Staatsanwaltschaft Koblenz

Staatsanwaltschaft Koblenz

2050 Js 22187/​19 – 2800 VRs

In der Strafsache gegen Ferdinand Emil Schlüter wegen Betruges hat das Landgericht Koblenz unter Aktenzeichen 2050 Js 22187/​19 in der Hauptverhandlung am 24.11.2020 die Einziehung von Wertersatz i. H. v. 1.003.992,23 EUR angeordnet. Die Entscheidung ist seit dem 15.12.2020 rechtskräftig.

Auf der Grundlage der Feststellungen in den Urteilsgründen gibt es eine Vielzahl von Personen, die durch die Tat geschädigt worden sind.

Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte führte mehrere Geschäftsbeziehungen zu unterschiedlichen Anlegern, die den Angeklagten als Experten auf dem Gebiet ansahen, zu denen er Bücher verfasst hatte (Forex-Handel und binäre Optionen). Der Angeklagte dachte sich angebliche Kapitalanlageprojekte mit unterschiedlichen Laufzeiten aus, in die Anleger mit hohen Renditeaussichten investieren konnten und die zum Teil auch monatliche Auszahlungen und Provisionszahlungen an den Angeklagten zur Abgeltung dessen angeblicher Tätigkeiten vorsahen. Es handelt sich um folgende Anlagemodelle – zum Teil mit weitergehenden Anlagebezeichnungen: G12, G20, O25, G24, GW30, G36, G60, G60 Plus, G70s, G72, Film Fond Projekt, Film Fond Projekt 60 Plus und G48 Plus. Der Angeklagte erstellte im Internet eine Seite mit dem Titel „Forex mit Gewinn“ und veranstaltete zudem mehrere Seminare in verschiedenen deutschen Städten sowie Wien/​Österreich zu den Themen Forex-Handel, binäre Optionen und anderen Möglichkeiten im Internet über Plattformen wie Youtube Geld zu verdienen. Die Leistungen des Angeklagten wurden ferner mit selbst erstellten Videos auf der Internet-Plattform Youtube beworben, bei denen er sich zum Teil auch wahrheitswidrig als Privatdozent und Psychologe bezeichnete. An die Seminarteilnehmer und bereits vorhandene Anleger verschickte der Angeklagte außerdem wöchentlich eine Vielzahl sogenannter „Newsletter“ per E-Mail. Den Anlegern wurde wahrheitswidrig zugesichert, dass deren Einlagen gesichert seien (Geld-zurück-Garantie). Zudem wurden teilweise Bonuszahlungen, die der Angeklagte von sich aus gewähren würde, in Aussicht gestellt. Aus den vereinnahmten Geldern jeweils anderer Anleger wurden Schein-Rendite und sonstige Auszahlungen an die Anleger ausgezahlt, sofern deren vermeintliche Kapitalanlagen derartiges vorsahen. Als der Angeklagte diese Zahlungen nicht mehr leisten konnte, erklärte er dies den betroffenen Anlegern wahrheitswidrig mit einem Hackerangriff.

Im Ermittlungsverfahren konnten Vermögenswerte sichergestellt werden.

Bzgl. der den Verletzten zustehenden Rechte sei auf die nachfolgende Belehrung verwiesen.

Belehrung

Einziehung des Wertersatzes

Im Falle einer rechtskräftigen auf Einziehung des Wertersatzes nach § 73c StGB ist ein sichergestellter, pfändbarer Gegenstand bzw. eine gepfändete Forderung oder ein gepfändetes sonstiges Recht dem durch die Straftat Verletzten, der einen Anspruch auf zumindest geldwerten Ersatz des Erlangten hätte, oder dessen Rechtsnachfolger zu übertragen. Ein Verwertungserlös wäre an ihn auszukehren.
Der Wert des Erlangten ist, sofern gesichert, an einen durch die Tat Verletzten auszukehren, wenn er seinen Anspruch binnen 6 Monaten nach Mitteilung der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung geltend macht. Er ist gehalten, seinen Anspruch gegenüber der Vollstreckungsbehörde anzumelden. Die Vollstreckungsbehörde prüft seinen Anspruch und kehrt den Wertersatz an den Verletzten heraus, wenn sich dies aus den der Einziehungsentscheidung zugrundeliegenden Urteilsgründen ablesen lässt. Bei Zweifeln entscheidet das Gericht, ob eine Auskehr zulässig ist oder nicht. Der Verletzte muss seinen Anspruch glaubhaft machen (z. B. eidesstattliche Versicherung). Vor der Herausgabe ist derjenige, gegen den sich die Anordnung richtet, zu hören.

Versäumt der Verletzte die Anmeldefrist (6 Monate), so ist ihm nach Maßgabe der §§ 44 und 45 StPO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, d. h. bei einem von ihm nicht zu vertretenem Versäumnis. Anderenfalls ist eine Auskehr nach Ablauf von 6 Monaten nur möglich, wenn der Verletzte ein vollstreckbares Endurteil i. S. d. § 704 ZPO bzw. einen Titel i. S. d. § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten ergibt.

Sollte indes der Betroffene, gegen den sich die Einziehungsentscheidung richtet, den Verletzten befriedigt haben, so kann er im Umfang der Befriedigung einen Ausgleich aus der gesicherten Einziehungsmasse verlangen.

Sollte der Verletzte dem Betroffenen ein vollstreckbares Endurteil i. S. d. § 704 ZPO bzw. einen Titel i. S. d. § 794 ZPO vorlegen und Zahlung verlangen, aus dem sich der Anspruch auf Auskehr ergibt, so kann der Betroffene von der Vollstreckungsbehörde die Auskehr an den Verletzten verlangen.

Im Falle einer verfahrensbegleitenden Insolvenz des Betroffenen ist bei einem geldwerten Überschuss nach Abschluss des Insolvenzverfahrens an den Verletzten, der ein vollstreckbares Endurteil i. S. d. § 704 ZPO bzw. einen Titel i. S. d. § 794 ZPO gegen den Betroffenen hat, auszukehren. Eine Auskehr ist ausgeschlossen, wenn seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens 2 Jahre verstrichen sind.

Die vorerwähnten Grundsätze gelten auch für den Fall, dass über die Einziehung bzw. Einziehung von Wertersatz selbständig entschieden wird, d. h. wenn Gegenstände nachweislich deliktischer Herkunft sind, jedoch keiner konkreten Straftat zuordnen lassen bzw. der Täter nicht verfolgt werden kann bzw. ein Täter nicht ermittelbar ist und sich ein Verletzter ermitteln lässt.

Sonderfall Insolvenz

Ist einem Verletzten aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlöschen die Sicherungsrechte an dem Gegenstand bzw. an dem Verwertungserlös, sobald der Insolvenzbeschlag greift.

Reicht die gesicherte Masse nicht aus, um die angemeldeten Rechte der Verletzten der Höhe nach zu befriedigen, so stellte die Staatsanwaltschaft selbst einen Insolvenzantrag, wenn zu erwarten ist, dass die Insolvenz eröffnet wird.
Verletzte aus diesen Straftaten können sich bei der Staatsanwaltschaft Koblenz, Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, unter dem Aktenzeichen 2050 Js 22187/​19 – 2800 VRs melden.

 

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