Interviewer: Guten Tag, Herr Reime. Sie sind Rechtsanwalt und Experte für Kapitalmarktrecht. Heute möchten wir mit Ihnen über die Frage sprechen, ob und wie Aktionäre ihre Aktien verkaufen können, wenn ein Unternehmen von der Börse genommen wurde. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen!
RA Jens Reime: Sehr gerne! Ein spannendes Thema, das gerade in letzter Zeit vermehrt aufkommt.
Interviewer: Herr Reime, was passiert eigentlich rechtlich, wenn ein Unternehmen von der Börse genommen wird?
RA Jens Reime: Wenn ein Unternehmen von der Börse genommen wird, spricht man von einem Delisting. Das bedeutet, die Aktien sind nicht mehr öffentlich an der Börse handelbar. Das Unternehmen bleibt jedoch als Aktiengesellschaft (AG) bestehen. Die Aktionäre behalten ihre Anteile, können diese aber nicht mehr an der regulären Börse verkaufen.
Interviewer: Kann man die Aktien nach dem Delisting dennoch ohne Prospekt verkaufen?
RA Jens Reime: Ja, das ist möglich. Grundsätzlich können die Aktien auch nach einem Delisting ohne Prospekt verkauft werden, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Wichtig ist hierbei, dass die Aktien nicht öffentlich angeboten werden. Ein Verkauf zwischen Privatpersonen oder im Rahmen sogenannter Privatplatzierungen ist in der Regel ohne Prospekt möglich.
Interviewer: Was bedeutet das konkret? Können Sie ein Beispiel nennen?
RA Jens Reime: Angenommen, Sie besitzen Aktien einer AG, die nicht mehr börsennotiert ist, und möchten diese an einen Bekannten verkaufen. Solange der Verkauf privat erfolgt und nicht öffentlich beworben wird, brauchen Sie keinen Prospekt. Auch beim Handel im Freiverkehr (OTC), der in manchen Fällen weiterhin möglich ist, ist ein Prospekt meist nicht erforderlich.
Interviewer: Was ist denn der Freiverkehr genau?
RA Jens Reime: Der Freiverkehr ist ein außerbörslicher Handelsplatz, über den einige delistete Aktien weiterhin gehandelt werden können. Es gelten hier deutlich vereinfachte Zulassungsregeln im Vergleich zum regulären Börsenhandel. Dennoch: Auch im Freiverkehr gibt es kaum Liquidität, was bedeutet, dass Käufer schwer zu finden sind und die Kurse oft stark schwanken.
Interviewer: Gibt es denn eine rechtliche Pflicht für die AG, die Aktien zurückzukaufen oder den Aktionären eine andere Lösung anzubieten?
RA Jens Reime: Nein, grundsätzlich besteht keine Pflicht der AG, die Aktien zurückzukaufen. Oft wird den Aktionären vor dem Delisting ein freiwilliges Übernahmeangebot gemacht, aber das ist nicht immer der Fall. Nach dem Delisting sind die Anteile weiterhin Eigentum der Aktionäre, allerdings mit eingeschränkter Handelbarkeit.
Interviewer: Das klingt nach einem Risiko für die Aktionäre. Was raten Sie betroffenen Anlegern?
RA Jens Reime: Tatsächlich ist das Risiko erheblich, weil die Liquidität entfällt und es schwieriger wird, die Aktien zu einem fairen Preis zu verkaufen. Mein Rat: Prüfen Sie frühzeitig, ob ein Übernahmeangebot vorliegt, und überlegen Sie sich gut, ob Sie dieses annehmen. Falls nicht, informieren Sie sich, ob ein Handel im Freiverkehr möglich ist. Es ist auch sinnvoll, sich mit anderen Aktionären auszutauschen, um möglicherweise gemeinsam eine Strategie zu entwickeln.
Interviewer: Gibt es rechtliche Schritte, wenn Aktionäre nach dem Delisting finanziell stark benachteiligt sind?
RA Jens Reime: In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, rechtlich gegen die AG vorzugehen, insbesondere wenn Minderheitsaktionäre benachteiligt wurden oder unzureichend informiert waren. Das setzt allerdings eine genaue Prüfung der Umstände voraus. Hier empfehle ich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Kapitalmarktrecht.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für die aufschlussreichen Informationen!
RA Jens Reime: Sehr gerne. Ich hoffe, dass die betroffenen Anleger durch diese Hinweise eine bessere Entscheidungsgrundlage haben.
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