Startseite Interviews Interview: Krypto-Trading für deutsche Anleger – Chancen und Risiken
Interviews

Interview: Krypto-Trading für deutsche Anleger – Chancen und Risiken

Tumisu (CC0), Pixabay
Teilen

Interviewer: Herr Reime, als erfahrener Anwalt für Anlegerrecht – wie sehen Sie die aktuelle Situation rund um das Krypto-Trading für deutsche Kunden?

Rechtsanwalt Jens Reime: Das Krypto-Trading hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und bietet auch für deutsche Anleger attraktive Möglichkeiten. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen komplex sind und ständig Änderungen unterliegen. Gerade bei Plattformen wie Kraken gibt es einige Besonderheiten, die deutsche Kunden unbedingt im Blick haben sollten.

Interviewer: Welche Besonderheiten betreffen deutsche Anleger beim Krypto-Trading speziell?

Jens Reime: Ein wichtiges Thema ist aktuell das Margin-Trading. Kraken hat angekündigt, dass ab Mitte September 2024 die Geld- und Stablecoin-Margin-Kredite eingestellt werden. Das bedeutet, dass alle offenen Orders und Positionen in diesen Bereichen geschlossen werden müssen. Anleger, die also mit Fremdkapital traden, müssen sich auf diese Änderung einstellen. Allerdings bleibt das Margin-Trading mit Krypto-Assets selbst weiterhin möglich.

Interviewer: Was bedeutet das konkret für Krypto-Investoren in Deutschland?

Jens Reime: Für erfahrene Trader bedeutet es, dass sie ihre Strategien entsprechend anpassen müssen. Wenn jemand bisher auf Stablecoin-Margin-Trading gesetzt hat, muss er seine Positionen auflösen und gegebenenfalls alternative Strategien entwickeln. Wichtig ist dabei auch, die steuerlichen Folgen im Auge zu behalten. Gewinne aus dem Margin-Trading können als Kapitalerträge oder sogar als gewerbliche Einkünfte besteuert werden.

Interviewer: Gibt es rechtliche Fallstricke, die Krypto-Anleger beachten sollten?

Jens Reime: Auf jeden Fall. Ein großes Risiko besteht in der Asset-Unterstützung. Kraken hat angekündigt, dass einige Assets für deutsche Kunden möglicherweise nicht mehr verfügbar sein werden. Das bedeutet konkret: Wenn ein Asset nicht mehr unterstützt wird, entfallen auch Trading- und Staking-Dienste. Anleger sollten daher regelmäßig prüfen, ob ihre Investments betroffen sind, um nicht plötzlich auf unhandlichen Beständen sitzen zu bleiben.

Interviewer: Wie sollten Anleger mit dieser Unsicherheit umgehen?

Jens Reime: Hier rate ich zur Diversifikation und zum regelmäßigen Monitoring der Plattform-Ankündigungen. Es ist sinnvoll, nicht ausschließlich in Nischen-Coins zu investieren, die möglicherweise aus dem Angebot fallen könnten. Auch sollte man sich überlegen, ob man für das Staking auf Kraken setzt oder lieber alternative Staking-Methoden nutzt.

Interviewer: Viele Anleger fragen sich, wie sicher ihre Investments auf Krypto-Plattformen wie Kraken eigentlich sind. Was sagen Sie dazu?

Jens Reime: Es gibt keine staatliche Einlagensicherung wie bei klassischen Bankeinlagen. Wenn die Plattform insolvent wird oder gehackt wird, kann der Verlust der eigenen Coins drohen. Anleger sollten sich also gut über die Sicherheitsmaßnahmen der Plattform informieren und gegebenenfalls auf Hardware-Wallets zurückgreifen, um größere Beträge offline zu speichern.

Interviewer: Inwiefern spielen regulatorische Vorgaben in Deutschland eine Rolle beim Krypto-Trading?

Jens Reime: In Deutschland unterliegt der Handel mit Kryptowährungen einer strengen Regulierung. Börsen wie Kraken müssen sich an die Vorgaben der BaFin halten. Dazu gehört unter anderem die Identitätsprüfung der Nutzer und die Einhaltung der Geldwäschegesetze. Anleger müssen zudem beachten, dass Gewinne aus Krypto-Trading nach einer Haltefrist von einem Jahr steuerfrei sein können, kurzfristige Spekulationsgewinne jedoch voll versteuert werden.

Interviewer: Was raten Sie Anlegern, die neu in den Kryptomarkt einsteigen wollen?

Jens Reime: Ich rate dringend dazu, sich vorher umfassend zu informieren. Viele Plattformen wie Kraken bieten Schulungsmaterialien und Trading-Anleitungen an. Diese sollte man nutzen, bevor man echtes Geld investiert. Außerdem ist es ratsam, zunächst mit kleinen Beträgen und ohne Hebelwirkung zu starten, um ein Gefühl für die Volatilität des Marktes zu bekommen.

Interviewer: Und wie sieht es bei erfahrenen Tradern aus?

Jens Reime: Erfahrene Trader sollten ihre bisherigen Strategien auf die neuen Gegebenheiten anpassen und vor allem die rechtlichen Neuerungen im Auge behalten. Die Steuerberatung ist dabei unerlässlich, um nicht in eine Nachversteuerungsfalle zu geraten. Es ist zudem sinnvoll, sich regelmäßig über neue gesetzliche Rahmenbedingungen zu informieren, da die Regulierung in diesem Bereich ständig angepasst wird.

Interviewer: Herr Reime, vielen Dank für Ihre hilfreichen Einschätzungen!

Jens Reime: Gern geschehen. Wer sich mit Kryptowährungen beschäftigt, sollte immer auch die rechtlichen und steuerlichen Aspekte im Blick behalten. Der Markt bietet viele Chancen, aber eben auch erhebliche Risiken.

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Interviews

„Betrugsverdacht ernst nehmen“ – Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel zur BaFin-Ermittlung gegen „Leben Kredit“

Herr Högel, die BaFin warnt vor der Website lebenkredit.eu, die angeblich Online-Kredite...

Interviews

„Anleger sollten wachsam und schnell handeln“ – Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zu aktuellen BaFin-Warnungen

Herr Reime, die BaFin hat kürzlich gleich mehrere Warnmeldungen veröffentlicht, u. a. zur...

Interviews

Stilles Firmensterben in Sachsen: Vivien Wieder von der Deutschen Startup Zeitung fordert stärkere Unterstützung für Nachfolgelösungen

Fast 8.000 Unternehmen in Sachsen haben 2024 endgültig geschlossen – so viele...

Interviews

Analyse der Bilanz der Anytime Invest GmbH

📘 Allgemeine Unternehmensdaten: Firma: Anytime Invest GmbH Sitz: Köln Abschlussart: Jahresabschluss Geschäftsjahr:...