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Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: Öffentliche Kaufangebote für Wertpapiere – Worauf Anleger achten sollten

Mohamed_hassan (CC0), Pixabay
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Journalist: Herr Högel, viele Anleger erhalten gelegentlich Kauf- oder Tauschangebote für ihre Wertpapiere. Können Sie erklären, worum es sich dabei handelt?

Maurice Högel: Natürlich. Dabei handelt es sich um öffentliche Angebote von Unternehmen oder Einzelpersonen, die bestimmte Wertpapiere erwerben möchten. Diese können Anleihen, Zertifikate, Optionsscheine oder Aktien betreffen. Depotführende Banken sind verpflichtet, solche Angebote an ihre Kunden weiterzuleiten, falls diese die betreffenden Wertpapiere besitzen. Wichtig ist jedoch: Die Banken selbst sind nicht die Urheber dieser Angebote, sondern leiten sie nur weiter – ohne sie zu prüfen oder zu bewerten.

Journalist: Das bedeutet, Anleger müssen selbst einschätzen, ob ein Angebot seriös und vorteilhaft ist?

Maurice Högel: Genau. Banken übernehmen keine Überprüfung der Angebote, und auch die Finanzaufsicht BaFin ist bei Kaufangeboten für Wertpapiere aus dem sogenannten „Freiverkehr“ einer Börse nicht involviert. Anleger müssen also selbst sorgfältig prüfen, ob ein Angebot sinnvoll ist oder nicht.

Journalist: Welche Risiken bestehen für Anleger, wenn sie auf solche Angebote eingehen?

Maurice Högel: Das größte Risiko besteht darin, Wertpapiere unter Wert zu verkaufen. Gerade bei Wertpapieren, die im Freiverkehr gehandelt werden, gibt es oft Kaufangebote mit deutlich niedrigeren Preisen als der aktuelle Börsenkurs. Einige Anbieter spekulieren darauf, dass Anleger uninformiert sind oder sich von einer kurzen Frist unter Druck setzen lassen. Ein weiteres Risiko ist die mangelnde Transparenz: Die Bietenden müssen keine Angaben zu ihrer Identität oder finanziellen Situation machen. Es gibt keine Verpflichtung, offenzulegen, ob sie überhaupt in der Lage sind, den Kaufpreis zu zahlen.

Journalist: Gibt es bestimmte gesetzliche Vorschriften, die solche Kaufangebote regulieren?

Maurice Högel: Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Wertpapieren im regulierten Markt und denen im Freiverkehr. Öffentliche Kaufangebote für Aktien im regulierten Markt unterliegen dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG). Solche Angebote müssen von der BaFin geprüft und genehmigt werden. Für Wertpapiere im Freiverkehr gibt es diese gesetzliche Regulierung nicht – hier können Angebote ohne besondere Vorgaben gemacht werden. Das macht es für Anleger umso wichtiger, vorsichtig zu sein und selbst zu prüfen, ob das Angebot seriös ist.

Journalist: Wie sollten Anleger ein solches Angebot prüfen, bevor sie eine Entscheidung treffen?

Maurice Högel: Zunächst sollten sie den angebotenen Kaufpreis mit dem aktuellen Börsenkurs vergleichen. Liegt das Angebot deutlich unter dem Marktwert, ist Vorsicht geboten. Zudem sollten sie sich über den Anbieter informieren – gibt es öffentlich zugängliche Informationen über das Unternehmen oder die Person hinter dem Angebot? Anleger sollten sich auch nicht von kurzen Fristen unter Druck setzen lassen. Wer unsicher ist, kann sich bei Verbraucherzentralen oder Anlegerschutzorganisationen beraten lassen.

Journalist: Also lautet die Devise: Prüfen, vergleichen und nicht unter Druck setzen lassen?

Maurice Högel: Ganz genau. Es gibt durchaus seriöse Angebote, aber es gibt auch viele Fälle, in denen Anleger zu schlechten Konditionen verkaufen. Ein gesundes Maß an Skepsis und eine gründliche Prüfung sind der beste Schutz vor Fehlentscheidungen.

Journalist: Vielen Dank, Herr Högel, für diese wichtigen Einblicke!

Maurice Högel: Sehr gerne!

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