Frage: Herr Reime, die BaFin hat einen deutlichen Hinweis zur M. Plus Life Sciences AG veröffentlicht. Worum geht es konkret?
Rechtsanwalt Jens Reime: Nach den Feststellungen der BaFin besteht der Verdacht, dass die M. Plus Life Sciences AG in Deutschland öffentlich Namensaktien anbietet, ohne den dafür gesetzlich vorgeschriebenen Wertpapierprospekt zu veröffentlichen. Das wäre ein klarer Verstoß gegen die sogenannte Prospektpflicht. Besonders kritisch: Die Aktien sollen offenbar im Tausch gegen Anteile an der Multi Asset Portfolio GmbH & Co. KG angeboten werden – was den Verdacht einer Umgehung der gesetzlichen Anforderungen noch verstärkt.
Frage: Warum ist ein fehlender Prospekt für Verbraucher so problematisch?
Reime: Der Prospekt ist ein zentrales Informationsdokument für Anleger. Er muss Mindestangaben zu Risiken, zur wirtschaftlichen Lage des Emittenten und zu den angebotenen Wertpapieren enthalten – und wird vorab von der BaFin formal geprüft. Fehlt ein solcher Prospekt, haben Anleger keine verlässliche Grundlage für ihre Entscheidung. Im schlimmsten Fall wissen sie nicht, worin sie investieren und wie hoch das Risiko ist. Es besteht dann die reale Gefahr, in wirtschaftlich wertlose oder überbewertete Papiere zu investieren.
Frage: Was raten Sie konkret Anlegern, die bereits Aktien der M. Plus Life Sciences AG im Rahmen eines Tauschs angenommen haben?
Reime: In solchen Fällen sollten Anleger umgehend rechtliche Beratung einholen – idealerweise von einer auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Kanzlei. Es kann sich lohnen, die Rückabwicklung des Geschäfts zu prüfen. Wenn die Aktien ohne gültigen Prospekt angeboten wurden, könnte ein Verstoß gegen das Wertpapierprospektgesetz vorliegen. Das kann zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen die Verantwortlichen begründen.
Frage: Und was ist mit Personen, die aktuell ein solches Angebot erhalten haben, aber noch nicht unterschrieben haben?
Reime: Diese Personen sollten in jedem Fall die Finger davon lassen – zumindest so lange, bis ein vollständiger, von der BaFin gebilligter Prospekt vorliegt. Auch der „Tausch“ von Fondsanteilen gegen Aktien stellt ein öffentliches Angebot dar, wenn er sich an eine größere Zahl von Personen richtet. Ohne Transparenz ist jede Investition hochriskant.
Frage: Gibt es aus Ihrer Sicht einen typischen Warnhinweis, woran Anleger bei solchen Angeboten stutzig werden sollten?
Reime: Ja. Immer wenn mit einem „Tauschgeschäft“ geworben wird – also dem Umwandeln bestehender Anlagen in andere, oft kaum bewertbare Werte wie Namensaktien – sollten Anleger besonders vorsichtig sein. Zudem sollte man hellhörig werden, wenn kein vollständiger Verkaufsprospekt bereitgestellt wird oder die Anbieter Auskünfte darüber vermeiden. Solche Intransparenz ist oft ein Warnsignal.
Frage: Was können betroffene Verbraucher jetzt konkret tun?
Reime: Zum einen empfehle ich, Beweise zu sichern – etwa Angebote, E-Mails, Broschüren und Zeichnungsscheine. Zum anderen sollte geprüft werden, ob bereits Zahlungen oder Übertragungen stattgefunden haben. In vielen Fällen können Rückabwicklungen oder sogar strafrechtliche Schritte möglich sein. Und nicht zuletzt: Wer Hinweise auf mögliche Gesetzesverstöße hat, kann sich auch vertraulich an die Hinweisgeberstelle der BaFin wenden.
Hinweis: Das Interview stellt keine Rechtsberatung im Einzelfall dar, sondern dient der allgemeinen Aufklärung über Anlegerrechte und Handlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem aktuellen BaFin-Hinweis zur M. Plus Life Sciences AG.
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