Urteile zur Kapitallebensversicherung

Nachfolgend aufgeführt:

1. Einen Versicherer trifft grundsätzlich keine allgemeine Beratungs- und Belehrungspflicht, insbesondere keine Pflicht zu einer umfassenden Vermögens- und Anlageberatung; es ist vielmehr Sache des Versicherungsnehmers zu beurteilen, ob der abzuschließende Vertrag seinen Bedürfnissen und finanziellen Fähigkeiten entspricht.

2. Nur dann, wenn der Versicherungsnehmer konkrete Fragen stellt oder erkennbar falsche Vorstellungen hat, bestehen weitergehende Pflichten. Im Übrigen hängt der Umfang der Beratungspflicht vom Beratungsbedürfnis ab, das umso geringer ist, je sachkundiger der Versicherungsnehmer dem Versicherer gegenübertritt; insbesondere reduzieren sich die Beratungspflichten des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer durch einen Makler unterstützt wird (s. jetzt § 6 Abs. 6 VVG n.F.).

LG Heidelberg, Urteil vom 13.07.2010 – 2 O 444/09:

Eine Bank muss einen Anleger bei Vermittlung einer Lebensversicherung als Kapitalanlage innerhalb eines Beratungsvertrages entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu sog. Rückvergütungen (Kick-Backs) über die aus den von der Versicherungsgesellschaft deklarierten Kosten gezahlten Vermittlungsprovisionen aufklären.

OLG Dresden, Urteil vom 19.11.2010 – 7 U 1358/09:

1. Stellt der Vermittler einer Lebensversicherung unzutreffend dar, dass es sich bei den in den Antrag aufgenommenen Auszahlungsbeträgen, anders als in den Versicherungsbedingungen vorgesehen, um feste Zahlungszusagen handelt, ist eine Aufklärungspflichtverletzung gegeben.

2. Ein Versicherer, der selbstständige Vermittler einsetzt, um Kunden anzuwerben und mit diesen die persönlichen Vertragsverhandlungen bis zur Unterschriftsreife zu führen, muss sich deren Verhalten bei der Anbahnung eines Versicherungsverhältnisses gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

OLG München, Urteil vom 15.12.2009 – 5 U 1590/09:

1. Der Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss unterliegt der dreijährigen Regelverjährung. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist, und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hiervon hätte erlangen können. Entscheidend dafür, ob ein Schaden bereits entstanden ist, und damit die Verjährungsfrist unter den weiteren Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Gang gesetzt wird, ist die Unterscheidung zwischen (lediglich) dem Eintritt einer risikobehafteten Situation einerseits und dem Eintritt einer sich bereits als Vermögenseinbuße darstellenden Vermögensfährdung andererseits. Maßgeblich ist hierfür, inwieweit der Berechtigte in der Lage gewesen wäre, seinen Anspruch im Wege einer Feststellungsklage geltend zu machen.

2. Hat der Geschädigte seine Rechte aus einer Kapitallebensversicherung, mit der ein der Immobilienfinanzierung dienender Kredit zurückgeführt werden soll, an die finanzierende Bank abgetreten, so beginnt die Verjährung von Ansprüchen des Geschädigten wegen unterbliebener Aufklärung der Bank über das Risiko einer geringeren Ablaufleistung aus der Lebensversicherung zu dem Zeitpunkt, in dem die Versicherungsgesellschaft dem Geschädigten einige Zeit vor Laufzeitende mitteilt, dass die Auszahlungsleistung zum Ablaufdatum den Kreditbetrag nicht mehr vollständig abdecken und insoweit eine (bei ungünstigeren Überschussanteilssätzen) möglicherweise stetig steigende Deckungslücke entstehen werde.

OLG Koblenz, Urteil vom 01.04.2010 – 2 U 868/09:

Wird die prognostizierte Ablaufleistung einer Kapitallebensversicherung, die zur Tilgung eines Darlehens bestimmt ist, trotz eines zugesagten Sicherheitspolsters nicht erreicht, so kann sich der Kreditbewerber jedenfalls dann nicht auf eine Aufklärungspflichtverletzung des Versicherungsmaklers berufen, wenn es sich bei dem Kreditbewerber um einen geschäftserfahrenen Kunden handelt, der Finanzwissenschaft studiert hat und von Beruf Diplom-Volkswirt ist.

LG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2010 – 22 S 281/09:

1. Der Versicherer ist aufgrund des Vertrauensverhältnisses während der Vertragsverhandlungen dem Antragsteller gegenüber zur Auskunft und Beratung verpflichtet, soweit dieser sie benötigt. Diese Pflichten erfüllt er durch die Auskünfte des Agenten, der insoweit sein Erfüllungsgehilfe ist. Dabei bestimmen sich die Grenzen der Belehrungspflicht nach dem erkennbaren Auskunfts- und Beratungsbedürfnis des Versicherungsnehmers.

2. Der Agent ist ohne besonderen Anlass grundsätzlich nicht verpflichtet, sämtliche Bedingungen des Vertrags und der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zu erläutern. Er kann sich auf die Erläuterung derjenigen Punkte beschränken, denen nach der Verkehrsanschauung für den Abschluss des Vertrags wesentliche Bedeutung beigemessen wird.

3. Den Agenten trifft eine weiter gehende Auskunfts- und Beratungspflicht nur dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände dieses gebieten. Solche Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn der Versicherungsnehmer einen Wunsch nach weiterer Beratung hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt oder wenn der Versicherungsnehmer sich erkennbar falsche Vorstellungen über den Inhalt und den Umfang des Versicherungsschutzes macht oder wenn der Agent aufgrund der komplizierten Regelungen der verwendeten AVB oder sonstiger Unterlagen mit der Möglichkeit von Missverständnissen rechnen muss oder wenn er von sich aus weitergehende Beratung angeboten hat.

4. Grundsätzlich ist es, von den speziellen öffentlich-rechtlichen Verbraucherinformationen des § 10 a VAG abgesehen, Sache des Versicherungsnehmers selbst, zu beurteilen, ob der abzuschließende Vertrag seinen Bedürfnissen und finanziellen Fähigkeiten entspricht. Allerdings können sich bei Lebensversicherungen, insbesondere bei deren Sonderformen, höhere Beratungsbedürfnisse ergeben. Versicherer und Außendienst sind bei kapitalbildenden Lebensversicherung und den sog. Riesterprodukten besonders verpflichtet festzustellen, in welchen Punkten bei dem potentiellen Kunden Beratungsbedarf besteht.

Hinweis: Die obige Entscheidungsübersicht wurde zusammengestellt von RA Dr. Jürgen Klass II

Dr. Klüver, Dr. Klass, Zimpel & Kollegen

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