Am Landesgericht Klagenfurt hat ein aufsehenerregender Betrugsprozess um das Hanf-Investmentprojekt „My First Plant“ begonnen. Zwei Kärntner stehen im Mittelpunkt des Verfahrens, das sich zu einem der größten Wirtschaftsstrafprozesse der vergangenen Jahre in Österreich entwickeln dürfte. Insgesamt sollen 5.600 Anlegerinnen und Anleger um rund zwölf Millionen Euro geschädigt worden sein.
Das Versprechen: 40 Prozent Rendite – das Ergebnis: verdorbene Pflanzen
Die Angeklagten hatten mit verlockenden Renditeversprechen von bis zu 40 Prozent geworben. Anleger sollten sich mit kleinen Beträgen an Hanfpflanzen beteiligen, aus denen – so das Versprechen – legale Cannabisprodukte hergestellt und mit hohem Gewinn verkauft würden. Bereits nach sechs Monaten seien erste Auszahlungen geplant gewesen.
Tatsächlich gab es die Pflanzen jedoch kaum oder gar nicht. Nur wenige Hanfpflanzen wurden laut Ermittlungen tatsächlich angepflanzt – viele davon waren unbrauchbar oder verdorben. Statt echter Erträge aus dem Cannabisanbau flossen die ersten Auszahlungen an Anleger aus den Einzahlungen neuer Investoren – ein klassisches Schneeball- bzw. Ponzi-System.
Hochglanzkampagne statt Hanfanbau
Die Täter nutzten eine professionell gestaltete Website und aufwendig produzierte Social-Media-Kampagnen, um das Projekt glaubwürdig erscheinen zu lassen. Videos zeigten angeblich blühende Hanffelder, modernste Gewächshäuser und glückliche Investoren. Hinter der Fassade aber soll es weder Infrastruktur noch Produktion gegeben haben.
Nach Angaben der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war „My First Plant“ zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich rentabel. Zwischen Dezember 2021 und Juni 2022 sollen die Angeklagten das System betrieben haben, bevor die Ermittlungen begannen.
Überschneidungen mit der Krypto-Firma EXW
Brisant ist auch, dass es personelle Überschneidungen zwischen My First Plant und der berüchtigten Krypto-Firma EXW gibt – einem weiteren mutmaßlich betrügerischen Finanzkonstrukt, das Anlegern hohe Renditen versprach und inzwischen in mehreren Ländern untersucht wird.
Im Unterschied zu EXW, so die Ermittler, sei „My First Plant“ nicht von Anfang an als Betrug geplant, sondern „in die Illegalität abgerutscht“, als sich das Geschäftsmodell als nicht tragfähig erwies.
Prozess mit Signalwirkung
Im laufenden Verfahren sollen 16 Zeugen gehört werden. Den beiden Angeklagten drohen bei einer Verurteilung Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren. Der bereits zuvor im Zusammenhang mit dem Projekt verurteilte ehemalige Geschäftsführer musste sich im März in einem Finanzstrafverfahren verantworten.
Für viele Betroffene, die in das vermeintlich nachhaltige Hanfprojekt investierten, ist der Prozess die letzte Hoffnung, zumindest einen Teil ihres Geldes zurückzuerhalten. Doch die Chancen stehen schlecht – laut WKStA dürften die meisten Gelder längst verschwunden sein.
Der Fall „My First Plant“ zeigt einmal mehr, wie leicht sich Anleger von grünen Versprechen, digitalen Hochglanzauftritten und unrealistischen Renditen täuschen lassen – und wie dünn die Grenze zwischen Idealismus und Illusion sein kann.
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