Sonstige Entscheidungen XI ZB 2/22 MS „Santa-B Schiffe“ mbH & Co. KG

Published On: Donnerstag, 18.04.2024By Tags:

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

XI ZB 2/​22
vom
12. März 2024
in dem Rechtsstreit
1. Jürgen Schumacher, Orffweg 11, Übach-Palenberg,
Musterkläger und Musterrechtsbeschwerdeführer,
2. Astrid Kohlwes, Raiffeisenstraße 5, Thalmassing,
3. Rainer Leopold, Hauptstraße 11, Meschede,
4. Franz-Josef Mertens, Waldenrather Weg 25, Heinsberg,
5. Karin Schwarzer, Lindenstraße 180, Düsseldorf,
6. Barbara Kummer-Hinrichsen, Roscherstraße 8, Berlin,
Beigeladene und Rechtsbeschwerdeführer,

Beigetretene auf Seiten des Musterrechtsbeschwerdeführers:
1. Marie-Josefine Dünnes, Raingarten 6, Burbach,
2. Wolfgang Dünnes, Raingarten 6, Burbach,
3. Erika Schöbel, Laack 7, Geversdorf,
4. Gisela Göbel, Hellkamp 19, Varel,
5. Klaus Dieter Albrecht, Schlangenweg 7, Ahlerstedt,
6. Marlies Albrecht, Schlangenweg 7, Ahlerstedt,
7. Heinz-Peter Haake, Wilhelmstraße 129, Herne,
8. Mechthild Plassmann, Alter Bremer Weg 45, Celle,
9. Withold Neske, Teichbreite 2, Osterode,
10. Erich Voigt, Malkastenstraße 5, Düsseldorf,
11. Harald Zerbe, Ostewinkel 8 b, Hamburg,
– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Scheuch und Lindner –
gegen

1. MPC Capital Investments GmbH, vertreten durch die Geschäfsführer, Palmaille 67, Hamburg,
Musterbeklagte und Musterrechtsbeschwerdegegnerin,
2. TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin Verwaltung TVP Treuhand GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer, Palmaille 67, Hamburg,
3. Reederei Claus-Peter Offen (GmbH & Co.) KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin Verwaltungsgesellschaft Reederei Claus-Peter Offen mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer, Bleichenbrücke 10, Hamburg,
4. …
5. Sigbert Lang-Buchalik, Eichhornstraße 6, Hanau,
6. Verwaltung Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-B Schiffe“ mbH, vertreten durch die Geschäftsführer, Bleichenbrücke 10, Hamburg,
7. …
8. …
9. …
10. …
11. EFC AG, vertreten durch den Vorstand, Harrlachweg 1, Mannheim,
12. …
13. MPC Münchmeyer Petersen Capital AG, vertreten durch den Vorstand,
Palmaille 67, Hamburg,
Musterbeklagte und Beigetretene auf Seiten der Musterrechtsbeschwerdegegnerin,

– Prozessbevollmächtigter zu 1 bis 3, 5, 6 und 13: Rechtsanwalt Dr. Winter –
– Prozessbevollmächtigter zu 11: Rechtsanwalt Dr. Wessels –

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2024 durch denVizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, den Richter Dr. Grüneberg, die Richterin Dr. Derstadt, den Richter Dr. Sturm und die Richterin Ettl

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerden des Musterklägers und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer wird der Musterentscheid des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 23. Dezember 2021 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht die Feststellungsziele 1 in Bezug auf die Musterbeklagte zu 1 zurückgewiesen und den Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 21. April 2016 in der Fassung des Beschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 22. Oktober 2021 hinsichtlich der Feststellungsziele 2 gegenüber den Musterbeklagten zu 1, 6 und 13 für gegenstandslos erklärt hat.

Die Feststellungsziele 2 werden auch bezüglich der Musterbeklagten zu 1, 6 und 13 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 21. April 2016 in der Fassung des Beschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 22. Oktober 2021 ist hinsichtlich der Feststellungsziele 1 in Bezug auf die Musterbeklagte zu 1 gegenstandslos.

Im Übrigen werden die Rechtsbeschwerden des Musterklägers und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Musterbeklagten zu 1, 2, 3, 5, 6, 11 und 13 tragen der Musterkläger, die weiteren Rechtsbeschwerdeführer sowie die auf Musterklägerseite Beigetretenen wie folgt:

Musterkläger 15,85 %
Rechtsbeschwerdeführerin zu 2 11,36 %
Rechtsbeschwerdeführer zu 3 7,96 %
Rechtsbeschwerdeführer zu 4 7,73 %
Rechtsbeschwerdeführerin zu 5 7,92 %
Rechtsbeschwerdeführerin zu 6 8,12 %
Beigetretene zu 1 7,73 %
Beigetretener zu 2 7,73 %
Beigetretene zu 3 9,74 %
Beigetretene zu 4 2,58 %
Beigetretener zu 5 0,86 %
Beigetretene zu 6 0,86 %
Beigetretener zu 7 1,41 %
Beigetretene zu 8 1,10 %
Beigetretener zu 9 3,90 %
Beigetretener zu 10 1,19 %
Beigetretener zu 11 3,96 %

Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Musterkläger, die weiteren Rechtsbeschwerdeführer sowie die auf Musterklägerseite Beigetretenen selbst.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Gerichtskosten auf 9.732.432,71 € festgesetzt.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird für die Prozessbevollmächtigten des Musterklägers, der weiteren Rechtsbeschwerdeführer und der auf Musterklägerseite Beigetretenen auf 646.763,94 €, für den Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 1, 2, 3, 5, 6 und 13 auf 9.609.097,87 € und für den Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 11 auf 15.750 € festgesetzt.

Gründe:
A.
1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz darüber, ob der am 28. Februar 2006 aufgestellte Verkaufsprospekt (im Folgenden: Prospekt) zu der Beteiligung an der Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-B Schiffe“ mbH & Co. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) fehlerhaft ist und ob die Musterbeklagten zu 1 bis 3 hierfür aufgrund Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten in Anspruch genommen werden können.
2

Gegenstand der Fondsgesellschaft ist die Investition in 14 Vollcontainerschiffe mit einer Ladekapazität von 1.800 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit bzw. 20-Fuß-Standard Container) bzw. 2.800 TEU, die jeweils von einer GmbH & Co. KG (im Folgenden: Ein-Schiffgesellschaften) betrieben werden. Die Schiffe sollten zwischen dem 30. Oktober 2006 und 30. April 2008 übernommen werden. Im Zeitpunkt der Prospektaufstellung waren acht Schiffe mit einer Festcharter von 18.450 USD pro Tag bzw. 21.772 USD pro Tag verchartert. Für die übrigen, noch nicht vercharterten Schiffe kalkulierte der Prospekt mit ähnlichen Charterraten. Der Fonds hatte eine geplante Laufzeit von 17,2 Jahren.
3

Die Musterbeklagten zu 1 bis 3 waren Gründungskommanditistinnen sowohl der Fondsgesellschaft als auch der Ein-Schiffgesellschaften. Die Musterbeklagte zu 1 ist Herausgeberin des Prospekts und mit der Einwerbung des im Prospekt vorgesehenen Eigenkapitals beauftragt, wofür sie Vermittler einschaltete. Die Musterbeklagte zu 2 ist Treuhandkommanditistin. Die Musterbeklagte zu 6 ist Gründungsgesellschafterin und vertretungs- und geschäftsführungsbefugte persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft. Die Musterbeklagte zu 13 ist Alleingesellschafterin der Musterbeklagten zu 1 und 2. Mit der Musterbeklagten zu 2 verbindet sie ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Musterbeklagten zu 3 und 13 sind jeweils Platzierungsgarantinnen. Die Musterbeklagten zu 5, 7, 8 und 11 werden von einzelnen Klägern der ausgesetzten Verfahren aus Anlageberatung und -vermittlung in Anspruch genommen.
4

Der Prospekt enthält – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse – folgende Angaben:
5

Unter der Globalüberschrift „Die wesentlichen Risiken der Vermögensanlage“ weist Seite 21 des Prospekts auf die „Allgemeinen Risiken von Schiffsbeteiligungen“ unter der weiteren Überschrift „Unternehmerische Beteiligung“ wie folgt hin:

„Neben den allgemeinen Risiken sind Investitionen in Schiffe – in Form von geschlossenen Fondsbeteiligungen als unternehmerische Beteiligungen – auch speziellen bzw. wesentlichen Risiken ausgesetzt. Diese können unterteilt werden in prognosegefährdende Risiken (Risiken, die lediglich zu einer schwächeren Prognose führen können), anlagegefährdende Risiken (Risiken, die entweder das Anlageobjekt oder die gesamte Vermögensanlage gefährden und damit zu einem teilweisen oder vollständigen Verlust der Zeichnungssumme führen können) und anlegergefährdende Risiken (Risiken, die nicht nur zu einem Verlust der gesamten Zeichnungssumme führen können, sondern auch das weitere Vermögen des Anlegers gefährden).“
6

Auf Seite 24 informiert der Prospekt unter der Überschrift „Marktumfeld“ wie folgt:

„Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Charterraten natürlichen Marktschwankungen unterliegen, die sich aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage ergeben. Acht der Fondsschiffe sind nach Ablieferung im Rahmen der Erstbeschäftigung für jeweils fünf Jahre an […] verchartert. Für die bislang unbeschäftigten Schiffe ist nicht auszuschließen, dass keine Beschäftigungen bzw. Beschäftigungen zu geringeren als den kalkulierten Charterraten abschlossen werden. Eine exakte Prognose über das Marktumfeld beim Auslaufen der Erstcharter kann aufgrund der Laufzeit des Prognosezeitraumes nicht gegeben werden. Daher sind negative Abweichungen von den prospektierten Plandaten nicht auszuschließen.“
7

Unter der Überschrift „Rechtliche und steuerliche Risiken“ heißt es auf Seite 25 wie folgt:

„Es besteht das Risiko, dass künftige Entscheidungen der Finanzverwaltung, Gesetzesänderungen und Änderungen der Rechtsprechung die vorhergesagten Ergebnisse entscheidend beeinflussen.“
8

Auf Seite 26 wird der Anleger wie folgt über „Allgemeine Vertragserfüllungsrisiken“ informiert:

„Die Beteiligungsgesellschaft und die einzelnen Ein-Schiffsgesellschaften tragen das Risiko, dass Partner ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht bzw. nicht vollständig nachkommen oder ggf. vorhandene Kündigungsmöglichkeiten wahrnehmen.“
9

Ferner heißt es auf Seite 26 unter der Überschrift „Kumulierte Risiken“ wie folgt:

„Starke Schwankungen eines oder das Zusammentreffen mehrerer prognosegefährdender Risiken können zu einem anlagegefährdenden Risiko führen.“
10

Seite 29 lautet unter der Überschrift „Allgemeine Betriebs- und Objektrisiken“ wie folgt:

„Grundsätzlich besteht das Risiko von Schäden an den Schiffen bis hin zum jeweiligen Totalverlust bzw. das Risiko von Schäden, die durch den Betrieb der Schiffe gegenüber Dritten entstehen können.“
11

Über das „Betriebseinnahmenrisiko“ informieren die Seiten 29 f. des Prospekts:

„Der wirtschaftliche Erfolg der Beteiligungsgesellschaft ist wesentlich davon abhängig, dass die von den Ein-Schiffsgesellschaften in der Kalkulation unterstellten Chartereinnahmen erzielt werden können. Es ist nicht auszuschließen, dass die derzeit noch unbeschäftigten Schiffe keine Beschäftigung bzw. nur Beschäftigung zu einer niedrigeren Charterrate als unterstellt finden. […] Die Anleger tragen das Risiko geringerer Betriebseinnahmen, insbesondere aufgrund von: […] Charterabschlüssen/​Anschlusscharter zu einem geringeren Niveau als prospektiert.“
12

Seite 31 führt unter der Überschrift „Haftung“ unter anderem aus:

„Die Haftung der Anleger ist auf die Höhe der von ihnen gezeichneten Beteiligung (Haftsumme) begrenzt. Bei negativer Entwicklung kann es zu einem Totalverlust der Einlage kommen.“
13

„Die Marktsegmente der Fondsschiffe“ stellen unter anderem die Seiten 45 f. wie folgt dar:

„[…] Dreiviertel des aktuellen Neubauvolumens wird in den Größenklassen größer als 3.000 TEU zum Einsatz kommen. Damit setzt sich der Trend zu immer größeren Schiffseinheiten fort. Bereits 176 Schiffe größer als 6.000 TEU mit einer Kapazität von knapp 1,3 Millionen TEU sind in Dienst gestellt. Da diese Containerschiffe häufig nur noch die großen Containerhäfen in Asien, Europa und Amerika anlaufen können, steigt der Bedarf an effizienten Transportmöglichkeiten von und zu diesen zentralen Knotenpunkten. Schiffe im Größensegment der „MPC Offen Flotte“ profitieren daher zunehmend von ihrer wachsenden Bedeutung als Zulieferer für Containerschiffe der Größenklasse über 6.000 TEU. Dabei werden die Schiffe zwischen 1.500 und 2.000 TEU überwiegend für regionale Verkehre insbesondere im innerasiatischen Raum, auf Routen zwischen Europa oder Fernost und Afrika bzw. Südamerika, sowie für Fahrten zwischen Ost-/​Südostasien und dem Mittleren Osten eingesetzt. Die 2.800-TEU-Schiffe verfügen über gute Einsatzperspektiven in den prosperierenden Haupteinsatzgebieten Asien, Afrika sowie den Nord-Süd-Verkehren.“
14

Die „Charterraten für Containerschiffe“ schildern die Seiten 46 f. wie folgt:

„Grundsätzlich unterliegen Charterraten natürlichen Marktschwankungen, die sich aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage ergeben. […] Die Höhe der Schiffspreise, Charterraten, Secondhand-Preise, Verschrottungsquoten, Neubestellungen etc. reagieren aufeinander und führen so zu Marktanpassungen. So übten im Jahr 2000/​2001 ein überproportionales Flottenwachstum sowie ein schwaches konjunkturelles Umfeld starken Druck auf den Chartermarkt aus. Seit Ende des Jahres 2001 wuchs die Nachfrage nach Schiffstonnage kontinuierlich zweistellig, die Tonnage allerdings unterproportional. So stieg in den Jahren 2003 und 2004 die Nachfrage nach Containerschiffen um 11 % respektive 14 % während die Flotte im gleichen Zeitraum ein Wachstum von jeweils 8 % p.a. zu verzeichnen hatte. In der Folge stiegen die Charterraten in den vergangenen Jahren kontinuierlich bis zu ihrem Höchststand im Frühjahr 2005. Zurzeit ist eine Abkühlung des Marktes auf einem überdurchschnittlichen Niveau zu verzeichnen. Für das Jahr 2005 stellt Clarkson ein ausgeglichenes Nachfrage- und Angebotswachstum von jeweils 11 % p.a. fest. Die Clarkson-Prognosen für die Jahre 2006 und 2007 gehen von einem leichten Angebotsüberhang in Höhe von 3 % und dann zurückgehend auf 2 % aus. Dabei ist der aktuell hohe Auftragsbestand, der in den nächsten Jahren zur Ablieferung kommt, bereits berücksichtigt. Damit sind die Perspektiven für den Containerschiffsmarkt, trotz des Durchlaufens einer Konsolidierungsphase auf hohem Niveau, gut.

Da sich ca. Zweidrittel des aktuellen Auftragsbestandes auf Schiffe größer 3.000 TEU beziehen und gleichzeitig die Größensegmente der Fondsschiffe ein überproportionales Erneuerungspotenzial aufweisen, sind die Marktbedingungen für das Segment der Fondsschiffe als überdurchschnittlich gut zu bezeichnen. Hinzu kommt der Effekt, dass der Einsatz von immer größeren Schiffseinheiten nur effizient möglich ist, wenn gleichzeitig eine effiziente Verteilung der Güter von den großen Haupthäfen in die regionalen Häfen gewährleistet wird. Dazu sind Schiffe der Größenklasse der Fondsschiffe prädestiniert.“
15

Unter der Überschrift „Zukünftige Risiken mit wesentlichem Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ heißt es auf Seite 66 unter anderem wie folgt:

„Beteiligungen an der Gesellschaft implizieren unternehmerische Risiken wie Änderungen der wirtschaftlichen oder rechtlichen Situation […]. Es besteht ein allgemeines Vertragserfüllungsrisiko, wenn Vertragspartner ihren vertraglichen Pflichten nicht nachkommen.“
16

Die Seiten 88 ff. enthalten eine Liquiditäts- und Ertragsprognose. Seite 88 enthält den folgenden Hinweis:

„Das vorliegende Beteiligungsangebot hat eine kalkulierte Laufzeit von ca. 17,2 Jahren nach Infahrtsetzung des ersten Schiffes. Die Parameter sind kaufmännisch vorsichtig kalkuliert. Naturgemäß nimmt die Prognosesicherheit grundsätzlich ab, je weiter in die Zukunft geblickt wird. Daraus […] kann es zu Abweichungen von der Liquiditäts- und Ertragsprognose kommen.“
17

Zu den „Betriebskosten“ verhält sich Seite 91 wie folgt:

„Die Schiffsbetriebskosten (Personal, Schmierstoffe, Versicherungen etc.) wurden […] wie folgt angesetzt:

[…]

Diese Werte wurden […] auf Basis von Erfahrungswerten kalkuliert.

[…] Ab dem Jahr 2008 wurde eine jährliche Kostensteigerung von 3 % berücksichtigt.“
18

Seite 95 des Prospekts enthält unter der auf Seite 94 befindlichen Überschrift „Schiffsverkauf“ unter anderem den folgenden Hinweis:

„Die erzielbaren Veräußerungserlöse sind abhängig von den Marktverhältnissen […] zum Zeitpunkt der Schiffsverkäufe.“
19

Die Seiten 100 ff. bilden eine „Sensitivitätsanalyse“ ab, die aufzeigen soll, welche Abweichungen von den Prognosen für die Nettoausschüttungen an die Anleger aus den Veränderungen wichtiger Einflussfaktoren resultieren. Dabei handelt es sich – was im Text farblich hervorgehoben ist – um Prognosen (Seite 100 des Prospekts). Unter der Überschrift „Beschäftigung des Schiffes“ heißt es auf Seite 100 wie folgt:

„[…] Abhängig von der zu diesem Zeitpunkt herrschenden Marktsituation kann bei einer Anschlusscharter das der Prospektberechnung zugrunde liegende Ratenniveau unter- bzw. überschritten werden.“
20

Auf Seite 101 des Prospekts werden die zu erzielenden Charterraten für die nicht durch eine Festcharter gesicherten Zeiträume variiert. Dabei werden zunächst die im Prospekt prognostizierten Charterraten von 18.450 USD pro Tag für die 1.800 TEU-Schiffe und von 21.772 bzw. 21.750 USD pro Tag für die 2.800 TEU-Schiffe, sodann als Varianten eine untere Charterrate von 16.600 USD pro Tag und eine obere Charterrate von 20.300 USD pro Tag für die 1.800 TEU-Schiffe sowie eine untere Charterrate von 19.600 USD pro Tag und eine obere Charterrate von 23.950 USD pro Tag für die 2.800 TEU-Schiffe unterstellt.
21

Im Rahmen der Sensitivitätsanalyse unterrichtet Seite 105 unter der Überschrift „Veräußerungserlöse“ wie folgt:

„Die Höhe der Veräußerungserlöse ist grundsätzlich abhängig von der Marktlage für gebrauchte Schiffe zum jeweiligen Veräußerungszeitpunkt und dem technischen Zustand des zum Verkauf vorgesehenen Schiffes.“
22

In der Sensitivitätsanalyse wird der prognostizierte Veräußerungserlös von 35 % der Anschaffungskosten sodann um jeweils 15 Prozentpunkte variiert (20 % als unterer Wert und 50 % als oberer Wert).
23

Seite 166 bildet den Vertragsreedervertrag ab, dessen § 1 Satz 3 Nummer 3 Buchstabe i wie folgt lautet:

„Der Vertragsreeder hat insbesondere Sorge zu tragen für […] die Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft gegenüber Forderungen, Strafen und Pfandrechten, die gegen das Schiff geltend gemacht werden.“
24

In den Ausgangsverfahren verlangen der Musterkläger und die Beigeladenen Schadensersatz. Sie stützen ihre Ansprüche gegen die Musterbeklagten zu 1 bis 3 auf vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Fondsgesellschaft sowie gegen die Musterbeklagten zu 5, 7, 8 und 11 auf Verletzung der Pflichten als Anlageberater oder Anlagevermittler.
25

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21. April 2016 dem Oberlandesgericht Feststellungsziele zum Zweck der Herbeiführung eines Musterentscheids vorgelegt, die das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 22. Oktober 2021 hinsichtlich der Feststellungsziele 2 konkretisiert hat. Mit ihnen wird, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, geltend gemacht, die Musterbeklagten zu 1 bis 3 seien für den Prospekt als Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft aufgrund der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB verantwortlich (Feststellungsziel 1 a), die Musterbeklagten zu 1 bis 3 hätten bei der Veröffentlichung des Prospekts als Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt (Feststellungsziel 1 b) und die Musterbeklagten zu 1 bis 3 seien verpflichtet gewesen, über die unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Punkte im Prospekt aufzuklären, und hafteten deshalb wegen Verletzung ihrer Aufklärungspflichten (Feststellungsziel 1 c).
26

Ferner wird geltend gemacht, der Prospekt sei unrichtig, unvollständig und irreführend, weil er die Risiken aus dem volatilen Schiffsmarkt, dessen Besonderheiten, Entwicklungen und Perspektiven, insbesondere im Hinblick auf absehbare Übertonnage, nicht hinreichend darstelle, namentlich weil es an einer Darstellung der Tatsachen fehle, dass die Durchschnittscharterraten für Containerschiffe auch vor Prospektveröffentlichung seit mindestens dem Jahre 1993 extrem volatil gewesen seien (Feststellungsziel 2 a aa) und dass die volatilen Durchschnittscharterraten für Containerschiffe direkten Einfluss auf die Secondhand-Preise von Containerschiffen hätten, diese also ebenfalls sehr volatil schwankten (Feststellungsziel 2 a bb), weil es an einer Darstellung der extremen Auswirkungen von Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage auf die Höhe des Charterratenniveaus, mithin der Höhe der zu erzielenden Charterraten auf dem Markt, fehle (Feststellungsziel 2 a cc), weil es an einer Darstellung des sogenannten Kaskadeneffektes als risikoerhöhender Umstand fehle, sprich der Darstellung von Existenz und Folgen daraus, dass aufgrund größenbedingter Preisvorteile für den Transport eines Containers bei größeren Schiffen kleinere Schiffe aus ihren bis dahin vordergründig bedienten Fahrgebieten in andere, regelmäßig weniger lukrative Fahrgebiete verdrängt würden (Feststellungsziel 2 a ff), weil es an einer Darstellung des Transshipment-Effektes als risikoerhöhender Umstand fehle, sprich den Auswirkungen auf die Anzahl der benötigten Schiffe und die Höhe des Container-Umschlags durch das „Umsteigen“ von Containern von größeren auf kleinere Schiffe (oder umgekehrt) (Feststellungsziel 2 a gg), und weil es an einer Darstellung fehle, dass durch die zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung beschlossene Abschaffung der Gruppenfreistellungsverordnung für Linienkonferenzen im Seefrachtverkehr (EWG Nr. 4045/​86) zum 18. Oktober 2008 der Preisdruck auf die durchschnittlich am Markt erzielbaren Charterraten habe weiterwachsen müssen (Feststellungsziel 2 a hh).
27

Außerdem sei der Prospekt fehlerhaft, weil die im Prospekt in Ansatz gebrachten Betriebskostensteigerungen von 3 % pro Jahr unvertretbar niedrig kalkuliert seien (Feststellungsziel 2 i) und weil er nicht über das Risiko einer möglichen Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte aufkläre, namentlich nicht darüber, dass bei einer möglichen Insolvenz des Charterers eines Fondsschiffes die Gläubiger dieses Charterers berechtigt seien, die Fondsgesellschaft selbst für Ansprüche gegen den Charterer in Anspruch zu nehmen und ein Fondsschiff dafür zu arrestieren (Feststellungsziel 2 k).
28

Schließlich hat der Musterkläger die Erweiterung des Musterverfahrens um die Feststellungsziele 2 n und 2 o sowie die Erweiterung der Feststellungsziele 2 d und 2 h dd beantragt.
29

Das Oberlandesgericht hat mit Musterentscheid vom 23. Dezember 2021 die Feststellungsziele 1 a bis 1 c zurückgewiesen, den Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 21. April 2016 in der Fassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 22. Oktober 2021 hinsichtlich der Feststellungsziele 2 gegenüber den Musterbeklagten zu 1 bis 3, 6 und 13 für gegenstandslos erklärt und im Übrigen die Feststellungsziele 2 als unbegründet zurückgewiesen sowie die Erweiterungsanträge zu den Feststellungszielen 2 d, 2 h dd, 2 n und 2 o zurückgewiesen.
30

Gegen den Musterentscheid haben der Musterkläger und fünf Beigeladene Rechtsbeschwerde eingelegt. Zur Unterstützung haben elf weitere Beigeladene den Beitritt zu dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Musterklägers erklärt. Der Musterkläger und die weiteren Rechtsbeschwerdeführer verfolgen mit ihren Rechtsbeschwerden die Feststellungsziele 1 a bis 1 c, 2 a aa, 2 a bb, 2 a cc, 2 a ff, 2 a gg, 2 a hh, 2 i und 2 k weiter und wenden sich gegen die Zurückweisung der Anträge auf Erweiterung des Musterverfahrens.
31

Mit Senatsbeschluss vom 23. März 2022 ist die Musterbeklagte zu 1 zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin bestimmt worden.
B.
32

Die zulässigen Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer haben im Ergebnis keinen Erfolg. Sie führen lediglich dazu, dass der Vorlagebeschluss bezüglich der Musterbeklagten zu 1, 6 und 13 hinsichtlich der Feststellungsziele 2 nicht für gegenstandslos erklärt wird, sondern die Feststellungsziele 2 auch bezüglich dieser Musterbeklagten als unbegründet zurückgewiesen werden. Der Vorlagebeschluss ist hinsichtlich der Feststellungsziele 1 in Bezug auf die Musterbeklagte zu 1 gegenstandslos.
I.
33

Das Oberlandesgericht hat zur Begründung des Musterentscheids, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch relevant, im Wesentlichen ausgeführt:
34

Die Feststellungsziele 1 a bis 1 c seien bereits unzulässig. Das Feststellungsziel 1 a sei widersprüchlich und deshalb nicht feststellungsfähig. Für eine Prospekthaftung im weiteren Sinne komme es auf die Inanspruchnahme persönlichen besonderen Vertrauens ebenso wenig an wie auf eine Prospektverantwortung. Eine „Verantwortlichkeit“ wegen besonderen Vertrauens könne im KapMuG-Verfahren nicht festgestellt werden, weil solche Ansprüche nicht dem Anwendungsbereich des KapMuG unterfielen. Für das Feststellungsziel 1 b fehle es am Rechtsschutzinteresse. Dass die allgemeine Verschuldensvermutung aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB in Sonderschuldverhältnissen wie der Prospekthaftung im weiteren Sinne eingreife, sei weder bestritten noch bestreitbar. Ferner komme es für die Prospekthaftung im weiteren Sinne nicht auf die Veröffentlichung, sondern auf die Verwendung des Prospekts an. Das Feststellungsziel 1 c sei im KapMuG-Verfahren nicht statthaft. Ob die Musterbeklagten zu 1 bis 3 „haften“, hänge neben der Aufklärungspflichtverletzung von einzelfallbezogenen weiteren Voraussetzungen wie der Kausalität oder dem Verschulden ab.
35

Überdies seien die Feststellungsziele 1 a bis 1 c unbegründet, weil eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 3 unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF verdrängt werde. Die Musterbeklagten zu 1 bis 3 seien Prospektverantwortliche bzw. Prospektveranlasser im Sinne der spezialgesetzlichen Prospekthaftung.
36

Der Vorlagebeschluss sei hinsichtlich der Feststellungsziele 2 gegenüber den Musterbeklagten zu 1 bis 3, 6 und 13 gegenstandslos. Die Musterbeklagten zu 6 und 13 seien ebenfalls Prospektveranlasser im Sinne der spezialgesetzlichen Prospekthaftung. Die Musterbeklagte zu 6 habe als Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft, die Musterbeklagte zu 13 habe als „Konzernmutter“ der Musterbeklagten zu 1 und 2 ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Erfolg der Fondsgesellschaft.
37

Der Prospekt weise die mit den Feststellungszielen 2 gerügten Prospektfehler, die hinsichtlich der Musterbeklagten zu 5, 7, 8 und 11 von Bedeutung seien, nicht auf.
38

Die Feststellung zum Feststellungsziel 2 a aa (extreme Schwankungen der Charterraten vor Prospektveröffentlichung) sei nicht zu treffen. Jedem Anleger sei bewusst, dass sich der Preis über die Nachfrage reguliere und extreme Nachfrageveränderungen extreme Preisveränderungen nach sich ziehen könnten. Der Prospekt weise auf den Seiten 24, 29 f., 46 und 100 ff. auf die erheblichen Schwankungen in den letzten Jahren vor der Prospektherausgabe sowie auf das Risiko hin, dass die Schiffe nicht verchartert werden könnten. Er gebe damit auch das extremste Risiko, den Ausfall einer Charter, an. Eine Schilderung der Entwicklung der Charterraten in der Vergangenheit im Einzelnen sei nicht erforderlich.
39

Auch die Feststellung zu dem Feststellungsziel 2 a bb (Auswirkungen der Charterratenschwankungen auf die Secondhand-Preise der Schiffe) sei nicht zu treffen. Der Umstand, dass die Höhe des Secondhand-Preises unter anderem von der Höhe der zum Verkaufszeitpunkt erzielbaren Charterraten bestimmt werde, erschließe sich von selbst. Zudem weise der Prospekt auf den Seiten 46, 95 und 105 auf die wechselseitige Abhängigkeit der Marktbedingungen, insbesondere auf den Einfluss der Charterraten auf den Verkaufserlös, hin.
40

Die mit dem Feststellungsziel 2 a cc (Darstellung der extremen Auswirkungen der Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage auf das Charterratenniveau) begehrte Feststellung sei nicht zu treffen. Es sei bereits zweifelhaft, ob es die von dem Musterkläger behauptete Gesetzmäßigkeit überhaupt gebe und diese unter Berücksichtigung eines Anlagehorizonts von 17,2 Jahren für den Anleger Bedeutung erlangen könne. Der Anleger könne dem Prospekt entnehmen, dass Charterraten abhängig von den Marktgegebenheiten nach oben explodieren und auch rasant fallen könnten. Die Unvernunft des Marktes sei jedem Anleger bewusst. Zudem ziehe der Anleger aus der von dem Musterkläger vermissten Darstellung keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn. Für ihn sei allein maßgebend, ob die prognostizierte Anlageentwicklung bei Prospektaufstellung realistisch gewesen sei.
41

Ebenso wenig seien die Feststellungen zu den Feststellungszielen 2 a ff und 2 a gg (Kaskaden- und Transshipment-Effekt) zu treffen. Der Prospekt weise allgemein auf die Marktschwankungen, die Abhängigkeit der Charter von Angebot und Nachfrage sowie auf die Volatilität des Marktes hin. Geschuldet seien die für die Anlageentscheidung relevanten Informationen zu konkreten Risiken, nicht aber allgemeine Ausführungen zu wirtschaftlichen Phänomenen oder theoretisch-abstrakte Schilderungen von Marktmechanismen.
42

Die Feststellung zum Feststellungsziel 2 a hh (Wegfall des Konferenzsystems durch eine EU-Regelung) sei nicht zu treffen. Die Änderung der Rechtslage habe kein im Zeitpunkt der Prospektaufstellung aufklärungspflichtiges Risiko geschaffen. Die Abschaffung des Konferenzsystems sei für die Anlageentscheidung nicht von Bedeutung gewesen. Sowohl die räumliche Reichweite als auch die praktischen Auswirkungen des Konferenzsystems seien gering gewesen. Das Konferenzsystem habe nur europäische Linien betroffen und sei zur Zeit der Prospektaufstellung nur eingeschränkt durchsetzbar gewesen.
43

Auch die Feststellung zu dem Feststellungsziel 2 i (Betriebskostensteigerungen) sei nicht zu treffen. Die im Prospekt ausgewiesene Prognose einer Betriebskostensteigerung von 3 % p.a. sei nicht zu beanstanden. Der Vortrag des Musterklägers zeige nicht auf, dass die Prospektverantwortlichen bei der Bemessung der Eskalationsrate den ihnen zuzugestehenden Spielraum überschritten hätten. Die Entwicklung der volatilen, von verschiedenen Faktoren abhängigen Betriebskosten über einen langen Zeitraum von 17 Jahren – der Laufzeit des Fonds – lasse sich schwer vorhersagen. Der Prospekt weise auf Seite 24 auf das Risiko der Überschreitung der prognostizierten Betriebskosten hin. Seite 102 f. und Seite 106 stellten klar, dass die Betriebskosten von Parametern abhängig seien, deren Eintrittswahrscheinlichkeit nicht realistisch eingeschätzt werden könne. Dass der Prospekt einen linearen Anstieg der Betriebskosten angesetzt habe, entspringe dem legitimen Bedürfnis nach einer halbwegs brauchbaren Methodik zur kalkulatorischen Erfassung von Betriebskosten. Es sei anzunehmen, dass bezüglich der Reparaturkosten die Steigerung von 3 % p.a. zu Beginn des Prognosezeitraums eher zu hoch, im mittleren Abschnitt passend und zum Ende wegen der erhöhten Reparaturanfälligkeit eines älteren Schiffes eher zu niedrig kalkuliert sei. Im Ergebnis glichen sich die Differenzen aber aus. Dass die Prognose die im Zeitpunkt der Prospektaufstellung absehbare Entwicklung der Schmierölpreise und Personalkosten vernachlässigt habe, sei nicht ersichtlich. Solange die Musterbeklagten nicht davon hätten ausgehen müssen, dass der Trend zu Preissteigerungen ungebrochen über längere Zeit anhalte und kumulativ die angesetzte Eskalationsrate dadurch längerfristig über die Fondslaufzeit unrealistisch werden würde, sei die Prognose nicht unvertretbar. Der Ölpreis sei von einem ständigen Auf und Ab geprägt, ebenso könnten sich die Personalkosten bei einem Abschwung des Welthandels auch wieder reduzieren. Es sei auch nicht voraussehbar, ob die Steigerung in dem einen Segment der Betriebskosten nicht durch Einsparungen in anderen Segmenten wieder ausgeglichen werden könnte. Im Übrigen könnte eine Steigerung der Personalkosten über den Marktpreis an die Kunden weitergereicht werden und beeinflusse deshalb das allein für den Anleger bedeutsame wirtschaftliche Ergebnis nicht. Soweit der Musterkläger für seinen Vortrag zur Unvertretbarkeit der im Prospekt dargestellten Prognose auf Geschäftsberichte anderer Fonds abstelle, übersehe er, dass sich die zeitliche Perspektive dieser Geschäftsberichte auf das jeweilige und das kommende Geschäftsjahr begrenze, der Prospekt aber eine Prognose für die Laufzeit des Fonds von 17 Jahren angeben müsse. Die von dem Musterkläger angesprochene Studie der HSH Nordbank AG aus dem Jahre 2005, die eine durchschnittliche Betriebskostensteigerung von 6,2 % p.a. in den Jahren 2000 bis 2005 angegeben habe, liege nicht vor. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, ob die Fondsschiffe mit den Schiffen aus der Studie vergleichbar seien. Zudem könne aus einem fünfjährigen Zeitraum kein sicherer Rückschluss auf den siebzehnjährigen Prognosezeitraum gezogen werden. Die von den Beigeladenen eingereichte Studie der HSH Nordbank AG aus dem Jahre 2009 sei bei Prospektaufstellung noch nicht veröffentlicht gewesen.
44

Schließlich sei auch die Feststellung zum Feststellungsziel 2 k (Risiko der Inanspruchnahme durch Gläubiger des Charterers) nicht zu treffen. Einer besonderen Aufklärung über die im Zusammenhang mit Schiffsgläubigerrechten bestehenden Risiken habe es nicht bedurft. Sowohl die Wahrscheinlichkeit, dass die Fondsgesellschaft von Gläubigern des Charterers in Anspruch genommen werde, als auch das in Betracht kommende Haftungsvolumen seien aufgrund des Fondskonzepts, des Abschlusses marktüblicher Versicherungen und der vom Fonds zu tragenden wesentlichen Betriebskosten gering gewesen. Gerate ein Charterer in Zahlungsschwierigkeiten, realisiere sich ein allgemeines Schiffsbetriebsrisiko, das einem an einer Unternehmensbeteiligung interessierten Anleger bekannt sei und auf Seite 26 des Prospekts angesprochen werde.
II.
45

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung mit der Maßgabe stand, dass der Vorlagebeschluss bezüglich der Musterbeklagten zu 1, 6 und 13 hinsichtlich der Feststellungsziele 2 nicht für gegenstandslos zu erklären ist, sondern die Feststellungsziele 2 auch insoweit unbegründet sind.
46

1. Die Rechtsbeschwerden sind unstatthaft, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Erweiterungsanträge des Musterklägers aus den Schriftsätzen vom 11. März 2020, vom 3. Juli 2020 und vom 9. März 2021 richten.
47

Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KapMuG findet die Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid statt. Die beantragten Erweiterungen des Musterverfahrens um weitere Feststellungsziele sind nicht Gegenstand des Musterverfahrens geworden, da das Oberlandesgericht keinen entsprechenden Erweiterungsbeschluss (§ 15 Abs. 1 KapMuG) gefasst hat und im Vorlagebeschluss solche Feststellungsziele nicht formuliert sind (vgl. Senatsbeschluss vom 19. September 2017 – XI ZB 17/​15, BGHZ 216, 37 Rn. 32). Damit sind die mit dem Erweiterungsbegehren geltend gemachten Feststellungsziele auch nicht zum Gegenstand des angefochtenen Musterentscheids geworden. Unerheblich ist in dem Zusammenhang, dass das Oberlandesgericht die Erweiterungsanträge im Musterentscheid und nicht durch einen separaten Beschluss zurückgewiesen hat (Senatsbeschluss vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 35). Die einen Antrag auf Erweiterung des Musterverfahrens zurückweisende Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ist unanfechtbar und daher auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nicht überprüfbar (Senatsbeschluss vom 14. Juni 2022 aaO mwN).
48

2. Im Übrigen sind die Rechtsbeschwerden und die Beitritte der am Rechtsbeschwerdeverfahren Beteiligten zu 1 bis 11 zulässig. Die Rechtsbeschwerden sind rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 KapMuG i.V.m. § 575 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO) und formulieren einen ordnungsgemäßen Rechtsbeschwerdeantrag (§ 20 Abs. 1 Satz 1 KapMuG i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Gleiches gilt für die Beitritte der Beteiligten zu 1 bis 11, die den Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und der weiteren rechtsbeschwerdeführenden Beigeladenen zur Unterstützung beigetreten sind (§ 20 Abs. 3 Satz 1 und 2 KapMuG).
49

3. Die Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer haben im Ergebnis keinen Erfolg.
50

Das Oberlandesgericht hat die Feststellungsziele 1 bezüglich der Musterbeklagten zu 2 und 3 rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Bezüglich der Musterbeklagten zu 1 ist der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 1 mangels Prospektfehler gegenstandslos. Ferner hat das Oberlandesgericht bezüglich der Musterbeklagten zu 2 und 3 den Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 2 rechtsfehlerfrei für gegenstandslos erklärt und die Feststellungsziele 2 hinsichtlich der Musterbeklagten zu 5, 7, 8 und 11 ebenfalls rechtsfehlerfrei als unbegründet zurückgewiesen. Bezüglich der Musterbeklagten zu 1, 6 und 13 führen die Rechtsbeschwerden nur dazu, dass der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 2 nicht für gegenstandslos erklärt wird, sondern die Feststellungsziele 2 auch bezüglich dieser Musterbeklagten als unbegründet zurückgewiesen werden. Der Senat ist zu einer entsprechenden Änderung des Musterentscheids befugt, da der Musterklägerseite dadurch, dass der Vorlagebeschluss im Musterentscheid hinsichtlich der Feststellungsziele 2 bezüglich der Musterbeklagten zu 1, 6 und 13 für gegenstandslos erklärt worden ist, keine Rechtsposition irgendeiner Art zuerkannt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2021 – XI ZB 26/​19, WM 2021, 2386 Rn. 29 f.).
51

a) Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht allerdings angenommen, dass die Feststellungsziele 1 a bis 1 c unzulässig seien. Dabei hat es nicht beachtet, dass Feststellungsziele so auszulegen sind, dass ein prozessual zulässiges Ergebnis erreicht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 21). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Revisionsgericht die Würdigung prozessualer Erklärungen einer Partei uneingeschränkt nachprüfen und Erklärungen selbst auslegen (vgl. Senatsurteile vom 27. Mai 2008 – XI ZR 132/​07, WM 2008, 1260 Rn. 45 und vom 16. Mai 2017 – XI ZR 586/​15, WM 2017, 1258 Rn. 11). Das gilt auch für ein zur Entscheidung gestelltes und in den Vorlagebeschluss aufgenommenes Feststellungsziel (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. Oktober 2014 – XI ZB 12/​12, BGHZ 203, 1 Rn. 133, vom 19. September 2017 – XI ZB 17/​15, BGHZ 216, 37 Rn. 57, vom 19. Januar 2021 aaO und vom 14. November 2023 – XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 52).
52

Durch das Feststellungsziel 1 a und das Feststellungsziel 1 c sollte eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 3 nach den Grundsätzen der „Prospekthaftung im weiteren Sinne“ festgestellt werden. Gegenstand der beiden Feststellungsziele ist die Eigenschaft der Musterbeklagten zu 1 bis 3 als Haftungsadressaten und damit eine anspruchsbegründende Voraussetzung eines Anspruchs wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 Satz 1 KapMuG). Der Begriff der „Verantwortlichkeit“ in dem Feststellungsziel 1 a ist als Passivlegitimation der Musterbeklagten zu 1 bis 3 auszulegen. Die Feststellungsziele 1 a und 1 c sind zusammen zu lesen und haben eine Aufklärungspflicht der Musterbeklagten zu 1 bis 3 nach den Grundsätzen der „Prospekthaftung im weiteren Sinne“ betreffend die in den Feststellungszielen 2 genannten Prospektfehler zum Gegenstand. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts sollen mit dem Feststellungsziel 1 c nicht zusätzlich alle weiteren, über die Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht hinausgehenden individuellen Anspruchsvoraussetzungen festgestellt werden. Eine solche Feststellung wäre gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2, § 3 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG im Kapitalanleger-Musterverfahren unstatthaft und vom Musterkläger daher nicht gewollt. Vielmehr ist das Feststellungsziel 1 c im Einklang mit den Feststellungszielen 1 a und 1 b so auszulegen, dass die in ihm angesprochene Pflichtverletzung nur in der Verwendung eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung bestehen kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 – XI ZB 26/​19, WM 2021, 2386 Rn. 20 und vom 11. Januar 2022 – XI ZB 11/​20, BKR 2022, 395 Rn. 17).
53

Mit dem an die Feststellungsziele 1 a und 1 c anknüpfenden Feststellungsziel 1 b soll ein schuldhaftes Handeln der Musterbeklagten zu 1 bis 3 bezüglich der vorvertraglichen Aufklärungspflicht betreffend die im Feststellungsziel 2 genannten Prospektfehler festgestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2022 – XI ZB 11/​20, BKR 2022, 395 Rn. 16). Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts besteht ein Rechtsschutzbedürfnis dafür, in dem Musterentscheid mit Bindungswirkung für alle ausgesetzten Verfahren (§ 22 Abs. 1 Satz 1 KapMuG) das schuldhafte Handeln als anspruchsbegründende Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch wegen Verwendens einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation feststellen zu lassen, mag sich diese Feststellung auch nur auf die allgemeine Verschuldensvermutung aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB stützen. Gegenstand des Feststellungsziels 1 b ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts das schuldhafte Handeln selbst, nicht die Anwendbarkeit des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB auf das vorvertragliche Schuldverhältnis zwischen Musterkläger und Musterbeklagten zu 1 bis 3.
54

b) Im Ergebnis zu Recht hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 und 3 die Feststellungsziele 1 a bis 1 c für unbegründet angesehen und für diese Musterbeklagten den Vorlagebeschluss bezüglich der Feststellungsziele 2 für gegenstandslos erklärt. Eine Haftung der Musterbeklagten zu 2 und 3 als Gründungsgesellschafter gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung kann nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird – was der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 22 ff., vom 14. Juni 2022 – XI ZR 395/​21, WM 2022, 1679 Rn. 7 f. in der Fassung des Beschlusses vom 5. September 2022, WM 2022, 1908, vom 26. Juli 2022 – XI ZB 23/​20, WM 2022, 2137 Rn. 50 ff., vom 13. Dezember 2022 – XI ZB 10/​21, BGHZ 236, 1 Rn. 12 ff., vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 37 ff., vom 25. Juli 2023 – XI ZB 11/​21, WM 2023, 1601 Rn. 12 und vom 14. November 2023 – XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 52) – durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt.
55

aa) Auf den am 28. Februar 2006 aufgestellten Prospekt findet die Regelung des § 8g VerkProspG in der vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG Anwendung. Damit ist auch der Anwendungsbereich der § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) eröffnet.
56

Nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF haften neben denjenigen, die für den Prospekt im Sinne des § 8g VerkProspG aF die Verantwortung übernommen haben, im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF). Die Musterbeklagten zu 2 und 3 sind Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF, da sie – was bereits ausreicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 – XI ZB 26/​19, WM 2021, 2386 Rn. 24, vom 11. Januar 2022 – XI ZB 1/​21, NZG 2022, 671 Rn. 22, vom 22. Februar 2022 – XI ZB 32/​20, BGHZ 233, 47 Rn. 2, 19 und vom 14. Juni 2022 – XI ZR 395/​21, WM 2022, 1679 Rn. 12 in der Fassung des Beschlusses vom 5. September 2022, WM 2022, 1908) – Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft sind.
57

Die Musterbeklagten zu 2 und 3 haften somit als Prospektverantwortliche für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF. Neben dieser ist eine Haftung unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung allein aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB ausgeschlossen (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 26).
58

bb) Entgegen der Auffassung der Musterklägerseite gilt dies auch im Hinblick auf den Umstand, dass die Musterbeklagte zu 2 nicht nur Gründungsgesellschafterin, sondern auch Treuhandkommanditistin ist. Hierdurch wird ihre Stellung als Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF noch verstärkt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. September 2022 – XI ZB 34/​19, WM 2022, 2371 Rn. 60 f., vom 22. November 2022 – XI ZB 28/​21, WM 2023, 174 Rn. 22 ff., vom 13. Dezember 2022 – XI ZB 10/​21, BGHZ 236, 1 Rn. 24 und vom 11. Juli 2023 – XI ZR 60/​22, BKR 2023, 718 Rn. 6).
59

cc) Eine andere Beurteilung zum Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ergibt sich auch nicht aus den von der Musterklägerseite zitierten Entscheidungen des II. und III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Insoweit wird auf die Ausführungen in den Senatsbeschlüssen vom 15. März 2022 (XI ZB 31/​20, WM 2022, 921 Rn. 25 ff.), vom 26. April 2022 (XI ZB 27/​20, WM 2022, 1169 Rn. 22 ff.), vom 19. Juli 2022 (XI ZB 32/​21, WM 2022, 1684 Rn. 23 ff.), vom 22. November 2022 (XI ZB 28/​21, WM 2023, 174 Rn. 26) und vom 14. November 2023 (XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 58) verwiesen.
60

dd) Das Oberlandesgericht hat den Vorlagebeschluss hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 und 3 bezüglich der Feststellungsziele 2 rechtsfehlerfrei für gegenstandslos erklärt.
61

Gegenstandslos wird der dem Musterentscheid zugrunde liegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines Feststellungsziels, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (Senatsbeschlüsse vom 22. November 2016 – XI ZB 9/​13, BGHZ 213, 65 Rn. 106, vom 19. September 2017 – XI ZB 17/​15, BGHZ 216, 37 Rn. 49, vom 23. Oktober 2018 – XI ZB 3/​16, BGHZ 220, 100 Rn. 61, vom 6. Oktober 2020 – XI ZB 28/​19, WM 2020, 2411 Rn. 54, vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 30, vom 8. Juni 2021 – XI ZB 22/​19, WM 2021, 1479 Rn. 53, vom 12. Oktober 2021 – XI ZB 26/​19, WM 2021, 2386 Rn. 27 und vom 14. November 2023 – XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 79).
62

Das ist hier für die von den Rechtsbeschwerden weiterverfolgten Feststellungsziele 2, die sämtlich vom Musterkläger behauptete Prospektfehler zum Gegenstand haben, der Fall. Wie bereits oben dargelegt worden ist, ist der Vorlagebeschluss dahin auszulegen, dass Prospektfehler ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 3 unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden sollen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 31). Da eine solche Haftung der Musterbeklagten zu 2 und 3 aus Rechtsgründen nicht gegeben ist, kommt es auf Feststellungen zu Prospektfehlern für diese Musterbeklagten nicht mehr an.
63

c) Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Oberlandesgerichts, der Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gelte auch in Bezug auf die Musterbeklagte zu 1, weshalb der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 2 auch in Bezug auf die Musterbeklagte zu 1 gegenstandslos sei. Dies trifft nicht zu.
64

aa) Die Musterbeklagte zu 1 unterfällt zwar ebenfalls der spezialgesetzlichen Prospekthaftung. Sie ist nach Seite 20 des Prospekts verantwortlich für den Inhalt des Prospekts. Als Herausgeberin des Prospekts ist sie Prospektverantwortliche im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG aF. Ferner ist sie als Gründungsgesellschafterin Prospektverantwortliche im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF. Die Haftung eines Prospektverantwortlichen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB kommt aber neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF bei der Schaffung eines zusätzlichen Vertrauenstatbestands in Betracht (Senatsbeschlüsse vom 27. April 2021 – XI ZB 35/​18, BKR 2021, 774 Rn. 8, vom 14. Juni 2022 – XI ZR 395/​21, WM 2022, 1679 Rn. 16 in der Fassung des Beschlusses vom 5. September 2022, WM 2022, 1908, vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 41 und XI ZR 60/​22, BKR 2023, 718 Rn. 7 sowie vom 14. November 2023 – XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 61). Wie der Senat nach Erlass des Musterentscheids entschieden und im Einzelnen begründet hat, wird ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand durch den Gründungsgesellschafter dadurch gesetzt, dass er entweder selbst den Vertrieb der Beteiligungen an Anleger übernimmt oder in sonstiger Weise für den von einem anderen übernommenen Vertrieb Verantwortung trägt (Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21 aaO und XI ZR 60/​22 aaO; vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 11 ff.).
65

Die Musterbeklagte zu 1 hat die Einwerbung des im Prospekt vorgesehenen Eigenkapitals übernommen und dafür Vermittler eingeschaltet (vgl. Seite 111 des Prospekts). Aufgrund der von ihr übernommenen Vertriebsverantwortung hat sie gegenüber den Anlegern besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen, so dass gegenüber diesen neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung auch eine Haftung aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB in Betracht kommt.
66

bb) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Frage, ob die mit den Feststellungszielen 2 gerügten Prospektfehler vorliegen, deshalb auch im Verhältnis zu der Musterbeklagten zu 1 entscheidungserheblich und daher zu prüfen, weshalb der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 2 bezüglich der Musterbeklagten zu 1 nicht gegenstandslos ist.
67

d) Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht den Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 2 bezüglich der Musterbeklagten zu 6 und 13 für gegenstandslos erklärt. Auf welcher Haftungsgrundlage die Musterbeklagten zu 6 und 13 in Anspruch genommen werden sollen, ergibt sich weder aus den Feststellungszielen noch aus dem Vorlagebeschluss oder dem Musterentscheid. Die Feststellungsziele 1 a bis 1 c beziehen sich nur auf die Musterbeklagten zu 1 bis 3. Der Gegenstand des Musterverfahrens begrenzt sich im Falle der Musterbeklagten zu 6 und 13 ausschließlich auf die Feststellungsziele 2, die Prospektfehler zum Gegenstand haben. Die Gegenstandslosigkeit des Vorlagebeschlusses in Bezug auf die Feststellungsziele 2 kann deshalb aufgrund der Feststellungen des Oberlandesgerichts – anders als hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 und 3 – nicht auf den Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gestützt werden.
68

e) Soweit sich die Rechtsbeschwerden gegen die Musterbeklagten zu 5, 7, 8 und 11 richten und diese wegen fehlerhafter Anlageberatung oder -vermittlung in Anspruch genommen werden, sind die Prospektfehler – was das Oberlandesgericht zutreffend erkannt hat – entscheidungserheblich und daher zu prüfen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 64).
69

f) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht angenommen, der Prospekt weise die in den Feststellungszielen 2 von den Rechtsbeschwerden noch verfolgten Prospektfehler nicht auf.
70

aa) Der mit dem Feststellungsziel 2 a aa reklamierte Prospektfehler ist nicht gegeben.
71

(1) Nach § 8g Abs. 1 Satz 1 VerkProspG aF muss der Verkaufsprospekt alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 VerkProspG aF zu ermöglichen. Nach § 8g Abs. 2 VerkProspG aF i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermVerkProspV in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) muss der Verkaufsprospekt über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der angebotenen Vermögensanlagen notwendig sind, Auskunft geben und richtig und vollständig sein. Der Prospekt muss daher über alle Umstände, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können, und über solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden. Für die Frage, ob ein Prospekt nach diesen Grundsätzen unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen an, sondern wesentlich auch darauf, welches Gesamtbild der Prospekt dem Anleger von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt. Hierbei sind solche Angaben wesentlich, die ein Anleger „eher als nicht“ bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Abzustellen ist auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend liest (st. Rspr.; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2020 – XI ZB 28/​19, WM 2020, 2411 Rn. 25, vom 12. Januar 2021 – XI ZB 18/​17, WM 2021, 672 Rn. 43, vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 54 und vom 14. November 2023 – XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 66). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts ist grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem der Prospekt aufgestellt wurde (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2021 – XI ZB 29/​19, WM 2021, 1047 Rn. 65 und vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 65) und damit hier der 28. Februar 2006.
72

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht zu Recht angenommen, dass der Prospekt, den der Senat selbst auslegen kann (st. Rspr.; Senatsbeschlüsse vom 22. November 2016 – XI ZB 9/​13, BGHZ 213, 65 Rn. 58, vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 66 und vom 14. November 2023 – XI ZB 2/​21, WM 2024, 393 Rn. 67), den mit dem Feststellungsziel 2 a aa beanstandeten Prospektfehler nicht aufweist. Der Musterkläger bemängelt zu Unrecht, es fehle an einer Darstellung der Tatsachen, dass die Durchschnittscharterraten für Containerschiffe auch vor Prospektveröffentlichung seit mindestens dem Jahre 1993 extrem volatil gewesen seien.
73

Der Prospekt informiert den Anleger an mehreren Stellen darüber, dass die Charterraten natürlichen Marktschwankungen unterliegen (Seiten 24, 46 und 100 des Prospekts). Das Ausmaß der Schwankungen schildert der Prospekt nicht. Der durchschnittlich aufmerksame Prospektleser kann dem Prospekt deshalb weder die Aussage, die Schwankungen seien groß, noch die Aussage, die Schwankungen hielten sich in engen, näher definierten Grenzen, entnehmen. Folglich muss sich der Anleger auf beide denkbaren Szenarien einstellen und in seine Anlageentscheidung auch die Möglichkeit extremer Schwankungen der Charterraten einbeziehen.
74

Auf Seite 26 erwähnt der Prospekt die Tatsache, dass starke Schwankungen zu einem anlagegefährdenden Risiko führen können, wirft also allgemein die Möglichkeit starker Schwankungen auf. Diese auf alle denkbaren Parameter bezogene Aussage musste ein durchschnittlich aufmerksamer Prospektleser auch auf die auf Seite 24 genannten Charterraten anwenden. Seite 46 des Prospekts schildert eine Vielzahl von Faktoren, von denen die Höhe der Charterraten abhängen, und deren Interdependenzen. Der Prospekt spricht davon, dass in den Jahren 2000 und 2001 ein überproportionales Flottenwachstum und ein schwaches konjunkturelles Umfeld „starken“ Druck auf die Charterraten ausgeübt haben. Auch aus dieser Aussage musste ein Anleger schließen, dass die Charterraten nicht nur geringfügig schwanken und sich aufgrund von Umständen extrem ändern können, die auch während der Fondslaufzeit auftreten können. Zutreffend weist das Oberlandesgericht darauf hin, dass der Prospekt über das in diesem Zusammenhang extremste Risiko – den Ausfall der Charterraten aufgrund eines Mangels an Anschluss- oder Erstcharter – aufklärt. Da der Prospekt auf die Volatilität des Marktes hinweist und deren Ausmaß nicht verharmlost, bedurfte es der von dem Musterkläger vermissten textlichen oder grafischen Darstellung der konkreten Entwicklung der Charterraten seit dem Jahre 1993 nicht.
75

Eine Eingrenzung der möglichen Schwankungsbreiten enthält entgegen der Auffassung der Musterklägerseite auch die Sensitivitätsanalyse nicht. Sie variiert auf Seite 101 des Prospekts die in der Prognose zugrunde gelegten Charterraten jeweils um zehn Prozentpunkte nach unten und nach oben, um die Auswirkungen anderer Charterraten auf die Nettoausschüttungen an die Anleger exemplarisch darzustellen. Die Schwankungsbreite von 10 % dient lediglich der Veranschaulichung. Die Sensitivitätsanalyse macht keine Aussage über als realistisch anzunehmende Schwankungsbreiten und hat ersichtlich nicht die Aufgabe, jedes denkbare Charterratenszenario abzubilden. Überdies weist Seite 100 des Prospekts ausdrücklich auf den Prognosecharakter der Sensitivitätsanalyse hin.
76

bb) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht auch die zu dem Feststellungsziel 2a bb begehrte Feststellung nicht getroffen.
77

Mit diesem Feststellungsziel bemängelt der Musterkläger, es fehle an einer Darstellung der Tatsachen, dass die volatilen Durchschnittscharterraten für Containerschiffe direkten Einfluss auf die Secondhand-Preise von Containerschiffen hätten, diese also ebenfalls sehr volatil schwankten. Das Feststellungsziel 2 a bb ergänzt somit – allerdings bezogen auf die Verkaufspreise für Schiffe – das Feststellungsziel 2 a aa. Wie oben ausgeführt, bedurfte es keines ausdrücklichen Hinweises darauf, wie stark die Charterraten vor Prospektaufstellung schwankten. Dasselbe gilt auch für das Ausmaß der Volatilität der Secondhand-Preise für Schiffe. Die Seiten 95 und 105 des Prospekts unterrichten die Anleger über die Abhängigkeit der Höhe der Schiffsverkaufspreise von den zum Veräußerungszeitpunkt geltenden Marktverhältnissen. Seite 46 des Prospekts stellt Charterraten und Secondhand-Preise in eine direkte Wechselbeziehung, so dass dem durchschnittlich aufmerksamen Prospektleser der – was das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat – ohnehin selbsterklärende Umstand der Abhängigkeit der Schiffspreise von den mit dem Schiff erzielbaren Charterraten als Ausweis seines wirtschaftlichen Werts geläufig ist. Wenn der Anleger die Möglichkeit starker Schwankungen der Charterraten in Betracht ziehen muss, gilt das auch für die davon abhängige Höhe der Schiffsverkaufspreise.
78

Hinsichtlich der Bedeutung der für die Sensitivitätsanalyse herangezogenen Schwankungsbreite von 15 Prozentpunkten für die Schiffsverkaufspreise gilt das oben zur Modifikation der Charterraten Gesagte entsprechend.
79

cc) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht die Feststellung zu dem Feststellungsziel 2 a cc nicht getroffen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerden ist das Oberlandesgericht nicht unter Anmaßung eigener Sachkunde davon ausgegangen, nicht die geringe Differenz zwischen Angebot und Nachfrage sei für die heftigen Preisausschläge verantwortlich, sondern die Einbettung dieser Differenz in den Markt und seine mutmaßliche Entwicklung. Eine solche Aussage lässt sich dem Musterentscheid nicht entnehmen.
80

(1) Das Feststellungsziel 2 a cc ist in Abgrenzung zu dem Feststellungsziel 2 a aa dahin auszulegen, dass der Musterkläger die Feststellung begehrt, schon geringe Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage hätten extreme Auswirkungen auf die Höhe der Charterraten.
81

Feststellungsziele sind so auszulegen, dass ein prozessual zulässiges Ergebnis erreicht wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 21 und vom 12. Oktober 2021 – XI ZB 26/​19, WM 2021, 2386 Rn. 20). Maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens ist nicht allein der Wortlaut des Klageantrags; dieser ist vielmehr unter Berücksichtigung des zu seiner Begründung Vorgetragenen auszulegen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 – X ZR 111/​09, NJW-RR 2012, 872 Rn. 23). Dementsprechend ist auch der Umfang eines Feststellungsziels anhand des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens auszulegen, das es ausfüllen soll (Senatsbeschluss vom 19. September 2017 – XI ZB 17/​15, BGHZ 216, 37 Rn. 57).
82

Der Wortlaut des Feststellungsziels 2 a cc bezieht sich zwar nur auf „Diskrepanzen“. Der für die Auslegung des Feststellungsziels relevante Vortrag des Musterklägers aus dem Schriftsatz vom 3. Juli 2020 zur Begründung des Feststellungsziels verdeutlicht jedoch, dass damit „geringe“ Diskrepanzen gemeint sind. Andernfalls wäre das Feststellungsziel 2 a cc inhaltsgleich mit dem Feststellungsziel 2 a aa und damit unzulässig.
83

(2) Das Feststellungsziel 2 a cc ist unbegründet. Es hängt, ohne mit ihm identisch zu sein, eng mit dem Feststellungsziel 2 a aa zusammen. Da Letzteres unbegründet ist, weil der Prospekt in ausreichendem Maße auf die Schwankungen der Charterraten hinweist, bedarf es für den Anleger auch keines weiteren Hinweises darauf, dass schon geringe Diskrepanzen extreme Veränderungen der Charterraten auslösen können. Ein für den Anleger relevanter Informationsgewinn ist in der mit dem Feststellungsziel 2 a cc verbundenen Aussage nicht begründet. Der Prospekt spiegelt nicht vor, dass sich die Charterraten nur aufgrund besonderer Umstände und bei gravierenden Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage verändern. Der Hinweis auf die natürlichen Marktschwankungen genügt, um dem Anleger ein vollständiges Risikoprofil, das sowohl anlässlich geringer Veränderungen der Marktgegebenheiten eintretende als auch quantitativ extreme Schwankungen der Charterraten einschließt, zu zeichnen.
84

dd) Das Oberlandesgericht hat auch die Feststellungen zu den Feststellungszielen 2 a ff und 2 a gg im Ergebnis zu Recht nicht getroffen. Soweit der Prospekt auf die Verdrängung kleinerer Schiffsklassen durch größere Schiffe (den sogenannten Kaskadeneffekt) und auf die Reduktion des Einsatzes kleinerer Schiffe auf Zubringerdienste und die damit verbundene Erhöhung der Containerumschlagszahlen (den sogenannten Transshipment-Effekt) hinweist, ist dies nicht zu beanstanden.
85

(1) Seite 45 f. und Seite 47 des Prospekts unterrichten die Anleger über die Tatsache, dass sich Dreiviertel des aktuellen Neubauvolumens bzw. circa Zweidrittel des aktuellen Auftragsbestands auf Schiffe beziehen, die größer als 3.000 TEU und damit größer als die Fondsschiffe sind. Des Weiteren ist von einem sich fortsetzenden „Trend zu immer größeren Schiffseinheiten“ und von dem „Einsatz von immer größeren Schiffseinheiten“ die Rede. Dem Anleger wird damit unmissverständlich vor Augen geführt, dass größere Schiffe kleinere Schiffe wie die Fondsschiffe im Wettbewerb verdrängen. Der Prospekt schildert die daraus erwachsende Konsequenz, indem er auf den genannten Seiten die für kleinere Schiffe verbleibende Marktperspektive skizziert. Die kleineren Schiffe übernehmen Zubringerdienste, um die Container von regionalen Häfen, die größere Schiffe nicht anfahren können, zu den Großhäfen zu transportieren, wo sie anschließend von den großen Schiffen aufgenommen werden können. Dass sich auf diese Weise die Containerumschlagszahlen erhöhen, weil die Container auf mehreren Schiffen transportiert und deshalb mehrmals umgeschlagen werden müssen, ergibt sich von selbst. Wenn auf den Seiten 43 f. des Prospekts von einem Anstieg der Containerumschlagszahlen die Rede ist, folgt aus der Schilderung der Zubringerdienste auf den Seiten 45 f. und 47 des Prospekts, dass die Containerumschlagszahlen kein uneingeschränkter Ausweis für wirtschaftliches Wachstum bedeuten. Ferner übersehen die Rechtsbeschwerden, dass sich in den Zubringerdiensten ein Einsatzgebiet für die Fondsschiffe eröffnet und zusätzliche Containerumschläge auch zusätzliche Schiffseinsätze bedeuten.
86

(2) Soweit die Rechtsbeschwerden darauf hinweisen, die Fondsschiffe könnten auch bei der Verteilung der Güter von den großen Haupthäfen in die regionalen Häfen von größeren Schiffen verdrängt werden, bedeutet dies keinen Widerspruch zu dem Prospektinhalt. Der Prospekt vermittelt nicht den Eindruck, dass die Zubringerdienste ausschließlich durch kleinere Schiffe übernommen werden. Vielmehr sprechen Seite 45 f. und Seite 47 des Prospekts davon, dass die großen Schiffe „häufig“ nur die großen Containerhäfen anfahren könnten, die 2.800-TEU-Schiffe über „gute“ Einsatzperspektiven verfügten und die Fondsschiffe für die Zubringerdienste „prädestiniert“ seien. Darin kommt lediglich – im Sinne einer Prognose – eine Tendenz ohne Exklusivitätsanspruch zum Ausdruck.
87

(3) Auf den von den Rechtsbeschwerden angeführten negativen „Preiseffekt“, wonach der Einsatz größerer Schiffe nicht nur die Einsatzgebiete kleinerer Schiffe reduziere, sondern aufgrund ihres effizienteren Einsatzes insgesamt das Charterratenniveau für den gesamten Schiffsmarkt absenke, musste der Prospekt nicht explizit hinweisen. Dem durchschnittlichen Anleger ist bewusst, dass mit dem von dem Prospekt geschilderten Einsatz größerer Schiffe Kostenvorteile verbunden sind, die sich in einer relativen Reduktion der Charterraten pro Container widerspiegeln und das allgemeine Charterratenniveau auch für kleinere Schiffe belasten. Auf Seite 46 des Prospekts werden die Anleger über die aktuelle Abkühlung des Marktes und eine Konsolidierungsphase der Charterraten informiert. Im direkten Anschluss und unter derselben Unterüberschrift „Die Charterraten für Containerschiffe“ berichtet der Prospekt auf Seite 47 von der Entwicklung zum Einsatz immer größerer Schiffseinheiten. Der den Prospekt aufmerksam lesende Anleger kann sich daher allein aufgrund der thematischen Zusammenfassung beider Aspekte – Absinken der Charterraten und Einsatz größerer Schiffe – den von den Rechtsbeschwerden mit „Preiseffekt“ bezeichneten Kausalzusammenhang selbst erschließen.
88

ee) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht auch die mit dem Feststellungsziel 2 a hh begehrte Feststellung nicht getroffen. Der im Zeitpunkt der Prospektaufstellung von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 14. Dezember 2005 unterbreitete Vorschlag zur Aufhebung der kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnung für Linienkonferenzen – der Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 4056/​86 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr und zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1/​2003 auf Kabotage und internationale Trampdienste (KOM(2005) 651; im Folgenden: Kommissionsvorschlag) – war kein aufklärungsbedürftiger Umstand, der im Prospekt hätte erwähnt werden müssen.
89

Die Seiten 25 und 66 des Prospekts klären darüber auf, dass Gesetzesänderungen die vorhergesagten Ergebnisse entscheidend beeinflussen bzw. rechtliche Änderungen ein unternehmerisches Risiko darstellen können. Diese abstrakte Risikoaufklärung musste – anders als bei ins Gewicht fallenden spezifischen Unsicherheitsfaktoren (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2020 – XI ZB 28/​19, WM 2020, 2411 Rn. 46) – nicht um einen konkreten Hinweis auf den Kommissionsvorschlag ergänzt werden. Bei dem Kommissionsvorschlag handelt es sich nicht um einen Umstand, der es im maßgeblichen Zeitpunkt der Prospektaufstellung wahrscheinlich gemacht hätte, dass er den vom Anleger verfolgten Zweck gefährdet (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2020 aaO Rn. 25, vom 12. Januar 2021 – XI ZB 18/​17, WM 2021, 672 Rn. 43, vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 65 und vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 54). Die Prospektverantwortlichen mussten bei Aufstellung des Prospekts nicht davon ausgehen, dass die vorgeschlagene Aufhebung der Gruppenfreistellungsverordnung für Linienkonferenzen mit einer relevanten Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf das Einnahmenniveau haben wird. Das ergibt sich aus der Begründung des Kommissionsvorschlags sowie aus den Erwägungsgründen der (vorgeschlagenen) Verordnung.
90

Die – nach dem Kommissionsvorschlag aufzuhebende und mit Verordnung (EG) Nr. 1419/​2006 des Rates vom 25. September 2006 (ABl. 2006, L 269, S. 1) tatsächlich aufgehobene – Verordnung (EWG) Nr. 4056/​86 enthielt spezifische materiell-rechtliche Wettbewerbsvorschriften für den Seeverkehr, insbesondere eine Gruppenfreistellung für Linienkonferenzen, die es diesen gestattete, unter bestimmten Bedingungen Preise festzulegen und die Transportkapazität zu regeln (Randnummer 2 der Begründung des Kommissionsvorschlags, Erwägungsgrund 1). Nach Randnummer 4 der Begründung des Kommissionsvorschlags nahm mit der zunehmenden Verbreitung von operationellen Abmachungen in Form von Konsortien und Allianzen die Bedeutung der Linienkonferenzen ab. Individuelle Dienstkontrakte lösten die Beförderung zu den Konferenztarifen ab. Gemäß Ziffer 1.10.1 des Kommissionsvorschlags gefährdete die Aufhebung der Gruppenfreistellung für Linienkonferenzen die Wettbewerbsfähigkeit der Seeverkehrsunternehmen nicht. Bei einer gründlichen Prüfung des Gewerbes durch die Kommission, so Erwägungsgrund 3, habe sich gezeigt, dass der Linienseeverkehr nicht außergewöhnlich sei, weil seine Kostenstruktur nicht wesentlich von derjenigen anderer Gewerbe abweiche. Es sei daher nicht ersichtlich, dass der Linienseeverkehr vor Wettbewerb geschützt werden müsse. Laut Erwägungsgrund 4 seien die Konferenzen nicht mehr in der Lage, einen Konferenzpreis durchzusetzen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das Konferenzsystem stabilere Frachtraten als bei uneingeschränktem Wettbewerb gewährleiste. Konferenzmitglieder böten ihre Dienste immer öfter in Form individueller Dienstleistungsvereinbarungen an. Die Preisstabilität werde unter den – im Zeitpunkt des Kommissionsvorschlags und damit der Prospektaufstellung – gegenwärtigen Marktgegebenheiten durch individuelle Dienstleistungsvereinbarungen bewirkt (vgl. auch Erwägungsgrund 6 sowie Randnummern 4, 29, 30 und 32 der Begründung des Kommissionsvorschlags). Überdies sei infolge des Rückgangs des Konferenzsystems bereits ein Preiswettbewerb bei den Frachtraten entstanden (Erwägungsgrund 7).
91

Auf diese amtlichen, in die Zukunft gerichteten und damit prognostischen Angaben der Kommission durften sich die Prospektverantwortlichen aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht verlassen, die geplante Änderung folglich als nicht bedeutsamen risikoerhöhenden Umstand qualifizieren und deshalb auf eine über den allgemeinen Hinweis auf das Risiko von Gesetzesänderungen hinausgehende Erwähnung im Prospekt verzichten. Dass nach dem Vortrag des Musterklägers der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) wie auch der Europäische Schiffseignerverband sich gegen die Abschaffung des Konferenzsystems gewandt hätten, weil die Frachtraten dadurch absinken würden, und dass der Unterschied im Preisniveau bei Verkehren zwischen Europa und Asien und Verkehren zwischen den USA und Asien insbesondere auch auf die Linienkonferenzen zurückzuführen gewesen sei, zeigt nur auf, dass andere Meinungen bestanden haben mögen, belegt aber keine Unvertretbarkeit der in den Erwägungsgründen des Kommissionsvorschlags enthaltenen Prognose. Das Oberlandesgericht hat deshalb rechtsfehlerfrei davon abgesehen, dem Beweisangebot der Musterklägerseite nachzukommen.
92

ff) Das Oberlandesgericht hat zu Recht die mit dem Feststellungsziel 2 i verfolgte Feststellung, die im Prospekt enthaltene Prognose einer jährlichen Betriebskostensteigerung in Höhe von 3 % sei unvertretbar niedrig kalkuliert, nicht getroffen.
93

(1) Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 – XI ZR 337/​08, WM 2009, 2303 Rn. 19 und Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2020 – XI ZB 28/​19, WM 2020, 2411 Rn. 44). Jedoch übernimmt der Prospektherausgeber grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintritt. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 – XI ZR 63/​05, WM 2006, 851 Rn. 12 und vom 27. Oktober 2009 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 75/​10, WM 2012, 1293 Rn. 17). Dessen Interessen werden dadurch gewahrt, dass Prognosen im Prospekt durch sorgfältig ermittelte Tatsachen gestützt und ex ante betrachtet vertretbar sein müssen. Sie sind nach den damals gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 aaO; BGH, Urteile vom 18. Juli 2008 – V ZR 71/​07, WM 2008, 1798 Rn. 11 und vom 23. April 2012 aaO; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2020 aaO Rn. 44 und vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 74). Der Prospekt darf eine optimistische Erwartung der Entwicklung einer Kapitalanlage zugrunde legen, wenn die Tatsachen, die diese Erwartung stützen, sorgfältig ermittelt sind und die darauf gestützte Prognose der künftigen Entwicklung aus damaliger Sicht vertretbar ist (vgl. Senatsurteile vom 21. März 2006 aaO Rn. 15 und vom 27. Oktober 2009 aaO Rn. 22). Da die Prognose nur auf ihre Vertretbarkeit hin zu untersuchen ist, kommt dem Emittenten bei der Auswahl des Prognoseverfahrens und der Informationen, die ihr zugrunde gelegt werden, ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt (Senatsbeschluss vom 30. März 2021 – XI ZB 3/​18, WM 2021, 1221 Rn. 57).
94

Darlegungs- und beweispflichtig für die mit dem Feststellungsziel 2 i begehrte Feststellung ist nach allgemeinen Grundsätzen der Musterkläger (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. Oktober 2014 – XI ZB 12/​12, BGHZ 203, 1 Rn. 107, vom 8. Juni 2021 – XI ZB 22/​19, WM 2021, 1479 Rn. 50 und vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 86). Der Musterkläger muss sich daher damit befassen, ob sich die Prognose zu den Betriebskostensteigerungen auf sorgfältig ermittelte Tatsachen stützt und aus ex-ante-Sicht vertretbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juni 2021 aaO).
95

(2) Von diesen Maßgaben ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat einen Prospektfehler zu Recht verneint. Insbesondere weisen seine Annahmen, die im Prospekt zugrunde gelegte Kalkulation einer Betriebskostensteigerung von 3 % p.a. sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht vertretbar und der Musterkläger habe nicht aufgezeigt, dass die Prospektverantwortlichen bei der Bemessung der Eskalationsrate den ihnen zustehenden Spielraum überschritten hätten, keinen Rechtsfehler auf.
96

Nach den Angaben im Prospekt (Seite 91) sind die Schiffsbetriebskosten „auf Basis von Erfahrungswerten“ kalkuliert worden, wobei ab dem Jahr 2008 jährliche Kostensteigerungen in Höhe von 3 % angesetzt wurden. Außerdem wurden für die turnusmäßigen Dockungen nach fünf, zehn und 15 Jahren zusätzliche Kosten berücksichtigt. Ferner wird im Rahmen der Sensitivitätsanalyse auf den Seiten 102 f., 106 darauf hingewiesen, dass die Betriebskosten von verschiedenen Parametern abhängig seien, deren Eintrittswahrscheinlichkeit nicht realistisch eingeschätzt werden könnten.
97

Die Musterklägerseite bemängelt, dass aufgrund einer in der Vergangenheit zu beobachtenden Entwicklung zu deutlich höheren Personal- und Schmierstoffpreisen in den ersten Jahren des Fonds mit einer Betriebskostensteigerung von mindestens 10 % p.a. zu rechnen gewesen sei und erst anschließend – bei unterstelltem Absinken der vorgenannten Kostenpositionen – eine lineare Steigerungsrate von 3 % p.a. angesetzt werden könne. Zudem seien Schiffe ab einem Alter von 15 Jahren deutlich reparaturanfälliger als jüngere Schiffe. In der Gesamtrechnung ergebe sich daraus, dass sich die Betriebskosten über die Fondslaufzeit hinweg um mehr als nur 3 % p.a. erhöhten. Die Musterbeklagten haben vorgetragen, die Prognose erstrecke sich auf einen Zeitraum von über 17 Jahren und die Betriebskosten erhöhten sich durch den Exponentialeffekt erheblich. Die Planungen hätten auf den Erfahrungen mit den Fondsschiffen seit deren Infahrtsetzung im Jahr 2005 aufgebaut und der Kostenstruktur vergleichbarer Schiffe mit vergleichbarem Beschäftigungskonzept in der Bereederung der Musterbeklagten zu 3 für den gleichen Prognosezeitraum entsprochen. Die Höhe der Betriebskosten für die Fondsschiffe sei von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die zu temporären Schwankungen in unterschiedliche Richtungen führen könnten. Bei Prospektauflage habe es keine greifbaren Anzeichen gegeben, die Anlass zu der Vermutung hätten geben müssen, die prognostizierten Betriebskosten könnten nicht gehalten werden.
98

Dieses Vorbringen hat das Oberlandesgericht tatrichterlich gewürdigt und angenommen, dass die im Zeitpunkt der Prospektaufstellung zu beobachtenden Personal- und Schmierstoffpreisanstiege durch während der Fondslaufzeit eintretende Preisreduktionen wieder ausgeglichen werden könnten, so wie auch der erhöhte Reparaturbedarf eines alten Schiffes durch die höhere Zuverlässigkeit im jungen Schiffsalter kompensiert würde. Die Betriebskostensteigerung von 3 % p.a. verstehe sich deshalb bereits als Gesamtergebnis unter Einschluss der hervorgehobenen Effekte. Dagegen ist nichts zu erinnern. Indem das Oberlandesgericht überdies ausgeführt hat, bestimmte Kostensteigerungen könnten an den Markt weitergegeben werden, ist es lediglich von einer Neutralisation dieser Kostenerhöhungen ausgegangen, hat aber – anders als die Rechtsbeschwerden meinen – nicht unterstellt, dass sinkende Betriebskosten nicht zugleich mit sinkenden Charterraten einhergingen.
99

Ohne Erfolg verweisen die Rechtsbeschwerden auf die Inflationsraten des US-Dollars in den Jahren 2000 bis 2006 von bereits durchschnittlich 2,76 % p.a., die vermeintlich durch eine Studie der HSH Nordbank AG bestätigte Betriebskostensteigerung von durchschnittlich 6,2 % p.a. in der maßgeblichen Schiffsgrößenklasse in den Jahren 2000 bis 2005 und den Geschäfts- und Treuhandbericht für die Santa-B-Schiffe für das Jahr 2005, der für die Jahre 2006 bis 2008 höhere Betriebskostensteigerungen als 3 % p.a. prognostiziert und von einer Fortsetzung dieser Entwicklung „in den kommenden Jahren“ spricht. Zutreffend weist das Oberlandesgericht auf den für den streitgegenständlichen Fonds notwendigen langen Prognosezeitraum von 17,2 Jahren hin. Die Inflationsraten der letzten sechs Jahre vor Prospektaufstellung, die Betriebskostensteigerung in einem vorangegangenen Zeitraum von fünf Jahren und auch eine sich unspezifisch „auf die kommenden Jahre“ beziehende Prognose eines Geschäfts- und Treuhandberichts haben keine derart starke Aussagekraft, dass sie die im Prospekt angestellte Prognose von 3 % p.a. an Kostensteigerung unvertretbar erscheinen lassen. Die Rechtsbeschwerden legen nicht dar, weshalb die von ihnen erwähnten Preis- und Inflationsentwicklungen auch für die gesamte Fondslaufzeit repräsentativ sein sollten.
100

gg) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht schließlich die mit dem Feststellungsziel 2 k begehrte Feststellung, der Prospekt kläre nicht über das Risiko einer möglichen Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte auf, nicht getroffen.
101

Der Prospekt weist auf Seite 26 unter der Überschrift „Allgemeine Vertragserfüllungsrisiken“ auf das Risiko hin, dass Vertragspartner ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachkommen. Im Anschluss wird das Risiko von Zahlungspflichtverletzungen der Charterer und Vertragspflichtverletzungen des Reeders unter den weiteren Überschriften „Vertragserfüllung aus den Chartervereinbarungen“ sowie „Vertragserfüllung aus den Vertragsreederverträgen“ näher spezifiziert. Es handelt sich dabei jeweils um Pflichtverletzungen, die der Charterer oder der Vertragsreeder gegenüber dem Schiffseigentümer aus dem Charter- bzw. Reedervertrag begeht. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass mit den „allgemeinen Vertragserfüllungsrisiken“ nicht nur Pflichtverletzungen des Charterers und Vertragsreeders gegenüber der Fondsgesellschaft oder dem Schiffseigentümer, sondern auch negative Folgen für die Fondsgesellschaft gemeint sind, die aus gegenüber sonstigen Gläubigern begangenen Pflichtverletzungen resultieren können (vgl. auch Senatsbeschluss vom 23. Februar 2021 – XI ZB 29/​19, WM 2021, 1047 Rn. 89).
102

Darunter fällt auch die Nichterfüllung der von den Rechtsbeschwerden hervorgehobenen, in § 596 Abs. 1 HGB aufgeführten gesicherten Forderungen, deren Gläubiger die Rechte eines Schiffsgläubigers und damit gemäß §§ 597, 602 HGB ein vorrangiges gesetzliches Pfandrecht an dem Schiff haben. Aus dem Prospekt ergibt sich nicht, dass deutsche Bestimmungen nicht zur Anwendung gelangen können, so dass der Hinweis der Rechtsbeschwerden, bei den Schiffsgläubigerrechten handele es sich nicht nur um internationales Recht, sondern ein Zugriff auf das Schiff könne sich auch nach deutschem Recht ergeben, keinen Prospektfehler begründen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 68).
103

Ebenso unschädlich ist die Tatsache, dass der Prospekt auf Seite 26 lediglich von der Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen spricht, ohne eine deliktische Haftung oder Ansprüche, die nicht auf einem pflichtwidrigen Verhalten beruhen, etwa Ansprüche auf öffentliche Abgaben oder aus Gefährdungshaftung, aufzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 68). Dem aufmerksamen Prospektleser erschließt sich von selbst, dass die Vertragspartner der Fondsgesellschaft bei dem durch Regularien geprägten Betrieb eines Schiffes nicht nur vertraglichen, sondern auch gesetzlichen Ansprüchen ausgesetzt sein können. Seite 25 des Prospekts weist auf die Notwendigkeit behördlicher Genehmigungen hin, Seite 29 des Prospekts benennt das Risiko von Schäden, die durch den Betrieb der Schiffe gegenüber Dritten entstehen können. Der Risikohinweis auf Seite 26 des Prospekts lässt sich daher zwanglos auch auf das Risiko der Nichterfüllung gesetzlicher Ansprüche übertragen.
104

Überdies erwähnt der Prospekt auf Seite 166 – wenn auch im Rahmen der Schilderung der Pflichten des Vertragsreeders – die Möglichkeit von „Forderungen, Strafen und Pfandrechten, die gegen das Schiff geltend gemacht werden“. Daraus konnte der verständige Anleger ableiten, dass das Schiff Gegenstand von Schiffsgläubigerrechten sein kann. Die Auflistung von Strafen verdeutlicht zugleich, dass sich solche Rechte nicht zwingend nur aus vertraglichen Pflichtverletzungen, sondern auch aus hoheitlichen Rechtsverhältnissen ergeben können.
105

Zudem klärt der Prospekt auf Seite 21 über das Risiko des teilweisen oder vollständigen Verlusts der Zeichnungssumme auf. Auch auf den Seiten 29 und 31 wird auf das Risiko des Totalverlusts hingewiesen. Der Anleger kann daraus ableiten, dass sich das Totalverlustrisiko realisieren kann, wenn ein Vertragspartner seine Leistungspflichten gegenüber Dritten, gleich aus welchem Rechtsgrund, nicht erfüllt. Eine nähere Erläuterung der rechtlichen Mechanismen, die im Falle des Mangels an Bonität oder Leistungsbereitschaft eines Vertragspartners nach §§ 596 ff. HGB oder nach ausländischen Rechtsordnungen zu einer Verwertung des Schiffes durch gesellschaftsfremde Gläubiger und dann zu einem Totalverlust führen konnten, war neben der Benennung des maximalen Risikos nicht erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2021 – XI ZB 29/​19, WM 2021, 1047 Rn. 90, vom 14. Juni 2022 – XI ZB 33/​19, WM 2022, 1633 Rn. 106 und vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, BGHZ 237, 346 Rn. 69).
III.
106

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus § 26 Abs. 1 KapMuG. Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten folgt aus § 51a Abs. 2 GKG. Der Gesamtwert der in sämtlichen ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche beträgt vorliegend 9.732.432,71 €.
107

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die außergerichtlichen Kosten richtet sich nach § 23b RVG. Danach ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 1, 2, 3, 5, 6 und 13 auf 9.609.097,87 €, des Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 11 auf 15.750 € und für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten der Prozessbevollmächtigten des Musterklägers, der weiteren Rechtsbeschwerdeführer und der Beigetretenen zu 1 bis 11 auf 646.763,94 € festzusetzen.

Ellenberger Grüneberg Derstadt
Sturm Ettl

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 21.04.2016 – 318 OH 1/​16 –
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.12.2021 – 14 Kap 8/​16 –

Leitsatz

VerkProspG § 8g Abs. 1 Satz 1 (Fassung bis zum 31. Mai 2012)
VermVerkProspV § 2 Abs. 1 Satz 1 (Fassung bis zum 31. Mai 2012)

a) Zu den Prospektangaben bei einem Schiffsfonds hinsichtlich der Verdrängung kleinerer Schiffsklassen durch größere Schiffe (sog. Kaskadeneffekt) und der Reduktion des Einsatzes kleinerer Schiffe auf Zubringerdienste und die damit verbundene Erhöhung der Containerumschlagszahlen (sog. Transshipment-Effekt).

b)
Zur Vertretbarkeit der Prognose von Betriebskostensteigerungen bei einem Schiffsfonds.

BGH, Beschluss vom 12. März 2024 – XI ZB 2/​22 – OLG Hamburg
LG Hamburg

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