Müssen Emerging Markets Hinweise geben – und wer glaubt an seine Entscheidungen?

Langfristigstudien sind die Grundlage von Strategien wissenschaftlicher Untersuchungen am Ende eines Kalenderjahres. Dabei werden mehrere Märkte untersucht, die Emerging Markets eingeschlossen. Saisonale Effekte sind signifikant nachweisbar, ihre Effekte in Europa am stärksten. Am Beispiel des italienischen Aktienmarktes wird deutlich, wie stark der Performancevorsprung gegenüber dem durchgängigen Halten des Aktienwestens ausgefallen ist, was bedeutet, dass Investoren im Sommerhalbjahr keine Risikoprämie verdienen sondern draufzahlen.

Diese Überlegungen werden als Basis von Untersuchungen aufgegriffen und einem Out-of-Sample-Test unterzogen. Die meisten saisonalen Anomalien verschwinden nach ihrer Entdeckung. Sie sind über weite Zeiträume in unvermindertem Ausmaß nachweisbar. Die Vorteile des Winters gegenüber dem Sommer werden jedes Jahr erneut hervorgehoben. Im Winter wird eine geringere Volatilität aufgezeigt, womit die Renditen aufgewertet werden, wenn das Investment risikoadjustiert betrachtet wird.

Da Zufälle infrage gestellt werden, wird mit einer Erklärung eine Idee gesucht. Einbrüche am Finanzmarkt waren immer dem Herbst zugeordnet (1987, 2008). Den negativen Aspekten standen in den gleichen Jahreszeiten die Jahresendrallyes gegenüber. Die Finanzmarktforschung hat die Ursachen verfolgt und erklärt: Saisonale Stimmungsschwankungen in der Bevölkerung können Auslöser sein. Diese wirken sich auf die Risikofreudigkeit aus. Das überzeugt nicht auf Anhieb.

Entscheidend ist der SAD-Effekt (Seasonal Affective Disorder). Die Betroffenen schlafen oft überdurchschnittlich lang, haben wenig Energie und fühlen sich niedergeschlagen. Die verkürzte Tageszeit im Winter kann den o. b. Effekt bewirken – dies auch dann, wenn diese Menschen über das ganze Jahr mental gesund sind. Vor wenigen Jahren waren Mediziner skeptisch. Untersuchungen haben diesen Effekt wissenschaftlich bestätigt. Das zeigt sich daran, dass die Symptome häufiger und stärker auftreten, wenn die Untersuchungen in weiter nördlich gelegenen Ländern durchgeführt werden. Unter dem Effekt leiden bis zu 10% der Bevölkerung. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Effekt stark genug ist, um Märkte zu beeinflussen.

Menschen, die im Herbst und Winter unter dem Effekt leiden, haben im Herbst und Winter stärkere Risikoaversionen. Zum Vergleich dazu ist das Risikoempfinden im Sommer vergleichsweise normal. Daraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass kleine Veränderungen der Risikopräferenzen in der Gesamtbevölkerung ausreichen, um einen Einfluss auf die Märkte zu haben. Ist dabei E-Business einbezogen, verstärken sich die Merkmale, da den betroffenen Menschen die Kontrolle entzogen ist.

Die Masse der Anleger ist über ihre Investmententscheidungen kollektiv für einen Faktor verantwortlich: Das Volumen an Zu- und Abfluss im Voraus für Aktien und Anleihen konzentriert sich im Herbst aufs sichere und im Frühjahr eher auf riskantere Anlagen. Tendenziell werden hierdurch die durchschnittlichen Renditen für Aktien im Winter und für Anleihen im Sommer erhöht. In Verbindung mit Studien wurde erkannt, dass der Effekt für im Norden liegende Länder stärker ausgeprägt ist. Die Untersuchung des kanadischen Marktes bestätigte den Effekt. Eine zusätzliche Untersuchung des australischen Marktes bestätigte, dass der Zyklus um sechs Monate versetzt war, da die Jahreszeiten auf der Südhalbkugel gegenläufig sind.

Anleger sind im Herbst und Winter stärker risikoavers als im Frühjahr und Sommer. Dies wirkt sich aggregiert über die Gesamtbevölkerung signifikant auf die Höhe der Zu- und Abflüsse in Aktien und Anleihen bzw. auf die relevanten Fonds aus. Damit werden die Renditen systematisch beeinflusst. Diese Erkenntnis ist eine Erklärung für die seit Jahrzehnten beobachtete Saisonalität an den Märkten. Interessant ist, dass diese Strategie nicht von Transaktionskosten abhängt.

Anleger müssen unabhängig von den dargestellten Erfolgen bei den Strategien Geduld haben. Anleger können im Sommer gute Entwicklungen verpassen, wenn die Märkte aufgrund der Trendstärke doch weiter steigen. Wie bei jeder Strategie gibt es auch mit dem dargestellten Ansatz keine Garantie dafür, dass jeder Anleger bei jeder guten Phase dabei sein wird. Daher sollte die Saisonalität kein alleiniges Kriterium für die Anlageentscheidung sein. Trader und Anleger sollten weitere Instrumente unterschiedlicher Analysen hinzuziehen, um ihre Einschätzungen zu untermauern.

In der Vergangenheit ließen sich Stärken des Aktienmarkts gegen Jahresende beobachten. Wie in diesem Aufsatz dargestellt, muss Renditeanomalie auf ihre Signifikanz untersucht werden. Dazu ist zeitliche Abgrenzung nötig. Dies lässt sich über Jahre beobachten. Märkte tendieren ab der zweiten Novemberhälfte freundlich und setzen ihre Erfolge bis in die ersten Januartage fort. Die dann folgenden Korrekturen sind Bestätigungen für die Erfolge in den Monaten davor.

Um die jüngere Vergangenheit zu untersuchen, wurden in den vergangenen 15 Jahren Aktienbewegungen beim DAX analysiert. Jedes Jahr zeigt Renditen für verschiedene Gründe  abgrenzende Zeiträume auf. Über 15 Jahre gesehen, ist bei den Erlösen entscheidend, dass sich die im Durchschnitt berechneten Renditen auf unterschiedlich lange Zeiträume beziehen. Dabei zeigt sich, dass eine Jahresendrallye im Durchschnitt der letzten 15 Jahre erkennbar vorhanden war. Dennoch ist dabei zu berücksichtigen, dass selbst ein statistisch gut belegter Zusammenhang immer nur für eine Stichprobe gilt. Im Einzelfall kann es anders kommen. Als Beispiel sei auf das Jahr 2002 verwiesen, in dem sich das Muster umkehrte und sich der Markt zu einem „Jahresendcrash“ entwickelte.

Die im Durchschnitt gute Dezemberentwicklung ist mit der guten Laune der Marktteilnahme, den Weihnachtsgratifikationen und den Maßnahmen der Fondsgesellschaften zum Jahresende zu erklären. Letztere kaufen kurz vor dem Bewertungsstichtag Wertpapiere, die bereits in Fonds enthalten sind. So steigen die Kurse dieser Aktien im Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Die Gewinneraktien des Jahres werden dem Portfolio hinzugefügt. Damit wird der Eindruck erweckt, dass die Fondsmanager im ganzen Jahr das Gespür für erfolgreiche Aktien hatten.

Die Erklärung der guten Performance im Monat November ist schwieriger. Dafür kommt die frühzeitige Antizipation des erwartet guten Dezembers als Treiber infrage. Anleger berücksichtigen einige dieser Vorgaben, halten sich aber ohne Kritik nicht über längere Zeiträume daran. Anlageformen verschiedener Art werden entwickelt. Dabei werden Änderungen herbeigeführt und Erfahrungen mit dem Ziel besserer Ergebnisse umgesetzt. Solange Anleger in der Konsequenz an ihre  e i g e n e  richtige Entscheidung glauben, haben Börse und Berater einen wirtschaftlich erfolgreichen Job gemacht.

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