Wie wahr

Seit Jahren ist der Graue Kapitalmarkt eines der Sorgenkinder im Finanzmarkt: Seine Produkte sind kaum oder gar nicht reguliert oder beaufsichtigt. Verbraucher erwerben dennoch oft riskante Kapitalanlagen aus diesem Markt, die ihnen von Anbietern beispielsweise als Altersvorsorge verkauft werden. Im Rahmen des Marktwächters Finanzen beobachtet die Verbraucherzentrale Hessen deshalb Trends in diesem Sektor. Sie analysiert aus Sicht der Verbraucher besondere Merkmale, wie zum Beispiel die Vertragsgestaltung und deren Vereinbarkeit mit gesetzlichen Vorgaben.

„Sachwert Rind – täglich wachsend“ – „Zwölf Prozent Rendite mit Waldinvestments“ – „Diamanten – die härteste Währung der Welt“ – wer im Internet nach Begriffen wie „Geldanlage“ oder „Rendite“ sucht, kann sich vor vermeintlich lukrativen Angeboten kaum retten.

Ob Direktinvestments in Container, Beteiligungen an vielversprechenden Infrastrukturprojekten, Gold-Sparpläne, Geschlossene Fonds mit vermieteten Immobilien oder Schiffen: Gemeinsam ist den so beworbenen Produkten, dass sie hohe Renditen versprechen und dabei Solidität und Sicherheit ausstrahlen. Nicht abstrakte Fondsanteile, sondern konkrete Sachwerte suggerieren, dass Anleger es mit Dingen zu tun haben, die auf natürliche Weise wachsen, wertbeständig sind und für die es immer eine Nachfrage geben wird.

So verlockend gerade in Zeiten niedriger Zinsen derlei Produkte für Verbraucher sind: Es handelt sich fast immer um Anlagen des Grauen Kapitalmarkts. Dazu zählen Finanzprodukte, die nur wenig geregelt beziehungsweise durch Behörden wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kaum überwacht werden. Zudem ist die Handelbarkeit dieser Produkte eingeschränkt. Sie sind den Bedürfnissen der meisten Verbraucher nicht angepasst, sondern häufig zu unflexibel, zu undurchsichtig und vor allem: zu risikoreich.

Risiken am Graumarkt für Verbraucher verschleiert

Verbraucher in Deutschland verlieren durch Produkte des Grauen Kapitalmarkts jährlich immense Summen. Schätzungen gehen in den zweistelligen Milliarden-Bereich. Betroffen sind Menschen quer durch alle Bevölkerungsgruppen. Allein über 70.000 Anleger, die das Windkraftunternehmen Prokon mit 1,4 Milliarden Euro über Genussrechte finanziert hatten, verlieren durch dessen Insolvenz möglicherweise die Hälfte ihres eingesetzten Kapitals, so der Prokon-Insolvenzverwalter nach der Eröffnung der bis dato viertgrößten Firmeninsolvenz in der Geschichte der Bunderepublik. Bei der Firmengruppe S&K, die Immobilienfonds angeboten hatte, schätzt die ermittelnde Staatsanwaltschaft den Gesamtschaden der 11.000 Anleger auf mindestens 240 Millionen Euro. Verbraucher, die vor Jahren die „SecuRente“-Sparverträge der Göttinger Gruppe unterzeichnet hatten, zahlten wegen Laufzeiten von bis zu 40 Jahren auch dann noch ein, als gegen das Unternehmen bereits wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs ermittelt wurde.

Die Beratungspraxis der Verbraucherzentralen zeigt: Immer wieder bieten Unternehmen oder Vermittler Verbrauchern riskante Beteiligungen als private Altersvorsorge an und verschleiern dabei die Risiken. Gerade am Grauen Kapitalmarkt fehlt es an Transparenz. Komplizierte Geschäftsmodelle, fragwürdige Vertriebsmethoden und eine beträchtliche potenzielle Schadenshöhe bei den Geldanlageprodukten steigern das Risiko. Wichtige Unterlagen wie Verkaufsprospekte und Produktinformationsblätter, die für Kleinanleger hilfreich wären, sind für manche Anlageprodukte nicht gesetzlich vorgeschrieben.

 

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