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Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow zu aktuellen BaFin-Warnungen: Was betroffene Anleger jetzt wissen und tun sollten

MIH83 (CC0), Pixabay
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Redaktion: Herr Iwanow, die BaFin hat aktuell mehrere Warnungen zu dubiosen Online-Plattformen herausgegeben – unter anderem zu DoppErfolgPro, basetrade.pro und der Seite wealth-partnersamtegernsee.com. Was bedeuten diese Warnmeldungen konkret für Anleger?

Michael Iwanow: Diese Warnungen sind sehr ernst zu nehmen. Die BaFin weist ausdrücklich darauf hin, dass die genannten Plattformen ohne Erlaubnis Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen anbieten – das ist in Deutschland illegal. In einigen Fällen, wie bei wealth-partnersamtegernsee.com, kommt sogar Identitätsmissbrauch hinzu. Die Betreiber geben sich fälschlich als ein seriöses Unternehmen aus, um Vertrauen zu erwecken. Das ist ein typisches Vorgehen im Online-Anlagebetrug.

Redaktion: Was bedeutet das für Menschen, die dort bereits investiert haben?

Iwanow: Wer bereits Geld investiert hat, sollte sofort reagieren. Es ist wahrscheinlich, dass das investierte Kapital nicht abgesichert ist – und dass keine echten Finanzgeschäfte stattfinden. Oft landen Überweisungen ins Ausland, etwa nach St. Vincent und die Grenadinen oder in andere Offshore-Gebiete, von wo aus Rückforderungen kaum möglich sind. In solchen Fällen rate ich dringend, keine weiteren Zahlungen zu leisten, auch nicht für vermeintliche Steuern, Gebühren oder „Freischaltungen“.

Redaktion: Gibt es überhaupt noch eine Chance, das Geld zurückzubekommen?

Iwanow: In vielen Fällen ja – zumindest teilweise. Wichtig ist, schnell zu handeln: Zahlungen können unter Umständen rückgängig gemacht werden, insbesondere bei Kreditkartenbuchungen oder SEPA-Lastschriften. Wer per Banküberweisung gezahlt hat, sollte umgehend seine Bank kontaktieren und versuchen, eine Rücküberweisung zu veranlassen. Zudem sollte unbedingt Anzeige bei der Polizei erstattet und ein Anwalt mit Erfahrung im Bereich Kapitalanlagerecht eingeschaltet werden.

Redaktion: Was ist mit angeblichen Lizenzen, die auf den Seiten präsentiert werden?

Iwanow: Diese sind oft gefälscht oder irreführend. Im Fall von basetrade.pro z. B. wird mit Lizenzen von CySEC und der britischen FCA geworben – beide Behörden haben jedoch bestätigt, dass keine Firma namens Basetrade bei ihnen registriert ist. Das ist ein klares Zeichen für Täuschung. Solche Fake-Zertifikate sollen Seriosität vortäuschen und Anleger in Sicherheit wiegen.

Redaktion: Was raten Sie betroffenen Verbrauchern jetzt konkret?

Iwanow:

  1. Zahlungen sofort stoppen.

  2. Polizei einschalten und Strafanzeige stellen – auch online möglich über die Internetwache.

  3. Einen spezialisierten Anwalt kontaktieren, um zu prüfen, ob zivilrechtliche Ansprüche durchsetzbar sind.

  4. Beweise sichern: Screenshots, E-Mails, Zahlungsbelege – alles aufbewahren.

  5. Nicht auf Rückgewinnungsbetrüger hereinfallen, die nach dem Motto „Wir holen Ihr Geld zurück – aber bitte zahlen Sie zuerst“ auftreten. Das ist die nächste Betrugswelle.

Redaktion: Gibt es eine Möglichkeit, sich künftig besser zu schützen?

Iwanow: Ja. Anleger sollten vor jeder Geldanlage prüfen, ob das Unternehmen bei der BaFin registriert ist. Die BaFin stellt dazu eine kostenfreie Unternehmensdatenbank zur Verfügung. Zudem empfehle ich, bei Versprechen wie „garantierte Renditen“, „sichere Festgelder mit 7 %“ oder „staatlich geprüfte Krypto-Investments“ grundsätzlich kritisch zu sein. Wenn es zu schön klingt, um wahr zu sein – ist es das meist auch.

Redaktion: Herzlichen Dank, Herr Iwanow, für die klaren Worte und Hinweise!

Iwanow: Sehr gerne – und ich kann nur betonen: Wenn man früh reagiert, ist oft noch etwas zu retten. Nicht abwarten – handeln!

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