Bekanntmachung eines Entwurfs einer bindenden Festsetzung über Fertigungszeiten, Entgelte, Urlaub, Entgeltumwandlung und sonstige Vertragsbedingungen für in Heimarbeit Beschäftigte, die vom Handel und sonstigen Wirtschaftszweigen, die nicht von einem anderen Heimarbeitsausschuss erfasst werden, mit Verpackungs-, Abfüll-, Aufmachungs- und sonstigen Hilfsarbeiten beschäftigt werden

Published On: Donnerstag, 10.02.2022By

Bundesministerium
für Arbeit und Soziales

Bekanntmachung
eines Entwurfs einer bindenden Festsetzung über Fertigungszeiten, Entgelte,
Urlaub, Entgeltumwandlung und sonstige Vertragsbedingungen für in Heimarbeit
Beschäftigte, die vom Handel und sonstigen Wirtschaftszweigen, die nicht von einem
anderen Heimarbeitsausschuss erfasst werden, mit Verpackungs-, Abfüll-,
Aufmachungs- und sonstigen Hilfsarbeiten beschäftigt werden

Vom 25. Januar 2022

Auf Grund des § 19 des Heimarbeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 804-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 10. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5162) geändert worden ist, hat der Gemeinsame Heimarbeitsausschuss den nachstehenden Entwurf einer bindenden Festsetzung beschlossen, der hiermit gemäß § 7 der Ersten Rechtsverordnung zur Durchführung des Heimarbeitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 1976 (BGBl. I S. 221), zuletzt geändert durch Artikel 435 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), bekannt gemacht wird.

Schriftliche Einsprüche − in doppelter Ausfertigung − können

bis zum 3. März 2022

bei dem Vorsitzenden des oben genannten Heimarbeitsausschusses, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Wilhelmstraße 49, 10117 Berlin, eingereicht werden.

Werden schriftliche Einsprüche fristgerecht erhoben, so findet hierüber vor dem Heimarbeitsausschuss eine öffentliche und mündliche Verhandlung statt, über die die Einsender verständigt werden.

Berlin, den 25. Januar 2022

Gemeinsamer Heimarbeitsausschuss

Der Vorsitzende
Michael Vollert

Entwurf einer bindenden Festsetzung

§ 1

Geltungsbereich

Die bindende Festsetzung gilt:

sachlich: für folgende von Betrieben des Handels und sonstigen Wirtschaftszweigen, die nicht von einem anderen Heimarbeitsausschuss erfasst werden, vergebene Arbeiten:
a) Verpackungs-, Abfüll- und Aufmachungsarbeiten (Klebearbeiten, Sortieren, Etikettieren),
b) sonstige Hilfsarbeiten: Ausschneiden von Putzlappen aus Altkleidern (Maschinenarbeiten) für den Handel mit Textilabfällen,
persönlich: für die in Heimarbeit Beschäftigten,
räumlich: für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Hierbei bleiben die Regionen ausgenommen, in denen ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag gilt oder nach § 4 Absatz 5 des Tarifvertragsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. Juli 2015 (BGBl. S. 1130) geändert worden ist, nachwirkt.
§ 2

Fertigungszeiten

(1) Die Fertigungszeiten sind so festzusetzen, dass der in Heimarbeit Beschäftigte bei Normalleistung das der Stückentgeltberechnung zugrundeliegende Stundenentgelt als Mindestverdienst erhält.

(2) Unter Normalleistung ist diejenige Leistung zu verstehen, die von jedem geeigneten in Heimarbeit Beschäftigten nach genügender Übung und Einarbeitung ohne Gesundheitsschädigung auf die Dauer erreicht und erwartet werden kann. In der Fertigungszeit müssen die erforderlichen Verteilzeiten und, falls notwendig, genügend Erholungszeit für den Ausgleich von auftretenden arbeitsablaufbedingten Ermüdungserscheinungen enthalten sein.

(3) Die Zeitaufnahmen sind nach den gesicherten Grundsätzen und Methoden der Zeitermittlung vorzunehmen.

(4) Die im Betrieb des Auftraggebers angewandten Fertigungszeiten können unter folgenden Voraussetzungen angewendet werden:

a)
Die Heimarbeit muss mit den entsprechenden Tätigkeiten von Betriebsarbeitern vergleichbar sein.
b)
Die Heimarbeit muss mit den vergleichbaren technischen Hilfsmitteln wie im Betrieb ausgeführt werden.
c)
Ist im Betrieb des Auftraggebers ein Betriebsrat vorhanden, müssen diese Fertigungszeiten mit dem Betriebsrat schriftlich vereinbart sein.
§ 3

Stundenentgelte

(1) Für die Verpackungs-, Abfüll- und Aufmachungsarbeiten (Klebearbeit, Sortieren, Etikettieren) ist ab 1. Februar 2022 ein Stundenentgelt von mindestens 7,80 Euro zugrunde zu legen.

(2) Für sonstige Hilfsarbeiten: Ausschneiden von Putzlappen aus Altkleidern (Maschinenarbeiten) für den Handel mit Textilabfällen ist ein Stundenentgelt von mindestens 6,82 Euro zugrunde zu legen.

§ 4

Urlaub

(1) In Heimarbeit Beschäftigte erhalten 30 Werktage Jahresurlaub und ein Urlaubsgeld.

(2) Der Zuschlag für das Urlaubsentgelt und das Urlaubsgeld ist nach dem in der Zeit vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres oder bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verdienten Arbeits­entgelt vor Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, ohne Heimarbeitszuschlag und ohne die für den Lohnausfall an Feiertagen, den Arbeitsausfall infolge Krankheit und den Urlaub zu leistenden Zahlungen zu berechnen.

Der Zuschlag beträgt 16,9 %

Hierin sind enthalten:

Urlaubsentgelt Urlaubsgeld
11,6 % 5,3 %

(3) Soweit in den Absätzen 1 und 2 nichts Anderes bestimmt ist, gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes vom 8. Januar 1963 (BGBl. I S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 5

Heimarbeitszuschlag und sonstige gesetzliche Leistungen

Für allgemeine Aufwendungen erhält der in Heimarbeit Beschäftigte einen angemessenen Zuschlag, der mindestens 10 % der Stückentgelte betragen muss.

Außerdem erhält er die in den gesetzlichen Regelungen für Krankheit, Mutterschutz und Feiertage vorgesehenen gesetzlichen Leistungen, vgl. § 8.

§ 6

Hilfsstoffe

Notwendiges Verpackungsmaterial und sonstige Zutaten sind vom Auftraggeber unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

§ 7

Transportkosten

Transportkosten, die dem Auftraggeber bei der Vergabe von Heimarbeit für die Anlieferung und Abholung entstehen, dürfen dem in Heimarbeit Beschäftigten nicht in Rechnung gestellt werden.

§ 8

Wirtschaftliche Sicherung für den Krankheitsfall

Die wirtschaftliche Sicherung für den Krankheitsfall richtet sich nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1065) in der jeweils geltenden Fassung, der Bestandteil dieser bindenden Festsetzung ist.

§ 9

Anspruch auf Entgeltumwandlung

(1) Heimarbeiter können vom Auftraggeber verlangen, dass Entgeltansprüche bis zu 4 % der jeweiligen Beitrags­bemessungsgrenze der Rentenversicherung im Wege der Entgeltumwandlung für Anwartschaften auf betriebliche Altersvorsorge verwandt werden. Bei dieser Entgeltumwandlung dürfen 1/​160 der Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht unterschritten werden. Die Einzelheiten werden zwischen Auftraggebern und Heimarbeitern schriftlich vereinbart.

(2) Zwischen Auftraggebern und Heimarbeitern kann auf freiwilliger Basis vereinbart werden, dass mehr als 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung umgewandelt werden.

§ 10

Umwandelbare Entgeltbestandteile

(1) Umgewandelt werden können auf Verlangen des Heimarbeiters Ansprüche auf

a)
das zusätzliche Urlaubsgeld im Sinne von § 4,
b)
vermögenswirksame Leistungen im Sinne der bindenden Festsetzung über vermögenswirksame Leistungen für bestimmte vom Gemeinsamen Heimarbeitsausschuss erfasste Tätigkeiten, die von in Heimarbeit Beschäftigten ausgeübt werden vom 15. November 2001/​7. Mai 2002 (BAnz. S. 18 506),
c)
sonstige Entgeltbestandteile, soweit es sich dem Grunde nach um sozialversicherungs-/​beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt.

(2) Es können nur künftige Entgeltansprüche umgewandelt werden. Der § 4 Absatz 3 der in Buchstabe b genannten bindenden Festsetzung steht der Umwandlung nicht entgegen.

§ 11

Fälligkeit des umzuwandelnden Entgelts

(1) Das umzuwandelnde Entgelt wird in jedem Kalenderjahr als einmaliger Betrag behandelt.

(2) Die Auftraggeber und Heimarbeiter können einen jährlichen Fälligkeitstermin vereinbaren. Fehlt eine solche Festlegung, gilt als Fälligkeitstermin der 1. Dezember des Kalenderjahres, in dem das umzuwandelnde Entgelt fällig geworden wäre.

(3) Werden dabei vom Auftraggeber Zahlungen für künftige, noch nicht fällige Ansprüche zugesagt, hat der Heimarbeiter die bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses noch nicht verdienten Anteile, die sich auf das Restjahr nach Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses beziehen, dem Auftraggeber zu erstatten.

§ 12

Verfahren

(1) Der Heimarbeiter muss den Anspruch auf Entgeltumwandlung spätestens zwei Wochen vor dem ersten des Monats, zu dem die Vereinbarung in Kraft treten soll, geltend machen. Die Heimarbeiter haben den/​die umzuwandelnden Anspruch/​Ansprüche und die Höhe des Umwandlungsbetrags anzugeben.

(2) Der Heimarbeiter ist an die jeweilige Entscheidung, in der bindenden Festsetzung festgelegte Entgeltbestandteile umzuwandeln, für 12 Monate gebunden, es sei denn, die persönlichen Lebens- oder Einkommensverhältnisse ändern sich so wesentlich, dass eine Entgeltumwandlung nicht mehr zuzumuten ist.

(3) Für die Berechnung von Ansprüchen aller Art sind die Entgelte maßgeblich, die sich ohne Entgeltumwandlung ergeben würden.

§ 13

Durchführungsweg

(1) Der Auftraggeber bietet dem Heimarbeiter für die Entgeltumwandlung einen Durchführungsweg gemäß § 1 in Verbindung mit § 1b des Betriebsrentengesetzes an (Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung).

(2) Es ist zu gewährleisten, dass im Rahmen der angebotenen Durchführungswege sowohl eine nach den §§ 10a, 82 ff. des Einkommensteuergesetzes geförderte als auch eine ungeförderte Entgeltumwandlung möglich ist.

(3) Das Angebot des Auftraggebers ist so rechtzeitig zu unterbreiten, dass der Heimarbeiter bis zu dem für die Geltendmachung seines Anspruchs maßgeblichen Stichtag ausreichend Zeit zur Prüfung dieses Angebots hat. Durchführungsweg und Art der gewählten Versorgungsleistung werden schriftlich vereinbart.

§ 14

Fortführung der Versorgungsanwartschaft

Der Auftraggeber prüft auf Verlangen des Heimarbeiters, ob er die beim bisherigen Auftraggeber oder Arbeitgeber erworbenen Anwartschaften übernimmt.

§ 15

Insolvenzsicherung

Soweit bei Durchführung über einen insolvenzsicherungspflichtigen Durchführungsweg die Ansprüche und Anwartschaften ab Beginn der Versorgungszusage in den ersten zwei Jahren nicht gesetzlich oder anderweitig gegen In­solvenz gesichert sind, nimmt der Auftraggeber eine Insolvenzsicherung vor.

§ 16

Informationspflichten

Der Auftraggeber informiert die Heimarbeiter über die Grundzüge der angebotenen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung. Allgemeine Hinweise des Trägers der Altersvorsorge, insbesondere Auskünfte über die zu erwartenden Leistungen, werden an den Heimarbeiter unverzüglich weitergegeben.

§ 17

Inkrafttreten

Die bindende Festsetzung tritt mit Wirkung vom 1. Februar 2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt die bindende Festsetzung vom 4. November 2020 (BAnz AT 17.03.2021 B1) außer Kraft.

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