Bekanntmachung nach § 3 Absatz 6 der Sektorenverordnung über die Feststellung der Europäischen Kommission, dass die Vergabe von Aufträgen für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von Strom und dem Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen von der Anwendung der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates freigestellt ist vom: 11.10.2023

Published On: Dienstag, 17.10.2023By Tags:

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Bekanntmachung
nach § 3 Absatz 6 der Sektorenverordnung
über die Feststellung der Europäischen Kommission,
dass die Vergabe von Aufträgen für bestimmte Tätigkeiten
im Zusammenhang mit der Erzeugung
von Strom und dem Großhandel mit Strom
aus erneuerbaren Energiequellen
von der Anwendung der Richtlinie 2014/​25/​EU
des Europäischen Parlaments und des Rates freigestellt ist

Vom 11. Oktober 2023

Der diesbezügliche Durchführungsbeschluss (EU) 2023/​1978 der Europäischen Kommission vom 21. September 2023 (ABl. L 235 vom 25.9.2023, S. 13) wird nachstehend veröffentlicht (Anlage). Artikel 1 des Durchführungsbeschlusses stellt fest, welche Tätigkeiten freigestellt sind. Artikel 2 legt Ausnahmen davon fest.

Berlin, den 11. Oktober 2023

IB3 20603-003

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Im Auftrag
Dr. von Hoff

Anlage

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2023/​1978 DER KOMMISSION

vom 21. September 2023

über die Anwendbarkeit des Artikels 34 der Richtlinie 2014/​25/​EU des
Europäischen Parlaments und des Rates auf die Vergabe von Aufträgen für
Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von und dem Großhandel
mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland, mit Ausnahme von
Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der in Anlagen erzeugt wird, die vor
dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden und weiterhin öffentliche
Mittel erhalten, sowie für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von
und dem Großhandel mit Strom aus Offshore-Windparks, die nach dem
1. Januar 2012 in Betrieb genommen wurden und in Deutschland unter das
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2012 fallen

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2023) 6271)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2014/​25/​EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/​17/​EG1, insbesondere auf Artikel 35 Absatz 3,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für öffentliche Aufträge,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1. SACHVERHALT UND VERFAHREN

(1)
Am 13. April 2023 stellte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (im Folgenden „BDEW“) bei der Kommission einen Antrag nach Artikel 35 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU (im Folgenden „Antrag“). Der Antrag erfüllt die in Artikel 1 Absatz 1 und in Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2016/​1804 der Kommission2 festgelegten formalen Anforderungen.
(2)
Der BDEW vertritt Unternehmen der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft, die als Auftraggeber im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 2014/​25/​EU gelten. Der Antrag betrifft Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von und dem Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland, mit Ausnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der in Anlagen erzeugt wird, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden und weiterhin öffentliche Mittel erhalten.
(3)
Dem Antrag war eine mit Gründen und Belegen versehene Stellungnahme des Bundeskartellamts (im Folgenden „BKartA“) vom 25. Mai 2022 beigefügt. In dieser Stellungnahme wurden die Bedingungen hinsichtlich der Anwendbarkeit des Artikels 34 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU auf die betreffenden Tätigkeiten im Einklang mit Artikel 34 Absätze 2 und 3 eingehend behandelt.
(4)
Da ein freier Marktzugang auf der Grundlage des Artikels 34 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU als gegeben gelten kann, muss die Kommission nach Anhang IV Nummer 1 Buchstabe a dieser Richtlinie innerhalb von 90 Arbeitstagen einen Durchführungsbeschluss zu dem Antrag annehmen.
(5)
Am 16. Mai 2023 übermittelte der BDEW zusätzliche Argumente, in denen er erläuterte, warum er Teile der Analyse des BKartA hinsichtlich der Frage, ob Teile der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland dem Wettbewerb ausgesetzt sind, für nicht voll und ganz begründet hält.
(6)
Am 15. Juni 2023 reichte Ørsted A/​S bei der Kommission einen Antrag nach Artikel 35 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU ein. Dieser Antrag betrifft die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus Offshore-Windparks in Deutschland, die nach dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen wurden und dem Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (dem sog. Erneuerbare-Energien-Gesetz, im Folgenden „EEG“) 2012 unterliegen. Nach Artikel 35 Absatz 5 der Richtlinie 2014/​25/​EU wird dieser Antrag nicht als neues Verfahren, sondern im Rahmen des ersten Antrags behandelt. Die Kommission und der BDEW kamen überein, dass infolge dieses zweiten Antrags die Frist für den Erlass eines Durchführungsrechtsakts durch die Kommission auf den 25. September 2023 festgesetzt wird.

2. RECHTSRAHMEN

(7)
Die Richtlinie 2014/​25/​EU gilt für die Vergabe von Aufträgen für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b erwähnten Stromerzeugung und dem Stromgroßhandel, sofern die betreffende Tätigkeit nicht nach Artikel 34 der Richtlinie ausgenommen wurde.
(8)
Nach Maßgabe des Artikels 34 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU fallen Aufträge, die die Ausübung einer richtlinienrelevanten Tätigkeit ermöglichen sollen, auf Antrag eines Mitgliedstaats oder eines Auftraggebers nicht unter die Richtlinie, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, unmittelbar dem Wettbewerb auf Märkten ausgesetzt ist, die keiner Zugangsbeschränkung unterliegen.
(9)
Ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, muss nach objektiven Kriterien festgestellt werden, wobei die besonderen Merkmale des betreffenden Sektors zu berücksichtigen sind. Dieser Bewertung sind jedoch durch die kurzen Fristen und dadurch, dass sie sich auf die der Kommission vorliegenden Informationen stützen muss, gewisse Grenzen gesetzt. Diese Informationen stammen aus bereits verfügbaren Quellen oder wurden im Zuge des Antrags nach Artikel 35 der Richtlinie 2014/​25/​EU beschafft und können nicht durch zeitaufwendigere Methoden, wie etwa öffentliche Anhörungen, die an die beteiligten Wirtschaftsteilnehmer gerichtet sind, ergänzt werden.
(10)
Ob eine Tätigkeit auf einem besonderen Markt unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, sollte anhand verschiedener Kriterien beurteilt werden, von denen keines von sich aus den Ausschlag gibt.
(11)
Bei der Beurteilung, ob die betreffenden Tätigkeiten auf den Märkten, die dieser Beschluss betrifft, unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, sind der Marktanteil der Hauptakteure sowie das Vorhandensein und der Umfang der Förderung der Erzeugung von und des Großhandels mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen durch Regelungen in Deutschland zu berücksichtigen.

3. WÜRDIGUNG

(12)
Mit diesem Beschluss soll festgestellt werden, ob die Tätigkeiten, auf die sich der Antrag bezieht, auf Märkten mit freiem Zugang im Sinne des Artikels 34 der Richtlinie 2014/​25/​EU in einem Maße dem Wettbewerb aus­gesetzt sind, mit dem sichergestellt wird, dass die Auftragsvergabe im Rahmen der betreffenden Tätigkeit auch ohne die durch die in der Richtlinie 2014/​25/​EU festgelegten detaillierten Vorschriften für die Auftragsvergabe bewirkte Beschaffungsdisziplin transparent, diskriminierungsfrei und auf der Grundlage von Kriterien erfolgt, anhand derer die Auftraggeber die wirtschaftlich günstigste Lösung ermitteln können.
(13)
Dieser Beschluss stützt sich auf die Rechts- und Sachlage im April und Juni 2023 sowie auf die vom BDEW, von Ørsted und den deutschen Behörden vorgelegten und die öffentlich zugänglichen Informationen. Er kann ge­ändert werden, falls die Bedingungen für die Anwendbarkeit des Artikels 34 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU infolge signifikanter Änderungen der Rechts- oder der Sachlage nicht mehr erfüllt sind.

3.1. Nicht beschränkter Marktzugang

(14)
Der Zugang zu einem Markt gilt als nicht beschränkt, wenn der betreffende Mitgliedstaat die in Anhang III der Richtlinie 2014/​25/​EU aufgeführten einschlägigen Rechtsakte der Union umgesetzt hat und anwendet, wozu in Bezug auf die Stromerzeugung und den Stromgroßhandel auch die Richtlinie (EU) 2019/​944 des Europäischen Parlaments und des Rates3 gehört.
(15)
Auf der Grundlage der der Kommission vorliegenden Informationen hat Deutschland die Richtlinie (EU) 2019/​944 umgesetzt und wendet sie an. Folglich gilt der Zugang zum relevanten Markt nach Artikel 34 Absatz 3 der Richtlinie 2014/​25/​EU als nicht beschränkt.

3.2. Wettbewerbliche Würdigung

3.2.1. Definition des sachlich relevanten Marktes

(16)
Laut BDEW besteht der sachlich relevante Markt aus der Erzeugung von und dem Großhandel mit Strom aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen, wobei Strom aus erneuerbaren Energiequellen aus Anlagen, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen sind und weiterhin öffentliche Mittel erhalten, ausgenommen sind. Der sachlich relevante Markt umfasst laut Ørsted die Stromerzeugung und den Stromgroßhandel, die seit 2012 der Direktvermarktungsoption und seit 2014 der Direktvermarktungspflicht unterliegen.
(17)
Der BDEW stellt fest4, dass für alle nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommenen Anlagen die verpflichtende Direktvermarktung die Standardform der Vermarktung ist. Die Betreiber von Anlagen, die der verpflichtenden Direktvermarktung unterlägen, könnten zwischen der Direktvermarktung mit Marktprämie und der Direkt­vermarktung ohne Förderung (der sog. sonstigen Direktvermarktung) wählen. Eine Ausnahme von der Direktvermarktungspflicht bestehe nur für kleine Anlagen. Bei Anlagen, die vor dem 1. Januar 2016 in Betrieb genommen worden seien, handele es sich dabei um Anlagen bis 500 kW, bei Anlagen, die ab dem 1. Januar 2016 in Betrieb genommen worden seien, um Anlagen bis 100 kW. Die Betreiber solch kleiner Anlagen könnten entscheiden, ob sie das feste Einspeisetarifmodell oder die Direktvermarktung wählen.
(18)
In Bezug auf die Anlagen, die nach wie vor öffentliche Mittel erhalten, weist der BDEW darauf hin, dass die­jenigen Anlagen als ausgefördert gelten, die ab dem 1. Januar 2021 nach 20 Jahren Förderung von der Förderung ausgeschlossen sind oder ausgeschlossen werden. Ausgeförderte Anlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von mehr als 100 kW müssten ihren Strom ohne jegliche Unterstützung direkt vermarkten (sonstige Direktvermarktung). Anlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von bis zu 100 kW hätten die Wahl zwischen einer (nicht unterstützten) sonstigen Direktvermarktung und dem Verkauf an den Netzbetreiber gegen Zahlung eines Einspeisetarifs. Dieser Einspeisetarif belaufe sich jetzt jedoch nur noch auf den „Jahresmarktwert“ abzüglich der durchschnittlichen Vermarktungskosten der Übertragungsnetzbetreiber für den an ihn verkauften Strom.5 Sowohl der deutsche Gesetzgeber als auch die Kommission behandeln diese Vergütung daher ausschließlich als marktbasierte Unterstützung („durchlaufender Posten“) und nicht als staatliche Beihilfe („keine Beihilfe“).6 Die sonstige verpflichtende Direktvermarktung gilt für ausgeförderte Anlagen mit Ausnahme von Kleinanlagen.
(19)
In einem früheren Beschluss zur Stromerzeugung in Deutschland7 hatte die Kommission zwischen dem Markt für aus konventionellen Energieträgern erzeugtem Strom und dem Markt für aus erneuerbaren Energiequellen erzeugtem Strom unterschieden. Die Kommission befand, dass die Erzeugung und Vermarktung von Strom, der dem EEG unterliegt, nicht Teil des Marktes für die Erzeugung und den Erstabsatz von konventionellem Strom ist, da aus erneuerbaren Energien erzeugter Strom in der Regel nicht direkt auf dem Großhandelsmarkt abgesetzt, sondern zuerst von den Übertragungsnetzbetreibern zu einem gesetzlich bestimmten Vergütungssatz abgenommen wird.
(20)
In späteren Beschlüssen stellte die Kommission fest, dass konventionelle Stromerzeugung und (zumindest ein Teil der) Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen Teil desselben Marktes sind. In ihrem Beschluss zu den Niederlanden8 stellte die Kommission fest, dass der aus erneuerbaren Quellen erzeugte Strom direkt auf dem Markt verkauft wurde und dass das niederländische SDE+-System wettbewerbsorientierte Angebote förderte, während die Wettbewerber versuchten, ihre Kosten zu minimieren (daher die Einspeiseprämie, die sie erhielten). In ihrem Beschluss zu Italien9 wies die Kommission darauf hin, dass die neueren Förderungs­regelungen für erneuerbare Energien Gegenstand eines Bieterverfahrens mit einer großen Zahl von Bewerbern waren. In ihrem Beschluss zu Litauen10 erklärte die Kommission, dass der im Rahmen der dritten Förderregelung erzeugte Strom eine prämienbasierte Förderung im Wege eines wettbewerbsorientierten Bieterverfahrens erhielt, und stellte fest, dass dieser Strom Teil desselben Marktes ist, wie der Markt für Strom aus konventioneller Erzeugung. 2022 stellte die Kommission hinsichtlich Dänemark11 fest, dass die Gewährung öffentlicher Mittel dem Wettbewerb durch ein Bieterverfahren unterliegt, das das Verhalten der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Bezug auf ihre Auftragsvergabe diszipliniert. Sie kam daher zu dem Schluss, dass die vom Antrag betroffenen Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen demselben Markt an­gehören wie die konventionelle Stromerzeugung.
(21)
In seiner Stellungnahme stellt das BKartA fest12, dass von Anfang 2012 bis Ende 2020 etwa 65 GW an EEG-geförderter Leistungskapazität installiert worden seien, was der Hälfte der nach EEG geförderten Kapazität und einem Viertel der gesamten Leistungskapazität in Deutschland entspreche. 2020 habe der Anteil des im Rahmen des EEG geförderten Stroms rund 20 % der gesamten Stromerzeugung in Deutschland betragen. Die Vergütungen im Rahmen des EEG seien nur moderat gestiegen, da sich immer mehr Betreiber von Erzeugungsanlagen dazu entschlossen hätten, ihre Produktion auf dem Markt zu verkaufen („Direktvermarktung“), anstatt eine Festvergütung in Anspruch zu nehmen. Hinsichtlich der Definition des sachlich relevanten Marktes hat das BKartA in seiner kartellrechtlichen Entscheidungspraxis wiederholt die Auffassung vertreten, es handele sich beim Markt für EEG-Strom um einen gesonderten Markt.13
(22)
Die Kommission stellt fest, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen in Deutschland durch eine Reihe von Regelungen mit unterschiedlichen Merkmalen gefördert wird.
(23)
Angesichts der Vielfalt der Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland wird der Markt für die Zwecke der Analyse in diesen Erwägungsgründen in Stromerzeugung in Anlagen, die eine von den Marktpreisen unabhängige Vergütung erhalten können (fester Einspeisetarif, Mieterstromzuschlag), und Stromerzeugung in Anlagen aufgeteilt, die eine Vergütung auf der Grundlage von Marktpreisen erhalten (Direktvermarktung mit gesetzlich bestimmtem anzulegendem Wert, Direktvermarktung mit durch Ausschreibungen bestimmtem anzulegendem Wert, ausgeförderte Altanlagen und sonstige Arten der Direktvermarktung). Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Beschluss 2012/​218/​EU der Kommission zur Freistellung im Zusammenhang mit dem deutschen Elektrizitätsmarkt, in dem die Kommission zu dem Ergebnis kam, dass die Existenz eines gesetzlich bestimmten Vergütungssatzes ein wesentliches Merkmal bei der Analyse ist, ob EEG-Strom dem Wettbewerb ausgesetzt ist.

3.2.2. Definition des räumlich relevanten Marktes

(24)
Nach Ansicht des BDEW sei in Anlehnung an die Entscheidungspraxis der Kommission der nationale Markt der räumlich relevante Markt, d. h. der Markt, der das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland umfasst.14
(25)
Hinsichtlich des räumlich relevanten Marktes vertrat die Kommission in ihrer bisherigen Praxis15 die Auffassung, dass der Markt für die Stromerzeugung auf das Staatsgebiet beschränkt ist. Die Position des Antragstellers steht im Einklang mit der Praxis der Kommission.
(26)
Da es keine Hinweise auf einen anderen Umfang des räumlichen Marktes gibt, kann für die Zwecke der Bewertung im Rahmen dieses Beschlusses und unbeschadet der Bestimmungen des Wettbewerbsrechts davon ausgegangen werden, dass der räumliche Anwendungsbereich für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen und den Großhandel mit diesem das Hoheitsgebiet Deutschlands abdeckt.

3.2.3. Marktanalyse

3.2.3.1. Marktanteile und Gesamtbewertung des Stromerzeugungsmarktes in Deutschland

(27)
Die Kommission wird eine Analyse des Stromerzeugungs- und des Großhandelsmarktes in Deutschland auf der Grundlage der verfügbaren Daten für die Stromerzeugung aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen durchführen.
(28)
Das BKartA gibt in seinem jährlichen Marktbericht zur konventionellen Stromerzeugung einen Überblick über die Marktanteile. Im Zeitraum 2019–2021 seien die jährlichen Marktanteile der fünf größten konventionellen Stromerzeuger recht stabil geblieben: RWE (26 %, 25,3 %, 26,1 %), LEAG (16,2 %, 14,9 %, 15,7 %), EnBW (12,7 %, 9,9 %, 11,4 %), EON (8,8 %, 9,6 %, 9,2 %) und Vattenfall (6,4 %, 5,6 %, 4,5 %). Mit EnBW und Vattenfall seien nur zwei dieser Unternehmen auch Auftraggeber. Ørsted habe in den Jahren 2020, 2021 und 2022 einen Marktanteil von weniger als 1 % auf dem kombinierten Markt für die Stromerzeugung aus konventionellen und er­neuerbaren Energiequellen gehabt.16
(29)
Die Namen und Marktanteile der drei größten Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen seien nicht öffentlich verfügbar. Dies sei zum Teil auf die hohe Zahl von Marktteilnehmern am Markt für Strom aus er­neuerbaren Energiequellen zurückzuführen.
(30)
Das BKartA ermittelte, dass die Marktanteile der fünf oben genannten umsatzstärksten Unternehmen der konventionellen Stromerzeugung bei der nach dem EEG geförderten Erzeugungsmenge für das Marktgebiet Deutschland im Jahr 2021 zusammen rund 6,4 % betrugen.17
(31)
Laut BDEW ist davon auszugehen, dass die Marktanteile der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen relativ gering sind und keiner von ihnen einen Marktanteil von mehr als 10 % besitzt.
(32)
Das BKartA stellt in seiner Stellungnahme18 fest, dass im allgemeinen Stromgroßhandel in Deutschland ein wirksamer Wettbewerbsdruck herrscht und dass Großhandelspreissignale das Ergebnis eines wirksamen Wettbewerbs sind. Die Kommission stellt daher vorbehaltlich einer eingehenderen Analyse der Förderregelungen für erneuerbare Energien fest, dass durch die Erzeugung von und den Großhandel mit konventionellem Strom ein Wettbewerbsdruck auf die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen ausgeübt wird.

3.2.3.2. Anlagen für die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, die eine von Marktpreisen unabhängige Vergütung erhalten können (d. h. die einem festen Einspeisetarif19 oder dem Mieterstromzuschlag20 unterliegen)

(33)
Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, die vom 1. Januar 2012 bis zum 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden, sind von der Direktvermarktungspflicht befreit und können die Option der festen Einspeisevergütung nutzen. Laut BKartA erhalten diese Anlagen eine Festvergütung von einem Nichtmarktteilnehmer (den Übertragungsnetzbetreibern) und sind an keiner Markttätigkeit beteiligt. Im Einklang mit der von der Kommission im Beschluss von 2012 vorgenommenen Analyse der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels in Deutschland können solche Anlagen nicht als dem Wettbewerb ausgesetzt gelten.
(34)
Kleinanlagen, die am oder nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden (d. h. Anlagen mit weniger als 100 kW oder bis Ende 2015 in Betrieb genommene Anlagen mit weniger als 500 kW Leistung), sind von der Direktvermarktungspflicht befreit und können die feste Einspeisevergütung nutzen. Laut BKartA erhalten diese Anlagen eine Festvergütung von einem Nichtmarktteilnehmer und sind an keiner Markttätigkeit beteiligt. Im Einklang mit der von der Kommission im Beschluss von 2012 vorgenommenen Analyse der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels in Deutschland können solche Anlagen nicht als dem Wettbewerb ausgesetzt gelten.
(35)
Hinsichtlich des „Mieterstromzuschlags“ oder des Stroms, den der Anlagenbetreiber nicht an seine Mieter verkauft, wird sich der Anlagenbetreiber laut BKartA nur dann für den Mieterstromzuschlag entscheiden, wenn dies zusätzliche finanzielle Vorteile mit sich bringt. Es handele sich daher standardmäßig um eine eher subventionierte Option. Das BKartA gelangt zu dem Schluss, dass die Anlagen für die Erzeugung von Strom aus er­neuerbaren Quellen, für die ein „Mieterstromzuschlag“ gezahlt wird, nicht unmittelbar dem Wettbewerb aus­gesetzt sind. Die Kommission hat keine Hinweise, die es erlauben würden, von dieser Schlussfolgerung ab­zuweichen.
(36)
Für die Zwecke dieses Beschlusses und unbeschadet des Wettbewerbsrechts sollten die oben beschriebenen Faktoren als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Erzeugung von und der Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland nicht dem Wettbewerb ausgesetzt sind, wenn sie Einspeisetarifen oder Mieterstromzuschlägen unterliegen. Folglich sollte festgelegt werden, dass die Richtlinie 2014/​25/​EU auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeit in Deutschland ermöglichen sollen, weiterhin Anwendung finden sollte, da die in Artikel 34 der Richtlinie 2014/​25/​EU festgelegten Bestimmungen nicht erfüllt sind.

3.2.3.3. Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen, die eine mit dem Marktpreis verknüpfte Vergütung erhalten (z. B. Direktvermarktung mit gesetzlich bestimmtem anzulegendem Wert21, Direktvermarktung mit durch Ausschreibungen bestimmtem anzulegendem Wert22, ausgeförderte Altanlagen für erneuerbare Energien23 und Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, die sonstigen Arten der Direktvermarktung unterliegen24)

(37)
Die EEG-Anlagenbetreiber, die der Direktvermarktung mit gesetzlich bestimmtem anzulegendem Wert unter­liegen, generieren Einnahmen aus:

dem Verkauf von Strom an Dritte (in Höhe des Kaufpreises, der für die in den Bilanzkreis eingegangenen Mengen eingestellt wird). Diese Vermarktung ist frei von regulatorischen Anforderungen in Bezug auf den Preis. Der Dritte darf kein Übertragungsnetzbetreiber sein. Der Verkauf findet somit auf dem Großhandelsmarkt statt.
der Marktprämie, die der Übertragungsnetzbetreiber dem Anlagenbetreiber für jede eingespeiste kWh zahlt. Dies gilt mit einer Einschränkung für Anlagen, die ab dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden: Wenn der Wert für mindestens sechs aufeinanderfolgende Stunden am EPEX-Spotmarkt (Day-Ahead-Markt) negativ ist, sinkt der anzulegende Wert und damit die Marktprämie für diesen gesamten Zeitraum auf null. Für Anlagen, die zum 1. Januar 2021 in Betrieb genommen oder neu vergeben wurden, wurde der relevante Zeitraum auf vier Stunden verkürzt. Für alle ab dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommenen Anlagen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder alle Anlagen, die einen EEG-Preis erhalten haben, wird dieser Zeitraum schrittweise von vier Stunden im Jahr 2023 auf eine Stunde im Jahr 2027 gesenkt. Bei der Marktprämie (MP) handelt es sich um einen gesonderten Zahlungsanspruch des EEG-Anlagenbetreibers gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber. Sie wird für ab dem 1. August 2014 in Betrieb genommene Anlagen als Differenz zwischen dem auf die Anlage „anzulegenden Wert“ (AW) und dem „Monatsmarktwert“ (MW) nach der Formel MP = AW – MW berechnet.
(38)
In seiner Stellungnahme weist das BKartA darauf hin, dass es hinsichtlich ihrer konkreten praktischen und wirtschaftlichen Folgen entscheidend ist, dass die Marktprämie die Differenz zwischen dem anlagenspezifisch anzulegenden Wert und dem Marktwert der jeweiligen Technologie ausgleicht. Da diese nicht negativ werden kann, wirkt sie sich zunehmend auf die Gewinne des Anlagenbetreibers aus, wenn sie positiv ist, d. h., wenn der anlagenspezifisch anzulegende Wert höher ist als der entsprechende Marktwert. Das BKartA hat in den 23 Monaten von Mai 2020 bis April 2022 eine Analyse beider Werte durchgeführt. Ab dem 1. Januar 2021 wurden die anzulegenden Werte gesetzlich bestimmt und nehmen im Laufe der Zeit in Stufen von 0,5 bis 1,5 Prozent pro Jahr ab. Die anzulegenden Werte lagen zumindest bis etwa Mitte 2021 meist deutlich über den jeweiligen Marktwerten der letzten zwölf Monate. Dies bedeutet, dass eine entsprechend hohe Marktprämie gezahlt wurde, die die betroffenen Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen von den wirksamen Markt- und Wettbewerbskräften anderer Stromerzeugungsarten abkoppelte. Anlagen, deren anlagen­spezifisch anzulegender Wert den Normalmarktwert übersteigt und die folglich durch die gesetzlich bestimmte Markt­prämie gestützt werden, sind daher nach Ansicht des BKartA nicht dem unmittelbaren Wettbewerb mit anderen Stromerzeugungsanlagen ausgesetzt.
(39)
Im Hinblick auf die einzelnen Technologien stellte das BKartA fest, dass bis Mitte 2021 lediglich die anlagenspezifisch anzulegenden Werte einzelner Neuanlagen für Wasserkraft und Deponiegas in einigen Monaten spürbar unter dem EPEX-Marktwert lagen. Dies galt für Wasserkraft im September 2020 und ab November 2020 bei einer Kapazität von mehr als 50 MW, im September 2020 und ab Dezember 2020 bei einer Kapazität zwischen 20 MW und 50 MW sowie im Januar und April 2021 bei einer Kapazität zwischen 10 MW und 20 MW. Für Deponiegas galt dasselbe im September 2020 und ab Dezember 2020 bei einer Kapazität von 1 MW bis 5 MW sowie im November 2020 bei einer Kapazität von 5 MW oder mehr. Entsprechendes gilt auch für Offshore-Windanlagen. Seit Mitte 2021 sind zahlreiche anzulegende Werte unter die entsprechenden Monatsmarktwerte gefallen, und seit Ende 2021 gilt dies für die überwiegende Mehrzahl der anzulegenden Werte.
(40)
Nach Ansicht des BKartA hat die Marktprämie für diese Anlagen keine wirtschaftlichen Auswirkungen mehr, wenn sich dieser Trend stabilisiert; die Anlagen arbeiteten daher uneingeschränkt zu vom Wettbewerb bestimmten Marktbedingungen und seien einem wirksamen Wettbewerb ausgesetzt. Allerdings geht das BKartA nur dann von einem solchen stabilen Trend aus, wenn der anlagenspezifisch anzulegende Wert für einen angemessenen Zeitraum unter den Marktwert (oder den entsprechenden, aber zukunftsgerichteten Index eines Strombezugsvertrags) fällt. Ein solcher Zeitraum würde 12 aufeinanderfolgenden Monaten entsprechen. Die Kommission stimmt mit dem BKartA überein, dass es angemessen ist, den unmittelbaren Einfluss des Wettbewerbs auf diese Tätigkeit mit der Tatsache zu verknüpfen, dass der anlagenspezifisch anzulegende Wert 12 aufeinanderfolgende Monate lang unter den Marktwert (oder einen entsprechenden, aber zukunftsgerichteten Index eines Strom­bezugsvertrags) gefallen ist.
(41)
In Bezug auf die Direktvermarktung mit anzulegendem Wert, der durch Ausschreibungen bestimmt wird, gibt es laut BKartA einige Merkmale, die allen Ausschreibungen gemein sind. Die EEG-Ausschreibungen zeichnen sich durch eine kleine Angebotsstruktur aus. Der Umfang der Einzelgebote ist im Vergleich zur Nachfrage auf die jeweilige Ausschreibung gering und weit von der Schwelle entfernt, ab der nach deutschem Kartellrecht eine Marktbeherrschung zu vermuten ist. Hinter diesen Geboten steckt eine ausreichend kleine und bei Onshore-Windkraft- und Solaranlagen stark zersplitterte Lieferantenstruktur. Die ausschreibende öffentliche Stelle ist die Bundesrepublik Deutschland, die selbst nicht als Bieter tätig ist.
(42)
Das BKartA fügt hinzu, dass die Ausschreibungsregelung bei allen erneuerbaren Energiequellen aus klima­politischen Erwägungen und vor dem Hintergrund entsprechender politischer Ausbauziele und -spezifikationen darauf abzielt, das Angebot an Strom aus erneuerbaren Energiequellen und eine entsprechend hohe Nachfrage nach förderfähigen Projekten zu erweitern. Das tatsächliche und potenzielle Angebot der Bieter im Rahmen der Ausschreibung hängt unter anderem von der Verfügbarkeit entsprechender Flächen für neue Projekte ab. Angebote für bestehende Anlagen sind derzeit praktisch nur im Sektor der Stromerzeugung aus Biomasse relevant. Bei Onshore-Windkraftanlagen bestehen bereits Angebote für technologisch wesentlich modernere Anlagen an bereits bestehenden Standorten (Repowering). Ausschreibungen für neue Anlagen können durchgehend erfolgen und stellen faktisch die wichtigste Praxis dar. Der Markteintritt wird auch dadurch begünstigt, dass die Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen keinen intensiven Personaleinsatz vor Ort benötigt. Darüber hinaus stellt der Wettbewerb um die anzulegenden Werte für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen keinen Wettbewerb um den Markt dar. Ein Zuschlag führt nicht zu einer Monopolstellung oder einer marktbeherrschenden Stellung auf dem nachgelagerten Markt, da der Verkauf des erzeugten Stroms auf dem Großhandelsmarkt in einem wettbewerbsorientierten Umfeld zu Preisen erfolgt, die durch Marktmechanismen bestimmt werden.
(43)
In früheren Beschlüssen25 stellte die Kommission fest, dass das Bestehen von Ausschreibungen zur Bestimmung der Höhe der Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen einen wichtigen Faktor darstellt, um festzustellen, ob ein Unternehmen unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Im vorliegenden, Deutschland betreffenden Fall schlägt das BKartA in Anbetracht der Entscheidungspraxis der Kommission vor, ein zusätz­liches Kriterium einzuführen, das eine Differenzierung nach der Intensität des Wettbewerbs um die Subvention in der einzelnen Ausschreibung ermöglicht. Bei diesem Kriterium könnte es sich um eine Überzeichnung um mindestens 25 % der ausgeschriebenen Kapazität handeln. Der BDEW stellt die Anwendbarkeit eines solchen Kriteriums infrage, da die Höhe der Überzeichnung erst nach Abschluss der Ausschreibung festgestellt werden könne, während die Auftraggeber ihre eigenen Anschaffungen organisieren müssten, bevor sie an solchen Ausschreibungen teilnehmen. Damit sei eine Freistellung de facto nichtig.
(44)
In früheren Beschlüssen stellte die Kommission fest, dass ein Ausschreibungsverfahren für Zuschüsse zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen ein Index dafür ist, dass die Unternehmen dem Wettbewerb aus­gesetzt sind. Die Kommission nimmt diesbezüglich beispielsweise in ihrem Beschluss zu den Niederlanden zur Kenntnis,26 „dass die Gewährung einer SDE+-Beihilfe auf der Grundlage eines wettbewerblichen Aus­schreibungsverfahrens erfolgt, womit Anreize für ein disziplinierteres Ausschreibungsverhalten der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen gesetzt werden“. In ähnlicher Weise stellte die Kommission in ihrem Beschluss 2020/​1499 zu Italien fest27, dass die neueren Beihilferegelungen angesichts der hohen Zahl von Antragstellern und Angeboten in den jeweiligen Ausschreibungen in einem wettbewerbsorientierten Umfeld durch­geführt wurden. In ihrem Beschluss 2020/​1500 zu Litauen stellte die Kommission fest28, dass der im Rahmen der dritten Förderregelung erzeugte Strom eine Prämienunterstützung erhält, die im Rahmen eines Aus­schreibungsverfahrens festgelegt wurde, das dem Wettbewerb ausgesetzt war. Schließlich stellte die Kommission in ihrer Entscheidung zu Dänemark fest29, dass die Zuweisung öffentlicher Mittel im Wege eines Aus­schreibungsverfahrens dem Wettbewerb ausgesetzt war. Im Einklang mit diesen früheren Beschlüssen ist die Kommission daher der Ansicht, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, die der Direktvermarktung mit durch Ausschreibungen bestimmtem anzulegendem Wert unterliegen, unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind.
(45)
Das BKartA ist der Ansicht, dass ausgeförderte Anlagen einem direkten Wettbewerb ausgesetzt sind, da sie vom Netzbetreiber einen Einspeisetarif in Höhe des Marktwerts abzüglich der pauschalen Vermarktungskosten erhalten. Die Kommission stimmt dieser Analyse zu.
(46)
Laut BKartA hätten andere ausgeförderte EEG-Anlagen keinen Anspruch aus dem EEG. Sie unterlägen einer sonstigen Direktvermarktung nach § 21a EEG. Alle Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien mit sonstiger Direktvermarktung nach § 21a EEG nähmen auf dieselbe Art und Weise am Erstverkaufsmarkt teil wie jedes andere Stromerzeugungssystem, das nicht über das EEG gefördert werde. Inzwischen sei diese Ver­gütungskategorie bereits für neu errichtete Anlagen, wie z. B. Freiflächenfotovoltaikanlagen, relevant. Diese Anlagen seien allgemeinen Wettbewerbskräften ausgesetzt. Die Kommission teilt die Auffassung, dass Anlagen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, die der sonstigen Direktvermarktung unterliegen, unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind.
(47)
Für die Zwecke dieses Beschlusses und unbeschadet des Wettbewerbsrechts sollten die oben aufgeführten Faktoren als Hinweis darauf verstanden werden, dass Anlagen zur Stromerzeugung in Deutschland, die der Direktvermarktung mit gesetzlich bestimmtem anzulegenden Wert oder der Direktvermarktung mit durch Ausschreibungen bestimmtem anzulegendem Wert unterliegen, sowie ausgeförderte Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen und der sonstigen Direktvermarktung unterliegende Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Folglich sollte festgelegt werden, dass die Richtlinie 2014/​25/​EU auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Deutschland ermöglichen sollen, keine Anwendung findet, da die in Artikel 34 der Richtlinie 2014/​25/​EU festgelegten Bestimmungen erfüllt sind.

4. SCHLUSSFOLGERUNG

(48)
Angesichts der vorstehend untersuchten Faktoren sollte die Bedingung aus Artikel 34 Absatz 1 der Richt­linie 2014/​25/​EU in Bezug auf Tätigkeiten, die unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, in Deutschland bezüglich Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von und dem Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen als nicht erfüllt gelten, wenn diese Einspeisungstarifen und Mieterstromzuschlägen unterliegen.
(49)
Die Richtlinie 2014/​25/​EU sollte weiter Anwendung finden, wenn Auftraggeber Aufträge vergeben, mit denen die Ausübung dieser Tätigkeiten ermöglicht werden soll, oder wenn sie Wettbewerbe für die Ausübung dieser Tätigkeiten in diesem Gebiet durchführen.
(50)
Angesichts der vorstehend untersuchten Faktoren sollte die Bedingung aus Artikel 34 Absatz 1 der Richt­linie 2014/​25/​EU in Bezug auf Tätigkeiten, die unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, in Deutschland bezüglich Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von und dem Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen als erfüllt gelten, wenn diese der Direktvermarktung mit gesetzlich bestimmtem an­zulegendem Wert (wenn der anlagenspezifische anzulegende Wert für 12 aufeinanderfolgende Monate unter den Marktwert (oder einen entsprechenden, aber zukunftsgerichteten Index eines Strombezugsvertrags) fällt), der Direktvermarktung mit durch Ausschreibungen bestimmtem anzulegendem Wert oder sonstiger Direkt­vermarktung unterliegen oder es sich um alte, ausgeförderte Anlagen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen handelt.
(51)
Da die Bedingung des freien Zugangs zum Markt als erfüllt gilt, sollte die Richtlinie 2014/​25/​EU weder gelten, wenn Auftraggeber Aufträge vergeben, die die Erbringung dieser Tätigkeiten in Deutschland ermöglichen sollen, noch wenn Wettbewerbe für die Ausübung solcher Tätigkeit in diesem Land ausgeschrieben werden.
(52)
Dieser Beschluss berührt nicht die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union und der Bestimmungen in anderen Bereichen des Unionsrechts. So sind insbesondere die Kriterien und Methoden zur Bewertung, ob eine Tätigkeit im Sinne des Artikels 34 der Richtlinie 2014/​25/​EU unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, nicht zwangsläufig dieselben wie die, die für eine Bewertung nach Artikel 101 oder Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder nach der Verordnung (EG) Nr. 139/​200430 des Rates herangezogen werden, was auch vom Gericht der Europäischen Union bestätigt wurde31 —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 2014/​25/​EU gilt nicht für die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber, die die Ausübung folgender Tätigkeiten in Deutschland ermöglichen sollen:

die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wenn die erzeugenden Anlagen der Direktvermarktung mit gesetzlich bestimmtem anzulegendem Wert unterliegen (vorausgesetzt, der anlagenspezifisch anzulegende Wert ist für 12 aufeinanderfolgende Monate niedriger als der Marktwert (oder als der Index eines entsprechenden, aber zukunftsgerichteten Index eines Strombezugsvertrags),
die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wenn die erzeugenden Anlagen der Direktvermarktung mit durch Ausschreibungen bestimmtem anzulegendem Wert unterliegen,
die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wenn die erzeugenden Anlagen der sonstigen Direktvermarktung unterliegen,
die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energien in ausgeförderten Altanlagen.
Artikel 2

Die Richtlinie 2014/​25/​EU gilt weiterhin für die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber, die die Ausübung folgender Tätigkeiten in Deutschland ermöglichen sollen:

die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wenn die erzeugenden Anlagen einem festen Einspeisetarif unterliegen,
die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wenn die erzeugenden Anlagen dem Mieterstromzuschlag unterliegen.
Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 21. September 2023

Für die Kommission

Thierry BRETON

Mitglied der Kommission

1
ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243.
2
Durchführungsbeschluss (EU) 2016/​1804 der Kommission vom 10. Oktober 2016 über die Durchführungsmodalitäten für die Anwendung der Artikel 34 und 35 der Richtlinie 2014/​25/​EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 275 vom 12.10.2016, S. 39).
3
Richtlinie (EU) 2019/​944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/​27/​EU (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125).
4
S. 3 des Antrags.
5
Nach Anlage 1 Nr. 4 EEG 2021 und EEG 2023 wird der Jahresmarktwert aus dem Jahresmittelwert des Spotmarktpreises für die betreffende Energiequelle an Strombörsen berechnet, an denen Stromprodukte für die Preiszone von Deutschland gehandelt werden können.
6
Dementsprechend hielt es die Kommission nicht für erforderlich, diese Vergütung nach dem Beihilferecht zu genehmigen, siehe FAQ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur beihilfenrechtlichen Genehmigung, Nr. 6, https:/​/​www.bmwk.de/​Redaktion/​DE/​FAQ/​EEG-2021-FAQ/​faq-beihilferechtlichen-genehmigung-eu-kommission.html.
7
Durchführungsbeschluss (EU) 2012/​218 der Kommission vom 24. April 2012 zur Freistellung der Erzeugung und des Großhandels von Strom aus konventionellen Quellen in Deutschland von der Anwendung der Richtlinie 2004/​17/​EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 114 vom 26.4.2012, S. 21).
8
Durchführungsbeschluss (EU) 2018/​71 der Kommission vom 12. Dezember 2017 zur Freistellung der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels in den Niederlanden von der Anwendung der Richtlinie 2014/​25/​EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/​17/​EG (ABl. L 12 vom 17.1.2018, S. 53).
9
Durchführungsbeschluss (EU) 2020/​1499 der Kommission vom 28. Juli 2020 über die Anwendbarkeit der Richtlinie 2014/​25/​EU des Europäischen Parlaments und des Rates auf die Erzeugung von und den Großhandel mit Strom aus erneuerbaren Quellen in Italien (ABl. L 342 vom 16.10.2020, S. 8).
10
Durchführungsbeschluss (EU) 2020/​1500 der Kommission vom 28. Juli 2020 über die Anwendbarkeit der Richtlinie 2014/​25/​EU des Europäischen Parlaments und des Rates auf die Vergabe von Aufträgen für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erzeugung von und dem Großhandel mit Strom in Litauen (ABl. L 342 vom 16.10.2020, S. 15).
11
Durchführungsbeschluss (EU) 2022/​1376 der Kommission vom 26. Juli 2022 über die Anwendbarkeit des Artikels 34 der Richtlinie 2014/​25/​EU des Europäischen Parlaments und des Rates auf die Stromerzeugung und den Stromgroßhandel in Dänemark (ABl. L 206 vom 8.8.2022, S. 42).
12
Stellungnahme des Bundeskartellamts zum Antrag des BDEW auf Feststellung der Anwendbarkeit des Artikels 34 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EU auf die EEG-Stromerzeugung und damit verbundene Tätigkeiten aus nach dem 1. Januar 2012 in Deutschland in Betrieb genommenen Anlagen (B8-70/​20). Darüber hinaus die Stellungnahme des Bundeskartellamts zum Antrag von Ørsted A/​S auf eine Entscheidung über die Anwendbarkeit des Artikels 34 Absatz 1 der Richtlinie 2014/​25/​EG auf EEG-Stromerzeugung aus Offshore-Windparks in Deutschland (B8-102/​20) vom 25. Mai 2022, Buchstabe C Nummer 1, S. 11.
13
Bundeskartellamt, Beschluss vom 10.7.2018, EnBW/​MVV, B4-80/​17, Rn. 167 ff.; Bundeskartellamt, Fallbericht vom 31. Mai 2019: Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an der E.ON SE durch die RWE AG, B8-28/​19.
14
Antrag, Nummer 3.2.
15
Durchführungsbeschluss (EU) 2012/​218 der Kommission vom 24. April 2012 zur Freistellung der Erzeugung und des Großhandels von Strom aus konventionellen Quellen in Deutschland von der Anwendung der Richtlinie 2004/​17/​EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 114 vom 26.4.2012, S. 20).
16
Siehe Antrag Ørsted S. 40.
17
Bundesnetzagentur/​Bundeskartellamt, Monitoringbericht 2022. S. 52 ff.
18
Stellungnahme des Bundeskartellamts, ebenda S. 44.
19
§ 21 Absatz 1 Nummer 1 EEG.
20
§ 21 Absatz 3 EEG.
21
§ 20 EEG.
22
§ 20 und 22 EEG.
23
§ 23b Absatz 2 EEG.
24
§ 21a EEG.
25
Beschlüsse 2018/​71 der Kommission vom 12. Dezember 2017 (ABl. L 12 vom 17.1.2018, S. 53 (Niederlande)), 2020/​1499 vom 28. Juli 2020 (ABl. L 342 vom 16.10.2020, S. 8 (Italien)), 2020/​1500 vom 28. Juli 2020 (ABl. L 342 vom 16.10.2020, S. 15 (Litauen)) und 2022/​1376 vom 26. Juli 2022 (ABl. L 206 vom 8.8.2022, S. 42 (Dänemark)).
26
Beschluss 2018/​71 der Kommission (Niederlande), Erwägungsgrund 21.
27
Beschluss 2020/​1499 der Kommission (Italien), Erwägungsgrund 38.
28
Beschluss 2020/​1500 der Kommission (Litauen), Erwägungsgrund 30.
29
Beschluss 2022/​1376 der Kommission, Erwägungsgrund 29.
30
Verordnung (EG) Nr. 139/​2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1).
31
Urteil des Gerichts vom 27. April 2016, Österreichische Post AG/​Kommission, T-463/​14, ECLI:EU:T:2016:243, Rn. 28. Siehe auch Richtlinie 2014/​25/​EU, Erwägungsgrund 44.

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