Solarmodule, Eigentumserwerb und Vermittlerhaftung

Wem gehören eigentlich die Solarmodule? Gelegentlich ist das eine recht spannende Frage. Beispielweise verkaufte eine Gesellschaft Ende 2010 Solarmodule einer Freiland-Photovoltaikanlage mit insgesamt 5.000 Photovoltaikmodulen, neun Wechselrichtern und einer Gesamtleistung von 1.050 kWp an insgesamt 65 Kapitalanleger.

Diese sollten das Eigentum an einer bestimmten Anzahl von Modulen nebst einem Miteigentumsanteil an der Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage erwerben. Die Module wurden sodann vermietet an eine Tochterfirma der Verkäuferin.

Als diese insolvent wurde, wollte der Insolvenzverwalter die Frage klären, ob die jeweiligen Käufer bzw. Anleger Eigentum an den Modulen und der Unterkonstruktion erworben haben oder nicht. Dies entschied nun der Bundesgerichtshof, welcher in mehreren parallele Instanzenzügen über die Oberlandesgerichte München, Bamberg und Karlsruhe angerufen wurde (die Aktenzeichen der BGH-Entscheidungen vom 22. Oktober 2021 lauten V ZR 225/19, V ZR 8/20, V ZR 44/20 und V ZR 69/20).

Der Eigentumserwerb der jeweiligen Beklagten bzw. Anleger setzt u.a. voraus, dass die Module zum Zeitpunkt der Übereignung sonderrechtsfähig, d.h. weder wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB), noch der Photovoltaikanlage (§ 93 BGB oder § 94 Abs. 2 BGB) waren.

Dabei waren die Photovoltaikanlage selbst – und damit die Module als Teile dieser – nicht nach § 94 Abs. 1 BGB wesentliche Bestandteile des Grundstücks, weil die Anlage mit diesem nicht fest verbunden oder jedenfalls als Scheinbestandteil i.S.v. § 95 BGB anzusehen ist, da sie aufgrund eines Nutzungsvertrages errichtet wurde, der ihren Abbau zum Ende der Vertragslaufzeit vorsieht.

Die Module waren auch nicht deshalb wesentliche Bestandteile der Anlage, weil diese als Gebäude i.S.v. § 94 Abs. 2 BGB anzusehen wäre, in das die Module zur Herstellung eingefügt wurden. Die Module könnten aber nach § 93 BGB wesentliche Bestandteile der Gesamtanlage sein. Ob ein Bestandteil im Sinne dieser Vorschrift wesentlich ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Verbindung, wenn es darauf ankommt, ob an dem Bestandteil bestehende Rechte Dritter infolge der Verbindung untergegangen sind.

Dies werden die Oberlandesgerichte, nachdem der Bundesgerichtshof die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen an die jeweiligen Oberlandesgerichte zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat, im jeweiligen Einzelfall zu klären haben.

Solarmodule wurden vielfältig auch durch Anlagevermittler oder Anlageberater vertrieben. Stellen sie wirtschaftlich betrachtet tatsächlich eine Kapitalanlage bzw. Sachwertinvestment dar, so gilt der übliche vorvertragliche Pflichten-Kanon des Bundesgerichthofs in Bezug auf gesetzliche Finanzinstrumente.

Selbst für den Fall, dass bei Solarmodulen nicht von der Anwendbarkeit gewisser Vorschriften des VermAnlG oder KAGB auszugehen sein sollte, muss der jeweilige Käufer dennoch richtig über die wesentlichen Eigenheiten und Risiken des Anlagevertrages aufgeklärt werden. Das wird deutlich, wenn man sich beispielsweise die Rechtsprechung des BGH zu Immobilien oder Versicherungen als Kapitalanlage vor Augen führt (welche auch nicht den Begriff der gesetzlichen Vermögensanlagen erfüllen), vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 2016 – III ZR 308/15 (Immobilie); Urt. v. 11. Juli 2012 – IV ZR 164/11 (kapitalbildende Lebensversicherung).

Dies führt zu dem Risiko, dass der wirksame Eigentumserwerb eine ganz erhebliche Rolle bei der Anlageentscheidung spielt – schließlich sollte der Eigentümer auch den entsprechenden Sachwert in seinem Vermögen haben. Andernfalls kauft er nur ein leeres Nutzungsrecht. Wenn aber in einzelnen Konstellationen sich nicht einmal die Oberlandesgerichte einig sind bei der Frage des wirksamen Eigentumserwerbs der jeweiligen Solarmodule, besteht das Risiko, dass ein Anleger seinen Vermittler oder Berater auf etwaige Differenzschäden in Anspruch nimmt, falls es sich nicht um einen wirksamen Eigentumserwerb handelte.

Zwar könnte man mit guten Gründen dagegen argumentieren, dass ein Vermittler oder Berater keine Rechtsberatung und auch keine sonstige Aufklärung in rechtlich schwierigen Fragen schuldet. Doch das haben sehr viele Vermittler von Goldgeschäften ebenfalls gedacht in Fragen des Miteigentums oder der wirksamen Übereignung ohne Einräumung des Besitzes oder bei gleichzeitigen Sachdarlehen. Viele verbraucherfreundliche Instanzgerichte bekommen leider spitze Ohren, wenn ein Geschädigter im Rahmen der Plausibilitätsprüfungspflicht keine rechtlich fundierte Auskunft zur Wirksamkeit der vertraglich vorgesehenen Übereignung trifft – ob sie nun gefordert werden kann oder nicht. Hier muss dann gut unter Hinweis auf übertragbare Rechtsprechung argumentiert werden.

Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte PartGmbB

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