Frage: Herr Blazek, der Bundesgerichtshof hat kürzlich entschieden, dass eine Preiswerbung unzulässig ist, wenn der niedrigste Preis der letzten 30 Tage nicht klar erkennbar angegeben wird. Was genau hat der BGH hier entschieden?
Daniel Blazek: Der BGH hat mit Urteil vom 9. Oktober 2025 (Az. I ZR 183/24) klargestellt, dass Preisermäßigungen nur dann zulässig beworben werden dürfen, wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Ermäßigung deutlich, unmissverständlich und gut lesbar angegeben wird. Im vorliegenden Fall hat ein Lebensmitteldiscounter diesen Preis zwar genannt – allerdings in sehr kleiner Schrift und in einer Art, die für Verbraucher kaum nachvollziehbar war. Das genügt den rechtlichen Anforderungen nicht.
Frage: Worum ging es konkret in dem Fall?
Blazek: Die Wettbewerbszentrale hatte einen Lebensmitteldiscounter abgemahnt, der in einem Prospekt ein Kaffeeprodukt mit dem Hinweis „-36 %“ und einem durchgestrichenen Preis von 6,99 Euro bewarb – ohne den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage korrekt kenntlich zu machen. Tatsächlich hatte der Kaffee kurz zuvor bereits für 4,44 Euro im Regal gestanden, was aber nur in einer kaum lesbaren Fußnote am Seitenende erwähnt wurde. Der BGH sah darin eine Irreführung der Verbraucher und bestätigte die Vorinstanzen, die die Werbung als unzulässig einstuften.
Frage: Warum ist die Angabe des 30-Tage-Bestpreises so wichtig?
Blazek: Es geht um Verbraucherschutz. Der Gesetzgeber will verhindern, dass vermeintliche Rabatte in Wahrheit keine sind. Wenn ein Produkt zum Beispiel wenige Tage vor einer „Aktion“ bereits günstiger verkauft wurde, darf man nicht mit einem höheren Vergleichspreis werben. Die Angabe des niedrigsten Preises innerhalb der letzten 30 Tage schafft Transparenz – sie ist eine wesentliche Information, auf die der Verbraucher für eine informierte Kaufentscheidung angewiesen ist.
Frage: Reichte es in diesem Fall nicht aus, dass der niedrigste Preis irgendwo erwähnt wurde?
Blazek: Nein. Nach § 11 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) muss diese Information nicht nur vorhanden sein, sondern sie muss auch klar erkennbar, unmissverständlich und gut lesbar sein – wie es § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV vorschreibt. Eine Fußnote in kleiner Schrift am Seitenrand oder -ende genügt diesen Anforderungen nicht. Der BGH hat das sehr deutlich gemacht.
Frage: Welche Konsequenzen hat dieses Urteil für den Einzelhandel?
Blazek: Für Händler bedeutet das: Wer Preisermäßigungen bewerben will, muss künftig sehr sorgfältig arbeiten. Der niedrigste Preis der letzten 30 Tage muss direkt und klar in der Werbung genannt werden – zum Beispiel unmittelbar neben dem neuen Preis, in vergleichbarer Schriftgröße und ohne missverständliche Sternchenverweise. Wer das missachtet, riskiert Abmahnungen, Klagen und ggf. teure Gerichtsverfahren.
Frage: Gibt es dabei Unterschiede je nach Branche?
Blazek: Nein, diese Vorgaben gelten branchenübergreifend für alle Unternehmer, die gegenüber Verbrauchern Preisermäßigungen bewerben – egal ob Supermarkt, Online-Händler oder Modekette. Es spielt auch keine Rolle, ob die Werbung im Prospekt, im Laden oder im Internet erfolgt. Entscheidend ist, dass die Preisangabe den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entspricht.
Frage: Was empfehlen Sie Unternehmen jetzt konkret?
Blazek: Ich empfehle dringend eine Überprüfung der eigenen Preiswerbung – insbesondere im Hinblick auf Rabattaktionen, „Sale“-Hinweise oder durchgestrichene Preise. Unternehmen sollten sicherstellen, dass der niedrigste 30-Tage-Preis deutlich sichtbar genannt wird und dass die Darstellung den Anforderungen der PAngV entspricht. Außerdem sollten Marketing- und Rechtsabteilungen eng zusammenarbeiten, um kostspielige Fehler zu vermeiden.
Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Blazek.
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