Bekanntmachung Nr. 8/2023 über den Erlass einer Verfügung nach § 32 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Published On: Freitag, 11.08.2023By Tags:

Bundeskartellamt

Bekanntmachung Nr. 8/​2023
über den Erlass einer Verfügung
nach § 32 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Vom 26. Juli 2023

Im Verwaltungsverfahren B9-144/​19 gegen die Deutsche Bahn AG, Berlin, wegen Missbrauchs ihrer Marktmacht gegenüber Mobilitätsplattformen hat die 9. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts am 26. Juni 2023 beschlossen:

1.
Es wird festgestellt, dass Werbeverbote der Beteiligten gegenüber Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen, wie sie auf Grundlage des dieser Verfügung als Anlagendokument 1 beigefügten Mustervertrags „White Label“ in der Randziffer III.3 Buchstabe a bis e, g Satz 1 1. Alternative sowie Buchstabe h in Verbindung mit Anlage 3 des Mustervertrags, auf Grundlage des dieser Verfügung als Anlagendokument 2 beigefügten Mustervertrags „Webservice teilintegriert“ in § 3 Nummer 11 Buchstabe a bis e, g Satz 1 1. Alternative sowie Buchstabe h in Verbindung mit Anlage 6 des Mustervertrags, sowie auf Grundlage des dieser Verfügung als Anlagendokument 3 beigefügten Mustervertrags „Webservice vollintegriert“ in § 3 Nummer 12 Buchstabe a bis e, g Satz 1 1. Alternative sowie Buchstabe h in Verbindung mit Anlage 7 des Mustervertrags vereinbart wurden, rechtswidrig sind, soweit sie diesen Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen verbieten,

a)
mit den in der jeweiligen Anlage genannten Begriffen Werbung auf Suchmaschinenseiten zu schalten. Danach sind diese Begriffe – auch in Kombination untereinander oder mit anderen, nicht in der Anlage aufgeführten Begriffen – in den jeweiligen Programmen der vom Vertragspartner für die Suchmaschinenwerbung genutzten Suchmaschinenanbieter über die Option „auszuschließende Keywords“ von der Teilnahme an Auktionen auszuschließen;
b)
die in der jeweiligen Anlage aufgeführten Begriffe im Anzeigentext eines auf einer Suchmaschine auf Klickbasis erworbenen Werbeinserates zu nutzen;
c)
die in der jeweiligen Anlage aufgeführten Begriffe als Keywords für Werbung in App Stores (etwa Search Ads für den Apple AppStore oder Google Play Search Ads für den Google Play Store) zu verwenden;
d)
mit den in der jeweiligen Anlage genannten Begriffen Werbung (paid ads) oder gesponserte Beiträge in sozialen Netzwerken oder in sozialen Informationsdiensten zu schalten; oder
e)
mit anderen Preisen als denen zu werben, die über die Schnittstelle für eine einfache Fahrt mit einer allein reisenden erwachsenen Person ohne BahnCard-Rabatt angezeigt werden.
2.
Der Beteiligten wird die Vereinbarung und Durchführung der Werbeverbote im Sinne der Nummer 1 des Tenors untersagt, soweit diese Verbote Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen betreffen.
3.
Der Beteiligten wird aufgegeben, die Werbeverbote im Sinne der Nummer 1 des Tenors aus allen Verträgen, die sie mit Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen geschlossen hat, innerhalb von einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieser Verfügung zu entfernen.
4.
Es wird festgestellt, dass ein Verbot der Gewährung direkter und indirekter Rabatte auf Fahrkarten der Beteiligten sowie ein Verbot der Provisionsweitergabe der Beteiligten gegenüber Anbietern integrierter Mobilitätsdienst­leistungen, wie es auf Grundlage des dieser Verfügung als Anlagendokument 1 beigefügten Mustervertrags „White Label“ in der Randziffer II.3, auf Grundlage des dieser Verfügung als Anlagendokument 3 beigefügten Mustervertrags „Webservice vollintegriert“ in § 3 Nummer 15 sowie auf Grundlage des dieser Verfügung als Anlagen­dokument beigefügten „Bahn Online Partner“-Vertrags in Randziffer 2.3 vereinbart wurde, rechtswidrig sind. Davon ausgenommen sind Vereinbarungen, die dem Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen direkte und indirekte Rabatte auf folgende Fahrkarten der Beteiligten verbieten:

a)
Fahrkarten für Fahrten zwischen zwei vom Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen festgelegten Orten;
b)
Fahrkarten für Fahrten zu bzw. an vom Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen festgelegten Tageszeiträumen, spezifischen Wochentagen oder spezifischen einzelnen Reisetagen;
c)
Fahrkarten für Fahrten zwischen zwei vom Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen festgelegten Orten zu bzw. an vom Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen festgelegten Tageszeiträumen, spezifischen Wochentagen oder spezifischen einzelnen Reisetagen.
5.
Der Beteiligten wird untersagt, das Verbot der Gewährung direkter und indirekter Rabatte sowie das Verbot der Provisionsweitergabe im Sinne der Nummer 4 des Tenors mit Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen zu vereinbaren und durchzuführen, es sei denn, das Verbot betrifft Rabatte für Fahrkarten im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a bis c.
6.
Der Beteiligten wird aufgegeben, das Verbot der Gewährung direkter und indirekter Rabatte sowie das Verbot der Provisionsweitergabe im Sinne der Nummer 4 des Tenors aus allen Verträgen, die sie mit Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen geschlossen hat, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieser Ver­fügung zu entfernen. Der Beteiligten bleibt es unbenommen, mit Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen zu vereinbaren, dass diese keine Rabatte auf Fahrkarten der Beteiligten im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a bis c gewähren dürfen.
7.
Es wird festgestellt, dass die Weigerung der Beteiligten, Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen eine Vergütung für die Buchungs- und Zahlungsabwicklung in Bezug auf Fahrkarten der Beteiligten zu zahlen, soweit sie diese Leistung erbringen, rechtswidrig ist.
8.
Die Beteiligte wird verpflichtet, Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen, die im Rahmen einer Buchung einer Fahrkarte der Beteiligten über digitale Vertriebskanäle, d. h. über mobile Applikationen („Apps“) oder Online-Portale, die Leistung der Buchungs- und/​oder Zahlungsabwicklung erbringen, ab Zustellung der Verfügung eine Vergütung für die Buchungs- und/​oder Zahlungsabwicklung pro Buchung zu zahlen. Die Beteiligte hat hierzu

a)
Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen, die zum Zeitpunkt der Zustellung dieser Verfügung im Rahmen einer Buchung einer Fahrkarte der Beteiligten die Leistung der Buchungs- und/​oder Zahlungsabwicklung erbringen, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieser Verfügung ein vertragliches Angebot zur Zahlung einer Vergütung für die Buchungs- und/​oder Zahlungsabwicklung pro Buchung einschließlich der Art und Weise der Berechnung dieser Vergütung vorzulegen, wobei diese Vergütung die langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals (auch „long run average incremental costs“ oder LRAIC), die bei der Beteiligten selbst für die Buchungs- und/​oder Zahlungsabwicklung bei einer entsprechenden Buchung anfallen, jedenfalls nicht unterschreiten darf; und
b)
in künftigen Vertragsangeboten für Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen, die im Rahmen einer Buchung einer Fahrkarte der Beteiligten die Leistung der Buchungs- und/​oder Zahlungsabwicklung erbringen werden, auch ein vertragliches Angebot zur Zahlung einer Vergütung im Sinne von Nummer 8 Buchstabe a einschließlich der Art und Weise der Berechnung dieser Vergütung aufzunehmen.
Die Beteiligte hat darauf hinzuwirken, dass die Verhandlungen über das vertragliche Angebot im Sinne der Buchstaben a und b jeweils innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Vorlage ihres Angebots mit einer vertraglichen Einigung abgeschlossen werden. Die Beteiligte wird verpflichtet, auf etwaige Gegenangebote gemäß den anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren.
9.
Es wird festgestellt, dass eine Weigerung der Beteiligten, Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen eine Provision für die Vermittlung von Fahrkarten der Beteiligten, d. h. für generierte und gebuchte Umsätze bei der Beteiligten („Vermittlungsprovision“), zu zahlen, rechtswidrig ist.
10.
Die Beteiligte wird verpflichtet, Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen ab Zustellung der Verfügung eine Provision pro Buchung für die Vermittlung von Fahrkarten der Beteiligten über digitale Vertriebskanäle, d. h. für generierte und gebuchte Umsätze bei der Beteiligten, zu zahlen. Die Beteiligte hat hierzu

a)
Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung Vertragspartner der Beteiligten sind, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieser Verfügung ein vertragliches Angebot zur Zahlung einer Vermittlungsprovision einschließlich der Art und Weise der Berechnung dieser Vermittlungsprovision vorzulegen, wobei die Vermittlungsprovision die langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals (LRAIC), die bei der Beteiligten selbst für den Vertrieb einer Fahrkarte über ihre digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle, d. h. über ihre mobilen Applikationen („Apps“) sowie Online-Portale, bei einer entsprechenden Buchung exklusive der Buchungs- und Zahlungsabwicklung anfallen, jedenfalls nicht unterschreiten darf. Die Pflicht zur Vorlage eines Angebots gilt nicht, falls die bereits geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen mit diesen Anbietern diesen Anforderungen entsprechen; und
b)
in künftigen Vertragsangeboten für Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen auch ein vertragliches Angebot zur Zahlung einer Vermittlungsprovision im Sinne von Nummer 10 Buchstabe a einschließlich der Art und Weise der Berechnung dieser Vermittlungsprovision aufzunehmen.
Die Beteiligte hat darauf hinzuwirken, dass die Verhandlungen über das vertragliche Angebot im Sinne der Buchstaben a und b jeweils innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Vorlage ihres Angebots mit einer vertraglichen Einigung abgeschlossen werden. Die Beteiligte wird verpflichtet, auf etwaige Gegenangebote gemäß den anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren.
11.
Es wird festgestellt, dass die Weigerung der Beteiligten, Anbietern integrierter Mobilitätsdienstleistungen, die Fahrkarten der Beteiligten über digitale Vertriebskanäle vermitteln, gegen ein angemessenes Entgelt fortlaufenden Zugang zu Prognosedaten des inländischen Schienenpersonenverkehrs zu gewähren, um diese Daten für das Angebot integrierter Mobilitätsdienstleistungen inklusive der Reisendeninformation zu verwenden, rechtswidrig ist, soweit die Beteiligte diese Prognosedaten kontrolliert und deren Weitergabe an Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen keine Rechte Dritter entgegenstehen. Bei Prognosedaten in diesem Sinne handelt es sich mindestens um prognostizierte Ankunfts- und Abfahrtszeiten von Zügen an Haltestellen sowie die folgenden zusätzlichen Informationen zum Zugverkehr: Zugausfälle, zusätzliche Fahrten und Ersatzverkehre, ausfallende oder zusätzliche Halte, den Grund für einen Zugausfall oder eine Verspätung, Informationen über Großstörungsereignisse sowie – bezogen auf die Ankunft und Abfahrt von Zügen an Haltestellen – Gleiswechsel bzw. das aktuelle Einfahrts- oder Abfahrtsgleis. Sie umfassen sowohl zuglaufspezifische Prognosedaten, die entweder als Basisdaten für weiterverarbeitende Systeme oder für die Massenkommunikation am Bahnhof oder im Zug genutzt werden, als auch verbindungsbezogene Prognosedaten, die nach Verarbeitung der zuglaufspezifischen Prog­nosedaten direkt und ohne weiteren Bearbeitungsschritt für individuelle Kundeninformationen geeignet sind. Erfasst sind Prognosedaten des Schienenpersonenfernverkehrs und des Schienenpersonennahverkehrs.
12.
Die Beteiligte wird verpflichtet, jeweils Verhandlungen mit den Beigeladenen zu Nummer 1 und zu Nummer 2 sowie mit dritten Unternehmen im Sinne der Nummer 11 aufzunehmen, die zum Zeitpunkt der Verfügung oder zukünftig Fahrkarten der Beteiligten über digitale Vertriebskanäle vermitteln und die gegenüber der Beteiligten schriftlich ein Zugangsinteresse zu dem in Nummer 11 genannten Zweck geltend machen und dieses begründen (zusammen „zugangsinteressierte Unternehmen“). Hierfür hat die Beteiligte nach Maßgabe dieser und der folgenden Nummern angemessene Bedingungen einer diskriminierungsfreien Zugangsgewährung zu Prognosedaten des inländischen Schienenpersonenverkehrs zu formulieren und ein konkretes Angebot vorzulegen („Zugangsangebot“). Gegenstand des Zugangsangebots und der Verhandlungen sind mindestens die Form der Zugangsgewährung im Sinne der Nummer 11, deren technische Umsetzung im Einzelnen, ggf. die Höhe eines angemessenen Entgelts und die Art und Weise der Berechnung dieses Entgelts, das die Beteiligte zum Ausgleich etwaiger zusätzlicher Kosten, die ihr durch die fortlaufende Zugänglichmachung der Daten entstehen, verlangen kann. Hierunter fällt auch der Zugang zu bei der Beteiligten vorhandenen Prognosedaten des inländischen Schienenpersonennahverkehrs ihrer Tochtergesellschaften sowie von Eisenbahnverkehrsunternehmen, die keine verbundenen Unternehmen der Beteiligten im Sinne von § 36 Absatz 2 GWB sind (Letztere: „Drittdaten“).
13.
Die aus Nummer 12 dieser Verfügung folgenden Verpflichtungen sind wie folgt umzusetzen:

a)
Die Vorlage eines diskriminierungsfreien Zugangsangebots durch die Beteiligte und die Aufnahme von Verhandlungen mit dem zugangsinteressierten Unternehmen erfolgen spätestens vier Wochen nach Zugang des jeweiligen schriftlich geäußerten Zugangsinteresses bei der Beteiligten. Die Beteiligte hat darauf hinzuwirken, dass eine laufende Verhandlung innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Vorlage ihres Zugangsangebots mit einer vertraglichen Einigung abgeschlossen wird. Die Beteiligte wird verpflichtet, auf etwaige Gegenangebote gemäß den anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren.
b)
Das Zugangsangebot muss die fortlaufende Zugangsgewährung mindestens zu den in Nummer 11 bezeichneten Prognosedaten für die inländischen Schienenpersonenverkehre der Beteiligten umfassen. Diese dürfen in Qualität, Aktualität und Informationsgehalt nicht hinter den in Nummer 11 bezeichneten Prognosedaten zurückbleiben, welche die Beteiligte selbst zur Reisendeninformation und für ihr Angebot integrierter Mobilitätsdienstleistungen über die eigenen digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle verwendet. Etwaige technisch begründete mengenmäßige Begrenzungen der zu übermittelnden Prognosedaten sind gegenüber den zugangsinteressierten Unternehmen zu begründen; bezüglich dieser Begrenzungen gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Zugangsangebot hat den vom zugangsinteressierten Unternehmen gewählten Aufbereitungsgrad (zuglaufspezifische bzw. verbindungsbezogene Prognosedaten oder beide) zu umfassen. Die Beteiligte darf die Umwandlung der bereitgestellten Daten in andere Formate als das ursprüngliche Lieferformat nicht untersagen.
c)
Zuglaufspezifische bzw. verbindungsbezogene Prognosedaten zu inländischen Schienenpersonennah­verkehren der Beteiligten sowie Drittdaten sind nach den Maßgaben von Buchstabe b in das Zugangsangebot einzubeziehen, soweit sie Schienenpersonenverkehre betreffen, die im Angebot integrierter Mobilitätsdienstleistungen des jeweiligen zugangsinteressierten Unternehmens enthalten sind, das schriftliche Zugangs­interesse gemäß Nummer 12 des zugangsinteressierten Unternehmens auch diese Prognosedaten umfasst und soweit die Beteiligte diese Prognosedaten kontrolliert und deren Weitergabe an Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen keine Rechte Dritter entgegenstehen. Solange die Beteiligte nicht in der Lage ist, zuglaufspezifische bzw. verbindungsbezogene Daten einzelner Netze des Schienenpersonennahverkehrs bzw. einzelner Dritter aus den angezeigten Prognosedaten herauszufiltern oder den Zugang nur ausgewählten zugangsinteressierten Unternehmen zu gewähren, sind die zuglaufspezifischen bzw. verbindungsbezogenen Prognosedaten zu inländischen Schienenpersonennahverkehren der Beteiligten sowie zuglaufspezifischen bzw. verbindungsbezogenen Drittdaten jeweils dann in das Zugangsangebot einzubeziehen, wenn keine Rechte Dritter der Weitergabe der jeweiligen Daten an alle zugangsinteressierten Unternehmen entgegenstehen. Ist die Beteiligte zu einer solchen Filterung in der Lage, sind Prognosedaten zu inländischen Schienenpersonennahverkehren der Beteiligten sowie Drittdaten in das Zugangsangebot einzubeziehen, soweit der Weitergabe an das jeweilige zugangsinteressierte Unternehmen keine Rechte Dritter entgegenstehen. Die Beteiligte hat Dritte, deren Zustimmung für die Zugangsgewährung zu Drittdaten erforderlich ist, vor Unterbreitung des Zugangsangebots um eine entsprechende Zustimmung allein zu diesem Zweck zu ersuchen.
d)
Das Zugangsangebot muss die fortlaufende elektronische Datenübermittlung in einem gängigen, maschinenlesbaren Format in Echtzeit mittels einer Schnittstelle oder einer gleichwertigen technischen Möglichkeit vorsehen. In dem Zugangsangebot hat die Beteiligte jederzeit einen gleichwertigen Umfang an Verfügbarkeit und Leistung der Schnittstelle oder der gleichwertigen technischen Möglichkeit und des Backends einschließlich Unterstützung wie für ihr eigenes Angebot integrierter Mobilitätsdienstleistungen über die eigenen digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle zu gewährleisten. In das Zugangsangebot ist eine Verpflichtung der Beteiligten zur Schnittstellendokumentation und zur rechtzeitigen Ankündigung von Änderungen und Wartungsarbeiten an der Schnittstelle bzw. der gleichwertigen technischen Möglichkeit aufzunehmen. Einer fortlaufenden elektronischen Datenübermittlung stehen kurzzeitige Unterbrechungen der Datenbereitstellung nicht entgegen, solange diese unvermeidbar (höhere Gewalt, unvorhergesehene Störungen) oder technisch notwendig sind, um einen fortlaufenden, störungsfreien Zugang zu ermöglichen.
14.
Die Beteiligte wird verpflichtet, dem Bundeskartellamt jeweils spätestens vier Wochen nach Ende eines Kalenderquartals über die Umsetzung der Nummer 13 Buchstabe b und d für das vergangene Kalenderquartal in schriftlicher Form zu berichten, insbesondere über

a)
Qualität, Aktualität und Informationsgehalt (1) der in Nummer 11 bezeichneten Prognosedaten, die an die Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen übermittelt wurden, sowie (2) der in Nummer 11 bezeichneten Prognosedaten, die an die digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle der Beteiligten übermittelt wurden, jeweils getrennt für zuglaufspezifische und verbindungsbezogene Prognosedaten;
b)
technisch begründete mengenmäßige Begrenzungen der übermittelten Prognosedaten (1) für die Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen und (2) für die digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle der Beteiligten selbst, jeweils getrennt für zuglaufspezifische und verbindungsbezogene Prognosedaten;
c)
den Umfang der Verfügbarkeit und der Leistung der Schnittstelle oder der gleichwertigen technischen Möglichkeit und des Backends einschließlich Unterstützung beim Zugang zu Prognosedaten (1) für die Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen und (2) für die digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle der Beteiligten selbst, jeweils getrennt für zuglaufspezifische und verbindungsbezogene Prognosedaten.
Die Berichtspflicht beginnt mit einem Bericht für das vierte Kalenderquartal 2023. Die Beteiligte wird verpflichtet, mit dem Bundeskartellamt eine Gliederung der Berichte einschließlich geeigneter, aussagekräftiger Kenngrößen abzustimmen und hierzu dem Bundeskartellamt acht Wochen nach Zustellung der Verfügung ein Muster für die Gliederung dieser Berichte inklusive einer Benennung der Kenngrößen vorzulegen und dieses schriftlich zu erläutern. Die Berichtspflicht entfällt, wenn die Datenübermittlung an alle Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen über eine Schnittstelle erfolgt, die mit der Schnittstelle identisch ist, die auch die Beteiligte selbst zur Anbindung ihrer digitalen Vertriebs- und Reiseinformationskanäle nutzt.
15.
Ein Anbieter integrierter Mobilitätsdienstleistungen im Sinne der Nummern 1 bis 14 erfüllt kumulativ folgende Eigenschaften:

a)
Er betreibt ein Online-Portal bzw. eine App mit einer Suchmaske für Verkehrsangebote, mit der Nutzer zur Erfüllung ihres Mobilitätsbedarfs eine Reise oder Fahrt von A nach B mit öffentlichen Verkehrsmitteln planen und organisieren können. Er ermöglicht durch die Darstellung der Suchergebnisse den Vergleich der Angebote verschiedener Verkehrsanbieter sowie deren Buchung aus den Suchergebnissen. Bei dem Online-Portal bzw. der App handelt es sich nicht um ein reines Geschäftsreise- oder B2B-Angebot.
b)
Auf seinen digitalen Angeboten können Nutzer aus den Suchergebnissen heraus Fahrkarten, Tickets oder Verkehrsmittel buchen. Nicht von Relevanz ist dabei, ob die Buchung in seinen eigenen technischen Systemen stattfindet oder beispielsweise durch eine Weiterleitung an den ausgewählten Verkehrsanbieter ermöglicht wird, solange für eine Buchung in den Systemen des Verkehrsanbieters keine neue Verbindungssuche durchgeführt werden muss.
c)
Er ist entweder schon Vertragspartner der Beteiligten und hat neben den Verkehrsangeboten der Beteiligten noch die Verkehrsangebote von mindestens einem weiteren Verkehrsanbieter eigenständig in sein digitales Angebot integriert. Oder er strebt eine Vertragspartnerschaft mit der Beteiligten an und hat bereits vorher die Verkehrsangebote von mindestens einem Verkehrsanbieter eigenständig in sein digitales Angebot integriert.
16.
Verkehrsanbieter im Sinne von Nummer 15 Buchstabe a bis c sind Anbieter von Personenbeförderungsleistungen jedweden Verkehrsmittels inklusive neuer Mobilitätsangebote, wie insbesondere solche des Gelegenheitsverkehrs mit Mietwagen (§ 49 Absatz 4 des Personenbeförderungsgesetzes − PBefG), des gebündelten Bedarfsverkehrs (§ 50 PBefG) oder der Shared Mobility. Anbieter von Shared Mobility sind Unternehmen, die Sharingfahrzeuge wie Kraftfahrzeuge, Elektroroller oder Fahrräder stationsunabhängig oder stationsbasiert zur Nutzung für eine unbestimmte Anzahl von Kunden anbieten.
17.
Der Widerruf oder der teilweise Widerruf der Verfügung bleiben vorbehalten.
18.
Die Gebühr für das Verfahren einschließlich dieser Entscheidung beträgt […] Euro und wird der Beteiligten auferlegt.
19.
Auslagen werden gesondert erhoben.

Die öffentliche Version des Beschlusses wird im Internet unter www.bundeskartellamt.de veröffentlicht.

Bonn, den 26. Juli 2023

B 9 – 49100 – Mb – 144/​19

Bundeskartellamt
9. Beschlussabteilung

Birgit Krueger

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