Die Wahl des neuen irischen Premierministers (Taoiseach) hat sich verzögert, nachdem es im Dáil Éireann (dem irischen Parlament) zu tumultartigen Szenen kam. Die Sitzungen wurden gleich zweimal unterbrochen, weil Abgeordnete sich weigerten, Platz zu nehmen und sich an die Regeln zu halten.
Politisches Chaos statt geordneter Regierungsbildung
Eigentlich sollte der Fianna-Fáil-Chef Micheál Martin zum neuen Taoiseach ernannt werden, bevor er später von Präsident Michael D. Higgins offiziell ins Amt eingeführt wird. Doch der Start der neuen Regierung verlief alles andere als reibungslos.
Parlamentspräsidentin Verona Murphy (Ceann Comhairle) rief bereits nach wenigen Minuten eine 15-minütige Pause aus, da mehrere Teachtaí Dála (TDs, Abgeordnete) nicht aufhören wollten, lautstark zu protestieren. Der Grund? Unabhängige TDs, die die Regierung unterstützen, durften sich auf die Oppositionsbänke setzen – eine höchst umstrittene Entscheidung.
Nachdem sich auch nach der Pause niemand beruhigte, wurde die Sitzung ein weiteres Mal, diesmal für 30 Minuten, unterbrochen.
Sinn Féin tobt: „Unverschämt und durchschaubar!“
Sinn-Féin-Chefin Mary Lou McDonald war außer sich und bezeichnete die Entscheidung als „unverschämten und beispiellosen Trick“ der Regierung. Die Partei bleibt weiterhin die größte Oppositionskraft, nachdem sie bei den letzten Wahlen 39 Sitze gewann.
Martin wird zum zweiten Mal Taoiseach, nachdem er bereits von 2020 bis 2022 an der Spitze stand. Er übernimmt das Amt von Fine-Gael-Chef Simon Harris, der nun als Tánaiste (stellvertretender Premierminister) zurückkehrt.
Regierung mit vielen Einzelspielern – und einem Streit um Sitzplätze
Nach der Wahl im November hat Fianna Fáil, die mit 48 Sitzen stärkste Partei, eine Koalition mit Fine Gael (38 Sitze) und mehreren unabhängigen TDs gebildet. Doch genau diese unabhängigen Abgeordneten sorgen jetzt für Unruhe.
Unter anderem fordern Michael Lowry, Danny Healy-Rae, Barry Heneghan und Gillian Toole einen „technischen Gruppenstatus“, damit sie Redezeit und Privilegien wie echte Oppositionsparteien erhalten.
Ihr Kollege Michael Healy-Rae verteidigte diesen Schachzug vehement:
„Nur weil wir die Regierung unterstützen, heißt das nicht, dass wir den Mund halten müssen!“
Doch Sinn Féin und andere Oppositionsparteien sehen darin einen dreisten Versuch, sich Vorteile zu erschleichen.
„Untergräbt das Parlament!“ – Kritiker schlagen Alarm
Die Kritiker argumentieren, dass diese Abgeordneten „mit einem Fuß in der Regierung und mit dem anderen in der Opposition stehen“ und so die tatsächliche Opposition schwächen würden.
Sinn-Féin-Politikerin Rose Conway-Walsh sagte deutlich:
„Das untergräbt die Integrität des Dáil komplett!“
Auch die Labour Party hat juristischen Rat eingeholt und ist sich sicher: Das widerspricht den Regeln des Parlaments.
Wie geht es weiter?
Trotz des Chaos wird Martin am Mittwoch um 13:00 Uhr zum Präsidenten reisen, um offiziell zum Taoiseach ernannt zu werden.
Ab 20:00 Uhr folgt die Vorstellung der neuen Minister, die dann ihre Amtssiegel von Präsident Higgins erhalten.
Ob sich das Dáil jedoch in den kommenden Tagen beruhigt, bleibt fraglich – denn der Sitzplatzstreit und die Aufteilung der Ressourcen sorgen weiterhin für hitzige Debatten.
Eins ist sicher: Diese neue Regierung startet mit mehr Drama als eine irische Seifenoper.
Kommentar hinterlassen