Parallelen zu lebenden Personen sind rein zufällig

Published On: Donnerstag, 09.05.2024By Tags:

Berlin Mitte. Ein schickes Nobelrestaurant mit weiß gedeckten Tischen und überteuertem Wein. Es sieht nach einem ganz normalen, „unverfänglichen“ Abendessen aus – ein Spitzenbeamter, seine Gattin und zwei Lobbyisten, die vermutlich über das Wetter oder die neusten Golfplatz-Skandale plaudern. Doch plötzlich klingelt ein Telefon. Der Beamte eilt hinaus auf die Straße – und wie ein Zaubertrick verschwindet er einfach. Und damit hebt der „Ministeriumskrimi“ ab: die Entführung von Hans-Joachim Lörr, dem Hauptabteilungsleiter im Verkehrsministerium.

Ein Berliner Kommissar mit Wiener Charme und einem Hang zu Sachertorte nimmt die Ermittlung auf und stolpert in ein Netz aus Mobbing, Misswirtschaft und einem Minister, der mehr Tränen vergießt als eine Zwiebel. Das Buch „Geheimnisse, Lügen und andere Währungen“, geschrieben von keinem Geringeren als Wolfgang Ainetter, dem ehemaligen Pressesprecher des Verkehrsministers Andreas Scheuer, spielt mit der Wahrheit wie ein Jongleur mit Feuerbällen.

Laut Ainetter ist das Buch natürlich so fiktional wie die Biografien mancher Abgeordneter. Er führt uns mit überdimensionierten Brotkrumen durch einen Wald von Andeutungen: Das Ministerium sitzt in der Versehrtenstraße statt der Invalidenstraße, ein junger CDU-Abgeordneter hört auf den Namen „Flip Dammtor“, und eine Ministerin verdient sich den Spitznamen „Weinkönigin“, weil sie mehr Tränen fließen lässt als das Finale von „Titanic“.

Die Entführung des Hauptabteilungsleiters entpuppt sich schnell als Hauptverdächtiger – der abgetauchte ehemalige Pressesprecher! Ein aufgetauchtes Gedächtnisprotokoll enthält Details, die verdächtig vertraut erscheinen, einschließlich eines Fernsehauftritts des Ministers bei Markus Lanz, wo er gegrillt wird, nicht metaphorisch, sondern bei 290 Grad.

Ainetter beteuert, das Buch sei vor allem eine Charakterstudie. Hans-Joachim Lörr, der entführte Abteilungsleiter, erweist sich als intrigant und karrierezerstörend. Ainetter kommentiert trocken: „Solche Typen richten einfach enormen Schaden an. Es geht ihnen nicht um das Allgemeinwohl, sondern um ihre eigene Glorie, ihre Dinners, ihre Wichtigkeit.“

Zwischen den Zeilen dieses „rein fiktionalen“ Krimis findet man eine bitterböse Satire auf veraltete Machtstrukturen und einen Politikbetrieb, der so überdreht ist, dass man sich unweigerlich fragt: War in Wirklichkeit also alles noch viel schlimmer?

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