BaFin: Depotübertrag: Das Warten hat ein Ende

(BaFinJournal) Im März 2022 hatte die BaFin Finanzinstituten Vorgaben für die Dauer von Depotüberträgen gemacht. Erste Erfahrungen aus der laufenden Aufsicht zeigen: Institute setzen die Vorgaben in aller Regel um, Verbraucher sind zufriedener. Einige Schwachstellen gibt es aber noch.

Es gibt viele Gründe, die eigenen Wertpapiere zu einem anderen Anbieter zu übertragen: Wechselprämien, neue Kostenmodelle, schlechter Kundenservice oder eingeschränkte Tradingfunktionen. Unabhängig von ihrem Motiv erwarten die Kundinnen und Kunden aber, dass die Institute den Wechsel schnell umsetzen. Verzögerungen beim Depotübertrag sind für sie ärgerlich – insbesondere, wenn auf den Märkten sehr viel Bewegung ist. Denn während des Depotübertrags ist der Handel mit Wertpapieren entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. In dieser Zeitspanne können die Kunden also kaum oder gar nicht auf Marktentwicklungen reagieren. Eine geringere Rendite oder sogar Verluste drohen.

Aus § 69 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) ergibt sich, dass Depotüberträge grundsätzlich unverzüglich auszuführen sind. Doch was bedeutet „unverzüglich“ in diesem Kontext genau? Hiervon hatten Verbraucherinnen und Verbraucher lange Zeit andere Vorstellungen als die Institute. Während eine Geldüberweisung nämlich in der Regel in wenigen Tagen verbucht ist, war es aus Verbrauchersicht oft nicht nachvollziehbar, dass die Übertragung von Wertpapieren erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen kann. Die Folge: Bei der BaFin gingen insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 ungewöhnlich viele Beschwerden ein, welche die enorm langen Bearbeitungszeiten von Depotüberträgen thematisierten. Der Trend setzt sich auch 2022 fort: Eingaben, die eine verzögerte Bearbeitung von Depotüberträgen monieren, machten bis zum Ende des zweiten Quartals den größten Teil der Anlegerbeschwerden in der Wertpapieraufsicht aus.

Höchstdauer: Drei Wochen

Am 18. März stellte die BaFin daher in ihren FAQs zu MiFID II-Wohlverhaltensregeln nach §§ 63 ff. WpHG klar: Ein Depotübertrag soll spätestens nach drei Wochen vollständig abgeschlossen sein. Sofern dies im Einzelfall nicht möglich ist, muss das vom Kunden beauftragte Institut diesem nach Ablauf der drei Wochen unverzüglich, spätestens aber innerhalb von fünf Arbeitstagen, eine Zwischennachricht übermitteln. Und: Diese Zwischennachricht muss den Grund für die Verzögerung enthalten. Damit legte die BaFin erstmals einen konkreten zeitlichen Rahmen für den Depotübertrag fest.

„Verbraucherinnen und Verbraucher haben das berechtigte Interesse, dass der Umzug ihres Depots schnell abgeschlossen ist. Aus dem Grund haben wir im März klargestellt, wie wir uns das vorstellen“, erläutert Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz und Verbraucherschutz-Beauftragter der BaFin. Zugleich sei die Regelung der BaFin aber auch für die Institute angemessen und realisierbar, macht Bock deutlich.

Bei der Festlegung der maximalen Bearbeitungsfrist hat die BaFin unter anderem auf Informationen der Institute zurückgegriffen: Viele Finanzunternehmen gaben zum Beispiel auf ihren Websites an, dass ein Depotumzug durchschnittlich drei Wochen dauere. Für diesen Zeitraum sprach auch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München (19 U 1687/06). Das Gericht hatte festgestellt, dass von einer Pflichtverletzung des Instituts auszugehen ist, wenn ein Depotübertrag nicht innerhalb von drei Wochen durchgeführt wurde. Zwar handelt es sich dabei um eine zivilrechtliche Entscheidung, die keine unmittelbare Auswirkung auf die aufsichtsrechtlichen Vorschriften hat. Als Richtwert hielt die BaFin diese Entscheidung aber für geeignet.

BaFin prüft Umsetzung ihrer FAQ

Seit Veröffentlichung ihrer FAQ zur maximalen Dauer des Depotübertrags analysiert die BaFin, wie die neue Regelung in die Praxis umgesetzt wird, wo eventuell noch Probleme bestehen und wie die Beteiligten die Umsetzungsfrist beurteilen. „Erste Gespräche zeigen, dass die Institute die Umzugsfrist von drei Wochen für gut realisierbar halten“, berichtet Bock. Die Institute schätzten, dass es nur noch in Ausnahmefällen zu längeren Übertragungszeiträumen komme. „Das ist sehr erfreulich“, fasst Bock zusammen. „Das überwiegend positive Feedback der Marktteilnehmer – sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmen – zeigt, dass wir eine zielgenaue und maßvolle Regelung getroffen haben.“

Institute mit Präzisierung weitgehend zufrieden

Gründe für eine längere Bearbeitungsdauer gibt es einige: etwa die mangelnde Kooperation zwischen den beteiligten Instituten, die Komplexität der Lieferwege oder auch die Gattung der zu übertragenden Wertpapiere. So kann beispielsweise die Übertragung einer Wertpapiergattung, die auf Wertpapierrechnung in einer Lagerstelle außerhalb der EU verwahrt wird, deutlich längere Zeit in Anspruch nehmen. Hinzu kommt, dass die Institutsmitarbeiter bei einem Depotübertrag die Arbeitsschritte teilweise manuell durchführen.

Wie Gespräche der BaFin mit den Instituten schon vor Veröffentlichung der FAQ zeigten, lassen sich viele dieser Probleme durch eine Optimierung der Prozesse lösen. Die BaFin stellte zum Beispiel fest, dass einige Depotanbieter nicht über genügend Ressourcen verfügten, um bei einer wachsenden Zahl wertpapieraffiner Kundinnen und Kunden die steigende Zahl an Depotüberträgen zügig zu bearbeiten. Die Folge: Einzelne Prozessschritte – etwa Rückfragen bei Kunden und Kontrahenten und das Einstellen von Lieferinstruktionen – erfolgten verzögert. In solchen Fällen kontrollierte die BaFin sehr genau, ob die Institute angemessene Maßnahmen ergriffen haben, um einen Rückstau bei der Bearbeitung von Depotüberträgen künftig zu verhindern. Insbesondere dann, wenn die BaFin auffällig viele Beschwerden über die Dauer des Depotübertrags bei einem Institut erhält, geht sie diesen Hinweisen noch intensiver nach

Im Dialog mit Anlegerinnen und Anlegern hatte die BaFin außerdem erfahren, dass sich viele von ihnen von ihrem depotführenden Institut schlecht über die Gründe der längeren Bearbeitungszeiten informiert fühlten. Häufig war diese mangelnde Transparenz über den aktuellen Stand ihres Antrags der Grund für die Beschwerde bei der BaFin, nicht die Dauer des Depotübertrags selbst. Eine wertvolle Information für die Finanzinstitute, denn dieser Missstand lässt sich durch die von der BaFin geforderte Zwischennachricht, welche die Kundinnen und Kunden über die Gründe einer Verzögerung informiert, relativ einfach beheben und fördert schon kurzfristig die Kundenzufriedenheit. Die Institute setzen diese Vorgabe nun in aller Regel um und halten ihre Kunden auf dem Laufenden.

Aus Sicht des BaFin-Verbraucherschutzbeauftragten Bock hat die Aufsicht mit ihrer Vorgabe zur Höchstdauer von Depotumzügen einen Rahmen geschaffen, an dem sich die Finanzinstitute bei ihrer internen Organisation oder Re-Organisation orientieren können. Und nicht nur das: Einige Institute hätten die Vorgaben der Aufsicht zum Anlass genommen, ihre Prozesse noch stärker zur digitalisieren.

Planungssicherheit und Transparenz für Kundschaft

Auch bei den Kundinnen und Kunden zeigen die Vorgaben der BaFin offenbar Wirkung. Sie haben jetzt mehr Planungssicherheit, was die Dauer von Depotüberträgen angeht. Und darauf berufen sie sich auch. „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher beziehen sich in Beschwerden zu Depotüberträgen bereits jetzt auf unsere FAQ und kritisieren es, wenn sie nicht rechtzeitig und transparent über Verzögerungen informiert werden“, berichtet Bock.

Dem Feedback der Kunden entnimmt Bock außerdem, dass viele es begrüßen, „dass der Prozess transparenter ist, seitdem die Unternehmen ihre Kunden spätestens innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Ablauf der drei Wochen über Verzögerungen und deren Ursachen informieren müssen.“

Schwachstellen identifiziert

In Ausnahmefällen dauern Depotüberträge immer noch länger als die vorgegebenen drei Wochen. Dann ist häufig ein ausländischer Partner involviert – etwa als Gegenpartei, als Lagerstelle oder als Teil der Lieferkette. Oft kommt hinzu, dass Prozessschritte manuell erfolgen: So stimmen Depotanbieter die Lieferwege einer Wertpapierübertragung per manuell verfassten E-Mails mit Abwicklungsdienstleistern im Ausland ab. Ein solcher Kommunikationsweg ist sehr fehleranfällig und verzögert zudem den Übertrag des Depots. Der Depotanbieter ist nämlich auf eine Antwort der Gegenseite angewiesen. Grundsätzlich hatten die Institute der BaFin signalisiert, dass sie die Frist von drei Wochen auch für realistisch halten, wenn ausländische Partner involviert sind.

In konkreten Fällen, aber auch in der laufenden operativen Aufsicht prüft die BaFin weiterhin sehr genau, ob Unternehmen die Anforderungen an die Bearbeitung von Depotüberträgen einhalten. Vor allem kontrolliert sie weiterhin, ob die Institute angemessene Maßnahmen ergreifen, um einen Rückstau bei der Bearbeitung von Depotüberträgen zu verhindern. Ist ein Institut nicht in der Lage, den zeitlichen Anforderungen nachzukommen, prüft die BaFin auch, ob dies organisatorische Gründe hat – etwa fehlendes Personal. „Sollten wir bei unseren Prüfungen Mängel feststellen, werden wir aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen, damit die Institute die Missstände schnell beheben“, kündigt Bock an.

 

Auf einen Blick:Reibungsloser Depotübertrag

Was Kundinnen und Kunden beachten sollten, wenn Sie ihr Depot übertragen lassen wollen.

  • Besonderheiten beachten!
    Kunden sollten zunächst prüfen, ob sich ihre Wertpapiere überhaupt auf den neuen Depotanbieter übertragen lassen. Positionen, die beim neuen Depotanbieter nicht handelbar sind, oder Bruchstücke von Wertpapieren können meist nicht übertragen werden.
  • Wurden Weisungen vollständig und eindeutig erteilt?
    Kunden sollten auch prüfen, ob ihre Angaben im Auftrag zum Depotübertrag vollständig und eindeutig sind. So vermeiden sie Rückfragen der Institute.
  • Was tun bei Verzögerungen?
    Sollte nach drei Wochen der Depotübertrag noch nicht durchgeführt worden sein und wurde innerhalb von weiteren fünf Arbeitstagen keine (nachvollziehbare) Zwischennachricht übermittelt, können sich Kundinnen und Kunden an die BaFin wenden. Das kostenfreie Verbrauchertelefon der BaFin erreichen Sie von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter 0800 2 100 500.

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