Bekanntmachung zur vorübergehenden Gewährung von Bürgschaften, Rückbürgschaften und Garantien im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage des Befristeten Krisenrahmens (BKR) der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine („BKR-Bundesregelung Bürgschaften 2022“)

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Bekanntmachung
zur vorübergehenden Gewährung von Bürgschaften,
Rückbürgschaften und Garantien im
Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage des Befristeten
Krisenrahmens (BKR) der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen
zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine
(„BKR-Bundesregelung Bürgschaften 2022“)1

Vom 4. Mai 2022

Vor dem Hintergrund der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Wirtschaft der Europäischen Union, insbesondere den von der EU und ihren internationalen Partnern verhängten Sanktionen sowie die beispielsweise durch Russland ergriffenen Gegenmaßnahmen, hat die Europäische Kommission mitgeteilt, Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unter bestimmten Voraussetzungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen. Auf der Grundlage von Nummer 1.4, 1.5, 2.2 und 3 der Mitteilung der Europäischen Kommission C (2022) 1890 vom 23. März 2022 wurde die „BKR-Bundesregelung Bürgschaften 2022“ notifiziert und am 4. Mai 2022 genehmigt.

§ 1

Gewährung von Bürgschaften,
Rückbürgschaften und Garantien

(1) Auf Grundlage dieser Beihilferegelung können beihilfegewährende Stellen Bürgschaften, Rückbürgschaften und Garantien – im Folgenden „Bürgschaften“ genannt – zur Absicherung von Krediten nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen gewähren, um Unternehmen, die von der gegenwärtigen Krise betroffen sind, den Zugang zu Liquidität zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Das jährliche Bürgschaftsentgelt für neue Bürgschaften entspricht der in der folgenden Tabelle aufgeführten Mindesthöhe, die mit zunehmender Kreditlaufzeit steigt:

Beihilfeempfänger im 1. Jahr im 2. und 3. Jahr vom 4. bis 6. Jahr
KMU 25bps 50bps 100bps
Großunternehmen 50bps 100bps 200bps

(3) Die Laufzeit von Bürgschaften auf Grundlage dieser Regelung beträgt maximal sechs Jahre.

(4) Abweichend von Absatz 3 können Bürgschaften mit einer Laufzeit von maximal acht Jahren gewährt werden, sofern das jährliche Bürgschaftsentgelt für neue Bürgschaften der in der folgenden Tabelle aufgeführten Mindesthöhe entspricht, die mit zunehmender Kreditlaufzeit steigt:

Beihilfeempfänger im 1. Jahr im 2. und 3. Jahr vom 4. bis 6. Jahr vom 7. bis 8. Jahr
KMU 75bps 100bps 150bps 250bps
Großunternehmen 100bps 150bps 250bps 350bps

(5) Beihilfen nach dieser Regelung an Unternehmen dürfen nicht davon abhängig gemacht werden, dass Produktions- oder sonstige Tätigkeiten des Unternehmens aus einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verlagert werden.

§ 2

Anwendungsbereich

(1) Diese Regelung gilt für alle Bürgschaften, die

a)
in der Bundesrepublik Deutschland und
b)
an Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen

bis zum 31. Dezember 2022 gewährt werden.

(2) Bürgschaften auf Grundlage dieser Regelung dürfen keinen Unternehmen gewährt werden, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, so unter anderem

a)
keinen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die in den Rechtsakten, mit denen diese Sanktionen verhängt werden, ausdrücklich genannt sind,
b)
keinen Unternehmen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, und
c)
keinen Unternehmen, die in Wirtschaftszweigen tätig sind, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, soweit die Beihilfen die Ziele der betreffenden Sanktionen untergraben würden2.

(3) Diese Regelung gilt nicht für die Gewährung von Beihilfen an Kreditinstitute oder Finanzinstitute.

(4) Die Bürgschaften können direkt den Endempfängern oder als Finanzintermediäre handelnden Kreditinstituten oder anderen Finanzinstituten gewährt werden. Die Kreditinstitute oder andere Finanzinstitute müssen die Vorteile der staatlichen Bürgschaften so weit wie möglich an die Endempfänger weitergeben. Der Finanzintermediär muss nachweisen können, dass er anhand eines Mechanismus sicherstellt, dass die Vorteile – in Form umfangreicherer Finanzierungen, riskanterer Portfolios, geringerer Besicherungsanforderungen, niedrigerer Garantieprämien oder niedrigerer Zinssätze, als ohne solche staatlichen Bürgschaften möglich wären – so weit wie möglich an die Endempfänger weitergegeben werden.

§ 3

Kreditobergrenze, maximale Bürgschaftsquote

(1) Der Gesamtkreditbetrag je Unternehmen darf folgende Höchstbeträge nicht überschreiten:

a)
15 Prozent des durchschnittlichen jährlichen Gesamtumsatzes des Unternehmens in den letzten drei abgeschlossenen Rechnungsperioden oder
b)
50 Prozent der Energiekosten in den zwölf Monaten vor dem Monat der Einreichung des Bürgschaftsantrags;
c)
in begründeten Fällen etwa einer besonders starken Betroffenheit von den unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen der Aggression3 und auf der Grundlage einer Selbstauskunft, in der der Liquiditätsbedarf des Begünstigten dargelegt ist, kann der Kreditbetrag erhöht werden, um den Liquiditätsbedarf ab dem Zeitpunkt der Gewährung für die kommenden zwölf Monate bei KMU4 und für die kommenden sechs Monate bei Großunternehmen zu decken. Der Liquiditätsbedarf kann sowohl die Betriebskosten als auch die Investitionskosten beinhalten.

(2) Die Bürgschaft kann sowohl zur Absicherung von Investitions- als auch Betriebsmittelkrediten gewährt werden.

(3) Die maximale Bürgschaftsquote beträgt

a)
90 Prozent des verbürgten Kredites, wenn der Kreditausfall anteilig und zu gleichen Bedingungen vom Kreditinstitut und vom staatlichen Bürgen getragen wird, oder
b)
35 Prozent des verbürgten Kredites, wenn der Kreditausfall zunächst dem staatlichen Bürgen und erst dann dem Kreditinstitut zugerechnet wird (Erstausfallgarantie).

In den beiden oben genannten Fällen gilt, dass der von der Bürgschaft gedeckte Betrag anteilig sinken muss, wenn der Kreditbetrag im Laufe der Zeit beispielsweise aufgrund einer einsetzenden Rückzahlung sinkt.

§ 4

Kumulierung

(1) Eine Kumulierung von Beihilfen nach dieser Regelung mit anderen Beihilfen auf Grundlage der Mitteilung der Europäischen Kommission C (2022) 1890 vom 23. März 2022 sowie mit Beihilfen auf Grundlage des befristeten COVID-19-Rahmens5 in der jeweils gültigen Fassung ist zulässig, sofern die jeweils einschlägigen Kumulierungsvorschriften eingehalten werden. Nicht zulässig ist die Kumulierung von Bürgschaften mit Krediten auf Grundlage des Abschnitts 2.3 der Mitteilung vom 23. März 2022, die für denselben Kreditbetrag gewährt werden oder eine Kumulierung von Bürgschaften mit Bürgschaften und/​oder Krediten auf Grundlage von Nummer 3.2 oder Nummer 3.3 des befristeten COVID-19-Rahmens, die für denselben Kreditbetrag gewährt werden.

(2) Wenn ein und demselben Empfänger auf der Grundlage des Befristeten COVID-19-Rahmens und auf der Grundlage der vorliegenden Regelung Bürgschaften gewährt werden und der Gesamtkreditbetrag anhand des per Selbstauskunft erklärten Liquiditätsbedarfs des Empfängers berechnet wird, muss die beihilfegebende Stelle sicherstellen, dass dieser Liquiditätsbedarf nur einmal durch eine Beihilfe gedeckt wird.

(3) Auf der Grundlage dieser Regelung gewährte Bürgschaften für unterschiedliche Kredite oder mehrere Maßnahmen dürfen kumuliert werden, sofern der Gesamtkreditbetrag je Unternehmen die in § 3 Absatz 1 genannten Obergrenzen nicht übersteigt.

(4) Bürgschaften nach dieser Regelung dürfen mit Beihilfen nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV kumuliert werden, wenn die Förderung nicht die Einbußen des Unternehmens übersteigt.

(5) Sofern die Regeln der nachstehend genannten Verordnungen eingehalten sind, ist eine Kumulierung von Beihilfen nach dieser Regelung auch zulässig mit Beihilfen nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung6, den sektorspezifischen Freistellungsverordnungen7 und den verschiedenen De-minimis-Verordnungen8.

§ 5

Berichtspflichten/​Monitoring

(1) Die beihilfegebenden Stellen müssen alle Unterlagen über gewährte Bürgschaften nach dieser Regelung, die die Einhaltung der vorliegend genannten Voraussetzungen belegen, für zehn Jahre nach Gewährung der Beihilfe aufbewahren. Sie sind der Europäischen Kommission auf Verlangen herauszugeben.

(2) Die beihilfegebende Stelle stellt sicher, dass für jede Einzelbeihilfe von mehr als 100 000 Euro beziehungsweise von mehr als 10 000 Euro im Landwirtschafts- und Fischereisektor, die auf der Grundlage dieser Regelung gewährt wird, die erforderlichen Informationen gemäß Anhang III der Verordnung der Kommission (EU) Nr. 651/​2014 vom 17. Juni 2014, Anhang III der Verordnung der Kommission (EU) Nr. 702/​2014 vom 25. Juni 2014 und Anhang III der Verordnung der Kommission (EU) Nr. 1388/​2014 vom 16. Dezember 2014 innerhalb von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt der Gewährung veröffentlicht werden. Dabei wird der Nennwert des zugrunde liegenden Beihilfeinstruments pro Empfänger angegeben.

§ 6

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Regelung tritt am Tag ihrer Genehmigung durch die Europäische Kommission in Kraft und gilt für Bürgschaftsanträge, die seit dem 1. Februar 2022 gestellt werden. Sie tritt am 31. Dezember 2022 außer Kraft, das heißt Gewährungen von Bürgschaften auf Grundlage dieser Regelung sind bis einschließlich 31. Dezember 2022 möglich.

Berlin, den 4. Mai 2022

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Im Auftrag
Miklis

1
Genehmigt von der Kommission am 4. Mai 2022 unter der Beihilfe-Nr. SA 102631
2
Diese Regelung darf in keiner Weise dazu verwendet werden, die beabsichtigten Auswirkungen der von der EU oder ihren internationalen Partnern verhängten Sanktionen zu untergraben und muss vollständig mit den in den einschlägigen Vorschriften, z. B. Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 833/​2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229 vom 31.7.2014, S. 1), festgelegten Bestimmungen zur Verhinderung der Umgehung im Einklang stehen. Insbesondere muss vermieden werden, dass natürliche Personen oder Organisationen, die Sanktionen unterliegen, direkt oder indirekt von solchen Maßnahmen profitieren.
3
Beispiele für solche Auswirkungen sind Störungen der Lieferketten oder ausstehende Zahlungen aus Russland oder der Ukraine, erhöhte Risiken von Cyberangriffen oder steigende Preise für bestimmte von der gegenwärtigen Krise betroffene Inputs oder Rohstoffe.
4
Im Sinne des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung.
5
Mitteilung der Kommission vom 19. März 2020, C (2020) 1863 final.
6
Verordnung (EU) Nr. 651/​2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV.
7
Dies sind die Verordnung (EU) Nr. 702/​2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV sowie die Verordnung (EU) Nr. 1388/​2014 der Kommission vom 16. Dezember 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen zugunsten von in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur tätigen Unternehmen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV.
8
Dies sind die Verordnung (EU) Nr. 1407/​2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen (ABI. L 352 vom 24.12.2013, S. 1), die Verordnung (EU) Nr. 1408/​2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor (ABI. L 352 vom 24.12.2013, S. 9), die Verordnung (EU) Nr. 717/​2014 der Kommission vom 27. Juni 2014 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (ABI. L 190 vom 28.6.2014, S. 45) und die Verordnung (EU) Nr. 360/​2012 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (ABI. L 114 vom 26.4.2012, S. 8).

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