Verhandlungstermin am 4. November 2021 um 9.00 Uhr in Sachen I ZR 2/21 (Verwendung des Namens einer weltberühmten Sängerin und des Bildnisses einer Doppelgängerin für die Bewerbung einer Show)

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage zu entscheiden, ob es zulässig ist, in der Werbung für eine Show, in der Lieder einer weltberühmten Sängerin nachgesungen werden, den Namen der Sängerin und das Bildnis einer Doppelgängerin zu verwenden.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine weltberühmte Sängerin. Die Beklagte ist Produzentin einer Show, in der die Sängerin F. auftritt und die größten Hits der Klägerin präsentiert. Die Beklagte warb für die Show mit Plakaten, auf denen der Name der Klägerin genannt wird und F. abgebildet ist. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Betrachter aufgrund der Ähnlichkeit zwischen F. und ihr davon ausgehe, dass sie selbst auf den Plakaten abgebildet sei. Die Klägerin hatte weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Namens eingewilligt und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Klägerin stünden keine Unterlassungsansprüche zu.

Die Verwendung des Bildnisses sei nicht nach §§ 22, 23 Kunsturhebergersetz (KUG) unzulässig. Zwar habe die Beklagte auf den Plakaten jeweils ein Bildnis der Klägerin im Sinne von § 22 Satz 1 KUG verwendet, da auch die Abbildung eines Doppelgängers als Bildnis dieser berühmten Person anzusehen sei, wenn – wie im Streitfall – der Eindruck erweckt werde, bei dem Doppelgänger handele es sich um die berühmte Person selbst. Die Verwendung des Bildnisses sei jedoch gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG zulässig, da es nicht auf Bestellung der Klägerin angefertigt worden sei, seine Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst diene und durch die Verbreitungshandlung kein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG verletzt werde. Die von der Beklagten dargebotene Show und damit auch die Plakate als Werbemittel dafür fielen in den Schutzbereich der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG. Diese habe hier Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Form ihres Rechts am eigenen Bild. Insbesondere seien auf den Plakaten keine unwahren Aussagen über eine Beteiligung der Klägerin an der Show oder eine Unterstützung derselben enthalten. Die Zulässigkeit der Bildnisveröffentlichung ergebe sich daneben auch aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.

Auch auf das Datenschutzrecht könne die Klägerin einen Unterlassungsanspruch nicht stützen. Zwar stellten die der Klägerin ähnlich sehenden Abbildungen auf den Plakaten personenbezogene Daten dar, weil es sich um Informationen handele, die sich auf die Klägerin als identifizierbare natürliche Person bezögen. Die gebotene umfassende Abwägung nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) komme jedoch zu demselben Ergebnis wie die Abwägung nach dem Kunsturhebergesetz.

Der Klägerin stehe auch kein Unterlassungsanspruch wegen der Benutzung ihres Namens auf den Plakaten zu. Im Streitfall sei keine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB gegeben, bei der ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebrauche, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintrete und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt würden. Es bestünden schon grundsätzliche Zweifel, ob die Vorschrift überhaupt anwendbar sei und ein „Gebrauchen“ des Namens der Klägerin vorliege. Jedenfalls gingen wiederum die Interessen der Beklagten denjenigen der Klägerin vor.

Die Klägerin habe auch keinen Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Zwar habe die Beklagte in die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingegriffen, indem sie deren Namen und Bildnis zu Werbezwecken verwendet habe. Diese Verwendung sei aber nicht rechtswidrig.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der vom Landgericht ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten.

Vorinstanzen:

LG Köln – Urteil vom 22. Januar 2020 – 28 O 193/19
OLG Köln – Urteil vom 17. Dezember 2020 – 15 U 37/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 22 Satz 1 KUG

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

§ 23 Abs. 1 Nr. 1 und 4 und Abs. 2 KUG

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
(…)
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient;
(…)
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG

Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.

Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f der Verordnung (EU) 2016/679

Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
(…)
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

§ 12 Satz 1 BGB

Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.

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