Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Was Anleger der Miller Forest Investment AG jetzt tun können
Die Meldung der BaFin über mögliche Verstöße gegen die Prospektpflicht durch die Miller Forest Investment AG hat viele Anleger verunsichert. Das Unternehmen bietet Investitionsmöglichkeiten in die Forstwirtschaft in Paraguay an, jedoch offenbar ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Verkaufsprospekte. Rechtsanwalt Jens Reime, Experte für Anlegerrecht, erklärt im Interview, was betroffene Anleger jetzt tun können und wie sie mögliche Risiken minimieren können.
Herr Reime, die BaFin hat mitgeteilt, dass die Miller Forest Investment AG Vermögensanlagen ohne den erforderlichen Verkaufsprospekt angeboten haben könnte. Was bedeutet das konkret für Anleger?
Jens Reime: Die BaFin sieht in diesem Fall mögliche Verstöße gegen das Vermögensanlagengesetz, konkret gegen die Prospektpflicht nach § 6. Das bedeutet, dass die Miller Forest Investment AG möglicherweise Vermögensanlagen wie „Waldinvestments“, „Pacht – Nutzholz NP18“ und „Kauf – Nutzholz NK18“ öffentlich angeboten hat, ohne einen zuvor geprüften Verkaufsprospekt zu veröffentlichen.
Für Anleger ist das ein potenzielles Warnsignal, da der Verkaufsprospekt ein zentrales Dokument ist, das Transparenz schaffen und die Anleger umfassend über die Risiken und Rahmenbedingungen des Investments informieren soll. Ohne einen solchen Prospekt fehlt es an wichtigen Informationen, die Anleger vor ihrer Investition hätten kennen müssen.
Was sollten betroffene Anleger jetzt tun?
Reime: Zunächst sollten Anleger ruhig bleiben und ihre Unterlagen genau prüfen. Wichtig sind insbesondere:
- Vertragsunterlagen: Welche Vereinbarungen wurden getroffen?
- Informationsmaterialien: Welche Angaben hat das Unternehmen zu den Risiken und Erträgen der Investition gemacht?
- Zahlungsnachweise: Wie viel Geld wurde investiert und auf welche Konten überwiesen?
Anleger sollten sich dann rechtlichen Rat einholen. Es geht jetzt darum, zu prüfen, ob Ansprüche gegen die Miller Forest Investment AG bestehen könnten, zum Beispiel wegen einer fehlerhaften Beratung oder wegen Verstößen gegen die gesetzlichen Pflichten.
Welche rechtlichen Schritte können Anleger konkret einleiten?
Reime: Es gibt mehrere Ansatzpunkte:
- Schadensersatzansprüche prüfen:
Wenn Anleger nicht ordnungsgemäß über die Risiken ihrer Investition aufgeklärt wurden, könnte ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Hier muss individuell geprüft werden, ob die fehlende Prospektierung dazu geführt hat, dass der Anleger wesentliche Informationen nicht erhalten hat.
- Widerruf oder Rücktritt vom Vertrag:
In bestimmten Fällen könnte ein Widerruf oder Rücktritt vom Vertrag möglich sein, zum Beispiel wenn die Beratung nicht ordnungsgemäß oder irreführend war.
- Anzeige bei der BaFin:
Anleger können die BaFin unterstützen, indem sie Informationen über das Angebot der Miller Forest Investment AG bereitstellen. Dazu zählen beispielsweise Vertragsunterlagen, E-Mails oder Kommunikationsdaten.
- Gemeinsames Vorgehen:
Es ist ratsam, sich mit anderen betroffenen Anlegern zusammenzuschließen. Das könnte den Druck auf das Unternehmen erhöhen und die Kosten für rechtliche Schritte senken.
Die BaFin weist darauf hin, dass sie weder die Seriosität des Anbieters noch die inhaltliche Richtigkeit eines Prospekts prüft. Was bedeutet das für Anleger?
Reime: Das ist ein wichtiger Punkt. Viele Anleger denken, dass die BaFin eine Art Gütesiegel für die Seriosität eines Unternehmens ausstellt, wenn sie einen Verkaufsprospekt billigt. Das ist jedoch nicht der Fall. Die BaFin prüft lediglich, ob der Prospekt die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben enthält und ob diese in sich schlüssig sind.
Selbst wenn ein Prospekt vorliegen würde, bedeutet das nicht automatisch, dass das Unternehmen oder das Investment sicher ist. Es liegt weiterhin in der Verantwortung des Anlegers, die Risiken abzuwägen. In diesem Fall fehlen jedoch selbst die grundlegenden Informationen, die ein Prospekt hätte liefern müssen.
Welche Risiken bestehen, wenn tatsächlich kein Prospekt vorlag?
Reime: Ohne Verkaufsprospekt bleibt unklar, ob die Anleger vollständig über die Risiken, die Renditechancen und die Struktur des Investments informiert wurden. Konkret könnten folgende Risiken bestehen:
- Totalverlust des investierten Kapitals: Waldinvestments in Paraguay sind als hochspekulativ einzustufen. Es gibt keine Garantie, dass die Investitionen jemals einen Ertrag bringen.
- Illiquide Anlage: Anleger könnten Schwierigkeiten haben, ihr Investment vorzeitig zu verkaufen oder zurückzuerhalten.
- Rechtliche Risiken: Mögliche Probleme mit der Verfügbarkeit von Landrechten oder rechtliche Unsicherheiten in Paraguay könnten das Investment gefährden.
Wie bewerten Sie die Chancen für Anleger, ihr investiertes Kapital zurückzuerhalten?
Reime: Das hängt stark von den individuellen Umständen ab. Wenn nachweisbar ist, dass Anleger durch das Fehlen eines Prospekts oder durch unzureichende oder irreführende Informationen geschädigt wurden, bestehen durchaus Chancen auf Schadensersatz. Entscheidend ist, ob sich das Unternehmen oder gegebenenfalls Vermittler haftbar gemacht haben, indem sie gegen gesetzliche Pflichten verstoßen haben.
Auch die finanzielle Situation der Miller Forest Investment AG spielt eine Rolle. Selbst wenn Ansprüche durchsetzbar sind, ist fraglich, ob das Unternehmen zahlungsfähig genug ist, um alle Anleger zu entschädigen.
Haben Sie abschließend einen Rat für Anleger, die betroffen sind?
Reime: Anleger sollten nicht zögern, ihre Situation rechtlich prüfen zu lassen. Je schneller sie handeln, desto besser stehen die Chancen, ihre Rechte geltend zu machen. Wichtig ist es, alle Unterlagen sorgfältig zu sichern und professionelle Unterstützung durch einen auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwalt einzuholen.
Zudem sollten Anleger wachsam bleiben und zukünftige Investments nur nach gründlicher Prüfung eingehen – insbesondere bei Angeboten, die hohe Renditen in Aussicht stellen und gleichzeitig intransparent erscheinen.
Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzung.
Reime: Sehr gern.
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