Folgen

Verbraucher kommen künftig nicht mehr so leicht an Kredite. Grund sind neue gesetzliche Pflichten zur Beratung und Kontrolle bei der Vergabe von Verbraucherdarlehen. Besonders bei privaten Immobilienkrediten dürften Interessenten ab dem 21. März häufiger ein Nein zu hören bekommen. Banken müssen außerdem Kunden besser beraten, wenn sie ihr Girokonto dauerhaft oder erheblich überziehen. Was bedeutet das?

Wohnimmobilienkreditrichtlinie der EU

Die Gesetzesänderungen gehen auf die Wohnimmobilienkreditrichtlinie der EU zurück. Die Bezeichnung täuscht dabei darüber hinweg, dass sie auch für andere Arten von Verbraucherdarlehen neue Regeln mit sich bringt. Allerdings fallen diese bei den nun im Gesetz als Immobilien-Verbraucherdarlehensverträgen bezeichneten Immobilienkrediten um einiges strenger aus als bei den Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen. Wie jede EU Richtlinie war auch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland ist das vor allem durch umfangreiche Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geschehen. Die Gesetzesänderung fällt in eine Zeit, in der sich die Zahl der Baugenehmigungen auf einem 15-Jahres-Hoch befindet. Wesentlicher Grund für diesen Bauboom sind die historisch niedrigen Zinsen, die angesichts der erst durch die EZB erfolgten Senkung des wichtigsten Leitzinses auf 0,0 Prozent weiter niedrig bleiben. Diese Nachfrage lässt die Immobilienpreise immer weiter steigen. So suchen viele Sparer angesichts der niedrigen Renditen nach vermeintlich soliden Alternativen etwa in Form von Mietobjekten. Und auch wer nicht viel auf der hohen Kante hat, sieht mit den niedrigen Zinsen den Traum von den eigenen vier Wänden näher rücken. Das nährt die Befürchtung einer neuen Immobilienblase. Schließlich können die Zinsen wieder steigen und – wie sich erst bei der letzten Immobilienblase vor wenigen Jahren gezeigt hat – die für die Besicherung der Darlehen herangezogenen Immobilienwerte können schlagartig sinken. Ob und wann das geschieht, ist wie immer unklar. Fest steht, dass die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren ungewöhnlich stark gestiegen sind. Damit die Folgen für die Banken und vor allem für die Kreditnehmer nicht zu heftig ausfallen, müssen die Kreditinstitute künftig bereits die Kreditvergabe umfangreicher prüfen und dokumentieren. Wer einen Kredit aufnimmt, soll sich seinerseits eingehender mit dieser Entscheidung auseinandersetzen.

Restriktivere Kreditvergabe

Die Kreditwürdigkeit soll mehr als bisher in den Fokus rücken. Statt des Werts der finanzierten Immobilie zur Besicherung des Darlehens müssen die Kreditgeber dafür verstärkt die persönlichen finanziellen Verhältnisse der Kreditnehmer berücksichtigen. Damit erhalten das vorhandene Eigenkapital und das langfristige Einkommen, aber auch die laufenden Ausgaben bei der Entscheidung über die Kreditvergabe mehr Gewicht. Zu ermitteln sind auch die Präferenzen und die Ziele von Kreditnehmern. Für finanziell schwächer ausgestattete Kreditnehmer bedeuten die Änderungen, dass sie anders als bisher künftig vermutlich keinen Kredit mehr bekommen.

Dokumentation der Beratung

Nach der Prüfung müssen Kreditgeber Kreditnehmern vorvertragliche Informationen mitteilen und ein sogenanntes standardisiertes Europäisches Standardisiertes Merkblatt (ESIS-Merkblatt) aushändigen. Kreditnehmer sollen verschiedene Angebote dadurch besser vergleichen können. Kreditinstitute müssen außerdem ein Protokoll über die private Kreditvergabe erstellen. Ähnliche Pflichten existieren bereits beim Geschäft mit Wertpapieren.

Sachkundenachweis für Kreditvermittler

Kreditvermittler müssen künftig über einen Sachkundenachweis und eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen.

Entgelt für die Beratung

Ein vom Kreditvermittler für die Beratung verlangtes Entgelt ist vorher zu nennen. Zu nennen ist auch eine Anrechnung auf eine eventuelle Provision für die Vermittlung.

Verbot von Kopplungsgeschäften

Darlehensgeber dürfen den Abschluss eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags nicht mehr beliebig davon abhängig machen, dass der Darlehensnehmer oder ein Dritter weitere Finanzprodukte oder -dienstleistungen erwirbt. Stattdessen ist das nur noch in gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen erlaubt, wie etwa ein zur ausschließlichen Rückzahlung des Darlehens dienendes Konto.

Neue Widerrufsfristen

Die Widerrufsfrist für den Darlehensvertrag beträgt einen Monat. Die Frist beginnt mit der Übergabe der Vertragsurkunde. Der Widerruf ist dabei ohne Angabe von Gründen möglich. Bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung läuft die Frist erst mit deren Korrektur. Unabhängig davon erlischt das Widerrufsrecht in jedem Fall nach 1 Jahr und 14 Tagen. Ein „ewiges Widerrufsrecht“, wie es bislang der Fall war, gibt es damit nicht mehr.

Mindestens 7 Tage Bedenkzeit

Ist kein Widerrufsrecht gegeben, müssen Kreditnehmer nun mindestens 7 Tage Bedenkzeit vor dem Vertragsschluss haben. Solange ist der Kreditgeber an sein unverändertes Angebot gebunden.

Kündigung bei Fehlern

Die Vernachlässigung der Beratungs- und Kontrollpflichten birgt für Kreditinstitute größere Risiken. Ein Kreditnehmer darf den Vertrag dann fristlos kündigen, ohne dass für ihn dabei eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird. Dadurch wird der Kredit aber sofort zur Rückzahlung fällig, was für Kreditnehmer insofern problematisch ist, wenn die Mittel nicht mehr vorhanden sind und er anderweitig keinen Kredit bekommt.

Beratung bei Dispo-Krediten

Eine weitere Änderung betrifft die Beratung bei Dispositionskrediten. Wer sein Girokonto dauerhaft oder erheblich überzieht, dem muss das kontoführende Institut eine Beratung über günstigere Alternativen zum Dispokredut anbieten – und das schriftlich. Schließlich ist der Dispo trotz der niedrigen Zinsen immer noch sehr teuer. Hinzuweisen ist dabei auch auf die Konsequenzen einer weiteren Überziehung sowie auf geeignete Schuldnerberatungen. Die eigentliche Beratung darüber muss dann persönlich erfolgen. Konkret besteht die gesetzliche Beratungspflicht, wenn ein Kunde einen Dispo ununterbrochen über sechs Monate in Anspruch nimmt und dessen Betrag durchschnittlich 75 Prozent des vereinbarten Höchstbetrags übersteigt. Bei erneuter Überziehung beginnen die Pflichten von Neuem, es sei denn, der Betroffene lehnt eine erneute Beratung ausdrücklich ab.

Quelle:anwalt.de

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