Zwangsarbeit gibt es auch heute noch

Staatsanwaltschaft Traunstein

Benachrichtigung der Verletzten über die Sicherstellung von Vermögenswerten und die Möglichkeit
der Entschädigung (§ 111l StPO)

600 Js 9348/19c (VA)

 

Ermittlungsverfahren gegen Cierpica, Tomasz Krzystof
wegen Zwangsarbeit

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

in einem hier anhängigen Ermittlungsverfahren wird versucht, Vermögenswerte zum Zwecke der Verwertung und Erlösverteilung bei o.g. Einziehungsbetroffenen sicherzustellen.

Den vorläufigen strafrechtlichen Ermittlungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwangsarbeit unter dem Firmennamen „Thomasz Cierpica Trockenbau“ seit März 2017 von ukrainischen, serbischen und weißrussischen Staatsangehörigen zum Teil beschäftigt unter falscher Identität auf verschiedenen Baustellen im Bundesgebiet, insbesondere in München, Bad Aibling und Wuppertal. Hiervon konnten sieben Arbeitnehmer festgestellt werden, die nicht im Besitz der dafür erforderlichen Aufenthaltserlaubnis waren. Diese Personen wurden mit gefälschten bulgarischen Personaldokumenten ausgestattet, die sie bei amtlichen Kontrollen, zuletzt am 18.03.2019, vorweisen sollten. Bis auf geringe Beträge wurde der vereinbarte Lohn nicht ausbezahlt.

Weiter waren in der Zeit vom 31.07.2018 bis 18.03.2019 weitere 10 Arbeitnehmer als Personen beschäftigt, die zur Rentenversicherung angemeldet wurden.

Ihnen könnte daher ein Anspruch auf Wertersatz dessen entstanden sein, was zu Unrecht aus der Tat erlangt wurde.

Gemäß § 111l Abs. 1 und 3 Strafprozessordnung (StPO) wird Ihnen hiermit die Sicherung von Vermögenswerten aufgrund Arrestvollziehung gegen die o.g. Person(en) bekannt gemacht.

Gleichzeitig werden Sie aufgefordert, nach Erhalt dieses Schreibens möglichst zeitnah mittels anliegendem Antwortschreiben zu erklären, ob und in welcher Höhe Sie einen Anspruch auf Ersatz des Wertes geltend machen wollen bzw. ob Sie Ihre Ansprüche bereits anderweitig durchgesetzt haben/durchsetzen werden und diesbezüglich ggf. schon Maßnahmen ergriffen wurden.

Die Anmeldung kann formlos erfolgen und ist kostenfrei.

Bitte fügen Sie – soweit möglich – Ihrer Anmeldung Unterlagen bei (z. B. Vertragsunterlagen, Kontoauszüge, Schriftverkehr, Lichtbilder, Versicherungsunterlagen, Rechnungen usw.), die geeignet sind, Ihren Anspruch glaubhaft zu machen.

Bitte beachten Sie auch die weiteren Erläuterungen im anliegenden Merkblatt.

Im Falle einer zukünftigen rechtskräftigen Entscheidung, in der auf eine Einziehung von Wertersatz erkannt wird, ist dann im Rahmen eines Verteilungsverfahrens über Ihren geltend gemachten Anspruch zu entscheiden.

In diesem Verteilungsverfahren kann eine Auszahlung durch die Staatsanwaltschaft nur dann erfolgen, wenn alle anmeldenden Verletzten vollständig entschädigt werden können.
Dazu werden nach Rechtskraft die Verletzten nochmals nach § 459i StPO über die Möglichkeit zur Anmeldung ihrer Ansprüche gegen o.g. Person und über das Verfahren zur Auskehrung gesicherter und beigetriebener Vermögenswerte informiert.
Machen Sie Ihre Ansprüche dann nicht geltend, bleibt der Staat Eigentümer der bei Vollstreckung der Einziehung beigetriebenen Wertersatzbeträge.

Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, im Einzelfall rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von telefonischen Rückfragen und Sachstandsanfragen ab und lassen Sie sich ggf. anwaltlich beraten.

Rechtspflegerin

Anlagen:
Merkblatt
Rückantwortschreiben

Merkblatt

Hinweise bei (teilweisem) Erlöschen oder Übergang Ihres Anspruchs

Sofern Sie vom Arrestschuldner (teilweise) befriedigt werden/worden sind bzw. mit diesem einen Vergleich schließen/geschlossen oder auf die Geltendmachung Ihres Rückgewährsanspruches verzichten/verzichtet haben, teilen Sie dies bitte der Staatsanwaltschaft mit, da in diesem Fall die vermögenssichernden Maßnahmen ggf. (teilweise) aufzuheben sind.
Eine Einziehung des Wertersatzes in einer gerichtlichen Entscheidung ist in diesem Fall insoweit ausgeschlossen, § 73e Abs. 1 StPO.

Sollten Sie bereits durch einen Dritten (z.B. eine Versicherung) entschädigt worden oder nicht mehr Inhaber der Ansprüche sein, leiten Sie dieses Schreiben bitte an diesen Dritten oder den Anspruchserwerber (Ihr Rechtsnachfolger) weiter.

Ausschluss der Zwangsvollstreckung außerhalb des Ermittlungsverfahrens
Während des Ermittlungsverfahrens sind alle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in Gegenstände, die im Wege der Sicherung aufgrund Arrestvollziehung gepfändet worden sind, unzulässig, § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO.

Ausgenommen von dieser Regelung ist die Vollziehung des steuerlichen Arrestes einer Finanzbehörde gemäß § 324 Abgabenordnung (AO), wenn der dem steuerlichen Arrest zugrundeliegende Anspruch aus der Straftat erwachsen ist.

Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners
Gibt es mehrere Tatverletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft während des laufenden Ermittlungsverfahrens fest, dass der Wert der in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Vermögenswerte oder der durch deren Verwertung erzielte Erlös nicht ausreicht, um die von den Verletzten angemeldeten Ansprüche vollständig zu befriedigen (sogenannter Mangelfall), kann die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschuldigten stellen (§ 111i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht aufgrund dieses Antrags der Staatsanwaltschaft oder aufgrund eines Antrags eines anderen Gläubigers ein Insolvenzverfahren, erlöschen die aufgrund der Arrestvollziehung entstandenen Sicherungsrechte der Staatsanwaltschaft an den gesicherten Werten. Die gepfändeten Vermögenswerte werden dann an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111i Abs. 1 StPO).
Bei einem eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners können Sie Ihre Ansprüche nur noch beim Insolvenzverwalter – und nicht mehr bei der Staatsanwaltschaft – anmelden, § 174 InsO.

Ablauf eines späteren Verteilungsverfahrens

Im Falle einer zukünftigen rechtskräftigen Entscheidung, in der auf eine Einziehung von Wertersatz erkannt wird, ist dann im Rahmen eines Verteilungsverfahrens über Ihren geltend gemachten Anspruch zu entscheiden.

Für dieses gilt Folgendes:
Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an Sie ausgekehrt, sofern Ihnen ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459h Abs. 2 StPO).

Die Auskehrung an Sie (oder an Ihren Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn der Anspruch binnen 6 Monaten nach der Mitteilung über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung angemeldet wird. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459k Abs. 1 StPO).
Sollte die Mitteilung nach Rechtskraft mittels elektronischem Bundesanzeiger veröffentlicht sein, läuft die genannte Frist ab dem Veröffentlichungsdatum.

Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann Ihnen unter den in §§ 44, 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459k Abs. 4 StPO).
Zudem bleibt es Ihnen (oder Ihrem Rechtsnachfolger) unbenommen, den Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem ein vollstreckbarer zivilrechtlicher Titel (vollstreckbares Endurteil gemäß § 704 Zivilprozessordnung (ZPO) oder anderer Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 ZPO) vorgelegt wird, aus dem sich der Anspruch ergibt (§ 459k Abs. 5 StPO). Einem vollstreckbaren Endurteil gemäß § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich.

Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs eindeutig aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Anspruch in diesem Umfang für die Auskehr des Verwertungserlöses berücksichtigt.
Anderenfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn die Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft gemacht wurde (§ 459k Abs. 2 StPO). Die von der Einziehung betroffene Person wird vor der Entscheidung über die Auskehrung – soweit möglich – angehört (§ 459k Abs. 3 StPO).

Reichen die gesicherten Vermögenswerte nach Rechtskraft der Einziehungsanordnung nicht aus, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzten zu befriedigen, prüft die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde erneut, ob sie einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt.
Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, werden die gesicherten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder an dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der zuerst ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt.
Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn nach Nichteröffnung oder nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens zwei Jahre verstrichen sind.
Wird von der Stellung eines Insolvenzantrags abgesehen, ist die Auskehrung ebenfalls ausgeschlossen, wenn seit der Benachrichtigung über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung zwei Jahre verstrichen sind.

 

Rückantwort im Strafverfahren 600 Js 9348/19 c) VA

 

Abs.: Datum:

 

An die
Staatsanwaltschaft Traunstein
Herzog-Otto-Straße 1
83278 Traunstein

 

□ Ich mache voraussichtlich folgende Ansprüche geltend:

 

Hauptsache (unmittelbarer Schaden aus der Tat): __________€

Daneben sind folgende weitere Ansprüche entstanden:

(Hinweis: Diese weiteren Ansprüche können nicht in einem von der Staatsanwaltschaft vorzunehmenden Verteilungsverfahren berücksichtigt werden und dienen nur der Information.)

Zinsen:
Rechtsverfolgungskosten:
Sonstiges:

 

□ Mir stehen keine Ansprüche mehr zu, weil ich von folgender Versicherung entschädigt wurde bzw. Inhaber der Ansprüche nun ist:

 

Name:
Anschrift:
ggf. Vorgangsnummer/Versicherungsnummer:
Höhe der Entschädigung:

 

Hierzu füge ich folgende Unterlagen bei:

 

□ Ich verzichte auf die Geltendmachung von Ansprüchen.

 

□ Zwischen dem Arrestschuldner und mir wurde eine Zahlungsvereinbarung getroffen, an der ich festhalten möchte, bzw. ich möchte meine Ansprüche selbst gegen den Verurteilten vollstrecken/habe bereits einen Titel gegen den Arrestschuldner erwirkt.

(Bitte ggf. Abschriften beifügen)

_____________________________________________________________________________________

Meine Kontaktdaten lauten wie folgt:

 

Name:

Geburtsdatum:

Anschrift:

 

Unterschrift

 

Anlagen

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