Bundessozialgericht – Entschädigung wegen überlangem Gerichtsverfahren nicht auf „Sozialhilfe“ anrechnenbar

Published On: Donnerstag, 11.11.2021By Tags: , , , ,

Das Bundessozialgericht hat heute entschieden, dass Entschädigungen gegen den Staat aufgrund von § 198 Gerichtsverfassungsgesetz nicht auf Hartz IV angerechnet werden dürfen. B 14 AS 15/20 R

Nach dem Entschädigungsgesetz bekommen Gerichtsbeteiligte Staatsknete bei überlangem Verfahren.

https://www.gesetze-im-internet.de/gvg/__198.html

So hatte in dem Ausgangsfall ein Ehepaar das Land verklagt wegen eines überlangen Verfahrens und eine Vergleich erzielt. Diesen Geld sollte dann abgezogen werden von Hartz IV. Das ist nicht in Ordnung sagt das Bundessozialgericht:

Verhandlung B 14 AS 15/20 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung – Entschädigungszahlung – unangemessene Dauer – Gerichtsverfahren

Verhandlungstermin11.11.2021 10:00 Uhr

Terminvorschau

B. M. ./. Jobcenter Holzminden
Im Streit steht die Aufhebung und Erstattung von Alg II für die Monate Juni bis September 2017 wegen der Anrechnung einer Entschädigungszahlung infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens (Nichtvermögensnachteil – § 198 Abs 2 GVG).

Zwischen dem Jobcenter und der Klägerin sowie ihrem Ehemann war die Höhe der zu berücksichtigenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung streitig. Nach Abschluss des insoweit geführten Klageverfahrens (im Folgenden: Ausgangsverfahren) erhoben die Klägerin und ihr Ehemann Klage wegen der unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens. Der Rechtsstreit wegen der Entschädigungszahlung endete durch Vergleich. Das beklagte Land verpflichtete sich, an die Klägerin und ihren Ehemann jeweils eine Entschädigung für immaterielle Nachteile in Höhe von 2 100 Euro auf das Konto des Prozessbevollmächtigten zu zahlen. Dem Girokonto der Klägerin wurden davon 3 000 Euro im Mai 2017 gutgeschrieben.

Nach Erhalt der Kontoauszüge über die Gutschrift des Entschädigungsbetrags hob das beklagte Jobcenter die Bewilligung für den eingangs benannten Zeitraum auf und forderte rund 805 Euro von der Klägerin zurück.

In dem von der Klägerin eingeleiteten Klageverfahren ist sie erfolgreich gewesen. Das SG hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben (Urteil vom 24.9.2018). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Zahlung wegen der unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens sei anzurechnendes Einkommen. § 11a Abs 2 SGB II sei nicht entsprechend anzuwenden, weil die Entschädigung nach § 198 GVG nicht für die Verletzung eines der von § 253 Abs 2 BGB erfassten Rechtsgüter oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gezahlt werde. Sie sei nicht zweckbestimmt iS von § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II, weil sie nicht „final“ zu etwas geleistet werde und die Klägerin in ihrer Verwendungsentscheidung frei sei (Urteil vom 26.11.2019).

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 11a Abs 3 SGB II.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Hildesheim – S 37 AS 1532/17, 24.09.2018
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen – L 11 AS 1043/18, 26.11.2019

 

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