Fast 8.000 Unternehmen in Sachsen haben 2024 endgültig geschlossen – so viele wie seit neun Jahren nicht mehr. Der Großteil dieser Schließungen erfolgt nicht wegen Insolvenzen, sondern leise: durch Krankheit, Alter oder fehlende Nachfolge. Gerade in einem wirtschaftlich strukturschwachen Bundesland wie Sachsen ist das dramatisch. Denn mit jedem Betrieb, der aufgibt, gehen Know-how, Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und regionale Identität verloren.
Vivien Wieder, Gründerin und Chefredakteurin der Deutschen Startup Zeitung, hat sich auf die Förderung von Nachfolgelösungen und Unternehmensfortführungen spezialisiert. In einem Interview betont sie: „Wir reden immer von Gründung, aber viel zu selten von Fortführung. Dabei sind übernehmbare Unternehmen oft besser aufgestellt als viele Neugründungen – ihnen fehlt nur Sichtbarkeit und strukturelle Unterstützung.“
Mit der Deutschen Startup Zeitung vernetzt sie Gründer:innen, Investor:innen und Übernahmeinteressierte – und macht Nachfolge zu einem zukunftsgerichteten Thema. „Nachfolge ist kein Rückschritt, sondern ein unternehmerischer Neustart auf einem bereits gewachsenen Fundament“, so Wieder.
Sie fordert mehr Engagement von IHKs und Handwerkskammern, die Nachfolge nicht nur dokumentieren, sondern aktiv begleiten müssten. Wichtig seien auch konkrete Anreize: „Übernehmende müssen von steuerlichen Vorteilen, Förderprogrammen und Beratungszuschüssen profitieren können – vergleichbar mit klassischen Gründungen.“
Denn laut Wieder wissen viele potenzielle Nachfolger:innen gar nicht, dass sie beim Kauf eines bestehenden Betriebs auf Fördermittel, zinsgünstige KfW-Kredite und Nachfolge-Coachings zugreifen können.
Ihr Appell: „Wir brauchen eine gezielte Wirtschaftspolitik, die Bestandspflege mit Zukunftsorientierung verbindet. Jedes übernommene Unternehmen ist ein geretteter Wirtschaftsstandort – das muss auch politisch endlich als Priorität gelten.“
Das stille Sterben der Betriebe sei auch ein Weckruf an die Gesellschaft. Denn: „Jede Unternehmensschließung ist nicht nur ein individueller Verlust, sondern ein struktureller Einschnitt für ganz Sachsen.“
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