Verhaftungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung

In dem Ermittlungsverfahren wegen auffälliger Spenden hat die Staatsanwalschaft Regensburg beim Amtsgericht Regensburg Haftbefehle erwirkt, die heute vollzogen wurden. Seither befinden sich der Oberbürgermeister der Stadt Rgensburg sowie zwei weitere Beschuldigte in Untersuchungshaft.

Dem Oberbürgermeister wird Bestechlichkeit, dem mitbeschuldigten Bauunternehmer Bestechung und dem weiteren Beschuldigten Beihilfe zur Bestechung vorgeworfen. Der
Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Regensburg hat dem Oberbürgermeister und dem mitbeschuldigten Unternehmer die Haftbefehle heute eröffnet und den weiteren Vollzug angeordnet. Die beiden Beschuldigten haben Angaben zur Sache gemacht, deren Inhalt nicht mitgeteilt wird.
Dem dritten Beschuldigten soll der Haftbefehl noch im Laufe des heutigen Tages eröffnet werden. Anschließend wird der Ermittlungsrichter auch hinsichtlich dieses Beschuldigten, dem Beihilfe zur Bestechung zur Last liegt, über die Haftfortdauer entscheiden. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft besteht der dringende Verdacht, dass der Oberbürgermeister der Stadt Regensburg bei der Vergabe des ehemaligen Areals der Nibelungenkaserne im Oktober 2014 das Wohnungsbauunternehmen des Mitbeschuldigten bewusst in rechtswidriger Weise bevorzugt hat.
Dadurch soll er seinen Teil der Unrechtsvereinbarung von Ende 2013/Anfang 2014 erfüllt haben, mit der ihm der beschuldigte Unternehmer hierfür eine Spendenzahlung von insgesamt 500.000 EUR sowie die finanzielle Unterstützung des Fußballvereins SSV Jahn Regensburg in Aussicht gestellt haben soll. Ferner soll der Oberbürgermeister vor und nach der Unrechtsvereinbarung geldwerte Vorteile für sich und ihm nahestehende Personen in Höhe von rund 79.000 EUR von dem beschuldigten Unternehmer erhalten haben.
Der Oberbürgermeister ist seit 1. Mai 2014 im Amt. Zuvor war er seit 2008 ununterbrochen 3. Bürgermeister der Stadt Regensburg. 2013 bis 2015 spendete der mitbeschuldigte Unternehmer, so der dringende Tatverdacht, jährlich 108.900 EUR jeweils in elf Einzelspenden über 9.900 EUR an den vom Oberbürgermeister geführten SPD Ortsverein Regensburg Stadtsüden, wobei neben ihm und seiner Firma jeweils neun weitere Personen aus seinem privaten und beruflichen Umfeld nach außen hin als Spender auftraten, um die Herkunft der Spenden zu verschleiern und die Veröffentlichungsgrenze von 10.000 EUR nach § 25 Abs. 3 Parteiengesetz zu unterschreiten. Bis April 2016 sollen noch weitere vier Spenden über 9.900 EUR geflossen sein.
Soweit es sich bei den Strohmännern, die als Spender auftraten, um Angestellte des Unternehmens des Mitbeschuldigten handelte, soll er ihnen den Spendenbetrag als Lohnzahlung verschleiert erstattet haben. Dieses Spendensystem soll der weitere Beschuldigte im Auftrag des Unternehmers organisiert haben, weshalb ihm Beihilfe zur Bestechung vorgeworfen wird.
Der Oberbürgermeister der Stadt Regensburg ist seit Juni 2014 Vorsitzender des Aufsichtsrats des Fußballvereins SSV Regensburg e.V., dem er schon seit Oktober 2009 angehört.
Der Verein und dessen ausgegliederte Profifußballabteilung waren zeitweise in finanziellen Schwierigkeiten. Sechs Tage nachdem der Regensburger Stadtrat über die Vergabe des
Nibelungenkasernenareals zugunsten des beschuldigten Unternehmers entschieden hatte, beschloss die Gesellschafterversammlung des SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KG
eine Kapitalerhöhung, die der beschuldigte Unternehmer im Dezember 2014 mit 1.200.000 EUR und im Mai 2015 mit 500.000 EUR verwirklichte. Diese Zuwendungen soll der beschuldigte Unternehmer als vereinbarte Gegenleistung für den Zuschlag beim Kasernenareal geleistet haben. Schließlich soll der beschuldigte Unternehmer bei dem Verkauf zweier Eigentumswohnungen in den Jahren 2012 und 2015 an Personen, die dem Oberbürgermeister nahestehen, einen Nachlass von 37.600 EUR und rund 40.000 EUR gewährt haben und
zudem im Jahr 2012 die Organisation der Renovierung eines im Miteigentum des Oberbürgermeister stehenden Hauses unentgeltlich übernommen und ihm zusätzlich einen
Kostenvorteil von rund 1.600 EUR verschafft haben. Diese Zuwendungen soll der beschuldigte Unternehmer im Vorgriff auf ihn begünstigendes Verhalten des Oberbürgermeisters
bzw. als Gegenleistung für den Zuschlag beim Kasernenareal geleistet haben.
Im Gegensatz zur Vorteilsannahme verlangt der Tatbestand der Bestechlichkeit eine pflichtwidrige Handlung des Amtsträgers. Diese soll der Oberbürgermeister dadurch begangen haben, dass er seinen Einfluss in der Stadtverwaltung und im Stadtrat einseitig zugunsten des beschuldigten Unternehmers ausübte und so eine objektive Befassung des Stadtrats mit anderen Mitbewerbern und damit eine ermessensfehlerfreie Vergabeentscheidung verhinderte. So soll er bereits am Tag nach seiner Amtsübernahme die Verwaltung darüber informiert haben, dass die SPD eine neue Ausschreibung für die Vergabe des Nibelungenkasernenareals wolle; Hintergrund war, dass die Firma des beschuldigten Unternehmers nicht als Gewinner aus der ersten Ausschreibung hervorgegangen war. Im Zusammenspiel mit einem Stadtrat seiner Partei soll der Oberbürgermeister eine zweite auf den beschuldigten Bauunternehmer zugeschnittene Ausschreibung als Verwaltungsvorlage in den Stadtrat eingebracht haben, die dort im Juli 2014 auch beschlossen wurde. Dabei war weder den anderen Mitgliedern des Stadtrats noch der Stadtverwaltung bewusst , dass die Ausschreibung nach den Vorgaben des beschuldigten Unternehmers erstellt worden war. Nach Ende des Ausschreibungsverfahrens fanden zwei Besprechungen mit den Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats sowie Mitarbeitern der Stadtverwaltung zur Vorbereitung der Vergabeentscheidung statt.
Dabei soll der Oberbürgermeister entgegen dem Rat der Verwaltungsmitarbeiter ausschließlich für eine Vergabe an das Unternehmen des Mitbeschuldigten geworben haben, ohne eine Vergabe an andere Bewerber überhaupt in Betracht zu ziehen. Auch aufgrund dieses Einsatzes des Oberbürgermeisters soll die Entscheidung der Vergabe zugunsten des beschuldigten Unternehmers gefallen sein. Für den Tatbestand der Bestechlichkeit ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Az.5 StR 138/01) ausreichend, dass der Amtsträger auf Grund seiner Stellung und Kompetenz jedenfalls praktisch auf eine Entscheidung Einfluss nehmen kann, auch wenn er für diese nicht (allein) zuständig ist.
Bestechlichkeit liegt auch vor, wenn der Amtsträger die Vorteile nicht für sich, sondern für einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Regensburg Haftbefehle gegen die drei Beschuldigten erwirkt. Als Haftgrund wurde jeweils Verdunklungsgefahr angenommen. Es besteht der dringende Verdacht, dass die drei Beschuldigten in unlauterer Weise bereits massiv auf Zeugen eingewirkt haben und ohne den Vollzug der Untersuchungshaft weiterhin tun würden, um die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren. Gegen den beschuldigten Unternehmer wurde zudem der Haftgrund der Fluchtgefahr angenommen, da bei ihm in besonderer Weise Anreiz und Möglichkeit zum Untertauchen gesehen wurden.
Neben den Haftbefehlen wurde heute auch mehrere Durchsuchungsbeschlüsse vollzogen, um weitere Unterlagen zu erlangen, die den Ermittlungsbehörden bislang vorenthalten wurden. Die Strafandrohung für Bestechlichkeit reicht gemäß § 332 Absatz 1 Strafgesetzbuch im Normalfall von 6 Monaten bis 5 Jahre und für Bestechung gemäß § 334 Absatz 1 Strafgesetzbuch im Normalfall von 3 Monaten bis 5 Jahre Freiheitsstrafe. Wegen des großen Ausmaßes des erlangten Vorteils gehen die Haftbefehle jeweils von besonders schweren Fällen der Bestechlichkeit bzw. Bestechung aus, für die § 335 Strafgesetzbuch Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren androht.
Im Falle der Beihilfe reicht der Strafrahmen von 3 Monaten bis 7 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe. Die Haftbefehle wurden heute vollzogen. Die drei Beschuldigten befinden sich
seither in Untersuchungshaft. Dies gibt Anlass, daran zu erinnern, dass bis zur Rechtskraft eines möglichen verurteilenden Urteils im Strafverfahren auch weiterhin die Unschuldsvermutung gilt. Die Staatsanwaltschaft hat auch in diesem Verfahren sorgfältig geprüft, ob die Inhaftierung der Beschuldigten verhältnismäßig ist. Im Ergebnis erschien dies aber unerlässlich, um ein Ermittlungsverfahren zu gewährleisten, das dem rechtsstaatlichen Anspruch auf effektive Strafverfolgung gerecht wird.

 

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