung, welche die erstgenannte Ansicht zwischen der – ggf. doch auch nur im Privatbereich erfolgenden – Verwendung durch den Nutzer selbst und den Geschäftszwecken von WhatsApp bzw. dahinter stehend letztlich Facebook herstellt, wird von dieser Ansicht verneint. Vielmehr müsse in jedem einzelnen Fall zunächst genau besehen werden, welche tatsächliche Verwendung der App durch den Nutzer gegeben ist. Es müssten für eine betreffende Anwendbarkeit i.S.v. §§ 27 ff. BDSG und folgend für eine Pflicht des Nutzers zur Einhaltung der Vorgaben von § 28 BDSG erst besondere Umstände des Einzelfalles hinzukommen, aus welchen weiter darauf geschlossen werden könne, dass eine geschäftliche oder geschäftsähnliche Verwendung der personenbezogenen Daten auch durch den Nutzer selbst entweder objektiv stattfindet oder mindestens subjektiv intendiert wird.

Hiernach wäre eine betreffende geschäftliche Nutzung in jedem Fall dann anzunehmen, wenn beispielsweise Versicherungsmakler oder -berater, Rechtsanwälte, Kundenbetreuer einer Bank, Lehrer und andere Personen, welche nach ihrem Berufsbild jeweils typischerweise mit den Daten aus einem „Kundenstamm“ umgehen, die Datensätze (Namen und Telefonnummer(n)) ihrer Klienten, Kunden, Mandanten, Schüler, etc. ohne weitere rechtliche und/oder technische Vorkehrungen in das Adressbuch auf ihrem Mobiltelefon einspeichern, auf welchem auch die App WhatsApp installiert ist oder dann nachfolgend noch installiert wird. In diesen Fällen ist somit nach dieser Ansicht die Anwendbarkeit und mögliche Verletzung von Datenschutzrecht nach den einschlägigen §§ 27 ff. BDSG gegeben, wobei insbesondere im Bereich von Schulen – je nach Art der von Lehrern geführten digitalen Kontakte – auch die noch strikteren §§ 12 ff. BDSG einschlägig sein können und hiernach Datenschutzbehörden mehrerer Länder vor der Nutzung von WhatsApp im Bereich von Schulen warnen oder die Verwendung von WhatsApp für Lehrkräfte innerhalb der Schule sogar ganz verbieten (exemplarisch: https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/1052-Duerfen-Lehrkraefte-Facebook -und-Messengerdienste,-wie-z.-B.-WhatsApp-fuer-die-dienstliche-Kommunikation-mit-ihren-Schuelerinnen- und-Schuelern- und-den-Eltern-benutzen.html#extended; UND: http://www.focus.de/digital/internet-datenschutzbeauftragter-warnt-vor-whatsapp-co-an-schulen_id_7098366.html ).

Das Gericht folgt wegen der besser nachvollziehbaren Argumentation und der auch praktisch überzeugenden Abgrenzung hier der letztgenannten Auffassung.

Damit erscheint zur Ansicht des Gerichts das Bundesdatenschutzgesetz nach §§ 27 ff. vorliegend nicht einschlägig, da das Kind E. ersichtlich keine eigenen geschäftlichen oder geschäftsähnlichen Zwecke verfolgt. Das Kind agiert bei seiner Nutzung der App, auch wenn es nun mit der Bildung einer WhatsApp-Klassengruppe begonnen hat, in rein privaten Angelegenheiten.

Doch auch in diesem Fall ist durch diese Nutzung eine Rechtsverletzung gegenüber anderen Personen festzustellen.

Denn durch die oben beschriebene, in dieser Form technisch zwingende Nutzung der App WhatsApp verrät das Kind als Nutzer laufend die Datensätze der mit ihm als Adressbuchkontakte verbundenen Personen an einen außenstehenden Dritten, nämlich an die Firma WhatsApp Inc. als Betreiber der App.

Damit verletzt das Kind als Nutzer der App WhatsApp das Recht auf informationelle Selbstbestimmung all jener betroffenen Personen.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht hergeleitetes Grundrecht, (vgl. BVerfGE 65, 1 [BVerfG 15.12.1983 – 1 BvR 209/83] „Volkszählungsurteil“). Dieses Recht gewährt jedem Grundrechtsinhaber die Befugnis, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Sachverhalte offenbart werden (vgl. Härting, Internetrecht, 5. Aufl., Teil A.I. Rn. 13).

Dieses Rechtskonstrukt ist auch im Bürgerlichen Recht als Schutzrecht i.S.v. § 823 BGB anerkannt und wird von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung fortlaufend angewandt (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Aufl. 2015, § 823 Rn. 115 m.w.N.).

Die vom WhatsApp-Nutzer an den Betreiber WhatsApp Inc. übertragenen Daten unterfallen diesem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen.

Bei jedem Upload von WhatsApp werden, wie vor dargestellt, alle Adressbuchkontakte des Smart-Geräts ausgelesen und übertragen, mithin dort stehende Namen, welche bei der großen Mehrheit der Mobiltelefon-Nutzer wohl in Gestalt von Realnamen (sog. Klarnamen) im Adressbuch eingetragen sind, sowie die zugehörigen Telefonnummern in offenen, gegenüber WhatsApp nicht verschlüsselten Zeichen und Ziffern („Klardaten“).

Dies sind per se Daten, die nicht jedermann offen zur Verfügung stehen bzw. nicht generell in frei zugänglichen Verzeichnissen o.ä. abrufbar sind, jedenfalls soweit eine Person nicht bewusst ihre Daten z. B. in einem öffentlich herausgegebenen Telefonbuch oder in einem Online-Telefonverzeichnis hinterlegt hat.

Für Personen, welche nach ihrer freien Entscheidung diese Daten nicht veröffentlichen bzw. nicht für jedermann frei zugänglich machen oder herausgeben möchten, stellen diese zudem auch sensible persönliche Daten dar.

In Bezug auf die preisgegebene Telefonnummer folgt dies schon daraus, dass bei Kenntnis einer persönlichen Telefonnummer für andere Personen dann stets die Möglichkeit besteht, über diese Nummer den Inhaber direkt zu kontaktieren und damit per Telefonie oder Sprachnachricht oder Textbotschaft, jederzeit stärker in dessen persönliche, private Sphäre einzudringen, als es ohne Kenntnis der Nummer möglich wäre.

In Bezug auf den Klarnamen in Zusammenhang mit Kommunikations- und Internet-Medien-Nutzung folgt dies aus der vom deutschen Gesetzgeber getroffenen Wertung in § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG), nach dessen Voraussetzungen für deutsche Nutzer die Möglichkeit im Bereich von Telemedien besteht, mittels Pseudonymen zu agieren. In der Folge ist in Deutschland jeder Internetnutzer oder App-Nutzer nach den Voraussetzungen dieser Vorschrift berechtigt, sich bei entsprechenden Diensten anstelle seines Klarnamens auch mit einem Pseudonym, d.h. mit einem Fantasienamen oder auch einer Abkürzung anzumelden.

Dieses wird durch den Betreiber WhatsApp durch die von dort verwendete Vernetzungs-Technik gleichsam unterwandert, wenn, wie es wohl allgemein laufend vorkommt, andere Nutzer ihre Kontaktpersonen mit deren Klarnamen in ihrem Mobiltelefon abspeichern und die App WhatsApp dann diese Daten, gemäß dem Ablauf wie zuvor im Einzelnen aufgezeigt, systematisch von dort als Klardaten abzweigen und in das eigene Daten-Netz von WhatsApp Inc. einspeisen kann – bzw., seit September 2016 von WhatsApp Inc. avisiert, auch noch umfassende weitergehende Datenweitergabe zu Facebook Inc. erfolgt, dies indes aktuell unterbunden durch Verwaltungsakt des Landesdatenschutzbeauftragten in Hamburg und einstweiliger Entscheidung des VG Hamburg vom 25.4.2017, Az. 13 E 5912/16.

Die danach gegebene Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch den jeweiligen Nutzer, hier des Kindes E., wird vorliegend mindestens fahrlässig verwirklicht i.S.v. § 823 BGB, da das Programm fortwährend genutzt wurde und wird, ohne sich mit den zu Grunde liegenden Geschäftsbedingungen und den daraus entspringenden tatsächlichen Folgen bis dato hinreichend auseinander gesetzt zu haben, insbesondere sich diese überhaupt einmal ordentlich durchgelesen zu haben.

Dass das Kind die Umstände vollständig und rasch erfasst, wenn ihm die Zusammenhänge nur einmal schlüssig erklärt werden, hat sich durch die Kindesanhörung deutlich gezeigt. Sofern nun seinerzeit bei der Installation und Aktivierung von WhatsApp rein nach dem nötigen eigenen Lesen durch E. selbst noch Fragen offen gewesen wären, hätte sich das Kind zur Meidung einer eigenen Fahrlässigkeit an ein Elternteil wenden können. Soweit die Eltern dann in dieser speziellen rechtlichen wie technischen Frage nicht weiter gewusst hätten, wovon nach dem Eindruck aus dem Erörterungstermin auszugehen ist, hätte man sich sodann eben noch an kompetentere Personen wenden müssen, um sich die Umstände insgesamt einmal erklären zu lassen, welchen man dort zustimmen soll, oder aber es hätte die Zustimmung zum Lesen und Verstehen der Nutzungsbedingungen auf der Bildschirmoberfläche der App wahrheitsgemäß nicht erteilt werden dürfen, wonach WhatsApp dann folglich auch nicht hätte aktiviert worden können.

Hier haben alle Beteiligten, konkret E., der die App seit dem Erhalt des Smartphones dauerhaft nutzt, aber auch die Kindesmutter, welche E. bei der digitalen Mediennutzung soweit ersichtlich bislang nicht hinreichend betreuen kann, schlicht die Augen vor den tatsächlichen und rechtlichen Belehrungen gemäß den Nutzungsbedingungen von WhatsApp verschlossen, sind einfach zur Nutzung übergegangen und haben – so dann auch die Kindesmutter in Anbetracht ihrer Kenntnis von der Nutzung dieser App durch ihr Kind – den so geschaffenen, die Rechte anderer Personen andauernd verletzenden Zustand fortlaufend geduldet.

Diese Rechtsverletzung ist auch rechtswidrig im Sinne des Gesetzes.

Die Rechtswidrigkeit der hier wie vorgenannt festgestellten, positiven Verletzungshandlung ist bei tatbestandlicher Verwirklichung bereits indiziert (vgl. Palandt, a.a.O., § 823, Rn. 25).

Eine evtl. Rechtfertigung war vorliegend ebenfalls nicht gegeben.

Eine Rechtfertigung kann angenommen werden bei entsprechender Zustimmung der über das Smartphone-Adressbuch mit dem Kind verbundenen Personen im Hinblick auf die dauerhafte Weitergabe ihrer Daten an WhatsApp, welche über das Smartphone des Kindes geschieht.

Dabei ist zunächst einmal eine etwaige grundsätzliche Einwilligung in die permanente Datenweitergabe durch alle mit dem Kind E. über das Smartphone-Adressbuch verbundenen Personen, deren Telefonnummer E. erfahren hat, rechtlich nicht ersichtlich.

Denn alleine mit der Nennung der eigenen Telefonnummer gegenüber einer anderen Person im privaten Umfeld ist nicht zugleich eine Zustimmung verbunden, dass die andere Person diese Nummer auch noch an weitere Personen verraten dürfe. Es könnte insofern nach wohl allgemeiner und als bekannt vorauszusetzender, sowie für sich genommen nicht rechtsschädigender Übung lediglich von einer stillschweigenden Zustimmung dahingehend ausgegangen werden, dass eine im privaten Bereich offenbarte Nummer dann auch in einem digitalen Telefonspeicher des Gegenübers eingespeichert werden darf. Dies bezieht sich aber im Schutzinteresse des jeweiligen Dateninhabers rein auf einen lokalen, nur an das plastisch vorhandene Gerät gebundenen, daher grundsätzlich offline gehaltenen Speicher. Die Sachlage ist demgegenüber bereits dann problematisch und rechtlich anders zu beurteilen, wenn ein Mobiltelefon-Adressbuch des Gegenübers etwa in einer Online-Cloud geführt wird, auf welche z.B. auch der Cloud-Betreiber, mithin ein für die vom Telefonbucheintrag betroffene Kontaktperson grundsätzlich unbekannter Dritter, Lese-Zugriff hat.

Soweit außerdem ein Nutzer eine Telefonnummer nebst Namen einmal nicht von dem jeweiligen Dateninhaber selbst, sondern im Einzelfall etwa über Dritte zur Kenntnis erhalten hätte, könnte erst recht nicht von einer irgendwie gearteten Zustimmung des Inhabers der Telefonnummer zu einer Datenweitergabe ausgegangen werden.

Da also eine solche grundsätzliche Freistellung zur Datenweitergabe durch die bloße private Offenbarung der eigenen Telefon-Nummer nicht in Betracht kommt, müsste vor einer eventuellen Weitergabe in jedem einzelnen Fall eine vorherige Zustimmung gegeben sein.

Tatsächlich waren im vorliegenden Fall von den betreffenden Personen aber keine Einwilligungserklärungen im Hinblick auf diese Datenweitergabe an / via WhatsApp eingeholt worden, wie die Erörterungen ergaben.

In Betracht käme dann in rechtlicher Hinsicht gegebenenfalls noch, dass all jene mit dem Kind verbundenen Kontaktpersonen, welche selbst ebenfalls die App WhatsApp nutzen, eine konkludente Zustimmung zur Datenweitergabe insofern erteilt hätten. Hiervon ist jedoch letztlich nicht auszugehen, wie nachfolgend erläutert:

Es kann zur Auffassung des Gerichts gerade nicht generell von einer jeweils konkludent erteilten Einwilligung in eine Datenweitergabe durch diejenigen Personen ausgegangen werden, welche selbst ebenfalls das Messenger-Programm WhatsApp nutzen.

Denn die Erteilung einer konkludenten Einwilligung setzt voraus, dass ein Erklärungsbewusstsein im rechtlichen Sinne des insofern schlüssig Handelnden gegeben ist. (vgl. Palandt, a.a.O., Vor § 116 Rn. 6, 17). Dieses wiederum setzt voraus, dass der Handelnde bei Anwendung einer pflichtgemäßen Sorgfalt erkennen konnte, dass sein Verhalten von anderen Personen als rechtliche Willenserklärung aufgefasst werden könnte.

Dies könnte man in dem hier in Rede stehenden Kontext möglicherweise dann annehmen, wenn ein durchschnittlicher Nutzer der App WhatsApp üblicherweise versteht, in welcher Art und in welchem Umfang die Vernetzungstechnik von WhatsApp funktioniert. Dieses Verständnis ist nach hier gebildeter Überzeugung gemäß den Erfahrungen aus zahlreichen hiesigen Fällen bei dem durchschnittlichen Nutzer jedoch gerade nicht gegeben. Grund hierfür ist, dass sich die dahinter stehenden technischen Abläufe für den durchschnittlichen Nutzer an der gedanklichen Einstiegsschwelle als zu komplex darstellen, als dass er sich in diese Umstände ganz von selbst weiter eigenständig hineindenken würde. Nach der Erfahrung des Gerichts auch aus anderen hiesigen Fällen besteht bei vielen Nutzern der App WhatsApp von selbst aus häufig nicht einmal ein hinreichendes Verständnis über den Umfang der in der App implementierten Zwangsvernetzung und der zu Grunde liegenden technischen Funktionsweise mittels Verknüpfung über die eigene Mobiltelefonnummer und damit einhergehend der vollständigen Datenweitergabe gemäß dem regelmäßigen Upload und permanentem Synchronisieren des eigenen Smartphone-Adressbuchs.

Andererseits könnte man solches hinreichendes Bewusstsein auch noch dann annehmen, wenn der durchschnittliche Nutzer von WhatsApp zumindest einmal üblicherweise die Nutzungsbedingungen und die Datenschutzrichtlinie von WhatsApp jeweils vollständig lesen würde, wonach er diese dort niedergeschriebenen Umstände doch klar ersehen könnte.

Das Gericht verkennt hier bei der weiteren Bewertung nicht, dass die Nutzer von Apps, d.h. von digitalen Anwendungen bzw. Programmen, unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten die Obliegenheit trifft, die ihnen vor Vertragsschluss ordnungsgemäß bekannt gegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bzw. „Nutzungsbedingungen“ tatsächlich durchzulesen, sowie dass sie sich im Falle eines Verstoßes hiergegen dann nicht einfach darauf berufen können, diese nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Diese Bedingungen wirken dann aber rechtlich unmittelbar grundsätzlich nur im Verhältnis des Unternehmens zum Verbraucher, nicht generell auch im Verhältnis der Verbraucher untereinander, und zudem sagt die solcher Art gegebene rein rechtliche Obliegenheit zum Lesen der AGB auch nichts über die tatsächlichen Umstände aus, ob die Nutzer zum überwiegenden Teil nun wirklich die AGB im Alltag zur Kenntnis nehmen oder nicht. Indes kommt es für die hier nun vorzunehmende Einstufung, ob ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein bei den Nutzern im Allgemeinen angenommen werden kann, darauf an, ob im Nutzerdurchschnitt üblicherweise tatsächlich positives Kennen und Verstehen hinsichtlich der von dem Unternehmen aufgestellten Bedingungen gegeben ist.

Insoweit ist für das Gericht nach hiesiger weitreichender Erfahrung zu konstatieren, dass die heutzutage dem Nutzer bei der Installation einer Software oder App vorgestellten zugehörigen AGB, Endnutzerlizenzvereinbarungen u.ä. oftmals derart langwierig, komplex sowie rechtlich anspruchsvoll sind, dass der durchschnittliche, juristisch nicht gebildete Nutzer sie in ihrer Gänze oft nicht versteht und sie dann – vor allem auch aus Bequemlichkeit, sowie da dies technisch nun einmal sehr einfach möglich ist – eher mit einem raschen „Klicken“ oder „Wischen“ auf dem Bildschirm übergeht, um die App unverzüglich bequem nutzen zu können, anstatt sich von solcher Lektüre erschöpfen zu lassen.

Nach eigens gewonnenen Erfahrungen des Gerichts aus einer Vielzahl von Fällen in betreffender Hinsicht liegen die Umstände im Gros derart, dass dabei nicht nur Minderjährige, wie z.B. vorliegend ein 11-jähriges Kind, sondern selbst viele erwachsene Nutzer von Smart-Geräten und ihren darauf installierten Apps noch nicht einmal jene vor einer App-Installation stets angezeigten Hinweise lesen, die erläutern, in welche elementaren technischen Rechte die Applikation mittels der Installation auf dem eigenen Smart-Gerät eingreifen wird (z.B. technische Rechte wie „Vollständiger Internetzugriff“, „genaue Standortaufzeichnung“, „Ton-Aufzeichnungen“, „Standby-Modus verhindern“, „Zugriff auf Mediendaten“, „Kontaktdaten lesen / schreiben“, u.a.)

Vielmehr werden von einer großen Masse der Nutzer sehr häufig schon diese grundlegend wichtigen – und obgleich auf dem Geräte-Display noch in relativ großer Schrift und übersichtlich gestalteten – Hinweise schlicht ohne Kenntnisnahme übersprungen und durch den am Ende erforderlichen Tastendruck „blind“ bestätigt. Dies verhält sich derart, so die dem Gericht von Verfahrensbeteiligten immer wieder mitgeteilten Aussagen, teils weil dies müßig sei, teils weil viele Nutzer schon diese Auflistung im Einzelnen, deren Sinn und Zweck und die dahinterstehenden (technischen) Gegebenheiten nicht einmal mehr verstehen bzw. seit dem Aufkommen von „smarter“ Technik noch nie zu verstehen gelernt haben.

Eine im weiteren Verlauf dann beim ersten Aufruf der Applikation etwa noch angezeigte, erfahrungsgemäß inhaltlich noch deutlich längere und im Allgemeinen zudem in viel kleinerer Schrift gehaltene Aufstellung von Endnutzervereinbarung (EULA), Allgemeinen Verwendungs- oder Nutzungs- oder Geschäftsbedingungen, Privacy- / Datenschutzhinweisen, o.a. wird von den Nutzern in Konsequenz dann erst recht übersprungen, das heißt inhaltlich im Detail gar nicht mehr zur Kenntnis genommen.

Hierzu ist weiter anzuführen, dass nach den hiesigen weitreichenden Eindrücken aus diversen Sachverhalten bei zahlreichen Nutzern tatsächlich auch keine hinreichende Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten im Umgang mit digitaler Technik besteht. Vielmehr gehen diese bei der Nutzung von moderner „smarter“ Technik – ob im Einzelfall jeweils aus Bequemlichkeit oder/und aus Mangel an Verständnis – recht sorglos hiermit um und beherrschen zum Teil nicht einmal elementare Grundfunktionen der Smart-Geräte.

Jene Nutzer reduzieren den Umgang mit ihren digitalen Geräten auf die rein bequemen Funktionen und machen sich so weit als möglich um etwaige hinter den Gadgets und Apps/Anwendungen stehenden, evtl. auch riskanten Gegebenheiten und die damit für sie verbundenen Probleme (beispielhaft: zu weitreichende Zugriffsrechte von diversen Apps auf dem Gerät, weitläufig unverschlüsselter Datenverkehr, grundlegend mangelnde Sicherheitsvorkehrungen, nicht hinreichend gesicherte Cloud-Speicher oder gar von vornherein Inhalte-mitlesende Cloud- oder E-Mail-Anbieter) in fahrlässiger Weise keine hinreichenden Gedanken und nehmen diese durchaus gravierenden Probleme schlicht hin.

Zur Überzeugung des Gerichts besteht eine derart mangelnde Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten analog gleichfalls für die hier in Betrachtung stehende Applikation WhatsApp.

Es ist insofern zwar vielen Nutzern schon bekannt, dass die App WhatsApp wohl irgendwie Daten sammeln und weitergeben kann. Jedoch werden die Details dessen von den Nutzern weithin ignoriert und werden die WhatsApp-Nutzungsbedingungen und die zugehörige Datenschutzrichtlinie von vielen Personen tatsächlich nicht gelesen, um sodann möglichst rasch in den Genuss der Funktionen dieser App zu kommen.

Diese beim hiesigen Gericht in betreffenden Fällen vorgefundenen Aussagen von Nutzern der App WhatsApp erscheinen auch nicht etwa als seltene Ausnahmefälle, sondern diese sind offenbar beispielhaft für die derzeitige Gesamtsituation in der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Verwendung von digitalen Programmen und Apps. So hat das zuständige Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf dem Nationalen IT-Gipfel im November 2015 das Thema „Verbraucherschutz in der digitalen Welt“ forciert und bereits dort angemahnt, dass die Verbraucher auf dem Weg in die neue digitale Welt „mitgenommen“ werden müssten. Diesem Vorstoß zu Grunde lag die dort gewonnene Erkenntnis, dass gerade die erforderlichen Datenschutzerklärungen im digitalen Bereich häufig zu lange und kompliziert seien. Gelesen würden sie nur von wenigen Verbrauchern. Die meisten hingegen setzten gleich den Einverständnishaken oder klickten einfach weiter. (Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bericht „Nationaler IT-Gipfel 2015“, unter: https:// www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2015/11192015_One Pager_Nationaler_ IT_Gipfel.html ). Unter dem Eindruck dieser Erkenntnisse ist in der hierauf einberufenen Plattform Verbraucherschutz in der digitalen Welt, gebildet aus Vertretern u.a. aus dem Bereich der Wissenschaft, von Verbraucher- und Datenschutzorganisationen sowie von Institutionen aus dem Justizbereich, über die Erschaffung stark vereinfachter Informationshinweise hinsichtlich der Datenverarbeitung für den Verbraucher im digitalen Bereich nachgedacht worden. Es sollten die Informationen über die Datenverarbeitung in „smarten“ Informationskomplexen, mithin im digitalen Bereich für Verbraucher transparenter und verständlicher gemacht werden. Von Seiten des Justizministeriums hieß es dazu ergänzend: „Selbstbestimmung und Datenschutz in der digitalen Welt gehen nur mit solchen Verbraucherinformationen, die genauso einfach sind, wie die Bestellprozesse im Internet.“ (vgl. a.a.O. – letztgenannter Link).

Dieser vernünftig erscheinenden, verbraucherfreundlichen Prämisse nach dem Votum des zuständigen Bundesministeriums sowie von Seiten der Plattform Verbraucherschutz in der digitalen Welt entspricht die Datenschutzrichtlinie von WhatsApp gerade nicht.

Die für die hiesige Entscheidung relevanten Textstellen aus der Datenschutzrichtlinie, welche oben im Zusammenhang zitiert worden sind, finden sich in der – ausgedruckt – insgesamt 9 Seiten langen Datenschutzrichtlinie verteilt an 5 verschiedenen Stellen. Die Nutzungsbedingungen von WhatsApp umfassen – ausgedruckt – weitere 10 Seiten; dabei waren die für die hiesige Entscheidung zu berücksichtigenden Textstellen daraus gleichfalls verteilt von 5 verschiedenen Stellen zu entnehmen.

Festzuhalten ist zur Überzeugung des Gerichts hiernach insgesamt, dass ein Großteil der Nutzer die aufgestellten Bedingungen von WhatsApp gar nicht reell zur Kenntnis nimmt.

Danach kann aber im Ergebnis auch nicht davon ausgegangen werden, dass überhaupt eine hinreichende Informations- und Wissensbasis des durchschnittlichen Nutzers gegeben ist, auf deren Grundlage er bewusst eine rechtlich wirksame, konkludente Willenserklärung zur Zustimmung zur Weitergabe seiner Daten an WhatsApp auch mittelbar zu Gunsten anderer Nutzer bewirken könnte.

Eine konkludente Einwilligung scheidet damit aus.

Im Übrigen gilt, selbst wenn man hier eine andere Auffassung verträte und von einer solchen konkludenten Zustimmung einmal ausgehen würde, dass diese nach den gesetzgeberischen Wertungen – insbesondere aus dem Bundesdatenschutzgesetz, dort z.B. gemäß § 35 – auch noch als widerruflich, mindestens mit Wirkung für die Zukunft angesehen werden müsste.

Diese Möglichkeit sieht auch der Betreiber von WhatsApp selbst gemäß seiner Datenschutzrichtlinie vor, wobei ein betreffender Widerruf nach dortigen Bedingungen nur möglich ist, wenn der WhatsApp-Account zugleich vollständig gelöscht, mithin aufgegeben wird.

So heißt es dort unter dem Punkt „Verwaltung deiner Informationen“:

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Wenn du deine Informationen (…) löschen möchtest, ermöglichen wir dir das über die folgenden Funktionen:

(…)

Löschen deines WhatsApp-Accounts. Du kannst deinen WhatsApp-Account jederzeit löschen (also auch wenn du deine Zustimmung zu unserer Verwendung deiner Informationen widerrufen möchtest), indem du unsere In-App-Funktion „Meinen Account löschen“ nutzt. Wenn du deinen WhatsApp-Account löschst, werden deine nicht zugestellten Nachrichten sowie jedwede deiner sonstigen Informationen, die wir nicht mehr zum Betreiben und Bereitstellen unserer Dienste benötigen, von unseren Servern gelöscht. Beachte, dass deine Informationen möglicherweise noch länger bei uns gespeichert werden, wenn du lediglich unsere Dienste von deinem Gerät löschst, ohne unsere In-App-Funktion „Meinen Account löschen“ zu nutzen. Bitte bedenke, dass das Löschen deines Accounts nicht diejenigen Informationen beeinflusst, die andere Nutzer in Bezug auf dich haben, wie beispielsweise ihre Kopien der Nachrichten, die du ihnen gesendet hast.

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Nähme man entgegen der wie vor aufgezeigten Würdigung des Gerichts also doch einmal an, ein Nutzer würde durch die Verwendung von WhatsApp zugleich seine konkludente Zustimmung zur Weitergabe der eigenen Daten unmittelbar zu Gunsten all seiner über WhatsApp verbundenen Kontaktpersonen erteilen, so wäre diese Zustimmung jedoch spätestens beim Löschen des WhatsApp-Accounts durch ihn für die Zukunft schließlich nicht mehr vorhanden.

Die Löschung der App WhatsApp vom eigenen Smartphone ist aber für jedermann und zu jeder Zeit frei möglich, ohne dass andere, mit ihm verbundene Nutzer dem zustimmen müssten oder hiervon überhaupt nur aktiv informiert werden müssen.

Für die mit dem Nutzer verbundenen Kommunikationspartner bedeutet dies in der Konsequenz eine rechtliche Unsicherheit und das nachfolgende Risiko, von dem Nutzer dann zumindest in der Zukunft wirksam abgemahnt werden zu können, sollten sie den Datensatz dieses Nutzers nach dessen Löschung seines WhatsApp-Accounts weiterhin in ihrem eigenen Smartphone vorhalten und durch die eigene Nutzung des Messenger-Dienstes WhatsApp zugleich weiterhin laufend die Daten an den Betreiber übermitteln.

Eine konkludente Einwilligung kann darüber hinaus, wie es in der Erörterung auch von beiden anwaltlichen Bevollmächtigten gesehen wurde, von vornherein zumindest von solchen Personen keinesfalls erteilt werden, welche selbst nicht den Messenger-Dienst WhatsApp installiert haben und nutzen.

Zum Stande des Erörterungstermins verfügte das Kind E. über vier solcher Kontakte.

Doch selbst wenn dies hier nicht der Fall gewesen wäre, mithin etwa alle aktuellen Kontaktpersonen von E. zugleich über die App WhatsApp verfügen würden, ist aber noch davon auszugehen, dass in Zukunft noch zahlreiche weitere Kontakte im Smartphone des Kindes angelegt werden.

Hierfür sprechen auch die Angaben des Kindes selbst, wonach die letzten angelegten Kontakte von Gleichaltrigen stammen, und zugleich erfahrungsgemäß gerade in diesem Alter (Übergang 4. / 5. Schulklasse) laufend weitere Klassenkameraden und Freunde sich Smartphones von ihren Eltern wünschen und vielfach auch erhalten werden.

Diese fortwährende Erkenntnis des Gerichts aus zahlreichen familienrechtlichen Verfahren korreliert zugleich mit dem Ergebnis einer Studie der Bitkom Research GmbH, wonach gerade im Alter von 10 / 11 Jahren der Anteil von Kindern im Besitz eines Smartphones sprunghaft ansteigt (Quelle: Studie „Jung und vernetzt“, Bitkom Research GmbH, 2014, im Auftrag des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, S. 14).

Im Alter von 12 / 13 Jahren hat sich gemäß der jährlich fortgeführten Studie des MPFS (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest) der Besitz eines eigenen Smartphones dann bei 9 von 10 Jugendlichen (~91 %) manifestiert (Quelle: MPFS, „JIM-Studie 2016“, S. 23 / S. 25, abrufbar unter: https://www.mpfs.de/studien/jim-studie/2016 ).

Für die Zukunft ist hier nun vollkommen ungewiss, ob sämtliche von E. im Telefonbuch seines Smartphones neu angelegten Kontakte dann auch unmittelbar zugleich die Messenger-App WhatsApp nutzen werden; falls nicht, können sie insofern auch keinesfalls konkludent zustimmen.

Für die hier gegebene deliktische Handlung und wie vor dargestellt gleichfalls rechtswidrige Handlung im Zusammenhang mit der Installation und laufenden Nutzung der App WhatsApp ist das Kind E. schließlich auch als voraussichtlich deliktisch verantwortlich im Sinne eines rechtlichen Verschuldens anzusehen.

Bei Personen unter 18 Jahren wird das Verschulden nicht grundsätzlich vermutet, sondern es gilt § 828 BGB als lex specialis.

Das Kind E. erfüllt nach hiesiger Einschätzung grundlegend die Voraussetzungen für eine eigenständige deliktische Verantwortlichkeit im Sinne der vorliegend einschlägigen Vorschrift nach § 828 Abs. 3 BGB.

Das Gericht hält nach durchgeführter Anhörung und Erörterung sowie nach allen von dem Kind E. gewonnenen Eindrücken dafür, dass E. die geistige Reife, das Verständnis und die Intelligenz aufweist, um die ihm zu der Gesamtproblematik erklärten Umstände vollauf nachzuvollziehen. Eine hinreichende Einsichtsfähigkeit liegt bei ihm zu diesen Aspekten bereits vor. Er begreift nach dem positiv hinterlassenen Eindruck aus der Anhörung und der Erörterung bei Gericht, dass er durch seine Nutzung von WhatsApp ihm nicht „gehörende“, fremde Datensätze an real ihm unbekannte Dritte (den Betreiber von WhatsApp in den USA) abgibt bzw. gleichsam „verrät“, und dass er über diese fremden Daten gar nicht verfügen darf, wenn und solange er hierfür nicht eine Zustimmung von den betreffenden Personen erhalten hat. Demgegenüber sind diese Personen nicht verpflichtet, ihm etwa von sich aus mitzuteilen, dass und ggf. welche Datenweitergaben nach ihren Vorstellungen für E. nicht weiter erlaubt sein sollen (gleichsam „Opt-Out“), sondern derjenige ist vollauf in der Pflicht, sich die Erlaubnis zu holen, der diese Daten aktiv weitergeben möchte (Erlangung einer Zustimmung / gleichsam „Opt-In“) was E. ebenfalls verstanden hat.

Selbst wenn man dieses in einem künftigen Fall bei E. dann von anderer Stelle unterschiedlich beurteilen würde, trägt das Kind dennoch in jedem Fall nach der Gesetzesfassung gemäß § 828 Abs. 3 BGB zuvorderst die Beweislast. Das bedeutet, dass bei vorgefundener deliktischer Handlung des Kindes – wie vor aufgezeigt durch die Verletzung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung anderer Personen – die Einsichtsfähigkeit des Kindes zunächst einmal widerlegbar vermutet wird. Es obliegt dann in einem etwaigen Gerichtsprozess zunächst dem Kind, das heißt dem deliktisch handelnden, minderjährigen Schädiger (vgl. Palandt, a.a.O., § 828 Rn. 6), seinen Mangel an Einsichtsfähigkeit erst einmal zu behaupten und nachfolgend zu beweisen.

Diese vorgefundene Gesetzeslage bedeutet somit unabhängig von der vorgenannten hiesigen Einschätzung bereits ein hohes Risiko bzgl. einer deliktischen Haftung des Kindes und damit bei ihm einhergehender Vermögensgefährdung.

Hierneben führt auch die Norm des § 832 BGB nicht etwa zu einer entscheidenden Entlastung bzw. gar Entpflichtung des Kindes. Gemäß dieser Norm können die aufsichtspflichtigen Personen, mithin die Kindeseltern – bzw. vorliegend wohl bloß die Kindesmutter, da diese die Nutzung des Smartphones in ihrer dauernden Obhut gestattet hat und auch laufend miterlebt – für das deliktische Handeln des Kindes in Anspruch genommen werden. Diese Vorschrift schließt die Inanspruchnahme des Kindes selbst jedoch nicht aus, sondern ergänzt sie nur zu Gunsten des Anspruchstellers. Mithin kann ein Geschädigter dann sowohl gegen die Eltern bzw. gegen den betreffenden Elternteil als Aufsichtspflichtiger als auch noch gegen das Kind, den Aufsichtsbedürftigen, gleichzeitig vorgehen (vgl. Palandt, BGB, § 832 Rn. 3 a. E.). Da ein Geschädigter bzw. Gläubiger nach allgemeinen juristischen, materiell-rechtlichen wie auch prozesstaktischen Gesichtspunkten grundsätzlich versuchen wird, bei einem relevanten Sachverhalt solcher Art möglichst weitreichende Anspruchsforderungen gegen möglichst viele, ihm gegenüber pflichtige Personen durchzusetzen, kann aufgrund dieser Norm des § 832 BGB nicht darauf geschlossen werden, dass keine Gefahr für das Vermögen des Kindes mehr bestehen würde. Wird ein gerichtlicher Titel (z.B. ein Urteil vor dem Zivilgericht) dann erfolgreich erstritten, kann aus diesem durch den Geschädigten (bzw. dann sog. Titelgläubiger) 30 Jahre lang vollstreckt werden, ehe die rechtskräftig festgestellte Forderung verjährt (vgl. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Mithin kann eine endgültige Vollstreckung der Forderung gegen das Kind nach den rechtlichen Möglichkeiten noch sehr lange Zeit, auch noch dann drohen, nachdem das Kind zwischenzeitlich bereits volljährig geworden ist und zu eigenem laufenden Einkommen bzw. Vermögen gekommen ist, in welches der Titelgläubiger werthaltig vollstrecken kann. Die vorliegend aufgezeigte, in der Kindheitszeit geschaffene Vermögensgefahr aufgrund der Nachlässigkeit der Eltern kann sich damit zu Lasten des Kindes wertmäßig selbst noch weit in der Zukunft realisieren.

Eine deliktisch handelnde Person, die wie vor subsumiert rechtlich für ihr Verhalten verantwortlich gemacht werden kann, kann nach den gesetzlichen Vorschriften auch abgemahnt und gemäß § 1004 BGB analog zur Unterlassung ihres rechtswidrigen Handelns aufgefordert werden, wenn und soweit Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. Palandt, a.a.O., § 1004, Rn. 31 ff.).

Eine Wiederholungsgefahr ist bei den hiesigen Umständen grundsätzlich zu ersehen, da einerseits die Speicherung von Kontaktdaten im Adressbuch eines Smartphones beständig ist, solange das Gerät nicht defekt geht oder der Datensatz vom Nutzer im Einzelfall manuell gelöscht wird, und da andererseits die Datenweitergabe (Upload) an WhatsApp technisch regelmäßig wiederholt wird, wie auch aus den Nutzungsbedingungen (s.o.) hervorgeht.

Im Zuge einer solchen Abmahnung können zugleich die Kosten für die Abmahnung nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683 Satz 1, 680 BGB, geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2016, Az. I ZR 48/15).

Ein auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter Erstattungsanspruch setzt laut dem Bundesgerichtshof voraus, dass die Abmahnung berechtigt war und dass dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten im Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand. Weiter ist gemäß § 683 Satz 1 BGB vorauszusetzen, dass die Abmahnung dem Interesse des Abgemahnten entspricht. Hiervon ist grundsätzlich schon dann auszugehen, wenn durch eine nach Form und Inhalt ordnungsgemäße Abmahnung der Zweck erreicht wird, dass eine Befriedigung des Gläubigers ohne nachfolgenden, insgesamt sonst nämlich teureren Prozess herbeigeführt werden kann.

Eine etwaige Einwendung, die Einschaltung einer Anwaltskanzlei sei zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen, wird nach der Rechtsprechung des BGH tendenziell eng behandelt. So ist selbst zu Gunsten von Großunternehmen, welche sogar über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, durch den Bundesgerichtshof anerkannt worden, dass diese sich anwaltlicher Hilfe auch für eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen (exemplarisch: sog. Filesharing-/Tauschbörsen-Fälle) bedienen dürfen (vgl. BGH a.a.O.).

Die von der Rechtsprechung teilweise noch entwickelten Kategorien zur möglichen Beschränkung von Abmahnkosten, in concreto dass ein Ersatz der Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen bei einer erstmaligen Abmahnung nicht oder aber nicht vollumfänglich zuerkannt werden kann, wenn ein einfach gelagerter rechtlicher Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung vorliegt, greift in der vorliegenden Konstellation ebenfalls nicht. Denn es liegt hier schon kein einfacher rechtlicher Fall vor. Bereits die Betrachtung der in Rede stehenden Rechtsverletzung mit der, vgl. oben, notwendigen Erwägung, Prüfung und Abgrenzung von Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, dies noch in der vorgefundenen Dreieck-Konstellation zwischen dem App-Betreiber, dem Berechtigten der sensiblen Daten und dem deliktisch Handelnden, stellt sich als juristisch komplex angelegte Prüfung dar. Hiernach kann ein Rechtsanwalt auch schon für die erste Abmahnung herangezogen werden, und die daraus entstehenden Kosten können vom betreffenden Gegner, dem deliktisch Verantwortlichen, verlangt werden.

Selbiges gilt auch noch nach der Prämisse, dass eine Abmahnung, damit sie Wirksamkeit entfaltet, genau zu erkennen geben muss, welches Verhalten des deliktisch Verpflichteten der Verletzte ihm in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorwirft, so dass der Abgemahnte den Vorwurf dann genauer tatsächlich und rechtlich überprüfen kann und die gebotenen Folgen daraus ziehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 11.06.2015, Az. I ZR 7/14). Diese Anforderungen vollständig einzuhalten, wird in der vorliegenden Fallgestaltung für einen juristischen Laien angesichts der wie vor erläuterten komplexen tatsächlichen und rechtlichen Situation nur schwierig möglich sein. Auch insofern erscheint es angemessen, von Beginn an einen Rechtsanwalt zur Überprüfung und möglichen Durchführung einer Abmahnung der deliktisch handelnden Person hinzu zu ziehen.

Betreffende Rechtsanwaltskosten im außergerichtlichen Bereich bemessen sich ihrer Höhe nach gemäß Ziff. 2300, 7002, 7008 VV-RVG.

Bei einem für die Abmahnung anzunehmenden Gegenstandswert von 5.000 €, welcher nach § 36 Abs. 3 GNotKG als Auffangwert gilt, wenn ansonsten keine Anhaltspunkte für eine Wertfestsetzung bestehen bzw. keine vorrangigen Wertvorschriften eingreifen, belaufen sich diese Anwaltskosten auf brutto 492,54 € pro Abmahnfall. Diese Kosten können somit durch jeden anwaltlich vertretenen Geschädigten gegenüber der deliktisch handelnden Person eingefordert werden.

Selbst wenn indes lediglich ein geringerer Gegenstandswert bis 1.000 € zu Grunde gelegt würde, entstünden noch immer Rechtsanwaltskosten gemäß Ziff. 2300, 7002, 7008 VV-RVG i.H.v. brutto 147,56 € pro Abmahnfall, welche durch jede geschädigte Person dem deliktisch Handelnden abverlangt werden können.

Zur Abwendung der Gefahr hatte das Gericht vorliegend Maßnahmen nach § 1666 BGB zu treffen, da die Kindeseltern hier nicht alleine im Stande waren, für Abhilfe zu sorgen.

Zwar hat der Kindesvater gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin im Verfahren durchweg positiv aufgezeigt, dass ihnen die möglichen Risiken und Gefahren bekannt sind, die mit unkontrollierter digitaler Mediennutzung durch das Kind verbunden sein können, und dass sie bei der Nutzung durch E. präsent sind bzw. diese einzuschränken suchen. Indes haben sie einen Einfluss auf das Kind und dessen Smartphone-Nutzung nur jeweils während der Umgangszeiten, wobei das Kind auf ihre verantwortungsbewusstere Haltung in der jüngsten Zeit zudem negativ reagierte, da es nach seinem Empfinden in seiner Smartphone-Nutzung unerwünscht eingeschränkt wurde.

Die Kindesmutter zeigte sich nach eingehender Belehrung durch das Gericht sowie ebenfalls durch ihre Anwältin in Bezug auf die technischen und rechtlichen Umstände zwar grundsätzlich verständig. Jedoch waren auch ihr die Reichweite der gesamten Verhältnisse und die damit verknüpfte Problematik nicht hinreichend bewusst. Sie erfasste letztlich die Problemlage, indem sie gleichsam resignierend äußerte, dass dann doch das ganze System hinter der App WhatsApp nach ihrem Verständnis nicht in Ordnung wäre. Trotz der für sie gewonnenen Erkenntnis konnte sie die hier vorgefundene Problemlage nicht eigenständig einer Lösung zuführen.

Es ist in diesem Zusammenhang für die Kindesmutter im Sinne ihrer Äußerung noch einmal zu bestätigen, dass sich tatsächlich auch alle übrigen WhatsApp-Nutzer fehlverhalten, d.h. ebenfalls zivilrechtlich deliktisch handeln, wenn und soweit diese nicht über eine betreffende Befugnis zur Datenweitergabe nach einzuholenden Zustimmungserklärungen von all ihren Smartphone-Kontaktpersonen verfügen. Hieran ändert es auch nichts, dass diese App von einer Vielzahl von Personen, sowohl von Kindern und Jugendlichen (lt. JIM-Studie 2016, Quelle: s.o., zu 92 – 96 % zwischen 12 und 19 Jahren) als auch von Erwachsenen genutzt wird und dabei nach hiesigen Erkenntnissen die laut WhatsApp-AGB erforderlichen Einwilligungserklärungen bei den eigenen Kontakten von einer überwiegenden Zahl der Nutzer tatsächlich nicht eingeholt werden. Alleine aus dem demnach gegebenen Umstand, dass eine Vielzahl von Personen ein rechtliches Fehlverhalten an den Tag legt, wandelt sich dieses aber noch nicht zu einem ordnungsgemäßen Verhalten. Das Recht ändert sich nicht jeweils danach, ob die Mehrheit sich konform oder entgegen einer Norm verhält, sondern das Recht schreibt die einzuhaltenden Regeln vor, und die Bürger als Adressaten des Rechts haben die Normen zu befolgen, anderenfalls sie in dem Fall, wie vorliegend aufgezeigt, deliktisch handeln und sie in der Folge durch andere, von ihnen in ihrem Recht verletzte Personen juristisch vollauf angreifbar sind.

Es ist nach allen Eindrücken, die das Familiengericht vorliegend gewinnen konnte, zu besorgen, dass die Kindesmutter ohne eine klare Handlungsanleitung der Gefahr wie vorgenannt nicht effektiv begegnen kann, sowie dass sie in der Sache in letzter Konsequenz auch nicht genügend Antrieb an den Tag legt, um sich von selbst ordnungsgemäß um die Angelegenheit zu kümmern.

Das Familiengericht hat nach o.g. Norm die Anordnungen bzw. Maßnahmen zu treffen, die zur Meidung einer Gefährdung für das Kind und sein Vermögen erforderlich sind.

Die hier festgelegten Maßnahmen stellen sich als verhältnismäßige, insbesondere geeignete und zugleich unter allen in Betracht kommenden Möglichkeiten als am wenigsten belastende Mittel dar.

Ziel war es, für das Kind einen rechtssicheren Schutz vor der gegebenen Gefahr zu realisieren. Solange das Kind E. die App WhatsApp nutzt, besteht die Möglichkeit einer Abmahnung und die damit verknüpfte Vermögensgefahr in Bezug auf jede Person, die von dem Kind in seinem Smartphone-Adressbuch als Kontakt eingespeichert ist, und bezüglich welcher E. zugleich tatsächlich keine Befugnis zur laufenden Weitergabe von deren Daten an WhatsApp aufweist.

Hiernach ist es erforderlich, dass für das Kind von jedem einzelnen dieser Kontakte eine ausdrückliche Zustimmung des Inhalts eingeholt wird, dass die betreffende permanente Weitergabe bzw. digitale Übertragung der fremden Datensätze an den Dritten, hier an den Betreiber von WhatsApp, die Firma „WhatsApp Inc.“ in Kalifornien / USA, konkret gestattet werde.

Diese Zustimmungserklärungen sind zwecks Klarheit und Rechtssicherheit in Schriftform gemäß § 126 BGB einzuholen. Dies setzt eine jeweils schriftlich verkörperte Erklärung nebst Unterschrift der betroffenen Person(en), bzw. bei Kindern durch deren Sorgeberechtigte voraus. Die Schriftform stellt in Anbetracht der Komplexität des Falles für das Kind die beste Form dar, welche zu Gunsten des Kindes zugleich den sichersten und am längsten haltbaren Nachweis in einem möglichen späteren Streitfall bietet. Bei hingegen etwa bloß mündlicher Zustimmungserklärung bestünden für das Kind erhebliche Beweisschwierigkeiten, sollte eine Kontaktperson ihre Zustimmungserklärung nach Bestehen, Art oder Reichweite künftig einmal bestreiten. Überdies wird derjenige, der eine haptisch fassbare, mithin verkörperte schriftliche Erklärung eigenhändig unterzeichnen muss, sich im selben Moment des Umstandes besonders gewahr, dass er oder sie in irgendeiner Form eine verbindliche, rechtlich bestimmte Wirkungen entfaltende Erklärung abgeben soll. Damit ist zur effektiven Sicherheit des Kindes ein rechtlich bewussteres Handeln jeder Kontaktperson gegeben, als wenn beispielsweise im Gegensatz dazu für jene Zustimmung lediglich ein Messenger-Chat-Dialog bestätigt werden müsste. Letzteres würde vielmehr nur wiederum zu den nämlichen Problemen führen, wie es auch bereits im Hinblick auf die Wahrnehmung der Nutzungsbedingungen von WhatsApp durch die Nutzer angesichts des dort bloß erforderlichem Setzen des Häkchens nebst Klick- und Wischbestätigung der Fall ist, vgl. obige Ausführungen.

Obgleich die Kindeseltern beide sorgeberechtigt sind, wird zu diesem Handlungsvollzug vorliegend alleine die Kindesmutter verpflichtet. Denn bei ihr hat das Kind gemäß der hier bestehenden Vereinbarung der Eltern den dauernden Aufenthalt. Das Kind befindet sich bei ihr also alltäglich in Obhut und die Kindesmutter hat damit regelmäßigeren Kontakt zu ihrem Sohn und im Bedarfsfall deutlich besseren Zugriff auf dessen Smartphone. Ihr fällt es demnach leichter, die betreffenden Zustimmungserklärungen einzuholen und je nach Antwort der Kontaktpersonen sodann den Sohn anzuleiten, die Datensätze auf dem Smartphone anzupassen oder nötigenfalls auch zu entfernen.

Selbiges gilt für die durchzuführende regelmäßige Kontrolle des Adressbuchs des Kindes (Auflage Ziffer 4.). Dieses war gegenüber der Kindesmutter bereits deshalb anzuordnen, damit sich auch in Zukunft nicht weiter die Gefahr verwirklicht, dass über das Adressbuch des Kindes neu eingetragene Datensätze an WhatsApp offenbart werden, obgleich die betroffenen Personen dem im Vorfeld nicht zugestimmt haben und hiernach Ansprüche geltend machen können. Da das verfahrensgegenständliche Smartphone dem Kind E. frei überlassen ist, hat dieses faktisch jederzeit die Möglichkeit, neue Datensätze in dem digitalen Adressbuch anzulegen. Solange die Kindesmutter das in solcher Reichweite zulässt, muss sie als wirksame Beschränkung betreffende Kontrollen ausüben.

Es ist davon auszugehen, dass eine Besprechung mit dem Sohn zum jeweiligen Stand des Adressbuchs und eine Besehung des Smartphones einmal monatlich hier ausreichend sein wird. Sollte die Kindesmutter in der alltäglichen Praxis feststellen, dass dieses ggf. doch nicht ausreicht, steht es ihr naturgemäß frei, auch öfters Kontrollen durchzuführen.

Unabhängig von dieser Problematik erscheint es zudem generell als tunlich, dass Kindeseltern ein ihrem Kind überlassenes digitales, voll online-fähiges und vernetztes Gerät (Smartphone oder Tablet) regelmäßig auf die dortigen Inhalte und Anwendungen überprüfen. Dies erscheint auch nicht insofern als unangemessen, als man noch erwägen könnte, dass ein Smart-Gerät heutzutage gleichsam eine Art „elektronisches Tagebuch“ für Kinder und Jugendliche darstellen kann und eine betreffende Kontrolle und Durchsicht durch die Eltern zum Schutz der grundlegenden Privat- und Intimsphäre des Kindes daher eventuell besser unterbleiben sollte.

Das eigene Smartphone entwickelt sich allgemein bekannt bei Erwachsenen wie auch bei Minderjährigen zunehmend zu einem zentralen Speicher der gesamten Lebensdaten der Nutzer. Auf dem Smart-Gerät werden beispielsweise neben der laufenden elektronischen Kommunikation mit ihren sämtlichen Inhalten und zugehörigen Metadaten auch die mit dem Gerät getätigten Bildaufnahmen, eigens gefertigte digitale Notizen sowie die Historie besuchter Webseiten u.v.m. gespeichert. All dies zusammengefasst ergibt ein weitreichendes Profil über den Nutzer des Geräts, gleich ob volljährig oder minderjährig. Dies könnte nach Inhalten, Art und Intensität der darauf angelegten bzw. verursachten Daten mit einem laufend geführten Tagebuch verglichen werden.

Doch anders als ein rein analog und „offline“ geführtes Tagebuch wird die digitale Kommunikation und werden Bilder, Notizen und Webseiten/URL-Links durch den Nutzer, gleich ob volljährig oder minderjährig, laufend und vornehmlich „online“ geführt und dabei sowohl an eigene, persönlich bekannte Kontakte als auch z.T. sogar an unbekannte Dritte elektronisch global weitergeleitet, „geteilt“ („geshared“), und veröffentlicht („gepostet“). Hiernach besteht nach hiesiger gerichtlicher Überzeugung kein vernünftiger Grund, dass nicht auch gerade die von Gesetzes wegen aufsichtspflichtigen Eltern grundsätzlich und sogar zuvorderst Einblicke in diese Inhalte auf dem Gerät ihres Kindes erlangen sollen.

Mithin müssen die Eltern es in angemessener Weise wahrnehmen, die von ihrem Kind im globalen, digitalen Netz beschrittenen Wege und die zugleich vielfältig ins Netz gefunkten oder aus dem Netz bezogenen Inhalte jeweils mit zu überschauen, dies stets mit dem Ziel, eine adäquate Erziehung des Kindes auch im digitalen Bereich zu gewährleisten und ihr Kind in aufkommenden kritischen Fällen (z.B. Cyber-Mobbing, Sexting, Daten-Hacking, u.a.) adäquat zu schützen. Die konkrete, tunliche Vorgehensweise insofern sollte sich an den jeweiligen Umständen, insbesondere anhand von Alter und Reife des Kindes und nach Art und Umfang der tatsächlichen Medien-Nutzung durch das Kind orientieren.

Gewinnen Eltern bei den tunlichen, regelmäßigen Gesprächen mit dem Kind über seine Online-Mediennutzung und hierzu ergänzend bei der Durchsicht des vernetzten digitalen Geräts dann den Eindruck, dass die online besehenen oder geteilten Inhalte nicht altersangemessen sind, oder dass die vom Kind geführte Kommunikation am anderen Ende durch nachhaltige kritische oder gar bösartige Handlungen oder Reaktionen geprägt ist, so kann dies jeweils unmittelbar mit dem Kind besprochen werden, und es kann gefährlichen Entwicklungen für das Kindeswohl, wie z.B. im Falle von Cyber-Mobbing oder Sexting, sogleich aktiv und zeitnah gegengesteuert werden. Und können überdies ggf. erhebliche negative Verhaltensweisen des eigenen Kindes bei Durchsicht des Geräts festgestellt werden, so kann und muss auch dies mit dem Kind thematisiert werden, und die Eltern können dann zeitnah entsprechende Ermahnungen erteilen oder nötigenfalls noch schärfere geeignete Erziehungskonsequenzen ziehen.

Im Ergebnis müssen Eltern zur Wahrung ihrer Sorge- und Aufsichtspflichten daher grundsätzlich wissen, was ihre Kinder tun und mit welchen Personen sie sich abgeben, dies eben nicht nur in deren analogem Umfeld (Freundeskreis, Hobbys wie Sport, Musik, etc.), sondern ebenfalls in deren digitalem Umfeld. Dabei sollten die Eltern die Kinder fortlaufend unterstützen und ihnen immer weiter positive Kompetenzen in möglichst vielen Bereichen vermitteln.

Postulierte man demgegenüber einen absoluten (Durch-)Sichtschutz mittels der bloßen Argumentation, dass das digitale Gerät (Smartphone, Tablet) ein „tagebuchähnlicher Gegenstand“ sei, entzöge man damit zugleich das gesamte an dem Gerät erfolgende Online-Verhalten des Kindes der elterlichen Kontrolle. Wer dies uneingeschränkt fordert, negiert damit auch jeden von den Eltern durch betreffende angemessene Nachschau zu bewirkenden Schutz des Kindes vor gefährdenden Inhalten, vor negativ beeinträchtigenden anderen Personen oder vor eigenem, sein Wohl schädigenden Verhalten des Kindes – eine Konsequenz, die das Familiengericht mit Blick auf das Kindeswohl i.S.v. § 1666 BGB nicht für akzeptabel hält.

Um zu überprüfen, ob und inwieweit die erteilten Auflagen umgesetzt werden, hat die Kindesmutter zu den im Tenor angegebenen Fristen und Daten dem Gericht den jeweiligen Stand mitzuteilen.

Die Maßnahmen sind durch diese gewählten Zeiten einstweilen auf rd. 12 Monate nach Zustellung befristet. Das Gericht geht insoweit davon aus, dass nach Ablauf dieser Zeit dann eine hinreichende Übung und Erfahrung für die Kindesmutter bestehen wird, dass sie in der weiteren Folge dann in der Lage sein wird, selbsttätig, ohne regelmäßige gerichtliche Überprüfung der Gefahr für das Kind in entsprechender angemessener Weise begegnen zu können.

Zur Auflage Ziffer 2. besteht die Pflicht, diese unmittelbar binnen einer als angemessen erscheinenden Frist von 2 Monaten zu erfüllen (s. Auflage Ziffer 3.). Der Stand ist gegenüber dem Gericht dann nachzuweisen.

Je nach den Reaktionen der Kontaktpersonen, welche über die Kindesmutter um Erteilung der Zustimmungserklärung gebeten werden, werden sich weitere Handlungsobliegenheiten für die Kindesmutter ergeben:

– Hinsichtlich solcher Personen, die zwar mit der Weitergabe der Telefonnummer einverstanden sind, jedoch um Bezeichnung bzw. Adressbucheintrag nur unter einem Pseudonym, einem Fantasienamen oder einer Abkürzung bitten, mithin nicht unter ihrem Klarnamen bei WhatsApp auftauchen möchten, wäre diesem Wunsch zu entsprechen und der bisher gegebene Klarnamen im Kontakte-Verzeichnis (Adressbuch / Telefonbuch) in E.s Smartphone dahingehend zu ändern.

– Weiter problematisch wird sich die Situation gestalten, wenn eine Kontaktperson die Zustimmungserklärung schlicht nicht erteilt, also auf das Ersuchen der Kindesmutter für E. hin nicht reagiert oder aber dem Ansinnen konkret widerspricht. In diesem Fall sind die Daten dieser Person, um nicht deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung weiter zu verletzen, dem Zugriff der App WhatsApp auf dem Smartphone des Kindes zu entziehen.

Hierfür stehen der Kindesmutter dann drei Möglichkeiten zur Verfügung, woraus in der konsequenten Anwendung zugleich die Auflage gemäß Ziffer 6. resultiert:

1.) Der Datensatz kann aus dem Bereich des Smartphones entfernt werden, auf welchen die App WhatsApp laut Nutzungsbedingungen und technischer Rechteverwaltung zugreift. Das bedeutet konkret, dass der Datensatz dieser Kontaktperson bei dann weitergehender Nutzung der App WhatsApp von E. aus dem Adressbuch seines Smartphones zu löschen ist.

2.) Die App WhatsApp könnte des Weiteren technisch betrachtet in ihrem Rechtezugriff derart beschränkt werden, dass diese faktisch nicht mehr auf das Adressbuch des Telefonbuchs zugreifen kann. Solches ist in den Einstellungen des iPhone-Betriebssystem Apple iOS möglich. Für das Betriebssystem Google-Android existiert diese Möglichkeit nur teilweise – je nach Version des Android-Betriebssystems und je nach Telefon-Hersteller-Anpassung des Systems. Hilfsweise existieren zusätzliche Apps, welche dieses bewerkstelligen können, beispielhaft die von IT-lern der Universität Saarbrücken entwickelte App „SRT AppGuard“ (abrufbar unter: www.srt-appguard.com). Falls dieser Weg von der Kindesmutter gewählt wird, ist vorab zu prüfen, ob eine solche Beschränkung der App in ihren technischen Rechten nach den zugrunde liegenden Nutzungsbedingungen rechtlich erlaubt ist. Zudem ist diese Vorgehensweise mit evtl. unbequemen Einbußen bei der Nutzung der App verbunden, da dann in logischer Folge keine automatische Verknüpfung mit den im Smartphone gespeicherten Kontaktdaten mehr erfolgt.

3.) Die App WhatsApp greift in logischer Konsequenz auch dann nicht mehr auf die Adressbuch-Kontakte auf dem Smartphone zu, wenn die App vollständig vom Smart-Gerät gelöscht würde.

Soll dieser Weg gewählt werden, sollen aber gleichzeitig die schon bestehenden Kontakte-/ Chatverbindungen des Kindes nicht gänzlich gekappt werden, um das Kind, wie schon des Öfteren vor Gericht zu hören gewesen, nicht etwa künftig im digitalen Bereich „sozial zu isolieren“, bietet sich in der Folge recht einfach die Nutzung einer anderweitigen Messenger-App an, bei welcher kein betreffendes deliktisches Handeln begangen wird.

Ein deliktisches Handeln in vorgenannter Weise liegt dann nicht mehr vor, wenn ein anderes Messenger-Programm genutzt wird, welches die Namen sowie Telefondaten der Adressbuchkontakte schon technisch nicht als Klardaten überträgt bzw. synchronisiert.

Dies ist nach betreffender Recherche des Gerichts exemplarisch bei den Messenger-Diensten „Threema“ und „Hoccer“ gegeben. Die dahinter stehenden Betreiber aus Deutschland (www.hoccer.com) bzw. aus der Schweiz (www.threema.ch) intendieren keine Datenauswertung und -vermarktung in Bezug auf den Nutzer und seine Kontakte (Quelle: Stiftung Warentest, 8/2015, S. 47 ff.), weshalb nach deren rechtlicher Zusicherung auch keine Speicherung von Kontaktdaten auf deren Servern erfolgt.

Dies lässt sich anhand der Funktionsweise dieser anderen Messenger-Dienste auch in technischer Hinsicht ersehen:

Konkret besteht bei diesen datenschützenden Messenger-Programmen zum einen die Möglichkeit, bei der Erst-Einrichtung frei darüber zu entscheiden, ob überhaupt eine Synchronisierung der Daten aus dem Telefon-Adressbuch erfolgen soll. Falls nicht, d.h. wenn diese Funktion nicht ausgewählt wird, können andere Nutzer nachfolgend dann auch manuell durch einen jeweiligen ID-Code hinzugefügt werden, der für jeden Nutzer einmalig vergeben wird und hinter welchem der zugehörige Nutzer sogar für den jeweiligen Betreiber Threema oder Hoccer anonym bleibt.

Zum anderen geschieht die Synchronisierung, falls sie vom Nutzer bei der Erst-Einrichtung bejaht wird, in einer datensichereren Form: Es werden hier die Daten nicht als Klardaten zum Betreiber Hoccer bzw. Threema übertragen, sondern es wird zuvor auf dem Smartphone des Nutzers zu jedem Datensatz ein sog. Hash-Wert gebildet. Hierbei handelt es sich um eine aus den Buchstaben und Ziffern jedes Datensatzes gebildete spezifische digitale Prüfsumme, gleichsam einer Art Quersumme, aus welcher am Ende auf die jeweiligen Klardaten nicht mehr zurückgeschlossen werden kann. Aus dieser Prüfsumme bzw. aus diesem Hash-Wert kann der Betreiber, zu dem der Wert hochgeladen wird (Upload), nun jeweils nicht ersehen, welcher Klarname und welche zugehörige Telefonnummer überhaupt dahinter stehen.

Eine Weitergabe von Klardaten ist hier damit nicht gegeben, weshalb im Ergebnis ein deliktisches Handeln, wie oben in Bezug auf die Nutzung von WhatsApp festgestellt, bei den derart technisch funktionierenden, anderweitigen Messenger-Programmen nicht feststellbar ist.

Die Kindesmutter hat im Termin signalisiert, alternative Messenger-Programm für E. einmal in Betracht ziehen zu wollen. Wenn sie hiernach zu dem Ergebnis kommen sollte, dass dieser Weg für ihr Kind als einfacher zu realisieren erscheint und die Messenger-App WhatsApp hiernach auf dem Smartphone des Kindes entfernt werden kann, ist für die Beschluss-Auflagen klarzustellen, dass sodann mangels weiterer Gefährdungslage insoweit die Verpflichtungen nach den Auflagen Ziffer 2. und 3. entfallen.

Die Auflage Ziffer 6. ist ebenfalls verhältnismäßig. Denn die hier durch die Auflagen verpflichtete Kindesmutter sowie auch das Kind haben es selbst in der Hand, sich erstens um die Erfüllung der Auflagen und Einholung der Zustimmungserklärungen zeitnah zu kümmern, und zweitens besteht, wie vor aufgezeigt, jederzeit die Möglichkeit (siehe oben 1.), all jene Kontaktpersonen aus dem Telefonbuch-Verzeichnis des Smartphones zunächst zu entfernen, welche nicht zeitgerecht zugestimmt haben. Bei solcher Handhabung kann die App WhatsApp dann entsprechend weiterhin auf dem Smartphone belassen werden und die Auflage Ziffer 6. kommt nicht zum Zuge. Gehen in der Folgezeit weitere Zustimmungserklärungen ein, können die betreffenden Kontakte dann nach und nach wieder in das Adressbuch des Smartphones aufgenommen werden.

Da die Kindesmutter im Erörterungstermin nach dem Eindruck des Gerichts noch nicht abschließend realisiert hat, welche möglichen Gefahren für ihr erst 11-jähriges Kind durch die von ihr erlaubte grundsätzlich freie Nutzung des Smartphones auftreten können, insbesondere soweit der Umgang mit dem digitalen Gerät nicht von einer Erziehungsperson laufend qualifiziert mit übersehen und das Kind auch immer wieder aktiv angeleitet wird, und da hieraus greifbar aktuell wie künftig zunehmend eine Gefahrenlage für das Kind besteht, wird der Kindesmutter auch aufgegeben, sich in diesem Bereich weiterzubilden.

Nach hiesiger Einschätzung stellen die Berichte und Anleitungen auf der Medien-/ Kinderschutzplattform www.klicksafe.de als auch auf der Plattform für Medienaufklärung für Eltern und Schulen www.medien-sicher.de eine für die Kindesmutter angemessene Informationsquelle dar.

Die dort jeweils veröffentlichten Artikel zum Themenbereich der digitalen Welt und Mediennutzung dürften die Kindesmutter auf ihrem aktuellen Wissensstand abholen und nicht überfordern.

Es erscheint zur Stärkung der eigenen digitalen Kompetenzen vorliegend für die Kindesmutter als Einstieg zu ihrer persönlichen, digitalen Weiterbildung der unter Auflage 7.a benannte Online-Beitrag sinnvoll, woran sich der Video-Beitrag gem. Auflage 7.b in benannter Frist anschließen soll. Danach sind – Auflage 7.c – über eine Dauer von 12 Monaten ab Juli 2017 monatlich mindestens drei konkrete, jeweils voneinander verschiedene Themen-Berichte auf der Seite www.klicksafe.de von der Kindesmutter verständig zu lesen. Die Auswahl der jeweiligen Berichte kann durch die Kindesmutter selbst erfolgen. Die Auswahl sollte sich vernünftigerweise daran orientieren, welche Belange der medialen Nutzung in den nunmehr stattfindenden monatlichen Gesprächen mit E. jeweils aufkommen und welche Programme/Apps E. dann nutzt oder neu nutzen möchte, über die die Kindesmutter sich somit jeweils weiteres Wissen aneignen sollte.

Das Gericht wird bei den fristgemäßen Überprüfungen laut Beschlusstenor Ziffer 3. und 5. jeweils mit in Erfahrung bringen, welche Berichte von der Kindesmutter tatsächlich gelesen wurden und welche Erkenntnisse von ihr hinzu gewonnen wurden.

Darüber hinaus stellte es sich vorliegend als konkrete Gefahr für das seelische und geistige Wohl des Kindes dar, dass dieses bislang die freie Möglichkeit hat – und hiervon zur Überzeugung des Gerichts nach allen Erörterungen auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat – das Smartphone auch noch nachts und frühmorgens nach Belieben zu bedienen.

Laut Beobachtungen im Haushalt des Kindesvaters und dort ebenfalls mitbekommenem WhatsApp-Verkehr bzw. betreffenden Metadaten hat E. sein Smartphone zuweilen schon ab 4:30 Uhr morgens bereits bedient, wobei das Kind sich dafür extra auch den Wecker auf diese frühe Zeit gestellt hatte. Dieses Verhalten erscheint als ein anfängliches Indiz für ein mögliches, sich anbahnendes Suchtverhalten des Kindes in Bezug auf Online-/ Smartphone-Nutzung.

Nach klinischer Studie der Klinik für Psychosomatische Medizin der Universitätsmedizin Mainz waren zum Stand des Jahres 2015 bereits 3,4 % der Kinder und Jugendlichen von 12 bis 17 Jahren in Deutschland von Online-Sucht betroffen. Noch keinen klinisch suchtartigen, aber dennoch exzessiven und ausufernden Gebrauch zeigten bereits weitere 13,8 Prozent (Quelle:http://www.uni-mainz.de/presse/64212.php).

Ein typisches Merkmal für Suchtverhalten stellt es nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen dar, wenn grundlegend wichtige Vorgänge im Tagesablauf zwecks Verfolgung der suchtbefangenen Handlung immer wieder hintenan gestellt werden. Nach eigener Darstellung des Kindes in der Anhörung steht E. an Schultagen üblicherweise um 6:00 Uhr auf, an Wochenenden auch später. Hiervon stellt es eine erhebliche Abweichung dar, wenn das Kind seinen Schlaf wiederholt bereits um 4:30 Uhr unterbricht, um dem digitalen Medienkonsum nachzugehen. Geschähe dies weiter regelmäßig, so ergäben sich in logischer Folge für das Kind künftig auch gravierende körperliche und geistige Probleme durch mangelnden Schlaf und in der Konsequenz abfallende Leistungen im Tagesgeschehen, z.B. hinsichtlich schulischer Leistungen.

In der Umgangszeit beim Kindesvater ist die Problematik dahingehend gelöst worden, dass das Kind sein Smartphone in der Umgangszeit nicht mehr benutzen darf.

Bei der Kindesmutter sind indes mangels Benennungen in der Erörterung hierzu noch keinerlei erforderliche Maßnahmen zum Schutze des Kindes getroffen worden.

Deshalb wurden durch das Gericht noch die Auflagen Ziffer 1. und 8. an die Kindesmutter erteilt:

Es besteht kein vernünftiger Grund, weshalb das Kind sein Smartphone noch abends zum Schlafengehen, weiterhin über die Nacht und bis morgens zum Aufstehen bei sich im Zimmer haben müsste, dies zudem noch im durchgehend eingeschalteten Zustand sowie überdies im vernetzten Modus, wie E.s freimütige Ausführungen ergaben.

Diese Umstände stellen aufgrund möglicher, nicht kontrollierter Einwirkungen von außen einen absolut unnötigen, potentiellen Störfaktor für das Einschlafen und das Durchschlafen des Kindes dar (z.B. durch möglichen Erhalt von Messenger-Nachrichten von anderen Personen auf dem Smartphone des Kindes innerhalb der tunlichen Schlafenszeit – daraus resultierend ggf. Blink- / Ton-Signale und dadurch sich ergebender innerer Drang des Kindes, noch einmal das Gerät zu bedienen / nachzuschauen und ggf. zu antworten).

Das Smartphone ist daher während der Abend- und Nachtzeit aus dem Schlafbereich des Kindes strikt fern zu halten, welches die Kindesmutter nun ebenfalls zu gewährleisten hat (Auflage Ziffer 8.).

Soweit E. sich weiterhin gerne mittels eines von ihm selbst bedienten technischen Geräts wecken lassen möchte, gelingt dies allgemein bekannt gleichermaßen erfolgreich mittels eines handelsüblichen Weckers ohne eine Online-Anbindung, welchen die Kindesmutter dann bereitstellen soll.

Des Weiteren hat nach allen für das Gericht ersichtlichen Umständen die Kindesmutter ihrem Sohn das Smartphone bislang offenbar überlassen, ohne die Nutzung des Geräts mit ihm einmal klar, vernünftig und verbindlich zu regeln. Durch die Äußerungen des Kindes kam zudem auf, dass die Kindesmutter selbst ebenfalls gerne „online“ in der digitalen Welt unterwegs ist, wobei sie, was von hier aus als kritisch einzustufen ist, den Lockungen der digitalen Mediennutzung nach dem geäußerten und aus Sicht des Gerichts ernst zu nehmendem Empfinden des Kindes auch immer wieder unterliegt, wenn es nach erzieherischer Vernunft an der Zeit wäre, sich unbedingt einmal konstruktiv um ihr Kind zu kümmern, das just in der analogen Welt aktiv ihre Nähe sucht, so z.B. gerne Gesellschaftsspiele mit ihr spielen möchte. Insgesamt liegen durch diese Umstände ebenfalls Gefahren für das seelische und geistige Wohl des Kindes vor. Das Kind erfährt anstelle von begehrter positiver Zuwendung im analogen Bereich, dass dem digitalen Medien-Konsum immer wieder auch von Seiten der Kindesmutter der Vorrang gewährt wird. Zugleich hat die Kindesmutter auch die überbordende digitale Nutzung des Kindes nicht vollauf im Blick, wie sich schon bei den Ausführungen zu Auflage 8. zeigte.

Es erscheint hiernach als erforderliche und angemessene Maßnahme, dass die Kindesmutter mit E. hier nun eine sog. Eltern-Kind-Mediennutzungsvereinbarung abschließt. Diese kann als Ausfüllvorlage im Internet unter verschiedenen Medien-Aufklärungs-Seiten und Kinder-Schutz-Plattformen abgerufen werden, beispielsweise unter:

www.mediennutzungsvertrag.de

www.internet-abc.de/eltern/familie-medien/

www.schau-hin.info/extrathemen/medienzeiten.html

Weitere Maßnahmen waren hier nicht anzuordnen.

Zwar hält das Gericht grundsätzlich dafür, dass eine freie Nutzung der App WhatsApp im Hinblick auf die damit allgemein verbundenen, möglichen intensiven Probleme und Gefahren im digitalen Bereich, z.B. durch sehr leicht zu verwirklichende Verletzung des Rechtes am eigenen Bild, durch mögliches Cyber-Mobbing oder Cyber-Grooming, u.a.m., erst ab 16 Jahren tunlich ist.

Das Gericht hält insofern weder die Einstufung der „USK“ („Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH“, www.usk.de) mit einer Altersfreigabe ab 0 Jahren (siehe unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.whatsapp&hl=de bzw. ergänzend unter: https://support.google.com/googleplay/answer/6209544?visit_id=0-636265451386776775-1474708071&p=appgame_ratings&rd=1), noch die vom Betreiber WhatsApp Inc. eigene gewählte Alters-Vorgabe für nachvollziehbar (weiterführend: www.smiley-ev.de/usk_beurteilt_ apps.html ; dortige Besprechung noch zum AGB-Stand von WhatsApp von vor August 2016, mithin Altersfreigabe damals noch erst ab 16 Jahren gemäß der Nutzungsbedingungen von WhatsApp selbst).

In den aktuellen Nutzungsbedingungen von WhatsApp heißt es dazu ohne weitergehende Erläuterung:

======================================================================

Alter. Du musst mindestens 13 Jahre alt sein, um unsere Dienste zu nutzen

(bzw. so alt, wie es in deinem Land erforderlich ist, damit du berechtigt bist, unsere Dienste ohne elterliche Zustimmung zu nutzen).

(Stand der Nutzungsbedingungen seit 25.08.2016; zuvor galt für WhatsApp ein Mindestalter von 16 Jahren, s.o.)

======================================================================

Ein Kind im Alter von erst 13 Jahren darf mit den zahlreichen wie vor umrissenen, aus der Nutzung eines Messenger-Dienstes wie WhatsApp resultierenden möglichen Problemen bei deren Eintritt nicht alleine gelassen werden. Dieses gilt im Übrigen gleichermaßen für andere Messenger-Dienste, auch z.B. für die vorgenannten weiteren Messenger-Apps Threema oder Hoccer.

Sofern eine Nutzung durch jüngere Kinder – wie im vorliegenden Fall – erfolgt, ist daher aus familiengerichtlicher Sicht unbedingt eine elterliche Aufsicht mit fortlaufender altersgerechter Medienaufklärung, jederzeit offenen Gesprächsangeboten sowie eben auch gelegentlicher inhaltlicher Kontrolle der Smart-Geräte durch die Eltern erforderlich.

Dies alles setzt zugleich auch eine qualifizierte eigene Kenntnis der Eltern in Bezug auf die digitale Medien-Welt voraus, in welcher ihr Kind sich mit ihrer Erlaubnis entsprechend bewegen darf und soll.

Hinzu kommt noch, dass ein Kind mit 13 Jahren im Allgemeinen auch nicht die Probleme zu überschauen vermag, welche durch die Preisgabe von eigenen Metadaten an diverse App-Betreiber, so zum Beispiel auch im Falle von WhatsApp, entstehen. Die bei der Nutzung anfallenden Metadaten (d.h. konkret: wer an wen zu welcher jeweiligen Zeit Inhalte mit welchen Speichergrößen bzw. welcher Art versendet) werden bei WhatsApp auch aktuell noch immer unverschlüsselt an den Betreiber WhatsApp Inc. übermittelt. Durch die in den Nutzungsbedingungen insoweit von WhatsApp ausbedungene freie Datenverwendung besteht für WhatsApp hier dann die freie Möglichkeit, bei jedem Nutzer die Verwendung der App beispielsweise nach Tageszeiten, nach den beliebtesten oder meistgenutzten Kontaktpartnern, nach der Menge der an jeden Kontaktpartner übersandten Nachrichten, nach feststellbaren Nachrichtenketten mit Inhalten gleicher Art und Größe, u.a.m. festzustellen. Weiter können hieraus nach freier Entscheidung des Betreibers entsprechende Profile über jeden Nutzer angelegt werden.

Diese Profile können von den Betreibern grundsätzlich nach Belieben aufrecht erhalten bleiben, im Zweifel ein Nutzer-Leben lang. Auf diese Weise erlangen betreffende Metadaten-sammelnde Unternehmen wie WhatsApp oder der Mutterkonzern Facebook ein immer exakteres Bild von ihren Kunden, dies – wie vorliegend auch – schon beginnend im ganz jungen Alter, aus welchem sie zahlreiche Gewohnheiten und Verhaltensweisen der Personen ablesen können und diese für ihre Zwecke immer gezielter, zum Beispiel im Rahmen von avisierten Werbemaßnahmen, bei der Meinungsbildung beeinflussen können.

Verantwortlich für diese Entwicklung und die den digitalen Unternehmen damit an die Hand gegebenen Möglichkeiten sind hier wiederum die Eltern, da diese ihre Kinder mit derartigen datenerhaschenden Apps ungeschützt umgehen lassen und es den zugehörigen datenanhäufenden Unternehmen damit recht einfach ermöglichen, von ihrem eigenen Kind ein immer exakteres digitales Bild anzufertigen (sog. „digitaler Zwilling“) und das für vielerlei Zwecke verwertbare digitale Profil des Kindes für die Zukunft laufend festzuschreiben.

Soweit hierzu, wie gerade benannt, ebenfalls die Applikation WhatsApp in Rede steht, geschieht im Vergleich dazu eine derartige umfassende digitale Analyse des Kindes wiederum bei anderen Messenger-Programmen nicht, welche durchgängig alle übermittelten Daten verschlüsseln.

Bei diesen anderen Messenger-Diensten sind dann auch sämtliche Metadaten mit verschlüsselt, d.h. nicht für Außenstehende – auch nicht für den Betreiber selbst – einsehbar, weshalb das Gericht den Kindeseltern aus diesem Grund zum künftigen besseren Wohle ihres Kindes anrät, für ihren erst 11-jährigen Sohn E. insgesamt die Nutzung einer anderen Messenger-App mit entsprechend datenschützender Ausrichtung einmal in Erwägung zu ziehen. Exemplarisch kommen hier – wiederum – in Betracht: Threema (www.threema.ch) oder Hoccer (www.hoccer.com); siehe ergänzend die FAQ-Seite auf der jeweiligen Website ( Quelle: https://www.verbraucherzentrale.de/sichere-whatsapp-alternativen ).

Indes ist vorliegend in dieser Hinsicht insofern keine verbindliche familiengerichtliche Maßnahme zu treffen, als die Kindeseltern sich hier im Erörterungstermin beide mit der Nutzung der App WhatsApp durch ihr erst 11-jähriges Kind bislang einverstanden gezeigt haben, wie auch hierneben dem Gericht derzeit – abgesehen von der Vermögensgefährdung wie eingangs erörtert – keine weitergehende Gefahrenlage im Hinblick auf die Nutzung von WhatsApp für E. bekannt ist. Solange und soweit eine weitergehende konkrete Gefährdungslage hierzu nicht ersichtlich ist, greift das Familiengericht nicht in das vorrangige Elternrecht ein.

Außerhalb dieser familienrechtlichen Frage obliegt es dann rein dem Betreiber WhatsApp Inc. selbst, möglicherweise im zivilrechtlichen Wege gegen die hiesigen Sorgeberechtigten vorzugehen, soweit die gestellte Bedingung einer Altersgrenze von 13 Jahren von dort aus derart gemeint ist, dass sie nach dem Willen des Betreibers absolut, d.h. selbst bei Zustimmung durch die Personensorgeberechtigten nicht unterschritten werden darf. Dieses ist vorliegend vom Familiengericht aus nicht weiter aufzuklären.

Die Kosten werden gemäß § 81 FamFG der Kindesmutter auferlegt.

Diese hat dem Kind das Smartphone zu dessen 11. Geburtstag zum Geschenk gemacht und ihm die freie Nutzung des Geräts sowie auch der Applikation WhatsApp im Alltag fortlaufend gestattet. Dadurch hat sie die hier aufgekommenen Gefahrensituationen um diese digitale Nutzung eigens geschaffen und fortwährend zugelassen. Hierneben liegen auch die Umstände, nach welchen noch die Auflagen Ziffer 7. und 8. ergingen, in ihrem persönlichen Verantwortungsbereich.

Der Verfahrenswert wurde nach §§ 41, 45 FamGKG bestimmt.

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