Graue Vertriebe schlagen riskante Kurse ein

Zwischen geschlossenen Beteiligungsmodellen gibt es Unterschiede, die Anleger und Vermittler kennen sollten. Vertriebe wenden sich weniger streng regulierten Vermögensanlagen zu.

Manche Vertriebe schlagen riskante Wege ein (Kulon, Robert). Es soll Privatanleger geben, die es noch immer auf die Renditen von geschlossenen Beteiligungsmodellen abgesehen haben. Die Anbieter solcher Finanzkonstruktionen versprechen oft eine jährliche Verzinsung von mehr als  5 Prozent und stellen manchmal 10 Prozent in Aussicht. Investoren wählen nach Gusto aus möglichen Angeboten von Direktinvestments, Nachrangdarlehen und Genussrechten bis zu Alternativen Investmentfonds (AIF). Unterschiede sind Anlegern oft nicht bekannt. Manche Vermittler, die sich fehlerhaft gern Berater nennen, können selten differenzieren. Diese Details entscheiden, ob ein Produkt zum Bedarf des Anlegers passt (Klaile, Stefan;  Vorstand der Xolaris Service KVAG). Klaile vertritt einen Dienstleister für Initiatoren von illiquidem Investmentvermögen.

Produkte auf zwei Ebenen

Anleger und Berater sollten sich nicht aufs Glatteis begeben, denn der Gesetzgeber hat nach den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit die Regulierungen verschärft. Damit werden  zwei Produktwelten definiert. Mit dem Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) werden die schwächer überwachten Anlageformen reguliert. Anleger in Alternativen Investmentfonds (AIF) müssen als „professionelle Anleger“ (vgl. § 31a, Absatz 1 und 2 WpHG) über qualifizierte  Erfahrung sowie Kenntnisse zum Sachstand verfügen. Danach sollten sie in der Lage sein um Anlageentscheidungen treffen und die verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können. Damit werden Finanzinstitute, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds oder sonstige institutionelle Anleger definiert. Diese müssen dazu zwei der drei folgenden Merkmale überschreiten: 20.000.000 EUR Bilanzsumme, 40.000.000 EUR Umsatzerlöse, 2.000.000 EUR Eigenmittel. Für diese gilt das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) (Lebert, Stephanie; Senior Analystin; Ratingagentur Scope).

Vertriebe orientieren sich seit Jahrzehnten bevorzugt zu weniger streng regulierten Vermögensanlagen hin. In 2017 wurden Produkte mit gefordertem Eigenkapital von mehr als einer Milliarde Euro vorgestellt, ein Drittel mehr als im Vorjahr! Das von AIFs emittierte Eigenkapital ist gleichzeitig um ein Viertel gefallen. Nur für diese gilt das höhere Transparenz- und Schutzniveau des KAGB. Wenn bei Kapitalanlagen Verwahrstellen wie eine Bank fehlen, betrifft das auch ein Risikomanagement. Die jährliche Bewertung der Assets sowie die fehlenden gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte wie zum Beispiel Teilnahme- und Stimmrecht an der Gesellschafterversammlung des Emittenten sind nicht gegeben. Das sind bedeutende Nachteile dieser Investitionen gegenüber den regulierten AIF. So werden Anleger zu nachrangigen Gläubigern solcher Vermögensanlagen (vgl. Klaile ebda.).

Anlagen im Sinne des VermAnlG sind Genussrechte und Nachrangdarlehen. Da es sich dabei um Mischungen aus Eigen- und Fremdkapital handelt, ist Vorsicht geboten. Erfüllt das Investment die Erwartungen nicht, haben Investoren wenige Möglichkeiten zur Einflussnahme. Umfassende  Gesellschafterrechte und -pflichten genießen Anleger von operativ tätigen GmbH & Co. KGs. Diese Gesellschaftsform entspricht den Vorgaben der klassischen geschlossenen Fonds, darf heute aber nicht mehr so genannt werden. Anleger treten als Kommanditist und Kapitalgeber bei. Dennoch erfolgt keine qualifizierte Kontrolle durch die Finanzaufsicht BaFin. Diese billigt den Verkaufsprospekt als einzige Leistung (vgl. Klaile ebda.).

Mit MiFID II und IDD Missbrauch einschränken

Höchste Anforderungen erfüllen nur die  AIF. Die BaFin verlangt vom Prospekt und wesentliche Anlegerinformationen und die Aushändigung der aktuellen Jahres- und Halbjahresberichte. Ein AIF setzt eine von der Finanzaufsicht zugelassene Kapitalverwaltungs-gesellschaft (KVG) voraus, die von zwei Geschäftsleitern  mit Eignungsnachweis geleitet werden müssen. Die Trennung von Asset-Management und Geldtransfer ist Vorgabe. Der KVG ist es untersagt, direkt auf die Gelder der AIFs zuzugreifen. Wer sich heute für einen Sachwertfonds nach KAGB entscheidet, kann sicher sein, dass die Möglichkeit eines Missbrauchs auf ein Minimum reduziert wurde. Verluste bleien möglich, denn ein AIF bleibt eine unternehmerische Beteiligung, bietet aber höhere Chancen (vgl. Klaile ebda.).

Die seit Anfang 2018 geltenden Regularien verlangen Nachsicht, aber keinen Freifahrtschein. Nach Gültigkeit von MiFID II  wird  vor „ritualisierten Klagegesängen“ gewarnt, die nach der Einführung größerer Regelwerke stets zu vernehmen seien (vgl. Hufeld, Felix; Chef der BaFin – 2018-01). Die deutsche Finanzaufsicht BaFin lädt zum Anfang jedes Jahres zum Neujahresempfang und informiert Presse und Öffentlichkeit über aktuelle Themen.

Die Einführung von MiFID II war auf Kritik gestoßen. Einige Fonds-Anbieter konnten die verlangten Unterlagen nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen. Ihre Produkte konnten zu Beginn des Jahres nicht mehr verkauft werden. Das ist bezeichnend für die obigen Beschreibungen der Anbieterszene für Kapitalanlagen. Die unbekümmerten Denkmodelle von Vermittlern greifen auf die Führungspersönlichkeiten der Initiatoren durch. Der deutsche Fondsverband BVI beklagte, dass die Einführung von MIFID II  (inklusive PRIIPs) die Kunden verwirren würde. Die zusätzlichen Informationen würden nicht helfen. Die Ratingagentur Moodys meinte, dass sich MiFID II negativ auf die Kreditwürdigkeit des europäischen Asset-Managements auswirke.

Die BaFin will das Vorbringen nicht überbewerten. „Einführungsschwierigkeiten“ werden akzeptiert. Wenn für das Regelwerk Nachbesserungsbedarf bestehe, müssen die Erfahrungen der nächsten Monate und deren kollektive Wirkung abgewartet werden.  Wenn Nachbesserungsbedarf besteht, muss an einigen Stellen nachjustiert werden. Überprüfungen erfolgen ohnehin alle zwei Jahre. Solange soll beobachtet werden, wie sich die Dinge entwickeln (vgl. Hufeld ebda.).

Nachsicht in Theorie und Praxis

Ein Thema der Theorie: Die Zinszusatzreserve dürfte zum Ende des vergangenen Jahres auf     60 Milliarden Euro gewachsen sein. Für die Versicherer sind diese Rücklagen wegen der Niedrigzinsphase zum Problem geworden. In der Zukunft darf die Branche nicht an den Hilfsmitteln zugrunde gehen (Will, Reiner; Leiter Ratingagentur Assekurata- 2018). Diese Regelung soll reformiert werden. Die sinnvolle Reserve soll nicht im bisherigen Tempo ausgebaut werden. Das Wechselspiel zwischen der Absicherung bestehender Garantieverpflichtungen und der Vorwegnahme künftiger Kapitalerträge muss bei niedrigem Zinsniveau neu justiert werden (Hufeld ebda.).

Für die Fondsbranche wurde konziliant eine pragmatische Gangart angekündigt. Ernsthafte Bemühungen die Regeln fristgerecht umzusetzen, werden anerkannt. Wer es nicht auf Anhieb schafft, darf dies darlegen. IT-Probleme deutscher Finanzdienstleister wurden als Beispiel genannt. Hilfestellungen sollen nach der Devise der „Aufsicht mit Augenmaß“ erfolgen. Das soll auch für Versicherer und Vermittler bei der IDD-Einführung gelten. Die soll nicht einem Freifahrtschein entsprechen (Thaler, Martin; Berater).

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