Startseite Allgemeines Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime (Bautzen): „Diese Maschen sind hochprofessionell – Verbraucher sollten extrem wachsam sein“
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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime (Bautzen): „Diese Maschen sind hochprofessionell – Verbraucher sollten extrem wachsam sein“

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Die BaFin warnt aktuell vor betrügerischen Angeboten rund um die Apps „RenTech PRO“, „RenTech Max“ sowie vor Aktivitäten in WhatsApp-Gruppen. Außerdem stehen Angebote der Website eaglegloballp(.)com im Fokus. Wir haben mit dem Bautzener Rechtsanwalt Jens Reime gesprochen, der sich auf Kapitalanlagerecht und Anlegerschutz spezialisiert hat.


Herr Reime, die BaFin warnt vor WhatsApp-Gruppen und Apps, die unter dem Namen „RenTech“ auftreten. Wie schätzen Sie diese Gefahr ein?

Reime: Die Warnung der BaFin ist sehr ernst zu nehmen. Hier werden Anlegerinnen und Anleger in WhatsApp-Gruppen gezielt angesprochen – häufig mit vermeintlich persönlichen Empfehlungen durch angebliche Experten wie „Julia Wagner“ oder „David Mitchell“. Tatsächlich ist der BaFin nichts über die Existenz dieser Personen bekannt. Auch ein Bezug zum renommierten Unternehmen Renaissance Technologies aus den USA besteht offenbar nicht. Das ist ein klassisches Warnsignal.


Was macht diese Maschen besonders gefährlich?

Reime:
Betrüger nutzen zwei Mechanismen:
Erstens soziale Nähe, indem sie über WhatsApp einen persönlichen, vertraulichen Rahmen vorgaukeln.
Zweitens technische Professionalität, indem sie täuschend echte Handels-Apps wie „RenTech PRO“ oder „RenTech Max“ einsetzen. Die Nutzer glauben, echte Finanzprodukte zu handeln. In Wirklichkeit handelt es sich aber um nicht lizenzierte Angebote.

Wer in Deutschland Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen anbietet, braucht eine Erlaubnis der BaFin. Den Betreibern dieser Apps fehlt sie eindeutig.


Gleichzeitig warnt die BaFin vor der Website „eaglegloballp(.)com“. Was steckt dahinter?

Reime:
Auch hier besteht der Verdacht, dass Bank- und Finanzdienstleistungen ohne jede offizielle Genehmigung angeboten werden. Die Betreiber stehen nicht unter der Aufsicht der BaFin, und das ist ein erhebliches Risiko. Viele dieser Seiten arbeiten mit geschönten Renditeaussagen oder mit Plattformen, die nur vortäuschen, echte Transaktionen durchzuführen.

Betroffene merken oft erst sehr spät, dass ihr Geld nie angelegt, sondern schlicht weitergeleitet wurde.


Die BaFin, das BKA und die LKAs raten generell zur Vorsicht bei Online-Geldanlagen. Was heißt das konkret für Verbraucher?

Reime:
Man sollte niemals investieren, ohne vorher zu prüfen:

  1. Ist der Anbieter in der BaFin-Datenbank registriert?
    Das ist der wichtigste Schritt. Fehlt die Registrierung, Finger weg.

  2. Wird man aktiv kontaktiert – per WhatsApp, Anruf oder E-Mail?
    Seriöse Finanzdienstleister tun das nicht.

  3. Klingt das Angebot „zu gut, um wahr zu sein“?
    Dann ist es meist betrügerisch.

  4. Wird Druck aufgebaut?
    Zum Beispiel: „Nur heute verfügbar!“ oder „Jetzt sofort entscheiden!“ – eindeutiges Warnsignal.

Wer diese Punkte beachtet, kann viele Betrugsversuche sofort erkennen.


Viele Menschen schämen sich, wenn sie betrogen wurden. Wie sollten Betroffene reagieren?

Reime:
Es gibt absolut keinen Grund, sich zu schämen. Diese Betrugsstrukturen sind hochprofessionell, psychologisch durchdacht und weltweit vernetzt. Jeder kann darauf hereinfallen.

Wichtig ist:

  • sofort Zahlungen stoppen,

  • Kontobewegungen sichern,

  • Beweise sichern (Screenshots, Chats, Überweisungsbelege),

  • so schnell wie möglich anwaltliche Unterstützung einholen,

  • Strafanzeige stellen.

Je früher Betroffene handeln, desto besser sind die Chancen, Geldflüsse nachzuverfolgen oder Rückbuchungen zu prüfen.


Was erwarten Sie für die kommenden Monate? Wird die Betrugswelle weiter wachsen?

Reime:
Leider ja. Mit zunehmender Digitalisierung entstehen auch immer mehr neue Betrugsmethoden – besonders im Bereich Kryptowährungen und vermeintlicher KI-Investitionen. WhatsApp-Gruppen und Apps sind dabei sehr wirksam, weil viele Nutzer eine niedrigere Hemmschwelle haben.

Die BaFin-Warnungen werden zunehmen – und Verbraucher müssen besonders wachsam bleiben.


Ihr wichtigster Rat in einem Satz?

Reime:
„Wenn Sie nicht sicher nachweisen können, dass ein Anbieter lizenziert und seriös ist: investieren Sie nicht.“

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