Daniel Blazek zum Thema Lombardium und die BaFin

Der Bescheid der BaFin vom 4. Dezember 2015 hat schnell für Spekulationen gesorgt. Zum Teil ist von Rückabwicklung die Rede, von Verwertung, von Darlehensrückzahlungen, das alles in unmittelbarer Nachbarschaft zur Fidentum-Insolvenz. Anlegern wird empfohlen, nun ihre Rechte zu sichern, Anwälte und Vermittler empfehlen sich für Interessen- oder Mandatsgemeinschaften von Anlegern. Dabei geht unter, was sich genau hinter der knappen Mitteilung der BaFin verbirgt, dass das in Hamburg ansässige Pfandleihhaus Inhabergrundschuldbriefe und Inhaberaktien belieh und dadurch nach Ansicht der Aufsicht das Kreditgeschäft ohne die erforderliche Erlaubnis betrieb. Diese Frage sollten Anleger und Vermittler den Anwälten zu allererst stellen.
Zunächst einmal ist der Geschäftsbetrieb der Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG nur teilweise einzustellen, nämlich „soweit“ das Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG betroffen ist. Darüber hinaus ist das – nach Ansicht der BaFin unerlaubt – betriebene Kreditgeschäft unverzüglich unter Berücksichtigung der geschlossenen Vereinbarungen ordentlich zu kündigen oder soweit ein ordentliches Kündigungsrecht nicht vorgesehen ist, auslaufen zu lassen. Dazu werden Weisungen erteilt und es werden begleitende Auskünfte verlangt.

Den ordentlich gekündigten Verpfändern oder solchen mit auslaufenden Verträgen bleibt also, die Darlehen zurückzuführen. Gelingt dies nicht, tritt der Verwertungsfall ein. Insoweit ist dies konzeptionell durchaus in der „normalen“ Pfandleihetätigkeit der Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG aufgefangen, die – vorerst – allerdings sich nicht weiter auf Inhaberaktien und Inhabergrundschuldbriefen beziehen darf.

Es geht also (noch) nicht darum, wie es etwa bei der Untersagung und Abwicklung eines Einlagengeschäfts häufig geschieht, dass ein Abwickler nun die Kontrolle über den Geschäftsbetrieb (mit) übernimmt und vorrangig überprüft, ob das betroffene Unternehmen seinerseits die unverzügliche Abwicklung leisten kann oder ob der Abwickler ggf. einen Insolvenzantrag stellen muss, vgl. § 37 Abs. 2 KWG. Wirtschaftlich ist es eher anders herum: Der jeweilige Verpfänder muss bei Beendigung des Pfandleihevertrages leisten.

Währenddessen hat die Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG vorläufig den Anforderungen aus dem BaFin-Bescheid nachzukommen – und daneben den übrigen Geschäftsbetrieb weiter aufrechtzuerhalten. Denn die BaFin bezog die Abwicklung „lediglich“ auf die Vergabe von Darlehen gegen die Inpfandnahme von Inhabergrundschuldbriefen und Inhaberaktien, nicht jedoch auf beispielsweise Waren, Schmuck, Kunst, Uhren, Kfz.

Sachlich liegt dem Bescheid der BaFin vornehmlich die Frage zugrunde, ob hinsichtlich der Inhaberaktien und Inhabergrundschuldbriefe das sogenannte Pfandleihprivileg § 2 Abs. 1 Nr. 5 KWG einschlägig ist bzw. ob die Beleihung von Rechten unter das „Faustpfand“ im Sinne des KWG subsumiert werden kann. Dem könnte durchaus entgegengehalten werden, dass Aktien oder Grundschuldbriefe von „Inhabern“ nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragen werden. Aus Sicht der Aufsicht ist jedoch nur dasjenige Pfandleihgewerbe unkritisch (und erlaubnisfrei), welches auf einem den Pfändern selbst innewohnenden Materialwert, Nutzwert oder dem Marktwert beruht.

Inwieweit dabei zivilrechtliche Erwägungen, wie diejenigen des 15. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg im Januar 2015 zu ebenjener Frage, die öffentlich-rechtliche Auffassung prägen, ist fraglich. Jedenfalls ist zu erwarten, dass sich die Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG gegen den Bescheid der BaFin zur Wehr setzt. Ebenso soll sich der Bundesgerichtshof dem Vernehmen nach mit der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts beschäftigen. Die Einordnung der kritischen Frage in das Aufsichtsrecht einerseits und das Zivilrecht andererseits bleibt also noch spannend.

Unterdessen ist in erster Linie entscheidend, wie es nachweislich um die Werthaltigkeit der Pfänder insgesamt bestellt ist und wer Rechte an den Pfändern behaupten kann. Denn das hat entscheidende Auswirklungen auf die Beteiligungen der Anleger. Als kritisch wird sich auch herausstellen, wie sich Anlegergruppen Verhalten bzw. wozu sie sich motivieren lassen. Größere Anlegerstrukturen, begleitet von bestimmten Anlegeranwälten, sind ohne Weiteres in der Lage, die jeweilige Emittentin mehr zu schädigen, als die Abwicklungsanordnung der BaFin wirtschaftlich im Zielinvestment bewirkt. Wenn der Startschuss für das sprichwörtliche „Windhundrennen“ fällt, haben nicht nur die übrigen Anleger das Nachsehen, sondern vor allem auch die Finanzdienstleister. Denn diese sollen regelmäßig für die Unwägbarkeiten bei der Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit stillen Beteiligungen (und der Frage, ob die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Vorrang haben oder nicht) sowie nachrangigen Rechtsverhältnissen herhalten. Für alle Beteiligten ist nun konstruktive umsichtige Planung geboten.

Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte, Dezember 2015

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