Verkündungstermin am 4. November 2021, 8.30 Uhr in Sachen I ZB 54/20 (Verbandsrechtliche Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger) (Verhandlung: 1.7.2021)

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Schiedssprüche zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob ein auf Grundlage der Rechts- und Verfahrensordnung des Deutschen Fußball-Bundes ergangener Schiedsspruch des „Ständigen Schiedsgerichts für die dritte Liga beim Deutschen Fußballbund“ (Ständiges Schiedsgericht) gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt. Mit dem Schiedsspruch wurde ein Ligateilnehmer für das Verhalten seiner Anhänger im Fanblock bei Heim- sowie bei Auswärtsspielen mit einer Geldstrafe belegt.

Sachverhalt:

Die Antragstellerin ist die ausgegliederte Fußball-Profiabteilung des FC Carl Zeiss Jena e.V. Ihre erste (Männer-)Mannschaft spielte in der vom Antragsgegner, dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), als Profiliga ausgerichteten dritten Liga. Die Parteien schlossen Anfang 2018 einen Schiedsgerichtsvertrag, in dem für Streitigkeiten insbesondere über Sanktionen die Zuständigkeit des Ständigen Schiedsgerichts vereinbart wurde. Bei einem Auswärtsspiel und zwei Heimspielen im Jahr 2018 brannten Personen im Fanblock der Antragstellerin pyrotechnische Gegenstände ab und/oder warfen Gegenstände in Richtung Spielfeld.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Sportgericht des Antragsgegners belegte die Antragstellerin aufgrund dieser Vorfälle gemäß § 9a Nr. 1 und 2 der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung (DFB-RuVO) mit einer Geldstrafe in Höhe von 24.900 €. Die Berufung der Antragstellerin wies das Bundesgericht des Antragsgegners zurück und stellte dabei ergänzend darauf ab, dass neben der verschuldensunabhängigen Haftung für die Vorfälle im heimischen Stadion auch eine eigene Verschuldenshaftung der Antragstellerin gegeben sei. Die dagegen erhobene Klage der Antragstellerin wies das Ständige Schiedsgericht im November 2019 ab.

Den Antrag, diesen Schiedsspruch aufzuheben, hat das Oberlandesgericht als unbegründet zurückgewiesen. Das Ständige Schiedsgericht sei ein echtes Schiedsgericht im Sinne der Vorschriften der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren (§§ 1025 ff. ZPO). Die Anwendung der in § 9a DFB-RuVO geregelten Verbandsstrafenhaftung im Sinne einer objektiven Kausalhaftung für ein Fehlverhalten Dritter verstoße nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, deren Zurückweisung der Antragsgegner beantragt.

Vorinstanzen:

OLG Frankfurt am Main – Beschluss vom 23. Juni 2020 – 26 Sch 1/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 9a DFB-RuVO:

Verantwortung der Vereine
1. Vereine und Tochtergesellschaften sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich.
2. Der gastgebende Verein und der Gastverein bzw. ihre Tochtergesellschaften haften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art.

§ 1059 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO

Aufhebungsantrag

(2) Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden, wenn das Gericht feststellt, dass
b) die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht.

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