Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt am Main zu einem interessanten Projekt

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die Rechtsauffassung der BaFin bestätigt, dass ein Geschäftskonzept, mit dem der Betreiber in einer Gesamtbetrachtung seines Aktiv- und Passivgeschäfts wie ein Kreditinstitut am Markt tätig würde, der Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG) unterliegt (Az. 7 K 3073/15.F). Das Urteil vom 22. Juni 2016, gegen das kein Rechtsmittel eingelegt wurde, ist inzwischen rechtskräftig.

Die Entscheidung stützt die Verwaltungspraxis der BaFin zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts für das Betreiben von Bankgeschäften, insbesondere durch die Unterbindung kreativer Umgehungsversuche. Sie wird einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von Schattenbanken leisten.

Geschäftsmodell

Anlass für diese Entscheidung war der Antrag eines Unternehmens, das durch die BaFin feststellen lassen wollte, dass seine geplante Tätigkeit nicht nach dem Kreditwesengesetz erlaubnispflichtig sei. Das Unternehmen beabsichtigte, im Passivgeschäft durch Ausgabe von Genussrechten mit qualifizierter Nachrangklausel und durch die Emission eigener Inhaberschuldverschreibungen Kapital einzuwerben. Im Aktivgeschäft sollte dieses Kapital zum einen an zahlreiche gewerbliche Kunden als Darlehen mit qualifizierter Nachrangklausel ausgereicht werden. Zum anderen wollte die spätere Klägerin von gewerblichen Kunden Inhaberschuldverschreibungen ankaufen. Dabei sollten sowohl der Begebungsvertrag als auch die Urkunden der Inhaberschuldverschreibungen nach Mustern erstellt werden, welche das Unternehmen hierfür auf seinen Internetseiten zur Verfügung stellen wollte. Die Inhaberschuldverschreibungen sollten zudem nicht allgemein am Kapitalmarkt angeboten, sondern nur gegenüber der späteren Klägerin selbst „emittiert“ werden.

Nach Ansicht des Unternehmens bedurfte dieses Geschäftsmodell keiner Erlaubnis der BaFin, da die einzelnen Bestandteile für sich genommen nicht unter die Erlaubnispflicht fielen. Denn zum einen wertet die BaFin Darlehen an Unternehmen auf der Geberseite dann nicht als Kreditgeschäft, wenn die Darlehen auf der Nehmerseite wegen der Vereinbarung einer Verlustteilnahme- oder einer qualifizierten Nachrangklausel nicht als Einlagengeschäft einzustufen sind. Zum anderen erfüllt der Ankauf von Inhaberschuldverschreibungen, die aufgrund der gesetzlichen Bereichsausnahme auf der Nehmerseite nicht unter den Tatbestand des Einlagengeschäfts fallen, für den Erwerber auch nicht den Tatbestand des Kreditgeschäfts.

Rechtsauffassung der BaFin

Die BaFin stellte jedoch in diesem Fall fest, dass das Aktivgeschäft des Unternehmens den Tatbestand des Kreditgeschäfts gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 KWG erfüllte. Eine Einschränkung des Tatbestands des Kreditgeschäfts kommt aus ihrer Sicht in Konstellationen, in denen das Aktiv- und Passivgeschäft eines Unternehmens zusammengenommen ein Einlagenkreditinstitut nachbilden, nicht in Betracht, da dies dem Schutzzweck der Vorschriften des Kreditwesengesetzes widerspräche.

Das Unternehmen hätte damit vor Beginn der Tätigkeit einer Erlaubnis der BaFin bedurft und wäre – falls es die Erlaubnis erhalten hätte – der laufenden Aufsicht unterfallen. Dagegen erhob das Unternehmen Widerspruch, der ebenso erfolglos blieb wie die anschließende Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main.

Feststellungen des Gerichts

Das Gericht bestätigte die Rechtsauffassung der BaFin. Es stellte insbesondere fest, dass sowohl die durch das Unternehmen geplante Vergabe von Nachrangdarlehen an gewerbliche Kunden als auch der geplante Ankauf von Inhaberschuldverschreibungen in diesem Fall den Tatbestand des Kreditgeschäfts erfüllen.

Hinsichtlich der Nachrangdarlehen erklärte das Gericht, dass für eine einschränkende Auslegung des Tatbestands des Kreditgeschäfts rechtlich kein Raum sei, wenn sich das Unternehmen, welches solche Darlehen vergeben wolle, über die Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums refinanziere.

Auch der geplante Ankauf von Inhaberschuldverschreibungen erfülle in der konkreten Ausgestaltung und der Interessenlage der Beteiligten den Tatbestand des Kreditgeschäfts. Die Bezeichnung des Rechtsgeschäfts als „Begebungsvertrag für Inhaberschuldverschreibungen“ stehe dem nicht entgegen. Auch die Ausgangssituation bei Anbahnung des Vertragsverhältnisses und der Inhalt des Vertrags seien zu berücksichtigen. Das Gericht hob hervor, dass der Verkauf von Inhaberschuldverschreibungen an nur ein einziges Unternehmen, das zuvor bereits an der Entwicklung dieser Instrumente beteiligt war, keine „Emission am Kapitalmarkt“ darstelle und somit nicht unter die Bereichsausnahme für Inhaberschuldverschreibungen falle.

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