Erfreuliches Urteil für private Krankenversicherte – Nicht jede Prämienerhöhung ist wirksam

Published On: Freitag, 09.06.2017By Tags:

Das Amtsgericht Potsdam hat in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Erhöhung von Versicherungsbeiträgen entschieden. Das Urteil datiert vom 18.10.2016 zum Az.: 29 C 122/16. Auch wenn es dem Urteil noch an Rechtskraft mangelt, ist das ein Schlag für die Krankenversicherungen und kann dieses aber bereits als ein kleiner Meilenstein für private Krankenversicherte bezeichnet werden.  Der dortige Kläger ist privat bei einem großen Versicherungskonzern versichert. Er erhielt von seinem privaten Krankheitskostenversicherer – wie zahlreiche andere private Krankenversicherten auch – Prämienerhöhungen. Im Jahr 2015 suchte der Kläger anwaltliche Beratung. Erst nach dieser Beratung wurde dem Kläger klar, dass die in den Jahren 2012 und 2013 erfolgten Prämienanpassungen unrechtmäßig gewesen sind. Den Prämienanpassungen hatte ein inzwischen verstorbener Treuhänder, welcher über 15 Jahre auf der Gehaltsliste des Versicherungsunternehmens stand, zugestimmt. Im Rechtsstreit vertrat der Kläger die Auffassung, dass die Prämienanpassung unrechtmäßig sei, weil der Treuhänder nicht unabhängig im Sinne der Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes, dort § 203 Abs. 2 S. 1 VVG, gewesen sei. Vielmehr habe es sich um ein großes Treuhandmandat, so dass an der Unabhängigkeit des Treuhänders erhebliche Zweifel bestehen.

Das Versicherungsunternehmen verteidigt sich damit, dass allein der Umstand, dass der Treuhänder 15 Jahre für das Versicherungsunternehmen tätig gewesen sei und dabei ein erhebliches Einkommen erzielt habe, keinen Schluss auf seine Unabhängigkeit zulasse. Überdies sei der geltend gemachte Anspruch des Klägers verjährt.

Das Amtsgericht Potsdam ist in dem noch nicht rechtskräftigen Urteil der Auffassung des Klägers beigetreten. Es hat den die Prämienanpassungen genehmigenden Treuhänder nicht für unabhängig gehalten. Die fehlende Unabhängigkeit des Treuhänders führt aber in der Konsequenz dazu, dass die Prämienanpassungen in der Vergangenheit unwirksam waren und somit diese an den Kläger zurückzuerstatten sind. Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung des Versicherungsvertrages, wonach eine Prämienanpassung nur dann ordnungsgemäß erfolgt ist, wenn eine Zustimmungserklärung eines unabhängigen Treuhänders vorliegt.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Amtsgericht Potsdam mit der Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders vorbildlich beschäftigt hat. In den Urteilsgründen hat es sich umfassend mit der Unabhängigkeit auseinandergesetzt.

Es hat die Frage der Unabhängigkeit eines Treuhänders dahingehend bewertet, dass die Beeinflussbarkeit eines abhängigen Treuhänders mit dem Grad seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit steigt. Entscheidend war dabei für das Amtsgericht Potsdam, dass nicht nur ein Nachteil befürchtet werden muss, sondern dass dieser Nachteil nur schwer verkraftet werden kann.

In dem hier zu entscheidenden Fall hat das Amtsgericht Potsdam entschieden, dass das beklagte Versicherungsunternehmen nicht hinreichend dargelegt und bewiesen hat, dass der Treuhänder nicht in einem schweren wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis gestanden hat. Es hat daher zunächst erstinstanzlich den die Prämienanpassungen genehmigenden Treuhänder für nicht unabhängig angesehen und das beklagte Versicherungsunternehmen entsprechend verurteilt.

Das dieses Urteil in der Versicherungswirtschaft keine Jubelschreie auslöst, ist jedem sicherlich nachvollziehbar.

Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil des Amtsgerichts Potsdam in zweiter Instanz halten wird. Hier wird das Landgericht Potsdam eine entsprechende Entscheidung fällen müssen.

An die ordnungsgemäße Prämienerhöhung sind strenge Anforderungen zu stellen. Ebenso an die Unabhängigkeit eines die Prämienerhöhung genehmigenden Treuhänder. Grund dafür ist, dass der Treuhänder die Interessen der Versicherten schützen soll. Von einem Treuhänder der bereits seit langer Zeit in den Diensten der Versicherungsunternehmen steht und der daraus erzielte Verdienst die Haupteinnahmequelle darstellt, ist dieser Schutz der Versicherten wohl kaum zu erwarten.

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