Die große Sommerhitze hat in China früher als üblich zugeschlagen – und die Auswirkungen sind in den Universitätsstädten deutlich spürbar: Studierende flüchten in klimatisierte Bibliotheken, schlagen Zelte in kühlen Fluren auf oder übernachten sogar in Supermärkten. Wer es sich leisten kann, sucht Erholung in Hotels. Der Grund: In vielen Studierendendormitorien fehlt nach wie vor die Klimaanlage.
„An manchen Tagen ist es einfach nicht auszuhalten“, sagt ein 20-jähriger Student aus Changchun der BBC. Er hat sich eine eigene Mini-Klimaanlage gebastelt – eine Schüssel Eis vor einem Ventilator muss reichen.
Todesfälle und Empörung
Besonders betroffen ist die östliche Küstenregion. In Qingdao wurden am Sonntag über 40 Grad Celsius gemessen. Dort starb ein beliebter Sicherheitsmann eines Wohnheims – möglicherweise an einem Hitzeschlag. Studierende nannten ihn liebevoll „den Onkel“, der sich um streunende Katzen kümmerte. Auf Chinas sozialem Netzwerk Weibo löste sein Tod große Betroffenheit aus.
Fast zeitgleich wurde eine Studentin desselben Campus ins Krankenhaus eingeliefert – ebenfalls mit Verdacht auf Hitzschlag. Kritik an den miserablen Wohnbedingungen der Studierenden ließ nicht lange auf sich warten. „Die Qualität einer Universität zeigt sich nicht an der Zahl ihrer Gebäude, sondern daran, wie sie mit den Menschen umgeht, die sie tragen“, schrieb ein Weibo-Nutzer.
Täglich neue Wetterextreme
Die Hitze ist Teil einer Serie extremer Wetterphänomene, die China aktuell erlebt. Während der Osten unter der Gluthitze stöhnt, sorgte ein Taifun für Überschwemmungen und Todesopfer. Im Westen des Landes riss ein Hochwasser eine Grenzbrücke zu Nepal fort – mindestens neun Menschen starben, weitere gelten als vermisst.
Gleichzeitig erreichen die Temperaturen neue Rekordhöhen. In der Provinz Xinjiang wurden bereits 52,5 Grad gemessen. 2024 war das wärmste Jahr in China seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Experten führen diese Entwicklung direkt auf den Klimawandel zurück.
„Ohne Klimaanlage ist das Überleben schwer“
In Jiangxi sitzen ältere Menschen stundenlang in Restaurants – nicht, um zu essen, sondern um der Hitze zu entkommen. In Jilin schliefen Studierende in Zelten entlang gekühlter Gänge. Eine Universität in Shandong reagierte auf die Notlage, indem sie die klimatisierte Bibliothek zur Notunterkunft umfunktionierte.
Die Stromversorgung steht unter Druck: In Ostchina entfällt über ein Drittel der Stromnachfrage auf Klimaanlagen. Die Behörden meldeten landesweit einen historischen Höchststand des Energieverbrauchs Anfang Juli.
Immer mehr Universitäten kündigen jetzt an, ihre Wohnheime mit Klimaanlagen nachzurüsten – so auch die Qingdao-Universität. Für einen angehenden Studierenden aus Jinan ein Lichtblick: „Ich habe gezögert, mich dort zu bewerben – aber ohne Klimaanlage kann man da einfach nicht überleben.“
Kommentar hinterlassen