Welche Probleme drohen bei nichtigen LV-Ankaufsverträgen? Interview zur aktuellen BGH-Rechtsprechung

diebewertung.de: Herr Blazek, der Ankauf von Policen ist immer noch ein großes Thema. Was hat der BGH aktuell in diesem Zusammenhang entschieden?

Blazek: Er hat eine Entscheidung aus 2013 vertieft. Im Kern geht es um häufig praktizierte Policen-Ankauf-Modelle. Dabei sollte man überprüfen, ob die gewerbsmäßige Käuferin oder Rückabwicklerin eine Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz besitzt, falls eine solche erforderlich ist.

diebewertung.de: Wann ist eine Erlaubnis nach dem RDG erforderlich?

Blazek: Grundsätzlich bei einem Forderungseinzug auf fremde Rechnung. Eine Erlaubnis nach dem RDG ist in diesem Zusammenhang nur bei einem sogenannten echten Forderungskauf nicht erforderlich.

diebewertung.de: Wann liegt ein echter Forderungskauf vor?

Blazek: Entscheidender Punkt ist die Übernahme des vollen wirtschaftlichen Risikos der Beitreibung der Forderung durch den Käufer. Dies ist nicht der Fall, wenn Teile des Kaufpreises vom künftig noch realisierten Mehrerlös abhängen, zumal davon die Käuferin später noch profitiert.

diebewertung.de: Aber das trifft auf viele aktuelle Ankaufsmodelle zu. Darin liegt ja genau die Absicht der betreibenden Unternehmen…

Blazek: So ist es. Deswegen dürfte es sich in den meisten Fällen auch um eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung handeln. Ich gehe aber davon aus, dass das jeweilige Unternehmen das weiß. Jedenfalls konnte es das seit Ende 2013 wissen.

Diebewertung.de: Was ist, wenn es sich um Rechtsdienstleistung handelt und das ankaufende Unternehmen keine Erlaubnis nach dem RDG hat?

Blazek: Für den Fall hat der BGH nun entschieden, dass der Kauf- und Abtretungsvertrag nichtig ist gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG und § 134 BGB. Das kann die Versicherung dann der Käuferin gegenüber einwenden und muss nicht zahlen.

diebewertung.de: Kann eine solche Erlaubnis nachgeholt werden und rückwirken?

Blazek: Nein. Sie muss bei dem Abschluss des Vertrages vorgelegen haben.

diebewertung.de: Gesetzt den Fall, Vermittler haben dem kaufenden Unternehmen Versicherungsnehmer zugeführt und dann ist das Geschäft nichtig mangels Erlaubnis nach dem einschlägigen RDG, was geschieht dann?

Blazek: Das birgt dann Potenzial für den Kampf jeder gegen jeden. Ist der jeweilige Kauf- und Abtretungsvertrag nichtig, so hat der Verkäufer bzw. Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf den Mehrerlös. Im Gegenzug muss er auch nicht zusätzlich entrichtete Gebühren leisten und könnte sie theoretisch zurückfordern. Beinhaltete die Vereinbarung auch die Übernahme von Gestaltungsrechten (Kündigung, Widerruf), so sind auch diese beauftragten Erklärungen nichtig. Fraglich ist, ob der jeweilige Verkäufer dann nicht Versicherungsnehmer geblieben ist und in der dortigen Rechtbeziehung seine Fragen zu klären hat. Der Vermittler wiederum sieht sich gegebenenfalls Schadensersatzansprüchen ausgesetzt, weil er ein nichtiges Rechtsgeschäft zugeführt hat. Dabei ist allerdings bereits die Schadenshöhe fraglich für den Fall, dass die Versicherung bestehen blieb. Bei vermittelten nichtigen Rechtsgeschäften ist zudem der Behalt der Provision fraglich. Im Ergebnis drohen also Probleme in den Konstellationen Aufkäuferin gegen Versicherung, Aufkäuferin gegen Verkäufer, Verkäufer gegen Vermittler, Ankäuferin gegen Vermittler – und umgekehrt.

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