Das Protokoll des LG Stuttgart zur Sache Vendingjet – nur die Meinung einer einzelnen Richterin mehr nicht

Published On: Samstag, 02.12.2023By Tags:
 Ein anderes Gericht kann das schon wieder ganz anders sehen, um dies einmal deutlich zu sagen. Jeder, der den Prozess gegen den Insolvenzverwalter verliert, sollte seinem Vermittler gegenüber den ‚Streit erklären‘, aber auch gegenüber dem Steuerberater, der das alles mitorganisiert hat. Ihre Chancen, sich da ’schadlos zu halten‘, sollten sehr gut sein, aus meiner Sicht. Lassen Sie sich von einem Rechtsanwalt dazu beraten.
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Protokoll aufgenommen in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Stuttgart, 27. Zivilkammer, am Montag, 20.11.2023 in Stuttgart

Gegenwärtig: Richterin am Landgericht Spaun als Einzelrichterin

Von der Zuziehung eines Protokollführers gem. § 159 Abs. 1 ZPO wurde abgesehen.

In Sachen Haring, N. J. wg. Rückzahlungsanspruch gem. Schreiben v. 28.11.2022 (Seriennummer 720,721)

erscheinen bei Aufruf der Sache:

Für den Kläger Rechtsanwalt Heinzle; der Beklagte mit Rechtsanwalt

Der Beklagtenvertreter überreicht dem Gericht eine Terminsvollmacht, die als Anlage zum Protokoll genommen wird.

Es wird in die Güteverhandlung eingetreten.

Das Gericht erörtert mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage.

Das Gericht weist darauf hin, dass mit Datum vom heutigen Tage ein weiterer Schriftsatz der Beklagtenseite eingegangen ist. Der Klägervertreter erklärt, diesen bereits zur Kenntnis genommen zu haben.

Der Beklagte wird informatorisch angehört. Er erklärt:

„Ich hatte einen Finanzberater, der mir das vorliegende Anlagekonzept vorgestellt hat. Es gab da einen Betrag, den man zahlen musste für die Popcornautomaten. Die Automaten sollten im Anschluss dann produziert werden, dann einer weiteren Firma übergeben werden, welche die Automaten betreibt. Ich habe diese drei Verträge dann so unterschrieben. Ich dachte, das würde alles so laufen. Wie die Automaten dann betrieben werden, lag nicht mehr in meiner Verantwortung. Das erwirtschaftete Geld aller Automaten kam dann insgesamt in einen Pool, und von diesem Geld wurden die Aufwendungen und Mieten bezahlt. Mit mir wurde aber vereinbart, dass ich auch das Geld bekomme, wenn ein Automat mal in der Reparatur war oder nicht funktionierte. Ich habe das als Teil eines Gesamten gesehen, sodass ich meine Miete jeweils immer bekam. Es war nicht meine Sache, ob und wie die Popcornautomaten bewirtschaftet werden. Hierauf hatte ich auch keinen Einfluss. Ich hatte schließlich dann auch eine Liefernummer, und meine Miete habe ich ebenfalls bekommen.“

Auf Nachfrage des Gerichts, ob der Beklagte die Automaten jemals gesehen hat: „Nein, gesehen habe ich sie nicht, aber es gibt die Automaten schon.“

Auf Nachfrage des Gerichts, wann der Mietvertrag beginnen sollte:

„Die Automaten wurden ja produziert. Ab dem Zeitpunkt der Produktion sollte der Mietvertrag denke ich beginnen, also ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung. Darauf konnte ich aber keinen Einfluss nehmen.“

Auf weitere Nachfrage des Gerichts, wann die Automaten erworben oder bezahlt wurden:

„Nach Abschluss des Kaufvertrages habe ich das Geld überwiesen. Sonst wären die Automaten gar nicht produziert worden.“

Auf Vorhalt des Gerichts in Anlage B 2 des Mietvertrages in Ziff. 4.1, wonach es heißt: „dieser Vertrag tritt am … in Kraft“ und dass hier kein Datum eingetragen wurde:

„Ich kann mich nicht erinnern, darüber gesprochen zu haben. Mir wurde der Mietvertrag immer nur per Post zugeschickt, dies alles über den Finanzberater. Gesprochen habe ich darüber mit niemandem.“

Auf Nachfrage des Gerichts hinsichtlich der Lieferung der Automaten:

„Ich habe zwischendrin mal nachgefragt, wie es nun aussieht. Ich habe dann die Information bekommen, dass die Automaten produziert werden und die Zahlung dann anfangen könne. Ich habe auch öfter nach dem Lieferschein gefragt. Der kam dann auch irgendwann, aber eben erst auf Nachfrage. Es gab ja immer wieder Probleme bei der Firma mit den Lieferungen und den Liefernummern.“

Auf weitere Nachfrage des Gerichts, wann die Nachfrage erfolgte:

„Ich meine, dass ich vor Oktober 2018 nachgefragt habe. Dort wurde mir dann gesagt, dass die Automaten derzeit produziert werden. Im Oktober habe ich dann die Mitteilung bekommen, dass die Automaten produziert wurden und somit die Mietzahlungen auch beginnen konnten. Ähnlich lief es mit dem Lieferschein, danach musste ich auch immer wieder fragen.“

Auf weitere Nachfrage des Gerichts, wo sich die Automaten derzeit befinden:

„Die Automaten gehören immer noch mir, aber es ist natürlich alles sehr ärgerlich. Wir sind inzwischen damit bei einer anderen Firma. Da läuft aber auch nicht alles rund.“

Das Gericht stellt fest, dass es den Vortrag der Klägerseite dahingehend verstehe, dass es Scheinseriennummern der Schuldnerin mit einem „1“ vorne gab, im vorliegenden Fall dies aber wohl nicht relevant ist, da es vorliegend echte Seriennummern, die mit einer 7 beginnen, gibt. Der Klägervertreter erklärt, dass dies zutreffend ist.

Das Gericht stellt fest, dass gegen den Vollstreckungsbescheid vom 27.02.2023 des Amtsgerichts Stuttgart, 22-9175262-0-3 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt wurde.

Das Gericht weist nach vorläufiger Auffassung auf Folgendes hin:

Es kommt allein eine Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht. Insbesondere streitig ist die Unentgeltlichkeit der gezahlten Mietzinsen. Die Beweislast für die Unentgeltlichkeit trifft den Kläger. Es handelt sich vorliegend um eine Leistung im Zweipersonenverhältnis, die unentgeltlich ist, wenn der Vermögenswert der Schuldnerin zugunsten des Anfechtungsgegners aufgegeben wird, ohne dass der Schuldnerin ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll. Die Unentgeltlichkeit von Erfüllungshandlungen ist dabei nach dem Grundgeschäft zu beurteilen, folglich hier nach den Rechten und Pflichten im Mietvertrag. Zahlungen von Miete sind nicht allein schon deshalb unentgeltlich, wenn die Gegenleistung ausbleibt, sondern nur dann, wenn die Mietzahlungen nach dem Mietvertrag nicht geschuldet sind.

Der Vortrag der Beklagtenseite, dass die Lieferung bereits im Oktober 2018 erfolgt sei, dürfte vorliegend irrelevant sein. Denn erst mit Erstellung des Lieferscheins wurden die Seriennummern für die Popcornautomaten vergeben, was so auch im Mietvertrag steht, sodass erst zu diesem Zeitpunkt eine Bestimmbarkeit der konkreten Automaten gegeben war und damit auch erst zu diesem Zeitpunkt der Beklagte überhaupt Eigentum erwerben konnte. Dies war vorliegend am 07.02.2019 mit Erstellung des Lieferscheins der Fall. Der Beklagte behauptet nicht, dass die Seriennummern bereits zuvor vergeben worden seien bzw. wird dies auch nicht nachweisen können.

Damit stellt sich die Frage, ob der Beklagte noch vor dem 07.02.2019, also vor Lieferung der Automaten, einen Anspruch auf Mietzahlung hatte.

Hierzu ist vorweg zu sagen, dass die seitens der Parteien zitierten Entscheidungen, insbesondere zur P & R Gruppe, nicht auf den vorliegenden Fall passen dürften, da es sich um einen anderen Sachverhalt handelt. Denn dort wurden der Kaufvertrag und der Mietvertrag mit derselben Gesellschaft geschlossen, was hier nicht der Fall ist. Zudem ist nicht allein auf das Nutzungsrecht abzustellen, wie im Fall der Fotovoltaikanlage, weil dort lediglich die Betriebsbereitschaft der Anlage nicht gegeben war, die Anlage aber dennoch geliefert war. Der vorliegende Fall ist anders gelagert. Die Wertungen der zitierten Rechtsprechungen sind aber gleichwohl heranzuziehen.

Die vertragliche Vereinbarung ist am hier konkret vorliegenden Einzelfall auszulegen. Dabei dürfte nicht allein maßgeblich sein, dass es sich nach dem Wortlaut um einen Mietvertrag handelt. Es ist aber dennoch zu berücksichtigen, dass eine Gebrauchsüberlassung einem Mietvertrag grundsätzlich immanent ist.

Für die Unentgeltlichkeit der Mietzahlungen spricht, dass es sich hier um zwei getrennte Gesellschaften handelt, so dass nicht wie bei den Containerfällen mit § 326 Abs. 2 BGB argumentiert werden kann. Ob eine sehr enge Verbindung zwischen Kaufvertrag und Mietvertrag gegeben ist, ist damit sehr fraglich. Zudem sieht der Mietvertrag eine Ausgleichszahlung für den Fall vor, dass die Automaten nicht direkt aufgestellt werden, was dagegen spricht, dass in diesem Fall Mietzahlungen geschuldet sind. Nach dem Wortlaut des Mietvertrages handelt es sich zudem um einen klassischen Mietvertrag, der die Mietzahlung an einen Mietgegenstand, der in Ziff. 1 des Vertrags genannt ist, knüpft. Zudem ist im Mietvertrag in Anlage B 2 gerade kein Beginn des Mietverhältnisses genannt.

Gegen die Unentgeltlichkeit spricht, dass es denkbar ist, dass nach dem Vertragswillen es nicht darauf angekommen ist, dass der Beklagte tatsächlich Eigentümer der Automaten wird, sodass möglicherweise unschädlich wäre, dass die Automaten erst später geliefert wurden. Zudem wäre es möglich, dass der Zahlungsbeginn bereits vor Auslieferung stattfand. Aus Ziff. 1 des Mietvertrages ergibt sich, dass die Automaten erst noch produziert und versendet werden mussten. Zudem trug die Schuldnerin umfassende Rechte an den Automaten, auch die Kostentragung und Haftung und Versicherung erfolgte durch die Schuldnerin. Der Beklagte selbst hatte keinen Einfluss auf die Lieferung der Automaten.

Im Ergebnis dürften aber die Argumente, die für eine Gegenleistung und damit gegen eine Unentgeltlichkeit sprechen, nicht genügen. Letztlich handelt es sich um einen klassischen Mietvertrag, der einen konkreten Mietgegenstand beinhaltet, der seitens des Beklagten vermietet werden soll. Dies ergibt sich aus Ziff. 1 des Mietvertrages. Damit dürfte ein Anspruch des Beklagten erst bestanden haben, nachdem er durch den Lieferschein Eigentum an den Automaten erworben hat.

Zum Vortrag des Beklagten zur Übertragung des Nutzungsrechts ist noch zu sagen, dass eine solche Übertragung ebenfalls nur möglich ist, wenn er auch Eigentümer oder Besitzer der Sache geworden ist.

Das vorläufige Ergebnis der Auslegung ergibt damit, dass die Gebrauchsüberlassung der Automaten tatsächlich Voraussetzung für die Zahlung des Mietzinses war, sodass die Mieten vertraglich erst ab Lieferung, also ab dem 07.02.2019 geschuldet waren. Damit waren die Zahlungen davor, ab Oktober 2018, unentgeltlich. Die Klage hatte damit nach vorläufiger Auffassung Aussicht auf Erfolg.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte vornehmlich davon ausging, die Automaten seien produziert, und ihm stünden die Mietzahlungen ab Oktober 2018 zu, unter Berücksichtigung aber auch des vorläufigen Ergebnisses der Erfolgsaussichten der Klage, schlägt das Gericht den Parteien eine vergleichsweise Einigung dahingehend vor, dass der Beklagte an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2/3 der Klageforderung (7.333,33 €) mit entsprechender Kostenquote zahlt und damit alle streitgegenständlichen Ansprüche zwischen den Parteien abgegolten und erledigt sind.

Die Parteien behalten sich vor, über den Vergleichsvorschlag des Gerichts nachzudenken. Es wird in die streitige Verhandlung übergeleitet.

Der Klägervertreter stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 21.06.2023.

Der Beklagtenvertreter beantragt, den Vollstreckungsbescheid vom 27.02.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

B.u.v.:

  1. Beide Parteien können zum Vergleichsvorschlag des Gerichts Stellung nehmen bis Freitag, 15.12.2023.
  2. Für den Fall des Nichtzustandekommens eines Vergleichs wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt auf

Montag, 22.01.2024, 9 Uhr, Archivstraße 15, Saal 222.

Zu diesem Termin muss niemand erscheinen.

Hochachtungsvoll, Richterin am Landgericht

Pezelj, JAng’er für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übertragung vom Tonträger.

Leave A Comment