OLG Hamburg: Sonstige Entscheidungen 13 Kap 2/19 MPC Deepsea Oil Explorer GmbH & Co. KG

Hanseatisches Oberlandesgericht

Hamburg, den 23.09.2020

Az.: 13 Kap 2/19

Protokoll

aufgenommen in der öffentlichen Sitzung
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, am Mittwoch, 23.09.2020
in Hamburg

Gegenwärtig:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Panten

Richterin am Oberlandesgericht Löffler
Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner
als Beisitzer

Dieses Protokoll ist mit einem Tonträger aufgezeichnet worden.

In der Sache

Rolf Mertens, Dörenbergstraße 3, 33699 Bielefeld

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte activeLAW PartmbB Klein.Offenhausen, Hans-Böckler-Allee 26, 30173 Hannover, Gz.: 1809/18

gegen

1)

Verwaltung Deepsea Oil Explorer GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Gregory de Ruiter und Mark Peters, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –
2)

MPC Capital Investments GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Karin Key und Golger Glandien, Palmaille 67, 22676 Hamburg

– Musterbeklagte –
3)

TVP Treuhand – und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, die Verwaltung TVP Treuhand GmbH, diese wiederum vertreten durch ihren jeweils einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer Tobias Boehncke und Dr. Christian Gerlach, Palmaille 67, 22676 Hamburg

– Musterbeklagte –
4)

Management Gesellschaft Deepsea Oil Explorer mbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –
5)

MPC Münchmeyer Petersen Steamship GmbH & Co KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –
6)

Postbank Finanzberatung AG, vertreten durch d. Vorstand, dieser wiederum vertreten durch Renato Favro, Georg Hoogendijk, Dr. Daniel Mahyani, Edgar Salzmann, Lubahnstraße 5, 31789 Hameln

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Gz.: 10908/18-BVA/Rop/sba

Prozessbevollmächtigte zu 4:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Gz.: 11050/18-ROP/sra

Prozessbevollmächtigte zu 5:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin

Prozessbevollmächtigte zu 6:
Rechtsanwälte klkb, Beim Alten Gaswerk 1, 22761 Hamburg, Gz.: 662/18TK10 Mk

Nebenintervenientin zu 2:
Sparkasse Holstein, Hagenstraße 19, 23843 Bad Oldesloe

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Costard, Tögel & Partner, Bahnhofstraße 2, 22926 Ahrensburg, Gz.: 757/18GT01

erscheinen bei Aufruf der Sache:

Als Vertreterin des Musterklägers Frau Rechtsanwältin Mora Berlin.
Als Vertreterin der Musterbeklagten zu 1) bis 5) Frau Rechtsanwältin Dr. Varadinek und Herr Rechtsanwalt Xenidis. Für die Musterbeklagte zu 6) Rechtsanwälte klkb ist niemand erschienen.
Für die Nebenintervenienten Sparkasse Holstein Rechtsanwälte Costard, Tögel & Partner ist niemand erschienen.

Die Sach- und Rechtslage wird erörtert.

Der Senat weist darauf hin, dass er hinsichtlich Feststellungsziel 1.1 vermutlich keinen Darstellungsmangel des Prospektes annehmen wird. Die Klägerseite hat zwar vorgetragen, dass es hier zu deutlichen Erhöhungen der Weichkosten gekommen sei. Die Beklagtenseite ist dem noch unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass zum einen es sich um Baukostensteigerungen handele, zum anderen, wenn es überhaupt um Weichkosten gehe, die Steigerungen vorhersehbar gewesen seien und dass sich auch ein Risikohinweis auf S. 23 des Prospekts finde.

Der Senat ist der Auffassung, dass ein Abfluss einer Provision an irgendeinen Beteiligten auf Seiten der Initiatoren des Fonds schon nicht schlüssig dargelegt ist. Auch das die Darstellung der Weichkosten tatsächlich falsch wäre oder auch ex ante vorhersehbar falsch gewesen wäre, ist wohl eher nicht dargelegt. Der Vortrag zum nicht einzuhaltenden Zeitplan ist aus Sicht des Senats zu diesem Punkt, weil es um eine Innenprovision geht, nicht schlüssig, weil sich dies wohl nicht auf die Frage einer Innenprovision auswirken würde.

Hinsichtlich Feststellungsziel 1.2 weist der Senat darauf hin, dass er hinsichtlich des Turnkey Arrangement wohl keinen Mangel annehmen wird. Soweit gerügt worden ist, dass nicht ersichtlich sei, dass die Firma SBM Strafzahlungen nur bei Verschulden würde leisten müssen, ist darauf hinzuweisen, dass sich dieser Hinweis wörtlich auf S. 125 rechte Spalte vorletzter Absatz des Prospekts findet. Hinsichtlich der Delay in Start Up-Versicherung, wie dargestellt S. 96/97 des Prospekts, ist der Senat der Auffassung, dass zum einen schon kein Hinweis darauf erfolgen muss, dass man sich nicht gegen eigenes Verschulden versichern kann, dass also auch eigenes Verschulden der Objektgesellschaft bei Verzögerungen nicht versichert ist, das dürfte allgemein bekannt und langläufig sein.

Auf S. 30 des Prospekts findet sich ein ausdrücklicher Hinweis, dass auch Verzögerungen in der Ablieferung des Rigs zu einem Totalverlust führen kann. Daraus kann ein verständiger Leser des Prospekts wohl nur den Schluss ziehen, dass eben tatsächlich nicht sämtliche Verzögerungsrisiken durch die Versicherung gedeckt waren.

Die Klägerinvertreterin tritt dem entgegen und weist insbesondere darauf hin, dass nach dem Gesamtbild des Prospekts durch die Erwähnung und auch Herausstellung der Versicherung dem Anleger das Bild vermittelt werde, dass hier eben gerade das Verzögerungsrisiko abgedeckt sei. Dem stehe auch der weit zuvor stehende allgemeine Risikohinweis auf S. 30 nicht hinreichend entgegen. Es handelt sich um ein so ungewöhnliches Projekt und eine so ungewöhnliche Versicherung, dass man nicht voraussetzen könne, dass der Anleger ohne nähere Erläuterung dies richtig verstehen würde.

Hinsichtlich Feststellungsziel 1.3 weist der Senat darauf hin, dass er auch hier eher kein Prospektfehler annehmen wird.

Es ist nicht hinreichend schlüssig dargelegt, dass die Bauverzögerungen, wie sie dann tatsächlich eingetreten sind, ex ante vorhersehbar gewesen wären.

Die Klägerseite hat hier durchaus gewisse Indizien geliefert, aber diese lassen allesamt allenfalls einen möglichen und keinen sicheren Schluss darauf zu, dass ex ante die Prognose von 18 Monaten Bauzeit nicht vertretbar gewesen wäre. Denn es gibt auch gegenläufige Indizien. Zum einen, dass die Firma SBM sich offenbar ihrer Sache so sicher war, dass sie eine relativ hohe Vertragsstrafe versprochen hat. Zum anderen, dass noch im Report der Firma SBM aus März 2008, also relativ unmittelbar vor Prospektveröffentlichung, daran festgehalten wurde, dass das dritte Rig im second quarter 2010 abgeliefert werden könne. Weiter ist auch vorstellbar, dass eine kürzere Bauzeit beim dritten Rig deshalb angenommen werden konnte, weil man bei den ersten beiden eben schon Erfahrungen habe gewinnen können.

Dass nur ein Trockendock der Werft zur Verfügung steht, könnte durchaus Anlass für Verzögerungen sein. Hier fehlt aber jedweder konkreter Vortrag dazu, wie sich dieser Umstand, dass es nur ein Trockendock gab, ausgewirkt hat. Es ist schon unklar, ob er sich überhaupt im Sinne einer Verzögerung bei Delba III ausgewirkt hat und erst recht nicht dargelegt, dass das ex ante vorhersehbar gewesen wäre.

Das Gleiche gilt letztlich für das Owner-furnished equipment OFE und den Blowout-Preventer. Diese finden nur auf S. 40 des Prospekts Erwähnung, insoweit als dort ausgeführt ist, dass sie abgeliefert werden zwischen dem 1.1.09. Hier fehlt jedweder konkreter Vortrag dazu, dass diese Angabe ex ante ersichtlich fehlerhaft oder unvertretbar gewesen wäre. Es ist vollkommen unbekannt, wann konkret Bestellungen gemacht wurden und wie konkret die Lieferzeiten hier sein würden.

Die Klägervertreterin tritt dem entgegen und weist darauf hin, dass ihrer Auffassung nach davon auszugehen sei, dass bauseits auch betriebswirtschaftlich effizient geplant worden sei, dass also die Arbeiten im Trockendock nahtlos aneinander anschließen würden für die einzelnen Rigs und dass dann jede Verzögerung beim ersten und zweiten Rig sich zwingend auf das Dritte auswirken müssten.

Die Beklagtenvertreterin weist darauf hin, dass nach dem Report von SBM aus 2007, hier Anl. MK 6 S. 33, rechte Spalte, 5. und 6. Absatz, tatsächlich im März 2007 jedenfalls nach diesem Report es für Delba I und III noch gar keine Verzögerungen gegeben habe. Vielmehr seien hier genau die Ablieferungszeitpunkte erwähnt, die auch schon im Vorjahresreport 2006 (Anl. MK 5) ausgewiesen worden seien. Lediglich für das Rig Delba III sei im nächsten Absatz dann eine Verschiebung um ein Quartal nach hinten, aber immer noch second quarter 2010 ausgewiesen worden.

Hinsichtlich des Feststellungsziels 2 weist der Senat darauf hin, dass dieses offensichtlich unbegründet sein dürfte. Die Norm des § 20 VermAnlG war in temporaler Hinsicht noch gar nicht anwendbar, so ausdrücklich die Inkrafttretensregelung im Bundesgesetzblatt.

Hinsichtlich Feststellungsziel 3 weist der Senat darauf hin, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung derartige „abstrakte Rechtsfragen“ im Kap-Mug-Verfahren durchaus feststellungsfähig sind und dass hier wohl auch festzustellen wäre, dass die Musterbeklagten zu 1 – 5 sämtlich passivlegitimiert sind für die Prospekthaftung im weiteren Sinne, da sie allesamt S. 66 – 70 des Prospekts als Grundungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft aufgeführt sind.

Die Beklagtenvertreter weisen darauf hin, dass sie ihrer Auffassung nach hier Feststellungsziel Nr. 3 tatsächlich so formuliert sei, dass es um den Ausspruch einer konkreten Haftung gehe und nicht nur um die Feststellung der grundsätzlichen Passivlegitimation, und dass deshalb, eben weil der Senat im Übrigen keine Feststellungen treffen wolle, auch diese Feststellung dann nicht ausgesprochen werden könne.

Die Frage wird weiter streitig diskutiert.

Zu Feststellungsziel 4 und 5, wo es geht um die Frage, ob die Antragsgegner schuldhaft gehandelt haben, und wo es um die Frage der Schadensberechnung geht, ebenso Antrag 6, wie der konkrete Schaden zu berechnen ist, weist der Senat darauf hin, dass diese Punkte der Feststellung im Kap-Mug-Verfahren tatsächlich nicht zugänglich sind, weil es sich insoweit um Fragen handelt, die im Ausgangsverfahren jeweils geklärt werden müssen. Insbesondere soweit es auch um die Frage der Kausalität geht, aber auch die Frage eines schuldhaften Handelns kann letztlich nur geklärt werden, wenn das Bezugsobjekt des schuldhaften Handelns, also der konkrete Prospektfehler tatsächlich festgestellt ist.

Der Senat weist darauf hin, dass er damit im Ergebnis die Feststellungsanträge voraussichtlich zurückweisen wird.

Zur Frage des Antrags nach § 41a RVG wird rechtliches Gehör gewährt. Der Senat weist darauf hin, dass er dem voraussichtlich nicht entsprechen wird.

Dazu wird weiter nichts erklärt.

Beschlossen und verkündet:

Der Antrag der Musterklägerseite nach § 41 a RVG vom 18.9.2020 wird zurückgewiesen.

Begründung:

Der Senat ist der Auffassung, dass das vorliegende Verfahren keinen deutlichen Mehraufwand im Verhältnis zu einem normalen Klagverfahren verursacht hat. Es handelt sich um eine, gemessen an den Maßstäben des Kap-Mug, ausgesprochen übersichtliche Sache.

Beschlossen und verkündet:

Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird anberaumt auf den

02. Oktober 2020, 12.00 Uhr

Panten
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht
Meng, JAng
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zugleich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übertragung vom Tonträger.

 

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