Sonstige Entscheidungen 13 Kap 3/20 Lloyd Fonds 92 Ms „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG

Published On: Donnerstag, 09.11.2023By Tags:

Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 13 Kap 3/​20

Verkündet am 03.11.2023

Beschluss

In der Sache

Dr. Gerd Bode, Herzberger Landstraße 93, 37085 Göttingen

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte‘
Rechtsanwälte Jung & Schleicher, Klingelhöferstraße 4, 10785 Berlin

gegen

1)

Laiqon AG, vertreten durch d. Vorstand Klaus M. Pinter, An der Alster 42, 20099 Hamburg

– Musterbeklagte –

2)

53.10. Real Assets Treuhand GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Patrick Mar-quardt, An der Alster 42, 20099 Hamburg

– Musterbeklagte –

3)

Entfallen

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Gz.: 11660/​19 GWA/​cp/​asc

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner am 03.11.2023:

1.

Die Musterfeststellungsanträge zu Ziff. 1. bis Ziff. 5 des Vorlagebeschlusses werden als unbegründet zurückgewiesen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Musterfeststellungsanträge zu Ziff. 6 und Ziff. 7 des Vorlagebeschlusses gegenstandslos sind.

3.

Die Erweiterungsanträge des Musterklägers in seinem Schriftsatz vom 12.05.2021, auch soweit hierin Umformulierungen von Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 19.11.2019, Az. 318 OH 4/​19 enthalten sind, werden nicht

zugelassen.

4.

Der Wert sämtlicher ausgesetzter Verfahren beträgt € 504.813,00.

Gründe:

Das vorliegende Musterverfahren bezieht sich auf den am 18.06.2008 veröffentlichten Anlageprospekt „Lloyd Fonds 92″. Beworben wurde hier die Beteiligung von Anlegern an einer Kommanditgesellschaft (MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG), der in ein Panamax-Containerschiff, die MS „Bermuda“, investieren sollte.

Die Musterbeklagte zu 1 war Anbieterin, Prospektverantwortliche (S. 5 und 77 des Prospekts) und als Gründungskommanditistin mit € 25.000,00 an der Kommanditgesellschaft beteiligt. Die Musterbeklagte zu 2) war Gründungskommanditistin mit einem Anteil von € 5.000,00 und außerdem Treuhänderin der Fondsgesellschaft.

Auf Grundlage des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 19.11.2019, Az. 318 OH 4/​19, sind dem Senat folgende Feststellungsziele vorgelegt worden:

1.

Der Emissionsprospekt des Lloyd Fonds 92 ist fehlerhaft, da in diesem verschwiegen wird, dass ein Ausbau des Panama-Kanals beschlossen worden war und dass sich aus diesem erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs ergeben konnten.

2.

Der Emissionsprospekt des Lloyd Fonds 92 ist fehlerhaft, da in diesem zwar auf Seite 28 darauf hingewiesen wird, dass der Trend zu größeren Schiffen anhält, aber nicht darauf hingewiesen wird, dass das Fondsschiff selbst bereits bei Prospektherausgabe bzw. Zeichnung durch den jeweiligen Anleger nicht mehr zu diesen „größeren Schiffen“ zählte und dass erhebliche Risiken für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs bestanden.

3.

Der Emissionsprospekt des Lloyd Fonds 92 ist fehlerhaft, da in diesem zwar auf Seite 7, 10 und 33 erklärt wird, der Charterer des Fondsschiffs wäre mit einem Rating der Firma Dynamar von „2″ bewertet worden, während tatsächlich eine Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Charterers von der Firma Dynamar nicht vorgenommen worden war.

4.

Der Emissionsprospekt des Lloyd Fonds 92 ist fehlerhaft, da in diesem nicht darauf hingewiesen wird, dass die Kommanditisten der Fondsgesellschaft mit dem Fondsschiff für Schulden des Charterers haften.

5.

Der Emissionsprospekt des Lloyd Fonds 92 ist fehlerhaft, da in diesem nicht darauf hingewiesen wird, dass der Charterer des Fondsschiffs beabsichtigte, in den drei Folgejahren eine Vielzahl neuer und im Vergleich zum Fondsschiff wesentlich größerer Schiffe in Dienst zu stellen, für die langfristige Charterverträge abgeschlossen worden waren.

6.

Die Lloyd Fonds AG und die Lloyd Treuhand GmbH haften für die unter 1. bis 6. zur Feststellung beantragten Prospektfehler.

7.

Die unter Ziffer 1. bis 6. aufgeführten Prospektfehler waren sowohl im Rahmen einer durch einen Anlagevermittler durchzuführenden Plausibilitätsprüfung des Emissionsprospekts als auch im Rahmen einer Prüfung desselben mit banküblichem kritischem Sachverstand erkennbar.

Der Musterkläger hat – wie die anderen Kläger – die Musterbeklagten in den ausgesetzten Verfahren auf Schadensersatz wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen. Er ist der Auffassung, dass der streitgegenständliche Emissionsprospekt fehlerhaft sei.

Zur Begründung führt er aus:

In dem Prospekt werde dargestellt, dass es sich bei dem Fondsschiff um ein Schiff der Panamax-Klasse handele, es finde sich jedoch kein Hinweis auf den Ausbau des Panama-Kanals und sich aus diesem ergebende Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs. Darin liege ein Prospektfehler. Die Eröffnung des neuen Panama-Kanals habe dazu geführt, dass für Panamax-Schiffe ein deutlich geringerer Bedarf bestehe, was zu einem Einbruch der Charterraten geführt habe. Eine Vielzahl von Veröffentlichungen in der Presse und Studien der Containerwirtschaft, von Hafenbetreibern, von Wirtschaftsinstituten und anderen Emtscheidungsträgern wie der US Army und dem Europäischen Parlament, die sich mit der Entwicklung der Containerschifffahrt beschäftigt hätten und die vor Auflegung des streitgegenständlichen Fondsprospekts erschienen seien, beurteilten den Ausbau des Panama-Kanals als einen wesentlichen Einflussfaktor auf den Containerverkehr, der insbesondere dazu führen würde, dass der Wettbewerbsdruck auf Panamax-Schiffe durch den Kanalausbau erheblich zunehmen werde. Dies sei zum Zeitpunkt der Auflegung des Fondsprospekts am 18.06.2008 angesichts des im Jahr 2006 bekannt gewordenen Beschlusses zum Ausbau des Kanals und des Baubeginns im September 2007 mit einem geplanten Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 2014/​2015 vorhersehbar gewesen.

Ein Prospektfehler liege auch wegen des fehlenden Hinweises vor, dass das Fondsschiff nicht mehr zu den „größeren Schiffen“ gehöre, zu denen der Trend im Containerverkehr gehe. Nach der Darstellung auf S. 28 f. des Prospekts habe ein Leser nicht wissen können, dass ein Post-Panamax-Schiff wesentlich größer als 5.000 TEU Stellplatzkapazität sei. Der Leser habe davon ausgehen müssen, dass das Fondsschiff als großes Schiff der Panamax-Klasse zu den großen und weiterhin stark nachgefragten Schiffen, zu denen der Trend gehe, gehören würde. Diese Prospektdarstellung sei grob irreführend, denn aus ihr habe sich nicht ergeben, dass das Fondsschiff mit einer Kapazität von 4.330 TEU zwar ein großes Panamax-Schiff gewesen sei, dass der Trend im Schiffbau und in der maritimen Wirtschaft sich aber längst über diese Größenklasse hinwegbewegt habe.

Der Prospekt sei fehlerhaft, weil er die erwartete Marktentwicklung für den Containerschifffahrtsmarkt und das Fondsschiff irreführend darstelle. Gegenüber dem durchschnittlichen Anleger werde durch die Formulierungen auf den Seiten 27 bis 31 des Fondsprospekts der unzutreffende Eindruck erweckt, dass im Schiffsmarkt ausschließlich positive Tendenzen für die Containerschifffahrt im Allgemeinen und für das Fondsschiff im Besonderen vorliegen würden, während dies tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Alle bekannten negativen Fakten seien vollständig ignoriert worden. Entgegen der Darstellung in dem Prospekt sei entscheidend für die Entwicklung der Nachfrage nach Containertransportkapazitäten nicht die Entwicklung der Weltwirtschaft insgesamt, sondern die Entwicklung der Nachfrage in Europa und Nordamerika und insofern bestehe allenfalls ein geringes Wachstum. Zudem sei nicht dargestellt worden, dass ab dem Jahr 2010 Überkapazitäten auf dem Angebotsmarkt bestehen würden. Im Bereich der relativ jungen Panamax-Flotte seien kaum Verschrottungen zu erwarten gewesen.

Der Prospekt erwecke fälschlicherweise den Eindruck, die Firma Dynamar habe eine Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der APL (Bermuda) Ltd. vorgenommen und diese auf einer Skala von 1 bis 10 mit 2 bewertet. Das sei unzutreffend. Es würden in dem „Standard Report“ (Anlage JS 24) lediglich Anlagen zur NOL Group, der Holding, nicht aber zur APL (Bermuda) Ltd. selbst gemacht.

Die Prognoserechnung für die Anschlusscharter ab dem Jahr 2015 und hier die Annahme einer Tagescharter von 27.000 $ sei im Hinblick auf den sog. Kaskadeneffekt nicht vertretbar. Der Festchartervertrag mit einer Charterrate von 29.150 $ sei zu einem absoluten Boomzeitpunkt im Herbst 2007 abgeschlossen worden. Insofern sei mit einem Absinken der Charterrate zu rechnen und die Prognose sei jedenfalls nicht konservativ. Hieran änderten die Angaben auf S. 30 des Prospekts nichts. Die dort aktuell angegebene 1-Jahres-Charter für Schiffe der Größenordnung 4.400 TEU von 36.000 $ sei eine absolute Spitzenrate, was nicht deutlich gemacht werde. Der im Anschluss erfolgende Verweis auf den langfristigen 10-Jahres-Durchschnitt von Schiffen mit 3.500 TEU gehe fehl. Empfehlenswert sei ein längerer Zeitraum.

Der Musterkläger meint, der Prospekt sei fehlerhaft, weil nicht darauf hingewiesen werde, dass die Darlehensverträge der Fondsgesellschaft Regelungen enthielten, nach denen Verletzungen der vereinbarten Wertsicherungsgrenze zu zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen führen könnten, die keine Tilgungsleistungen darstellen. Zur Begründung nimmt der Musterkläger Bezug auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 07.03.2019, Az. 321 0 10/​18, BeckRS 2019, 5825).

Der Kläger meint weiter, dass der Prospekt fehlerhaft sei, weil in diesem nicht darauf hingewiesen werde, dass die Kommanditisten der Fondsgesellschaft mit dem Fondsschiff für Schulden des Charterers des Fondsschiffs haften.

Schließlich meint der Musterkläger, dass die Musterbeklagten zu 1. und 2. für die dargestellten Prospektfehler als Gründungsgesellschafterinnen haften

Wegen weiterer Einzelheiten der gerügten Fehler wird insbesondere auf den Schriftsatz des Musterklägers vom 12.05.2021 (BI. 33 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Musterkläger beantragt – z.T. abweichend von den Feststellungszielen des oben dargestellten Vorlagebeschlusses -, die folgenden Feststellungen zu treffen:

1. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist fehlerhaft, da in diesem verschwiegen wird, dass der Panama-Kanal ausgebaut wurde und dass sich aus dem Ausbau erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs ergeben konnten.

2. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist irreführend, da in diesem zwar auf Seite 28 darauf hingewiesen wird, dass der Trend zu größeren Schiffen anhält, aber nicht darauf hingewiesen wird, dass das Fondsschiff selbst bereits bei Prospektherausgabe nicht mehr zu diesen „größeren Schiffen“ zählte und erhebliche Risiken für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs bestanden.

3. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist fehlerhaft, da in diesem die erwartete Marktentwicklung für den Containerschiffsmarkt und das Fondsschiff irreführend dargestellt wird, weil Risiken bzw. negative Markteinflüsse nicht erwähnt werden.

4. Hilfsweise zu den Feststellungszielen 2. und 3.: Sollte das Gericht nicht der Auffassung sein, dass die Feststellungsziele 2. und 3. jeweils Prospektfehler darstellen, wird beantragt, festzustellen, dass diese in Zusammenschau einen Prospektfehler darstellen.

5. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist fehlerhaft bzw. irreführend, da in diesem erklärt wird, der Charterer des Fondsschiffs wäre mit einem Rating der Firma Dynamar von „2″ bewertet worden und der Charterer des Fondsschiffs verfüge nach den Angaben der Firma Dynamar über eine einwandfreie Marktreputation, während tatsächlich eine Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Charterers von der Firma Dynamar nicht vorgenommen worden war.

6. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist fehlerhaft, weil in der Prognoserechnung ab dem Jahr 2015 bis zum Jahr 2027 durchgehend Charterraten von 27.000 USD pro Tag angesetzt wurden – dies war ex ante nicht vertretbar – und weil in dem Fondsprospekt erklärt wird, dass die Anschlusscharter in Höhe von 27.000 USD pro Tag konservativ kalkuliert sei.

7. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist fehlerhaft, da in diesem nicht darauf hingewiesen wird, dass die Darlehensverträge der Fondsgesellschaft Regelungen enthalten, nach denen Verletzungen der vereinbarten Wertsicherungsgrenze zu zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen führen können, die keine Tilgungsleistungen darstellen.

8. Der Emissionsprospekt der MS „Bermuda“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG ist fehlerhaft, da in diesem nicht darauf hingewiesen wird, dass die Kommanditisten der Fondsgesellschaft mit dem Fondsschiff für Schulden des Charterers des Fondsschiffs haften.

9. Die Lloyd Fonds AG und die Lloyd Treuhand GmbH haften für die unter 1. bis 8. zur Feststellung beantragten Prospektfehler.

Die Musterbeklagten bestreiten das Vorliegen von Prospektfehlern und treten einer Haftung unter Verweis auf die BGH-Rechtsprechung zur Verdrängung der Prospekthaftung im weiteren Sinne durch die Vorschriften über die spezialgesetzliche Prospekthaftung der Gründungsgesellschafter entgegen.

Die Musterbeklagten beantragen,

1. das Feststellungsziel zu Ziff. 9. als unbegründet zurückzuweisen;

0. festzustellen, dass mangels Entscheidungserheblichkeit der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele zu Ziff. 1 bis Ziff. 8 gegenstandslos ist.

Die Musterbeklagten beantragen hilfsweise,

1. die Feststellungsziele zu Ziff. 1 bis Ziff. 8 als unbegründet zurückzuweisen und festzustellen, dass der Prospekt zum „Lloyd Fonds MS BERMUDA“ fehlerfrei ist und insbesondere die von dem Musterkläger geltend gemachten Prospektfehler nicht aufweist, namentlich:

kein Prospektfehler wegen fehlenden Hinweises auf den Ausbau des Panamakanals vorliegt;

kein Prospektfehler im Hinblick auf die Darstellung des Fondsschiffs und des Trends zu größeren Schiffen vorliegt;

kein Prospektfehler im Hinblick auf die Darstellung der erwarteten Marktentwicklung für den Containerschifffahrtsmarkt und das Fondsschiff vorliegt;

kein Prospektfehler in der Zusammenschau der Darstellung des Fondsschiffs und der Darstellung der erwarteten Marktentwicklung vorliegt;

kein Prospektfehler im Hinblick auf das Dynamar-Rating des Charterers vorliegt;

kein Prospektfehler wegen unvertretbar hoch prognostizierter Aschlusscharterraten, die im Prospekt als „konservativ kalkuliert dargestellt werden, vorliegt;

kein Prospektfehler wegen fehlenden Hinweises auf die „105 %-Klausel“ vorliegt;

kein Prospektfehler wegen fehlenden Hinweises auf Schiffsgläubigerrechte vorliegt

2. festzustellen, dass mangels Entscheidungserheblichkeit der Vorlagebeschluss hinsichtlich des Feststellungsziels zu Ziff. 9 gegenstandslos ist.

Die Musterbeklagten haben ursprünglich hilfsweise für den Fall, dass das Gericht das Feststellungsziel zu Ziff. 9. für (teilweise) begründet hält, beantragt, die Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg zum Az. 318 OH 4/​19 vom 19.11.2019 um folgendes Feststellungsziel gemäß § 15 KapMuG zu erweitern:

Ansprüche aus spezialgesetzlicher Prospekthaftung gegen die Musterbeklagten zu 1) und 2) sind kenntnisunabhängig nach drei Jahren seit Veröffentlichung des Prospekts und somit spätestens seit dem 18.06.2011 verjährt.

Diesen Antrag haben die Musterbeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2023 zurückgenommen.

Wegen der Begründung für die Zurückweisungsanträge wird auf den Schriftsatz der Musterbeklagten vom 13.01.2022 (BI. 502 d.A.) Bezug genommen.

Die Musterbeklagten zu 1) und 2) haben ursprünglich als Lloyd Fonds AG und Lloyd Treuhand GmbH firmiert. Nach Umfirmierung hat der Senat das Rubrum wie aus selbigem ersichtlich berichtigt.

1. Die Feststellungsziele zu den Ziff. 1 bis 5. sind mangels Vorliegens von Prospektfehlern unbegründet, wobei sich der Senat hinsichtlich der zu bescheidenden Feststellungsziele an dem allein maßgeblichen Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 19.11.2019, Az. 318 OH 4/​19, und nicht an der teilweise abweichenden Formulierung des Musterklägers orientiert.

Die Feststellungsziele zu den Ziff. 1 bis 5 des Vorlagebeschlusses sind auch nicht etwa gegenstandslos, weil es an einer dem Grunde nach haftbaren Musterbeklagten fehlen würde. Im Hinblick auf die Verständigung des II. und XI. Zivilsenats des BGH zur Frage der Verdrängung der allgemein-bürgerlichen Prospekthaftung durch die Vorschriften über die spezialgesetzliche Prospekthaftung (BGH, Beschluss vom 11.07.2023, XI ZB 11/​21, Rn. 16; Beschlüsse vom 27.06.2023, II ZR 58/​21 und II ZR 59/​21) kommt nach Ansicht des Senats eine Haftung der Musterbeklagten zu 1) als Gründungsgesellschafterin dem Grunde nach in Betracht, da diese nach den Darstellungen im Prospekt (S. 77) Vertriebsverantwortlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BGH hat und damit im Hinblick auf ihre Haftung grundsätzlich das Institut der Prospekthaftung im weiteren Sinne anwendbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11.07.2023, XI ZB 20/​21, Rn. 44).

Im Einzelnen gilt zu den gerügten Prospektfehlern das Folgende:

a) Feststellungsziel zu Ziff. 1 des Vorlagebeschlusses:

Der Verkaufsprospekt musste nicht über den zum Zeitpunkt der Prospekterstellung geplanten Ausbau des Panamakanals und dessen wirtschaftliche Folgen für den Fonds aufklären. Es war zum Zeitpunkt der Aufstellung des Prospekts am 18.6.2008 nicht wahrscheinlich, dass der verfolgte Investitionszweck gefährdet würde.

Der Ausbau des Panamakanals war im Jahr 2008 kein Umstand, den ein Anleger eher als nicht bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte. Es war zum Zeitpunkt der Ausstellung des Prospekts am 18.6.2008 nicht wahrscheinlich, dass der vom Kläger verfolgte Investitionszweck gefährdet würde. Es war nicht wahrscheinlich, dass der Ausbau des Panamakanals die Einnahmen aus dem Chartergeschäft in absehbarer Zeit verringern würde. Denn zwar war der Ausbau des Panamakanals zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich beschlossen, es konnte aber nicht sicher vorhergesagt werden, wann der Kanalausbau fertiggestellt werden würde. Der Ausbau des Panamakanals für 5,25 Milliarden USD wurde im Oktober 2006 letztgültig durch Volksabstimmung in Panama beschlossen. 2008 war eine sichere Prognose über die Fertigstellung des Ausbaus nicht möglich, was in der Natur von Infrastrukturprojekten dieses Ausmaßes begründet liegt. Ob es daher bei dem vom Musterkläger behaupteten zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Ausbau geplanten Fertigstellungszeitpunkt im Jahr 2014/​2015 bleiben würde, war völlig ungewiss. Zu diesem Ergebnis ist auch der BGH in einer vergleichbaren Entscheidung gekommen, indem der Prospekt im Jahr 2007 aufgestellt wurde und in dem ebenso wie vorliegend eine fünfjährige Festcharter vorlag (vgl. BGH Beschluss vom 23.2.2021 XI ZB 29/​19, Rn. 85; Beschluss vom 20.9.2022 XI ZB 34/​19, Rn. 66). Im Jahr 2008 war keine wesentlich andere Situation gegeben.

Weiterhin war ebenfalls nicht sicher, wie sich die Fertigstellung des Kanalausbaus auf die Einnahmen aus der Vercharterung des Containerschiffs auswirken würden. Denn die überwiegende Mehrheit der Schiffe der Panamax-Klasse, zu denen das Containerschiff der Emittentin gehörte, durchqueren den Panamakanal nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Musterklägers. Diesem ist zu entnehmen, dass der abgeschlossene Kanalausbau eine Auswirkung auf die Containerschifffahrt haben wird. Ihm ist jedoch nicht zu entnehmen, dass das gegenständliche Containerschiff, respektive solche Schiffe der Panamax-Klasse, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit negativ von einem ausgebauten Kanal berührt würde. Der Musterkläger ist dem Vortrag der Musterbeklagten, dass nur 24 % der Panamax-Schiffe überhaupt durch den Panama-Kanal fahren und dass das streitgegenständliche Fondsschiff ganz überwiegend in den Fahrgebieten Asien/​Australien beschäftigt war und in seiner Historie nicht ein einziges Mal den Panama-Kanal durchfahren habe, nicht hinreichend entgegengetreten.

Der Ausbau des Panamakanals war auch nicht deshalb ein wesentlicher Umstand, also ein solcher, den der Kläger „eher als nicht“ bei seiner Investitionsentscheidung berücksichtigt hätte, weil der Fondsprospekt die Fähigkeit des Containerschiffs, den Panamakanal zu durchqueren, in den Vordergrund gestellt hätte. Der Verkaufsprospekt enthält vielmehr nur spärliche Hinweise auf die Klassifizierung des Containerschiffs. So findet sich auf S. 7 der Hinweis, dass der günstige Baupreis, der langfristige Chartervertrag und die vorsichtig kalkulierte Anschlusscharter das Panamax-Containerschiff zu einer attraktiven Beteiligung mache. Ein weiterer Hinweis auf die Panamax-Klasse befindet sich auf S. 23 und im Glossar. Die Fähigkeit, den unausgebauten Panamakanal zu durchfahren, wird jedoch an keiner Stelle besonders werbend erwähnt.

b) Feststellungsziel zu Ziff. 2 des Vorlagebeschlusses:

Der Verkaufsprospekt ist nicht deshalb fehlerhaft, weil er nicht darauf hinweisen würde, dass das gegenständliche Containerschiff nicht zu den größeren Schiffen gehöre, zu denen der aktuelle Trend gehe.

Der Verkaufsprospekt vermittelt die Informationen bezüglich der Größenklasse des gegenständlichen Containerschiffs und des Trends zu größeren Schiffen wahrheitsgemäß und verständlich. Der Prospekt erklärt unter denIIHighlights auf Seite 7 bereits im ersten Absatz und dann im Abschnitt „Das Schiff“ auf Seite 23, das Containerschiff gehöre zur Panamax-Klasse mit 4.330 TEU Containerstellplätzen. Auf Seite 28 erklärt der Prospekt, dass auch in den vergangenen Jahren der Trend zu größeren Schiffen angehalten habe. Auf Seite 29 ganz oben ist eine Tabelle dargestellt, wonach die Schiffe im Post-Panamax-Bereich mit über 5.000 TEU bereits eine wesentlich höhere Flottenkapazität im Vorfeld der Prospekterstellung hatten als die Schiffe im Panamax-Bereich mit ca. 4,1 Millionen TEU im Vergleich zu 2,9 Millionen TEU. Aus diesen Angaben konnte ein aufmerksamer Leser des Prospekts sowohl die Information entnehmen, dass das Fondsschiff nicht zu den größten Schiffen auf dem Markt gehört und dass bereits in der Vergangenheit ein noch größeres Wachstum im Bereich oberhalb der Stellplatzkapazität des Fondsschiffs stattgefunden hat. Vor diesem Hintergrund konnte die Prospektangabe über den Trend zu größeren Schiffen nicht irreführend sein.

c) Feststellungsziel zu Ziff. 3 des Vorlagebeschlusses:

Ein Prospektfehler ergibt sich auch nicht aus den Darstellungen bezüglich des Ratings des Charterers auf den Seiten 7, 10 und 33 des Prospekts.

Sofern der Musterkläger meint, dass die Angaben den Eindruck erweckten, der Charterer APL (Bermuda) Ltd. sei von der Firma Dynamar mit der Note 2 bewertet worden, obwohl Dynamar die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von APL (Bermuda) Ltd. nicht untersucht habe, wie sich aus dem Standard Report der Firma Dynamar vom 6.2.2008 ergäbe, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Der Standard Report von Dynamar bewertet sehr wohl den Charterer APL (Bermuda) Ltd.. Dies ergibt sich bereits auf S. 2 des Reports. Dort wird unter Company Name die APL (Bermuda) Ltd. aufgeführt. Weiter unten heißt es dann RATING 2. Daraus ergibt sich, dass die APL (Bermuda) Ltd. die untersuchte Gesellschaft ist und diese mit der Note 2 bewertet wird. Auf den folgenden Seiten unterscheidet der Standard Report sorgfältig zwischen der APL (Bermuda) Ltd., deren Muttergesellschaft Neptune Orient Lines Limited und deren Tochtergesellschaften APL Limited und APL Co. Pte Ltd. Auf S. 3 in der Zusammenfassung wird festgehalten, dass APL (Bermuda) Ltd. auf Augenhöhe mit Neptune Orient Lines Limited bewertet wird. Auch die übrigen im Prospekt auf S. 33 gemachten Angaben über den Charterer stimmen mit den Angaben im Standard Report überein.

d) Feststellungsziel zu Ziff. 4 des Vorlagebeschlusses:

Der Verkaufsprospekt ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil in diesem nicht darauf hingewiesen wird, dass die Kommanditisten der Fondsgesellschaft mit dem Fondsschiff für Schulden des Charterers haften.

Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Beschluss vom 23.02.2021 – Xl ZB 29/​19, Rn. 90) muss ein Prospekt die rechtlichen Mechanismen, die im Falle der mangelnden Bonität eines Charterers je nach anwendbarem Recht zu einer Verwertung des Vollcontainerschiffs durch gesellschaftsfremde Gläubiger und dann zu einem Totalverlust führen können, nicht erläutern. Ausreichend sei, dass der Prospekt darauf hinweist, es bestehe das Risiko, Vertragspartner der Einschiffsgesellschaft kämen aufgrund „eingeschränkter Leistungsfähigkeit (Bonität) oder eingeschränkter Leistungsbereitschaft“ ihren Verpflichtungen nicht oder nur teilweise nach. Dieser Hinweis müsse damit verknüpft sein, es könne im „schlechtesten Fall“ durch den „Ausfall von Vertragspartnern“ zu einem Totalverlust kommen. Denn daraus ergäbe sich, dass eine unzureichende Bonität von Charterern aufgrund ausländischer Rechtsordnungen zu einer Arrestierung der Vollcontainerschiffe und dann unter Umständen zu deren Verlust für die Einschiffsgesellschaften führen kann.

Der gegenständliche Prospekt enthält nach diesen Maßstäben keinen Fehler. Er enthält die erforderlichen Angaben. Der Prospekt weist auf Seite 15 darauf hin, es bestehe das Risiko, dass die Vertragspartner ihren Verpflichtungen nicht oder nur teilweise nachkommen – sei es aufgrund eingeschränkter Leistungsfähigkeit (Bonität) oder eingeschränkter Leistungsbereitschaft. Auf der folgenden Seite heißt es, im schlechtesten Fall könnte es durch den Ausfall von Vertragspartnern zur Rückabwicklung der Vermögensanlage kommen, die für die Anleger gegebenenfalls den Verlust eines erheblichen Teils ihrer Einlagen bis zum Totalverlust zur Folge hätte. Diese abstrakten Beschreibungen schließen den speziellen Fall ein, dass vertragswidriges Verhalten des Charterers zum Verlust des Containerschiffs führen kann.

Der Verkaufsprospekt ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil er nicht darüber unterrichten würde, dass die Fondsgesellschaft gegenüber der finanzierenden Bank bei ungünstiger Entwicklung von Wechselkursen zu zusätzlichen Ausgleichszahlungen verpflichtet sein kann (sog. 105 %-Klausel). Der gegenständliche Prospekt musste nicht gesondert auf eine 105 %-Klausel im Darlehensvertrag zwischen Fondsgesellschaft und finanzierender Bank hinweisen. Denn aus dem Prospekt geht insgesamt hervor, dass die Fondsgesellschaft zu Ausgleichszahlungen verpflichtet sein kann.

Der Anleger konnte erkennen, dass die Zahlungsströme im Zusammenhang mit der Investition in unterschiedlichen Währungen erfolgen würden und dass die Wechselkursschwankungen nicht vollständig abgesichert waren. Der Prospekt weist bereits unter Highlights auf Seite 7 darauf hin, dass das zu betreibende Containerschiff zu einem Baupreis denominiert in USD erworben wurde. In der Kurzdarstellung der Investition auf Seite 9 stellt der Prospekt dar, das Containerschiff werde über ein Darlehen finanziert, welches sowohl in USD als auch in JPY denominiert ist. Der Eigenkapitalanteil am Baupreis sei vollständig gesichert. Für die Betriebsphase werde nur ein Wechselkurs angenommen, der vom Wechselkurs zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung abweiche. Dem Anleger bekannt, und auch auf Seite 11 des Prospekts ersichtlich, ist, dass er seine Zahlung in EUR leistet. Der Prospekt erklärt zudem auf Seite 10, dass die Vergütung aus der Vercharterung des Schiffs in USD erfolgen werde.

Der Anleger konnte mithin erkennen, dass eine ungünstige Entwicklung der Wechselkurse zu Ausgleichsverpflichtungen der Emittentin führen würde. Seite 18 des Prospekts stellt mögliche Folgen von Wechselkursschwankungen dar. Diese können zu höheren Zins- und Tilgungsleistungen führen, die Ergebnisse der Emittentin verringern und sich negativ auf die Auszahlungen an Anleger auswirken.

e) Feststellungsziel zu Ziff. 5 des Vorlagebeschlusses:

Der Senat vermag schließlich auch keinen Fehler des Prospekts deshalb zu erkennen, weil in diesem nicht darauf hingewiesen wird, dass der Charterer des Fondsschiffs beabsichtige, in den drei Folgejahren eine Vielzahl neuer und im Vergleich zum Fondsschiff wesentlich größerer Schiffe in Dienst zu stellen, für die langfristige Charterverträge abgeschlossen worden seien.

Auf Seiten 27 ff. des Prospekts werden die wesentlichen Merkmale des Containerschiffmarktes zutreffend beschrieben. Der Prospekt enthält insbesondere Angaben dazu, dass es einen Trend zu größeren Schiffen gibt. Ebenfalls ist dem Prospekt explizit zu entnehmen, dass eine Festcharter nur für die ersten fünf Jahre besteht. Ferner wird auf die Volatilität der Charterraten hingewiesen. Die Prognose stützt sich dabei auf Erwartungen des von allen Markteilnehmern allgemein anerkannten Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) in Bremen betreffend einen zunehmenden Welthandel und einen wachsenden Bedarf an Containerschiffen. Da auch der Musterkläger nicht vorträgt, die Darstellungen des Prospekts würden die Marktstudie für Containerschiffe der Größenklasse um 4.300 TEU des ISL (Anlage 61) falsch zitieren, ist im Hinblick auf die dargestellten Marktentwicklungen (Wachstumsraten der Containerschiffahrt, Flottenentwicklung, Verschrottungspotential) jedenfalls von vertretbaren Prognosen auszugehen.

Soweit der Musterkläger – ohne dass dies einem der im vom Klägervortrag abweichend gegliederten Vorlagebeschluss genannten Feststellungsziele konkret zugeordnet werden könnte – auch behauptet, der Verkaufsprospekt sei fehlerhaft, weil in der Prognoserechnung ab dem Jahr 2015 bis zum Jahr 2027 durchgehend Charterraten von 27.000 USD pro Tag angesetzt wurden, was ex ante nicht vertretbar gewesen sei, und weil in dem Fondsprospekt erklärt werde, dass die Anschlusscharter in Höhe von 27.000 USD pro Tag konservativ kalkuliert sei, vermag auch dies nach Ansicht des Senats einen Prospektfehler nicht zu begründen.

Hinsichtlich der Anschlusscharter nach Auslaufen der fünfjährigen Festcharter bewegt sich der Prospekt im Bereich der Prognose.

Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts. Jedoch übernimmt der Prospektherausgeber grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintritt. Die Prognosen im Prospekt müssen durch Tatsachen gestützt und ex ante betrachtet vertretbar sein. Prognosen sind hierbei nach den bei der Prospekterstellung gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen. Hängt ein wirtschaftlicher Erfolg von bestimmten Voraussetzungen ab, deren Eintritt noch ungewiss ist, ist dies deutlich zu machen. Auch bloße Mutmaßungen müssen sich deutlich aus dem Prospekt ergeben (st. Rspr. Des BGH; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2020 – XI ZB 28/​19, WM 2020, 2411 Rn. 44 und vom 12. Januar 2021 – XI ZB 18/​17, WM 2021, 672 Rn. 70, jeweils mwN; Beschluss vom 8. Juni 2021 – XI ZB 22/​19 -, Rn. 40, juris).

Auch diesen Anforderungen werden die Angaben im Prospekt gerecht. Auf Seite 30 des Prospekts findet sich der Hinweis, dass noch keine langfristigen Datenreihen für Panamax-Schiffe vorliegen, dass aber für 3.500 TEU-Schiffe bereits eine 10-Jahres-Reihe vorliegt mit Tageschartern von durchschnittlich 26.200 $. Die im Prospekt vorgenommene Annahme einer Tagescharter von 27.000 $ für das hier vorliegende 4.400 TEU-Schiff erscheint dem Senat daher insgesamt plausibel und rechtfertigt auch die im Prospekt auf S. 7 verwendete Bezeichnung als konservativ. Eine längere Reihe als ein 10-Jahres-Durchschnitt ist nach Ansicht des Senats nicht zwingend zu fordern, da dieser Zeitraum bereits rechts aussagekräftig ist, wie im Ausgangspunkt auch der Musterkläger anerkennt.

Auch im Übrigen enthält der Prospekt ausreichende Risikohinweise. Das folgt bereits aus den Erläuterungen auf Seite 15 f. des Prospekts. Dort wird bereits im ersten Satz auf erhebliche Risiken verwiesen und im nachfolgenden Unterpunkt sogleich auf das Totalverlustrisiko hingewiesen. Zudem enthält der Prospekt Angaben über die fehlende Fungibilität der Anlage. So finden sich auf Seite 17 die Hinweise auf die früheste Möglichkeit einer Kündigung zum Jahresende 2027 und den fehlenden liquiden Markt für die Beteiligung. Ausreichende und zutreffende Angaben zur Kapitalverwendung für Provisionen und Vergütungen finden sich auf Seiten 42 und 44 des Prospekts. Der Hinweis in Bezug auf ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung findet sich auf Seite 17 des Prospekts. Die Vergütung für die Finanzierungsvermittlung ist auf Seite 69 explizit genannt.

Alles in allem vermag der Senat vor diesem Hintergrund auch in der Gesamtschau aller als fehlerhaft gerügten Passagen des Prospekts keinen Prospektfehler zu erkennen. Der Anleger wird vielmehr insgesamt zutreffend über die von ihm zu zeichnende Kapitalanlage aufgeklärt.

2. Das Feststellungsziel zu Ziff. 6 des Vorlagebeschlusses ist gegenstandslos.

Gegenstandslos wird der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines Feststellungsziels, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (BGH, Beschluss vom 19.01.2021, XI ZB 35/​18 – juris Rn. 30).

Das ist vorliegend der Fall, weil – wie vorstehend unter 1. ausgeführt wurde – Prospektfehler nicht vorliegen und es insoweit auf die Feststellung der grundsätzlichen Haftung der Musterbeklagten nicht ankommt. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der BGH in der vorstehend zitierten Entscheidung über eine umgekehrte Konstellation zu entscheiden hatte: in der dortigen Entscheidung kam es auf die Frage, ob die gerügten Prospektfehler vorliegen oder nicht, nicht mehr an, weil der BGH eine Haftung der dortigen Musterbeklagten als Gründungsgesellschafter schon dem Grunde nach verneinte. Für die Frage der Entscheidungserheblichkeit kann es aber keinen Unterschied machen, ob die Frage des Vorliegens von Prospektfehlern mangels fehlender Haftung dem Grunde nach gegenstandslos wird, oder umgekehrt die Frage der Haftung dem Grunde nach mangels Vorliegens von Prospektfehlern (vgl. BGH, Beschluss vom 08.06.2021, XI ZB 22/​19, Rn. 75).

3. Das Feststellungsziel zu Ziff. 7 des Vorlagebeschlusses ist ebenfalls hinsichtlich beider Musterbeklagten gegenstandslos. Auf die Frage, ob die in Ziffern 1. bis 5. gerügten Prospektfehler sowohl im Rahmen einer durch einen Anlagevermittler durchzuführenden Plausibilitätsprüfung des Emissionsprospekts als auch im Rahmen einer Prüfung desselben mit banküblichem

kritischem Sachverstand erkennbar waren, kommt es nicht (mehr) an, weil keine Berater oder Vermittler Parteien des Musterverfahrens sind, nachdem die Commerzbank AG als ehemalige Musterbeklagte zu 3) nach Erledigung des letzten Ausgangsverfahrens, an dem sie beteiligt war, durch Feststellung der Erledigung aus dem Musterverfahren ausgeschieden ist.

4. Die Erweiterungsanträge des Musterklägers, die nicht ausdrücklich als solche nach § 15 KapMuG gestellt wurden, sich aber aus Umformulierungen des Vorlagebeschlusses und einzelnen ergänzenden Feststellungszielen (Ziff. 3.,4.,6. Und 7. Des Antrages des Musterklägers) ergeben, werden nicht zugelassen. Im Falle ihrer Zulassung wären sie – wie die Feststellungsziele 1. Bis 5. Des Vorlagebeschlusses- ebenfalls unbegründet. Insoweit geltend die vorstehenden Ausführungen unter 1. Entsprechend.

5. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (§ 16 Abs. 2 KapMuG).

 

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