Rechtsanwältin Kerstin Bontschev über die Entscheidung des OLG Frankfurt zur Kostenteilung im Vaterschaftsanerkennungsverfahren
Verbraucherschutzforum: Frau Bontschev, das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass die Kosten eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zwischen Mutter und Vater hälftig geteilt werden. Warum ist diese Entscheidung rechtlich bedeutsam?
Kerstin Bontschev: Das Urteil stellt klar, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren kein klassischer Rechtsstreit ist, in dem es einen eindeutigen Gewinner oder Verlierer gibt. Vielmehr dient es der objektiven Klärung der biologischen Abstammung eines Kindes. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass beide Elternteile für diese Klärung gleichermaßen verantwortlich sind, da sie gemeinsam die Voraussetzung dafür geschaffen haben – nämlich den Geschlechtsverkehr innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit.
Verbraucherschutzforum: Die Mutter argumentierte, dass der Vater allein die Kosten tragen müsse, weil sie ihn bereits außergerichtlich als einzigen möglichen Vater benannt hatte. Warum sah das Gericht das anders?
Bontschev: Das OLG Frankfurt hat betont, dass allein die Behauptung der Mutter, nur mit diesem Mann Verkehr gehabt zu haben, keine ausreichende Grundlage für eine Kostenauferlegung allein zu Lasten des Vaters ist. Der Vater hatte berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft, insbesondere weil er mit der Mutter in der fraglichen Zeit nicht in einer Beziehung lebte und keine Einblicke in ihr Privatleben hatte. In einem solchen Fall ist es nachvollziehbar, dass er eine gerichtliche Überprüfung abwarten wollte, anstatt sich auf ein privat durchgeführtes Vaterschaftsgutachten zu verlassen.
Verbraucherschutzforum: Heißt das, dass Väter grundsätzlich nicht verpflichtet sind, ein außergerichtliches Vaterschaftsgutachten zu akzeptieren?
Bontschev: Genau. Das Gericht hat klargestellt, dass ein Vater nicht verpflichtet ist, sich auf ein privat beauftragtes Gutachten zu verlassen. Die rechtlichen Anforderungen an Abstammungsgutachten sind sehr hoch, und ein gerichtliches Verfahren bietet mehr Sicherheit hinsichtlich der Korrektheit der Ergebnisse. Wenn ein Vater also eine gerichtliche Bestätigung seiner Vaterschaft wünscht, darf ihm das nicht als grobes Verschulden ausgelegt werden.
Verbraucherschutzforum: Ist die Entscheidung auch für zukünftige Fälle richtungsweisend?
Bontschev: Ja, das Urteil dürfte eine Signalwirkung haben. Es stellt klar, dass die Verantwortung für die Klärung der Abstammung nicht allein beim Vater liegt. Vielmehr sind beide Elternteile beteiligt, sodass eine hälftige Kostenverteilung in der Regel als fair und sachgerecht angesehen wird. Es schützt Väter davor, pauschal für die gesamten Verfahrenskosten aufkommen zu müssen, wenn sie berechtigte Zweifel an ihrer Vaterschaft haben. Gleichzeitig bleibt sichergestellt, dass Mütter nicht übermäßig belastet werden.
Verbraucherschutzforum: Gibt es Fälle, in denen der Vater trotzdem die gesamten Kosten tragen müsste?
Bontschev: Das wäre denkbar, wenn der Vater das Verfahren grob schuldhaft verursacht hätte – etwa, wenn er wider besseres Wissen seine Vaterschaft bestritten hätte oder sich einer Klärung verweigert hätte. In diesem Fall lag jedoch kein solches Fehlverhalten vor. Vielmehr hat das Gericht ausdrücklich betont, dass es für den Vater keine realistische Möglichkeit gab, ohne ein gerichtliches Gutachten sicher zu wissen, ob er tatsächlich der biologische Vater ist.
Verbraucherschutzforum: Was können Eltern tun, um Streit über die Verfahrenskosten zu vermeiden?
Bontschev: Eine einvernehmliche Lösung ist immer vorzuziehen. Falls Zweifel an der Vaterschaft bestehen, kann es sinnvoll sein, bereits frühzeitig gemeinsam ein anerkanntes Abstammungsgutachten durchführen zu lassen. Sollte dennoch ein Verfahren notwendig werden, sollten beide Elternteile wissen, dass sie in der Regel anteilig für die Kosten aufkommen müssen. Eine offene Kommunikation kann helfen, langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Verbraucherschutzforum: Frau Bontschev, vielen Dank für Ihre Einschätzung!
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