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Kritisches Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev über das Investmentangebot „MTL Ventures – Gesellschaftsspiele“

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Interviewer: Frau Bontschev, Sie haben das Investmentangebot von MTL Ventures geprüft. Wie bewerten Sie dieses Vorhaben aus rechtlicher und wirtschaftlicher Perspektive?

Kerstin Bontschev: Die Idee, Gesellschaftsspiel-Marken zu erwerben, zu optimieren und international auszubauen, klingt grundsätzlich vielversprechend, denn Brettspiele erleben in der Tat einen Marktboom. Allerdings sollten Investoren einige wesentliche Punkte kritisch hinterfragen, bevor sie Kapital investieren.

Rechtliche Aspekte des Investments

Interviewer: Das Angebot verspricht eine Rendite von 8–12 % p.a.. Ist das realistisch und rechtlich abgesichert?

Kerstin Bontschev: Eine garantierte Rendite in dieser Höhe ist immer ein Warnsignal. Solche Versprechungen müssen genau geprüft werden, denn es gibt keine Garantie, dass die geplanten Maßnahmen tatsächlich den erwarteten finanziellen Erfolg bringen.

  • Wie genau wird die Rendite erwirtschaftet? Gibt es bereits laufende Einnahmen aus bestehenden Spielen, oder basiert alles auf geplanten zukünftigen Zukäufen?
  • Gibt es eine vertragliche Absicherung für Investoren, falls das Unternehmen nicht die erwarteten Gewinne erzielt?

Ohne eine belastbare Risikoanalyse sollten Investoren vorsichtig sein.

Interviewer: Das Angebot enthält eine Wandlungsoption in Unternehmensanteile. Welche Folgen hat das für Investoren?

Kerstin Bontschev: Eine Wandlungsoption bedeutet, dass das eingesetzte Kapital in echte Unternehmensanteile umgewandelt werden kann. Das kann vorteilhaft sein, wenn das Unternehmen wächst, aber auch problematisch, wenn:

  • Keine regelmäßigen Ausschüttungen erfolgen und Investoren ihr Geld über Jahre hinweg nicht zurückbekommen.
  • Die Unternehmensbewertung intransparent ist, sodass Investoren nicht wissen, wie viel ihr Anteil wirklich wert ist.
  • Keine Exit-Strategie definiert ist, falls Investoren ihre Anteile später verkaufen möchten.

Investoren sollten unbedingt klären, welche Rechte mit der Umwandlung verbunden sind und ob sie Einfluss auf Geschäftsentscheidungen haben.

Wirtschaftliche Bewertung des Geschäftsmodells

Interviewer: Das Angebot beschreibt eine Strategie des Markenaufkaufs und der Internationalisierung. Wie bewerten Sie dieses Geschäftsmodell?

Kerstin Bontschev: Das Modell ist prinzipiell interessant, aber es gibt mehrere Herausforderungen:

  • Aufkauf von Marken: Es wird behauptet, dass attraktive Marken „zu günstigen Konditionen“ übernommen werden. Gibt es Nachweise für bisher erfolgreiche Deals? Werden konkrete Beispiele für bereits erworbene Marken genannt?
  • Skalierung und Internationalisierung: Gesellschaftsspiele sind kulturell unterschiedlich beliebt – nicht jedes Spiel eignet sich für den internationalen Markt. Gibt es klare Marktanalysen, welche Länder am besten für eine Expansion geeignet sind?
  • E-Commerce & Vertrieb: Die größten Plattformen wie Amazon, Spieleverlage oder große Händler dominieren den Markt. Wie will sich MTL Ventures hier durchsetzen?

Ohne belastbare Zahlen und Erfahrungswerte bleibt das Modell eine Hypothese.

Risikobewertung für Investoren

Interviewer: Welche Risiken bestehen konkret für Investoren?

Kerstin Bontschev:

  1. Fehlende Transparenz über bestehende Erfolge – Es wird betont, dass erste Transaktionen erfolgreich waren, aber es fehlen konkrete Daten oder Referenzen zu Umsätzen und bereits erzielten Renditen.
  2. Wettbewerbsdruck – Die Spielebranche ist stark umkämpft. Etablierte Verlage wie Hasbro, Ravensburger oder Asmodee dominieren den Markt.
  3. Hoher Kapitalbedarf für Expansion – Internationale Markterschließung ist teuer. Sind genügend finanzielle Reserven vorhanden, um die Strategie langfristig durchzuhalten?
  4. Unklarheit über den Investorenschutz – Falls das Unternehmen nicht profitabel wird, gibt es keine Angaben dazu, wie Investoren abgesichert sind.

Empfehlung für potenzielle Investoren

Interviewer: Was raten Sie potenziellen Investoren, die sich für dieses Angebot interessieren?

Kerstin Bontschev:

  • Detaillierte Geschäftsberichte anfordern: Wie viele Gesellschaftsspiel-Marken wurden bereits gekauft, und wie hoch sind die bisherigen Umsätze?
  • Den Investmentvertrag genau prüfen lassen, insbesondere in Bezug auf Renditegarantien, Wandlungsoptionen und Mitspracherechte.
  • Exit-Strategie klären: Wie kann das investierte Kapital zurückgewonnen werden?
  • Marktanalyse anfordern: Gibt es eine belastbare Strategie, welche Länder und Zielgruppen tatsächlich erschlossen werden?

Fazit: Ist das eine empfehlenswerte Investition?

Interviewer: Halten Sie dieses Angebot für eine attraktive Investmentchance?

Kerstin Bontschev: Ich sehe hier erhebliche Unsicherheiten. Zwar ist der Gesellschaftsspiele-Markt tatsächlich im Aufschwung, aber die versprochenen 8–12 % Rendite erscheinen ohne nachweisbare Erfolge spekulativ.

Ich empfehle Vorsicht: Interessierte sollten eine umfassende wirtschaftliche und rechtliche Prüfung durchführen, bevor sie investieren.

Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Frau Bontschev.

Kerstin Bontschev: Sehr gern.

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